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Kultur

Postmodernes Dorf

Die Spinnerei lud an zwei Wochenenden zur herbstlichen Kunstrunde ein

  Postmodernes Dorf | Die Spinnerei lud an zwei Wochenenden zur herbstlichen Kunstrunde ein

Bereits am 9. September öffneten die Galerien auf der Spinnerei ihre neuen Ausstellungen, bevor am vergangenen Wochenende zum traditionellen Rundgang geladen wurde. Die grundlegenden Unterschiede an den zwei Wochenenden bestehen darin, dass zu den Eröffnungen gern die Sammler gesehen werden, sich keine Imbissstände auf dem Gelände finden und zum Rundgang dann alle für Kunst, Wurst, Wein und Milchreis vorbeischauen können.

Ob diese Zweiteilung auf Dauer weiterbestehen bleibt, muss man schauen. So richtig Sinn ergibt sie nicht, denn dafür ist Leipzig – bei aller Lokalverbundenheit – nicht der Kunst-Hot-Spot. Das war bereits am 9. September zu merken, denn während ein Hochglanzkunstmagazin die Galerieeröffnungen zur Herbstsaison feierte, kam Leipzig mit keiner Silbe vor. Ganz offensichtlich sind München, Frankfurt und Hamburg angesagtere Pflaster. Das störte aber die Menschen nicht, die am Wochenende zur Spinnerei strömten. 15.000 zählten die Organisatoren.

Wie kommen wir nun auf ein postmodernes Dorf beim Anblick der Spinnerei? Nun, es liegt zum einen an dem Gezeigten in den Räumen und zum anderen daran, was sich außerhalb dessen auf der Spinnerei präsentierte. Der aktuelle Modetrend vermittelt ein unmittelbares Achtziger-Jahre-Gefühl, das sich vor allem durch zahlreiche Leggings und überdimensionale V-Schnitt-Jacken einstellt. Schön und individuell muss man dieses Revival sicherlich nicht finden, aber beim Rundgang soll es ja auch in erster Linie um Kunst gehen.

Die Malerei hat sich in fast allen Galerieräumen eingenistet. Schön daran ist, dass die unterschiedlichen Qualitäten, die kontinuierliche Themen- und Sujetwahl gut sichtbar werden.

In der Galerie Kleindienst sind Arbeiten von Henriette Grahnert aus dem Jahr 2017 unter dem Titel «Viva la natura morta! – Es lebe das Stillleben!« zu sehen. In ihrer bekannten ironischen Art dekliniert sie das Genre auf zeitgenössische Weise durch. Heraus kamen Leinwände, die vielleicht nicht gleich auf den ersten Blick ihren Witz zeigen.

Bei Aspn präsentiert Robert Seidel seine detailverliebten Ansichten von Motorrädern und Booten. Ergänzt werden sie von einer Serie mit Turnschuhen vor unterschiedlichen Hintergründen. Ob den dekorativen Elementen auch Inhalte folgen können, ist Ansichtssache.

Bei Ulf Puder bleibt auch alles beim Alten, wie Jochen Hempel beweist. Die Bilder mit den Hauslandschaften wirken weder neu noch alt, auch wenn sie sich jetzt auf Tunesien konzentrieren.

In der Werkschauhalle zeigt der Immobilienunternehmer Gil Bronner Werke aus seinem Privatbesitz. Die in Düsseldorf beheimatete Sammlung besteht aus vielen jungen Leipziger Positionen – wie etwa die hier gezeigten Arbeiten von Adrian Sauer. In der großen Halle wirken die Werke etwas verloren. Zudem fragt sich der geneigte Besucher, wenn er bereits im Eingangsbereich die Unterstützer der Ausstellung liest, warum das Amt für Wirtschaftsförderung die Ausstellung eines Privatsammlers auf dem Gelände eines privatwirtschaftlichen Unternehmens fördert.

Im Untergeschoss der Halle 14 werden bis zum Monatsende Arbeiten aus Tschechien und der Slowakei zu Macht und Gewalt präsentiert. Die Auswahl stellt neben zeitgenössischen Positionen auch ältere Arbeiten aus der zumeist immer noch unbekannten Kunstgeschichte unserer östlichen Nachbarn vor.


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