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Kultur

Quadratur des Tanzes

Das Lofft zeigt Western-Folklore mit Square Dance. Ein Anlass für den Selbstversuch

  Quadratur des Tanzes | Das Lofft zeigt Western-Folklore mit Square Dance. Ein Anlass für den Selbstversuch

Im Viereck tanzen kann so schwer nicht sein, oder? Square Dance haftet der Charme von Westernfilmen und Trucker-Romantik an, nun ist der Volkstanz dieser Tage im Lofft zu erleben. Unser Redakteur hat den Selbstversuch gewagt.

Left hand star« und »right circle« klappen noch gut: In der Quadratmitte mit drei anderen Herren die linken Hände reichen und danach allen anderen Tanzenden im Kreis folgen. Doch beim »do sa do« ist der Theaterredakteur raus. Von wegen Square Dance ist etwas für Lahme. Erst beim zweiten Versuch funktioniert es dank der Einflüsterung von Tanzpartnerin Rita Hagemann. »Starr Richtung Fenster gucken und dann rückwärts gehen.« Weil jeder leicht versetzt nach vorn läuft und nach dem Passieren und Rücken an Rücken-Stehen sich wiederum leicht rechts versetzt rückwärts bewegt, krachen Journalist und President nicht ineinander. President? Ja, denn es ist nicht irgendeine Tanzpartnerin, die zum Schnupper-Schwofen bat: Rita Hagemann ist Vorsitzende des Vereins 1st Dancing Lions DSC. Und weil Square Dance zuerst in den USA getanzt wurde, ist Englisch die Benamsungssprache. Der Verein ist an einer Produktion im Lofft beteiligt, es gibt also mehr als einen Grund für den Besuch.»Das waren doch nur vier Figuren«, ruft Ladycaller Elke Ferchland und lacht. Doch dann hat die Frau, nach deren Ansagen sich die Tänzer bewegen, auch Worte des Lobes. »Das haben Sie fürs erste Mal schon sehr gut gemacht.« Ob man wiederkommen mag, fragt ein Vereinsmitglied in der lustigen Runde, die sich jeden Freitagabend in der Villa trifft. Ferchland hat den Verein für Square Dance – nicht zu verwechseln mit Line Dance – in Leipzig mitgegründet. Früh interessierte sich die aus Süddeutschland stammende Frau dafür und fing in achtziger Jahren damit an. Der Leipziger Verein besteht seit 15 Jahren.

Mit dabei ist auch Birgit Carstens, die nach einer öffentlichen Vorstellung vom Verein hörte. »Square Dance ist eine einheitliche Sprache«, schätzt sie am Tanz. »In Japan, Frankreich oder Italien: Man kann überall tanzen und wird verstanden.« Das liegt daran, dass die getanzten Figuren und ihre Namen einheitlich sind. »Bei den Figurennamen weiß man meistens, was gemeint ist: Circles, Stars, Ferris Wheel, also Riesenrad.« Bei anderen müsse man sich das eben einprägen. »Was soll zum Beispiel Box the Gnat sein?« Austausch ist Leipzigern wichtig, getreu dem Motto der Square Dancer weltweit: »Friendship is Square Dancing’s greatest reward« (»Freundschaft ist des Square Dances größte Belohnung«). Man könne problemlos im Urlaub Vereine besuchen und dürfe dort mittanzen. Der Leipziger Verein hatte schon Besuch aus Neuseeland, den USA und dem nördlichsten Flecken Russlands. Der Austausch mit anderen Gruppen in der Stadt und der Region wird sowieso gepflegt. »Man merkt erst hinterher, wenn man erschöpft ist, wie anstrengend das Tanzen ist«, sagt Carstens über ihre Motivation. »Beim Tanzen aber ist man nur euphorisch.«

»Man kann auch zu AC/DC tanzen«

Die Basis jeder Tanzrunde bilden vier zum Viereck aufgestellte Paare, daher der Name des Tanzes. Nicht nur Westernmusik wird aufgelegt, nur Tempo und Rhythmus müssen stimmen oder angepasst werden. »Man kann auch zu AC/DC tanzen«, sagt President Hagemann. Personell kann der Tanz beliebig aufgestockt werden, so die Figuren-Einflüsterin Ferchland: »Ob acht oder 800 Menschen tanzen, spielt keine Rolle.« Dafür muss allerdings der Caller den Überblick behalten, damit niemand ineinanderrennt. Ihr selbst hat ein Mittänzer einmal den Arm ausgekugelt: »Er war überzeugt, dass es in die andere Richtung geht, und hat mir mit seinem Schwung fast den Arm ausgerissen.«

Im Dezember wird der Verein im Westbad zu sehen sein, denn er ist an einer Lofft-Produktion beteiligt: Die Berliner Gruppe Bryckenbrant inszeniert »Das Massaker von New Leipzig«. Der schräge Theater-Western um eine Truckerin in der Prärie kommt nicht ohne Blaue-Bohnen-Ballerei und schwingende Saloontüren aus – und nicht ohne stilechten Volkstanz. Also werden die Leipziger Square Dancer integriert. »Ich finde solche Ideen lustig«, sagt Ferchland. »So eine Gelegenheit muss man mitnehmen.« Lampenfieber hat sie nicht. »Jeder Live-Auftritt ist anders.« Halbernst ergänzt sie: »Ich kann mich auf die Tänzer verlassen. Was ich verkorkse, das retten sie schon.«

Die Leipziger Gruppe freut sich, Menschen für ihren Tanz interessieren zu können. Ab Januar wird es Schnupperkurse und eine neue Klasse »gegen den Weihnachtsspeck« geben, möchte Präsidentin Rita Hagemann noch gern unterbringen, die im Square Dance ihren Bewegungsdrang auslebt. Außerdem sei »das gut für die grauen Zellen, denn man muss sich konzentrieren, um bei den Figuren keinen Fehler zu machen. Und dann ist da die Bewegung und die Lachmuskeln werden auch trainiert.« Dem kann der Theaterredakteur nur beipflichten und bedankt sich für die Lektion im Quadrat-Tanz.


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