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Kultur

Wendeschleifen

Das Fotofestival F-Stop sucht die Ecken und Kanten nach 1990

  Wendeschleifen | Das Fotofestival F-Stop sucht die Ecken und Kanten nach 1990

Zerrissen zeigt sich die Gesellschaft. So sieht es zumindest das Kuratoren-Duo Anne König und Jan Wenzel – bekannt als Macher des Verlages Spektor Books –, die zum zweiten Mal in Folge das Fotofestival F-Stop auf der Spinnerei organisieren. Unter dem Motto »Zerrissene Gesellschaft« verhandeln sie nicht nur elendig lange Regierungsbildungen, sondern schauen fast dreißig Jahre zurück: in das Jahr 1990.

Im Osten Deutschlands wurden die Stasizentralen gestürmt, an Runden Tischen sollten richtungsweisend Aufarbeitung und Zukunft verhandelt werden, die letzte DDR-Wahl fand statt, die Treuhand wurde gegründet, mit der Währungsunion kam das Westgeld bis hin zum Aufgehen der DDR in die BRD. Anders als den unmittelbaren Wendeereignissen im Herbst 1989 – so lautet König/Wenzels These – sei diesen Ereignissen bisher weniger Aufmerksamkeit geschenkt worden. F-Stop will dies nun ändern.

Für ein Fotofestival bedeutet das ihrer Meinung nach, zu fragen, »wie Fotografie als ein Mittel der Vergegenwärtigung und Erinnerung dabei helfen kann, einen gesellschaftlichen Diskussionsprozess anzustoßen und als dessen Katalysator zu dienen«.

Allein das Konzept führte zum Ritterschlag durch die Projektförderung der Kulturstiftung des Bundes. Die insgesamt achte Festivalausgabe zeigt internationale und nationale Positionen, die sich mit der Rolle der Fotografie als gesellschaftliches Medium für das Gestern und Heute in Abzügen, Prints oder Fotobüchern auseinandersetzen.

Beim letzten Festival 2016 wurde ein Display mit Fotografien von Gerda Taro in der Straße des 18. Oktobers errichtet. Die Fotografin, die in Leipzig ihre Jugend verbrachte und gemeinsam mit ihrem Partner Robert Capa den Spanischen Bürgerkrieg im Bild festhielt, starb 1937. In diesem Jahr steht auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz ein Bild-Text-Display zum Thema »1990 freilegen«. Hier kann der Vorbeigehende Fotografien von Leipzig aus dem Jahr 1990 von Andreas Rost und Christian Borchert sowie Beobachtungen der Künstlerin Elske Rosenfeld wahrnehmen. Dazu gibt es ein Filmprogramm sowie ein zweitägiges Symposium zu politischen Debatten und Bildpraxen der Gegenwart. Wie immer ergänzen Komplizen und Satelliten in der ganzen Stadt das Angebot auf der Spinnerei.


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