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Kultur

Was für ein Schreck

Sächsischer Kammerchor will wiederentdecktes Oratorium aufführen

  Was für ein Schreck | Sächsischer Kammerchor will wiederentdecktes Oratorium aufführen

Gustav Schreck, ein Komponist der Spätromantik, ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten, finden Fabian Enders, Leiter des Sächsischen Kammerchores, und Peter Berg, der ein vergessenes Oratorium des Thomaskantors Gustav Schreck (1849–1918) wiederentdeckt hat. Daher wollen sie das Oratorium »Christus, der Auferstandene« zu Pfingsten 2018 mit ihrem Chor und dem Philharmonischen Orchester des Staatstheaters Cottbus in der Leipziger Thomaskirche aufführen. Zur Entdeckung und Besonderheit des Notenfundes sprach der kreuzer mit Peter Berg, Komponist, Notensetzer und Herausgeber von Musikwerken in Leipzig.

kreuzer: Wie sind Sie auf das Oratorium gestoßen?

PETER BERG: Ich interessiere mich schon seit Jahren für die Musik von Komponisten aus Leipzig. Durch Zufall bin ich auf den Klavierauszug zu diesem Oratorium gestoßen. Ich habe das Werk am Klavier durchgespielt und festgestellt: Das ist großartige Musik! Auch unser Dirigent Fabian Enders war dieser Meinung. Dann habe ich recherchiert und herausgefunden, dass das Werk seit der Uraufführung 1892 im Gewandhaus nie wieder gespielt worden ist. Die Partitur habe ich schließlich im Verlagsarchiv von Breitkopf und Härtel aufgespürt. Es gibt genau eine handschriftliche Partitur und meine Aufgabe ist es nun, das Aufführungsmaterial anzufertigen.

kreuzer: Ist Schreck im Konzertrepertoire heute überhaupt noch vertreten?

BERG: Im gängigen Repertoire gibt es eine Fagott-Sonate und relativ viel Chormusik, die von den Thomanern gesungen, ansonsten aber sonst kaum gepflegt wird. In den USA ist Schrecks Weihnachtsmotette bekannt und wird gesungen, hierzulande wenig.

kreuzer: Die Handlung des Oratoriums ist recht ungewöhnlich, sie beginnt, wo die meisten Oratorien enden.

BERG: Ja, das Oratorium beginnt in der Osternacht, das leere Grab wird gefunden und endet mit der Himmelfahrt.

kreuzer: Ist das Oratorium vom Ende des 19. Jahrhunderts ein typisches Werk seiner Zeit?

BERG: Es ist ein durch und durch spätromantisches Werk. Es zeigt sich, dass Schreck sich viel mit Bach beschäftigt hat. Er schreibt exzellente Chorfugen, die ja oft etwas stereotyp klingen können, das ist bei Schreck überhaupt nicht der Fall. Auch in dieser Form findet er zu einer ganz eigenen Klangsprache.

kreuzer: Was hat Sie an dem Werk besonders begeistert?

BERG: Schreck geht neue Wege im Hinblick auf die dramaturgische Anlage. Er schreibt kein Oratorium mit einzeln abgeschlossenen Nummern, sondern komponiert die sechs Teile, aus denen das Oratorium besteht, durch. Klassische Trennungen zwischen Arie, Chor und Rezitativ werden aufgehoben, er durchsetzt die Rezitative mit illustrierenden Orchesterzwischenspielen und bekommt dadurch einen ungeheuren dramaturgischen Zug, traditionelle Formgrenzen verschwimmen.


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