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Stadtleben

Poesie in den Alltag!

Susan Heises Welt ist eine Porzellanwerkstatt in Kleinzschocher

  Poesie in den Alltag! | Susan Heises Welt ist eine Porzellanwerkstatt in Kleinzschocher

Unter Tischkultur verstehen manche einen bunten Teller, andere mögen üppig dekorierte Tafeln. Susan Heise hat ihren eigenen Weg gefunden, Tische zu schmücken. In ihrer Porzellanwerkstatt entsteht Geschirr für Leute, die gutes Handwerk, reine Linien und einen klaren Auftritt zu schätzen wissen.

Die aquafarbenen Stücke der in Greifswald geborenen Porzellanherstellerin strahlen Leichtigkeit und Eleganz aus. Sie lassen viel Spielraum zu, sind aber immer praktisch. Zierporzellan ist nicht ihr Ding. Die Formensprache wirkt auf den ersten Blick zurückhaltend, offenbart sich aber als offen, zart, frisch und gänzlich ohne Schnörkel. Wer ein Einzelstück hat, wird es kaum dabei belassen. »Manche kaufen zuerst ein Teelicht, dann eine Müslischale, später noch eine für den Partner. Sie kommen wieder und möchten Speiseteller groß und klein«, sagt sie lächelnd.

Als vor einigen Jahren Stefan Planert ein Restaurant in der Ritterstraße eröffnete, bestellte er das Geschirr für die Gäste seiner asiatisch inspirierten Casual-Fine-Dining-Küche bei Susan Heise. Das war ein Qualitätsbeweis, sind ihre Stücke doch nicht nur schön, sondern auch lebensmittelecht und spülmaschinenfest. Zu dieser Zeit hatte sie ihre Werkstatt plus Laden noch am Lindenauer Markt, 150 Quadratmeter Fläche, die viele Kunden anlockte. Als dort die Mieten stiegen, musste die Einzelkämpferin überlegen, was in Zukunft läuft. Sie zog nach Kleinzschocher und erregt seitdem weniger die Aufmerksamkeit zufällig hereinsehender Laufkundschaft. Durch ihre Präsenz auf Kunsthandwerks-Ausstellungen wie der Grassimesse oder in Galerien rückt ihre typische Handschrift wieder in den Fokus. Ausgeprägt hat sie diese während ihrer Ausbildung und dem anschließenden Studium Industriedesign in Glas und Keramik an der Burg Giebichenstein in Halle. Vorbilder fand die Porzellankünstlerin im Bauhaus und in der Neuen Sachlichkeit. »Ich habe mich damals bewusst für das Handwerk und für Porzellan als Material entschieden und, weil ich selbst gern koche und mit Speisen umgehe, mein Hauptaugenmerk auf Geschirr gelegt.« Ihre Entwürfe setzen einen klaren Kontrapunkt zu industriellen Großserien.

Jedes Stück entsteht einzeln frei, mit der Hand gedreht, nicht gegossen. Das feine Rohmaterial, zum Beispiel aus Limoges in Frankreich, ist schwieriger zu verarbeiten als robuster Ton. »Man muss sehr behutsam mit innerer Ruhe zu Werke gehen, das entstehende Stück auf der Drehscheibe zentrieren, die Fliehkraft nutzen«, erklärt sie das Prozedere. Alles entsteht aus einem Stück – nur Vasen über 60 Zentimeter Höhe, die nicht in den Ofen passen würden, setzt sie nach dem Drehen zu einem Teil zusammen. An den Schnittstellen, die durchaus zu sehen sein können, zeigt sich dann wieder das handwerkliche Unikat. Das ist aber selbst bei kleineren Serien erkennbar, die aus einer Charge stammen. Differenzierung der Formen entsteht auch durch Glasieren, Bemalen innen und/oder außen. Manche Teile lässt sie als Bisquitporzellan unglasiert, andere erhalten ein Rillendekor. Stücke, auf die sie mit dem Pinsel Engobe-Farbe aufträgt, schwungvoll, fast kalligrafisch, werden nach dem ersten Brand sorgfältig mit einem nassen Schleifschlamm geschliffen. Ganz gleich, was die Hand berührt: Jedes Teil wirkt durch eine angenehme Haptik und Feinheit in der Verarbeitung. »Ich mache, was mir selbst gefällt und was man an Geschirr so braucht«, sagt sie ergänzend.

Anspruch und Aufwand haben ihren Preis. Angesichts der oben beschriebenen Vorgänge scheint eine Schale mit 45 Euro knapp kalkuliert. Die Preise liegen aktuell zwischen 25 und 450 Euro. Ist das wirklich für alle Tage? »Ja, jeder Tag ist es wert!«, sagt sie selbstbewusst, denn »Geschirr bringt Poesie in den Alltag. Von schönen Stücken schmeckt es besser, da wird Essen zum ganzheitlichen Erlebnis.«


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