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Filmkritik

Auf der Suche nach Paris und Vögeln

Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

  Auf der Suche nach Paris und Vögeln | Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

Zwei Filme starten diese Woche in den Kinos, die Sommer und Natur auf unterschiedlichste Art auf die Leinwand bringen. In »Paris kann warten« erzählt Eleanor Coppola, wie sie ohne ihren berühmten Mann auf Unwegen durch Frankreich tuckert, und »Der Ornithologe« nimmt den Zuschauer mit auf eine surreale, queere Reise durchs Portugals Vogellandschaft.

»Paris kann warten« dürfte wohl als das späteste Spielfilmdebüt in die Filmgeschichte eingehen: Mit 81 Jahren drehte Eleanor Coppola ihren ersten Kinofilm. Bislang war die Frau von Regie-Legende Francis Ford Coppola vor allem als Dokumentarfilmerin tätig, oftmals drehte sie die Hintergrunddokumentationen zu den Filmen ihres Mannes. Am bekanntesten ist wohl ihre Aufzeichnung der entbehrungsreichen Dreharbeiten zu »Apocalypse Now«, treffend betitelt »Hearts of Darkness: A Filmmaker's Apocalypse«, die mit zwei Emmys ausgezeichnet wurde.

Dass es sie nun noch einmal auf den Regiestuhl zog, um ihren ersten eigenen Film zu realisieren, hat mit ihrer ganz persönlichen Geschichte zu tun – denn die verfilmt sie in »Paris kann warten«. Als sie 2009 ihren Mann nach Cannes begleitete, entschloss sie sich kurzerhand dagegen, ihm nach Budapest zu folgen und reiste stattdessen gleich nach Paris, wo sie sich in ein paar Tagen wiedersehen sollten. Aufgrund einer Ohrenerkrankung zog sie jedoch die Reise im Auto eines befreundeten französischen Produzenten vor. Weil der betagte Peugeot zusammenbrach, wurde aus der geplanten Tagestour ein vierzigstündiger Umweg, bei dem sie das Land und die Menschen kennenlernte. Diese Erfahrungen verarbeitete sie in ihrem Drehbuch zu »Paris kann warten«, das sie selbst verfilmte. In ihre Haut schlüpft die wunderbare Diane Lane. Sie spielt eine Frau »in den besten Jahren«, am Scheideweg zwischen Familie und Selbstverwirklichung. Die Rolle des vielbeschäftigten Ehemanns übernahm Alec Baldwin. Wesentlich präsenter ist jedoch der französische Schauspieler und Regisseur Arnaud Viard. Er personifiziert das Bild des typischen Franzosen: obsessiv in Sachen Wein und Essen und mit einem Schlag bei den Frauen. Eine gemütliche, recht klischeehafte, sommerliche Tour durch pittoreske Postkartenmotive, die Lust auf die Provence, gutes Essen und guten Wein macht und zur Entschleunigung einlädt.

»Paris kann warten«: ab 13.7., Passage Kinos

Ein Mann allein inmitten der majestätischen Landschaft im Norden von Portugal. Durch sein Fernglas beobachtet er die artenreiche Vogelwelt der Region, fernab von Zivilisation und Handyempfang. Das wird ihm zum Verhängnis, als sein Boot in Stromschnellen gerät und ihn zwei chinesische Pilgerinnen auflesen, die ihn für den Heiligen Antonius halten. Dabei heißt er eigentlich Fernando, doch wer ein wenig firm in der katholischen Theologie ist, weiß dass das der Name war, unter dem Sankt Antonius geboren wurde, bevor der Portugiese die Welt bereiste und seine Wunder wirkte. Sein Landsmann, der queere Undergroundfilmer João Pedro Rodrigues interpretiert seine Geschichte mit surrealen Elementen. Die Reise des Ornithologen driftet auch filmisch zunehmend ab von ausgetretenen Pfaden. Von deutlicher Symbolik aufgeladen, entspinnt sich eine soghafte Odyssee durch die Natur, von der man auch als Zuschauer irgendwann verschluckt wird – und am Ende wieder ausgespuckt im italienischen Padua, wo Antonius seine letzte Ruhe fand. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.

»Der Ornithologe«: ab 13.7., Luru Kino in der Spinnerei


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