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Kultur

»Kontroverse um Freiwild hatten wir nicht erwartet«

Geschäftsführer Roland »Bogo« Ritter über 25 Jahre With Full Force

  »Kontroverse um Freiwild hatten wir nicht erwartet« | Geschäftsführer Roland »Bogo« Ritter über 25 Jahre With Full Force

Es begann mit einem Open Air im Werdauer Stadtpark. Ziemlich schnell wurde das With Full Force Festival größer, was auch an seinem eigenwilligen Stilmix von Punk bis Metalcore lag. Roland Ritter ist einer der drei Geschäftsführer und von Anfang an dabei. Im Interview spricht er über das Booking, die immer härtere Konkurrenz und den Umzug nach Ferropolis.

kreuzer: Ein Vierteljahrhundert With Full Force – fühlen Sie sich alt?

ROLAND RITTER: Über diese lange Zeit wird man natürlich älter. Aber die 25 Jahre hatten es in sich, deswegen fühle ich mich damit richtig gut.

kreuzer: Wie kam es zur Festivalgründung?

RITTER: Ich war im Zwickauer Verein Rock-Life e.V. aktiv, der schon ein paar lokale Konzerte veranstaltet hatte. In Chemnitz machten die Kollegen beim Kraftwerk und AJZ Ähnliches. Irgendwann lernten wir uns kennen und kooperierten. Es gab immer Nachfragen wie »Macht doch mal was im Freien«.

kreuzer: Ist das Festival schnell gewachsen?

RITTER: Ja, beim ersten Mal im Werdauer Stadtpark waren 2.500 da. Das Jahr drauf waren es fast doppelt so viele. Damit war die Belastbarkeit der Fläche überschritten. Auf den Flughafen Zwickau haben wir dann 1996 das erste Festival über zwei Tage inklusive Camping gemacht. Das war mit 15.000 Leuten ein Riesenschritt und hat alle überfahren, inklusive uns. Das war schwer zu handlen, weil uns die Erfahrung fehlte. Es gab einen Anreisestau und solche Geschichten. Daraus lernt man und im Rückblick ist das einfach nur Kult.

kreuzer: Das Festival zog zwischendurch bis zu 30.000 Besucher an.

RITTER: Ja, zur besten Zeit. Mittlerweile bleiben wir unter 20.000. Es gibt halt immer mehr Open Airs und die Leute bekommen nur einmal im Monat Geld in die Tasche. Und der Bookingsektor wird ein immer härterer Markt, der es schwieriger macht, die passenden Bands heranzuziehen.

kreuzer: Beim WFF mischen sich Punk, Metal, Hardcore und inzwischen auch Metalcore. Führt so ein Aufeinandertreffen der Szenen zu mehr Stress und Schlägereien?

RITTER: Natürlich sind immer mal ein paar Idioten dabei, das lässt sich einfach nicht vermeiden. Aber die überwältigende Mehrheit kommt gut miteinander klar.

kreuzer: Nach den atmosphärisch dichten Wolves in the Throne Room kommen zum Beispiel die rumpeligen Thrasher von Tankard – ist die wilde Abwechslung auf der Bühne gewollt?

RITTER: Ja, wir wollen abgesehen von den Themennächten etwas Abwechslung hereinbringen. Damit die Leute in Bewegung sind.

kreuzer: Einige Festivals arbeiten nach »pay to play«: Unbekannte Bands müssen zahlen, um spielen zu dürfen. Wie sehen Sie das?

RITTER: Das gibt es bei uns natürlich nicht. Wenigstens der Aufwand wie Fahrtkosten sollte gedeckt sein. Es ist nicht fair, wenn Bands draufzahlen sollen.

kreuzer: Sie ernteten 2013 massiv Kritik mit der Ankündigung von Freiwild, die mit rechten und nationalistischen Texten aufgefallen sind. Wie sehen Sie heute die Kontroverse?

RITTER: Das hatten wir tatsächlich nicht erwartet. Wir sahen und sehen die Band nicht in der Ecke, in die sie gern gerückt wird. Freiwild hat dann die Reißleine gezogen. Wir sehen den Gegenwind und die Kritik aber nach wie vor als nicht berechtigt an.

kreuzer: Das Party.San Festival in Thüringen hat vor zehn Jahren die Reißleine gegen Nazis gezogen: Wer mit einschlägigen Bandshirts etc. erwischt wird, fliegt vom Gelände. Das Problem haben Sie nicht?

RITTER: Sicher gibt es auch bei uns schwarze Schafe. Wenn jemand verfassungsfeindliche Symbole trägt, stellen wir den vor die Tür. Beim Party.San sind es eher Leute aus dem NS-Black-Metal, die wir durch unsere Musikausrichtung nicht ziehen. Aber auch im Oi- und Streetpunk-Bereich gibt es ein paar Fehlgeleitete.

kreuzer: Im vergangenen Jahr zog das Festival nach Ferropolis, fühlen Sie sich dort wohl?

RITTER: Im Großen und Ganzen sind wir zufrieden mit der Situation vor Ort. Natürlich gibt es noch ein paar Kinderkrankheiten. Aber unterm Strich ist es ein Zugewinn. In Roitzschjora ging es einfach nicht mehr.

kreuzer: Warum?

RITTER: Die technischen und logistischen Vorraussetzungen waren viel schlechter. Es ist nur eine Wiese und wir mussten alles hinbewegen, installieren und aufbauen. Das ist sehr aufwendig, zeitlich und finanziell. Mindestlohn und steigende Spritpreise trieben die Produktionskosten in die Höhe. Das größte Problem war die Trinkwassersituation, die Auflagen der Behörden wurden immer schärfer und dann ultimativ. Trotz eines in die Wasserinstallation investierten Betrags im sechsstelligen Bereich hätte es zu einer kurzfristigen Sperrung kommen können, wenn die Werte nicht stimmen. Das war zu riskant.

kreuzer: Welche Kinderkrankheiten schließen Sie dieses Jahr in Ferropolis aus?

RITTER: Es gab Probleme mit dem Shuttleverkehr, weil uns nicht genug Busse zur Verfügung standen. Das ist besser geregelt. Es gab begründete Beschwerden, dass es zum Becherpfand extra noch Pfandmarken gab. Da ist mal der Becher weg, mal die Marke und das Geld ist pfutsch. Dieses Jahr reicht der Becher. Und wir haben besser gelegene Flächen dazubekommen, so dass für einen Großteil der Leute die Wege nicht mehr so weit sind.

kreuzer: Welche Band hätten Sie persönlich gern mal beim WFF erlebt?

RITTER: Metallica und System of a Down: Die sind aber zu groß für uns. Aber ansonsten waren eigentlich alle Wunschkandidaten in den 25 Jahren schon bei uns.


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