Ode an die Brache
Das Editorial des April-Hefts – in Reim-Form

An dieser Stelle veröffentlichen wir das Editorial der April-Ausgabe des kreuzer.
Chefredakteur Andreas Raabe berichtet diesmal nicht, was es im neuen Heft zu lesen gibt, sondern er dichtet.
Ode an die Brache
Deutsche Brache, schwere Brache
Ein Mädchen nach dem Hauptgericht:
brachs mit Tränen im Gesicht
In der Brache bricht sichs gut,
wusste schon der Tunichtgut
Der Grundstückskäufer baut sie zu
Der Hipster bricht dazu im Nu
Ein weißer Klotz auf Brachenland
Wird vom Bürger abgebrannt!
Doch »Brache«, mahnt der Filosof,
kommt nicht von brechen, bist du doof!
Da kriegte er vom Mob gleich Haue,
der Superduper-Oberschlaue
Ihn kümmert ja das Mädchen nicht
Das in der Brache sich erbricht!
Deutsche Brache, schwere Brache
Eins noch will der Filo sagen
auf dem Weg zum Krankenwagen:
»Brache kommt von Pausemachen,
›break‹ kann man auf Englisch sachen
Pausemachen mach ich gern
Da kann ich schön ein Bierchen leern
Und wo klappt das am allerbesten?
Auf Brachen und in Buddelkästen!«
Deutsche Brache, schöne Brache!
Hat die Straße eine Lücke
Nennt mans Brache, sprach die Mücke
Ödland ist ein andrer Name,
weiß die wuschelige Dame
Und die Biene, Mückes Schwester,
baut dort ihre Liebesnester
Ein Blümchen blüht, ein Käfer krabbelt
Das Spinnlein rennt, die Fliege zappelt
Hinten pullert einer hin
Vorne hascht die Hascherin
Brache, oh du Brache mein
Lass mich in dir glücklich sein
Lass mich dich mit Wonne küssen
Knacken deine Haselnüssen
Ich schreibs in den Fraktionsbeschlüssen:
Dass sie dich brach sein lassen müssen
Brache, Du, du bist so hold
Heimat für den Trunkenbold
Hochzeit für den Pingpongspieler
Es muss doch sein ein Grenzdebiler,
der dich mit Stein verschließen will
Der auf dir einen Tempel baut,
und dafür nimmt ne hohe Maut
Brachi, Brachi, hörst du mich?
Lass mich doch jetzt nicht im Stich!
Doch die Wand, sie redet nicht
Schweigt mir steinern ins Gesicht
ANDREAS RAABE
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