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Literatur

Die Leuchtfeuer brennen

Ein bibliophiler Prachtband erzählt die Geschichte der Leuchttürme

  Die Leuchtfeuer brennen | Ein bibliophiler Prachtband erzählt die Geschichte der Leuchttürme

Unzählige Bücher überfluten den Markt. Linn Penelope Micklitz und Josef Braun helfen einmal wöchentlich auf »kreuzer online« bei der Auswahl. Diesmal berichtet Literaturredakteurin Linn Penelope Micklitz über R. G. Grants »Wächter der See. Die Geschichte der Leuchttürme«.

Mit Leuchttürmen ist es ja eigentlich ein bisschen wie mit Eisenbahnen – Liebhaberthemen, so denkt man, ohne große Relevanz für das breite Publikum. Ganz davon abgesehen, dass es tatsächlich mehr Eisenbahn-Fans gibt, als man sich je vorstellen könnte, ist es ratsam, von Zeit zu Zeit die eingefahrenen Schienen (jaja) zu verlassen, und sich mit Neugier unbekannten Themen zuzuwenden.

Im Verlag Dumont ist das letztes Jahr geschehen. Auf der Leipziger Buchmesse im Frühjahr 2019 kam man nicht umhin, den meerblauen, übergroßen Einband mit orangefarbenem Buchrücken und goldenen Lichtstrahlen zu bemerken, der in mehreren Reihen die Wand des Verlagsstandes schmückte. Leuchttürme hin oder her – ein so ausgesprochen ästhetisch gestaltetes Buch verdient es, dass man ein Blick in sein Inneres wirft.

Die vielversprechende Aufmachung des Bandes übertrifft sich nämlich noch. 250 Abbildungen von historischen Karten, technischen Zeichnungen, Gemälden und Bauplänen illustrieren die Geschichte der Leuchttürme. Das Buch eröffnet mit der wechselhaften Geschichte des Eddystone-Leuchtturms, der 1759 »den Beginn des Goldenen Zeitalters im Leuchtturmbau« markierte. Man könnte meinen, dass alle Menschen an der zunehmenden Sicherheit der Schiffe interessiert waren, doch »viele verarmte Küstengemeinden waren auf die Plünderung von Schiffswracks angewiesen, um zu überleben. Sie sahen in den Wracks eine Gabe Gottes für die Armen und reagierten feindselig auf alle Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit auf See.«

Bei den Reichtümern, die manches Schiff geladen hatte, verwundert die Abneigung nicht, was jedoch wirklich erstaunt, sind die den Leuchttürmen feindlich eingestellten Seeleute selbst. Manche von ihnen sahen die Gefahr als Teil des Berufs und hatten einen gewissen Stolz entwickelt, der Verbesserungen ablehnend gegenüberstand. Initiatoren waren letztendlich die Kaufleute, die ihre Verluste minimieren wollten und an einem florierenden Handel interessiert waren.

Robert Louis Stevenson war übrigens Sohn eines Leuchtturmbauers, und auch sein Großvater hatte schon erfolgreich Leuchttürme in Großbritannien errichtet. Zum Ärger seiner Familie weigerte sich Stevenson in die Fußstapfen seiner Vorfahren zu treten – er wurde Schriftsteller, und bekannter als alle anderen Stevensons vor ihm. Von ihm wissen wir aber von den zu Unrecht romantisierten Lebensbedingungen der Leuchtturmwärter, deren Alltag ebenfalls ein Kapitel gewidmet ist. Das Ende der Leuchttürme setzte ein mit der zunehmenden Automatisierung des Lichts. Erst wurden damit die Wärter überflüssig, später durch Erneuerungen in der Schifffahrtstechnik die Türme selbst. Der Eddystone-Turm wurde 1981 von seinem letzten Wärter verlassen. Und so sind die meisten Leuchttürme heute ohne Licht, und, wie der Autor bedauernd feststellt, eine »Form one Funktion«.


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