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Film

Auf der Grenze

»Orangentage« erzählt eine sonnendurchflutete Geschichte vom Erwachsenwerden

  Auf der Grenze | »Orangentage« erzählt eine sonnendurchflutete Geschichte vom Erwachsenwerden

»Orangentage« ist ein sonnendurchfluteter Film über das Erwachsenwerden. Eine charmante Liebesgeschichte und eine Erzählung von einer Annäherung zwischen Vater und Sohn. Ende Mai kommt der Film nun in die Kinos.

Darek hat Hugo eindeutig auf dem Kieker. Kurz vor Ende der Schulstunde 
droht er, ihn fertigzumachen. Mit dem Klingeln beginnt eine Verfolgungsjagd auf Fahrrädern durch den kleinen Ort, über die Landstraße entlang der deutsch-tschechischen Grenze. Sie endet am Friedhof. Hier stellt Darek seinen Mitschüler und prügelt sich mit ihm – und es wird klar, dass Darek nur seine Schwester verteidigt. Der vermeintliche Bully wird zum Protagonisten der Geschichte.

Darek ist vierzehn und lebt mit seinem Vater und der kleinen Schwester Ema, die durchs Down-Syndrom zwar etwas langsamer ist, aber die Defizite durch ihre entwaffnende Fröhlichkeit ausgleicht. Für den Teenager ist es allerdings manchmal nicht leicht, die Verantwortung für seine Schwester zu übernehmen, zumal er immer noch schwer mit dem Tod der Mutter zu kämpfen hat. Ebenso wie sein Vater, der sich der Verantwortung genauso entzieht wie dem Gespräch mit dem Jugendamt.

Es sind schwere Themen, die Iva Procházková in ihrem Jugendroman verarbeitet. Der Verlust der Mutter, die finanzielle Bedrohung, die auf dem Hof der Familie lastet, und die Nöte mit der ersten großen Liebe sind nicht unbedingt Stoff für einen Kinderfilm. Trotzdem war Ingelore König gleich begeistert, als sie das Buch las. Die Produzentin aus Erfurt wollte daraus einen großen Kinofilm inszenieren und ging mit der Idee zum MDR. So kam Anke Lindemann zum Projekt. »Auch ich war gleich begeistert«, erzählt die Redaktionsleiterin beim Kinderkanal. »Es ist aber eindeutig ein Jugendfilmstoff, kein Kinderfilm. Da ist es für uns relativ schwierig herauszufinden, wie wir ihn platzieren können. Das Buch ist sehr vielschichtig, behandelt sehr schwierige Themen und geht in der Darstellung auch weg von dem, was wir als Kinderfilm zeigen können. Das war für uns eine Herausforderung: Können wir diese Wut, diese Stärke bewahren und ihn trotzdem für Kinder zugänglich machen? Wie können wir unsere Interessen vertreten, ohne den Film zu verbiegen?«

Beim MDR brannten alle für die Idee, eine deutsch-tschechische Koproduktion auf die Beine zu stellen. Rückenwind gab zudem die Förderung der Mitteldeutschen Medienstiftung. 2018 fiel der Startschuss in Waltersdorf bei Görlitz. Gedreht wurde auch im Erzgebirge, in Johanngeorgenstadt und Umgebung. »Die deutsch-tschechischen kulturellen Gegebenheiten geben dem Film noch mal eine Ebene mit, die auch wichtig ist fürs Erzählen«, erklärt Lindemann. »Dass es in diesem Grenzgebiet stattfindet, ist zwar eine fiktionale Behauptung, da die Städte, wo das Buch tatsächlich spielt, ausgedacht sind. Aber für den Zuschauer ist es nachvollziehbar, dass wir uns in einem Grenzgebiet bewegen, ohne dass die Grenze eine Wertigkeit bekommt, die sie auch im Alltag nicht mehr hat heutzutage.«

Im Kern ist »Orangentage« eine Liebesgeschichte, denn da ist ja auch noch Hanna. Das deutsche Mädchen verdreht Darek den Kopf. Gespielt wird sie von der Dresdnerin Emilie Neumeister. Für sie und Hauptdarsteller Tomáš Dalecký war die Verständigung nicht immer einfach, erzählt Lindemann. »Durch die Sprachbarriere ist es aber sehr emotional im Spiel. Ich glaube, dass der eine die Sprache des anderen nicht konnte und Englisch nur ein wenig, unterstützt diese Emotionalität.« Regisseur Ivan Pokorný und die Autorin Iva Procházková, die ihren Roman selbst adaptierte, sprechen beide sehr gut Deutsch, was die Arbeit mit dem deutschen Team hinter der Kamera vereinfachte. »Der deutsche Anteil liegt vor allem im Bild und in der Ausgestaltung des Ganzen«, sagt Lindemann.

»Orangentage« ist ein sonnendurchfluteter Film über das Erwachsenwerden. Eine charmante Liebesgeschichte und eine Erzählung von einer Annäherung zwischen Vater und Sohn. Nicht zuletzt ist es auch ein Film für Pferdenarren, denn die spielen noch eine ganz besondere Rolle in der Geschichte von Procházková. Die tschechische Vorlage bot dann auch den perfekten Anlass für eine Premiere im Rahmen der Leipziger Buchmesse. Ende Mai kommt der Film nun in die Kinos und ist vorher auch beim Neisse Filmfestival zu sehen. So schließt sich der Kreis zurück ins malerische Dreiländereck.


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