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Stadtleben

Spaziergang im Cyberspace

Ein neuartiger Typus der guten, alten Spielhalle macht Virtual Reality erlebbar

  Spaziergang im Cyberspace | Ein neuartiger Typus der guten, alten Spielhalle macht Virtual Reality erlebbar

Neonlicht flackert und sorgt dafür, dass man sich in einem Film von »Drive«-Regisseur Nicolas Winding Refn wähnt. Ein schmaler Gang führt dann aber eher in das, was William Gibson 1984 in seinem Roman »Neuromancer« beschrieb: den Cyberspace als weltumspannendes Netz abseits der analogen Realität. Seit Kurzem regiert im Keller des über 100 Jahre alten Wünschmann-Hauses an der Karl-Liebknecht-Straße die »Fsociety – Virtual Reality« in Leipzig.

Für die einen mag es albtraumhafte Züge tragen, was man da entdecken kann: »Das Reale wird durch Zeichen des Realen ersetzt«, lautet der Wahlspruch des Ladens. Dazu bewegen sich Menschen mit schwarzen Augenaufsätzen durch eine Realität, die nur sie selbst sehen (und Zuschauer auf dem LED-Display verfolgen können). Andere sehen das Potenzial der Virtual Reality (VR), die nun auch für Normalsterbliche erschwinglich ist.

Konstantin Fichtner ist VR-Enthusiast. Als die Technik im vergangenen Jahr endlich für den Heimgebrauch zu haben war, hat er sich die erhältlichen Brillen ausgiebig angeschaut. Von den günstigen Gear-VR-Lösungen, bei denen ein Smartphone zum Einsatz kommt, über die Playstation-Brille (siehe kreuzer 12/16) bis hin zu Oculus Rift und der Highend-Referenz HTC Vive, für die er sich schließlich entschieden hat. Allerdings bringt der Primus besondere Platzanforderungen mit sich. Als einziges Gerät ermöglicht Vive es dem Nutzer, mithilfe von zwei Infrarot-Kameras den gesamten virtuellen Raum zu nutzen. Das heißt, man kann munter im Cyberspace herumspazieren – vorausgesetzt, man hat einen entsprechenden Raum zur Verfügung.

Den hat Fichtner nun mit der Hilfe von Freunden eingerichtet. Der neonrote Gang führt in drei auch optisch individuell gestaltete Zimmer. Eines simuliert den Weltraum, in einem wurden die Wände in mühevoller Kleinarbeit mit Computerplatinen verziert. Ein weiterer Raum versetzt uns in den Fallout-Bunker nach dem Atomschlag. Da man aber ja als »Brillenträger« im virtuellen Raum nicht sonderlich viel von der liebevollen Inneneinrichtung hat, richtet die sich auch eher an die Zuschauer, die auf den Bänken im Hintergrund Platz finden. »Die VR-Arcade soll nicht nur für Zocker sein, sondern zum Beispiel auch für teambildende Maßnahmen, Junggesellenabschiede oder Ähnliches. Da kann man auch den ganzen Laden mieten«, erklärt Fichtner. Aber auch individuelle Sessions sind natürlich möglich. Sechs VR-Headsets stehen dafür zur Verfügung. »Schulklassen füttern wir mit bildendem Content. So können die zum Beispiel das Sonnensystem erfahren oder den Aufbau des Auges. Da kommt auch immer mehr raus.« Fichtner hält daher neue Entwicklungen im VR-Bereich im Blick. »Wir aktualisieren natürlich unser Spieleangebot ständig.«

Den Namen hat das Fsociety übrigens von der Serie »Mr. Robot«, in der eine abgehalfterte Spielhalle zu sehen ist. Am Eingang hängt in Neonlettern das, was von ihrem früheren Namen »Fun Society« übrig ist. Das gefiel Fichtner, der mit dem Fsociety den Geist der Spielhallen der achtziger Jahre aufleben lassen will.

Die Faszination für VR lässt sich nur schwer mit Worten transportieren. Deshalb ist der Laden eine gute Spielwiese, um mal zu fühlen, wie es ist, in den Tiefen des Ozeans zu tauchen oder im obersten Stockwerk eines Wolkenkratzers auf einer Planke zu stehen.


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