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Kultur

»Fatale Folgen«

Die Initiative der Kultur- und Kreativszene wendet sich mit einem offenen Brief an OB Jung und fordert Unterstützung auf kommunaler Ebene

  »Fatale Folgen« | Die Initiative der Kultur- und Kreativszene wendet sich mit einem offenen Brief an OB Jung und fordert Unterstützung auf kommunaler Ebene

Neben vielen anderen leidet auch die Leipziger Kulturszene unter den Auswirkungen der Corona-Krise. Mit jedem Tag den Cafés geschlossen und Klubs leer bleiben oder Musiker nicht auftreten können, wächst die Unsicherheit für die Szene. Jetzt fordert sie versprochene Hilfe ein.

Nach den ersten Treffen zu Beginn der Corona-Krise mit der Kulturbürgermeisterin blickte die Initiative der Kultur- und Kreativszene, ein Zusammenschluss aus Kreatives Leipzig, Livekommbinat Leipzig und Initiative Leipzig + Kultur zunächst zuversichtlich auf die zukünftige Situation der Leipziger Künstler in der Kultur- und Kreativwirtschaft, kommende Probleme zu bewältigen. Auf ihrer Website hatte die Stadt Leipzig ihre Unterstützung zugesichert: »Auch auf kommunaler Ebene werden derzeit zielgerichtete Programme für Kultur- und Kreativschaffende entwickelt.« Laut Initiative war sogar »eine Soforthilfe in Leipzig geplant.« Schließlich ist die Szene auf die Unterstützung von außen angewiesen. Trotz Corona-Krise fallen Kosten an: Neben den normalen Lebenshaltungskosten sind das zum Beispiel auch Mieten für Proberäume oder Ladengeschäfte. Wer neu im Geschäft ist, hatte oft keine Zeit, Rücklagen zu bilden.

Seit letzter Woche ist in der LVZ zu lesen: Diese kommunalen Soforthilfen wird es nicht geben. Oberbürgermeister Jung hätte erklärt, dass »das geplante Soforthilfeprogramm der Stadt für Kreative und Freiberufler entfällt, weil es nun entsprechende Sofortprogramme von Bund und Land gibt.« Es gäbe allerdings Überlegungen über kommunale Anschlussförderungen. In einem offenen Brief an den Oberbürgermeister Burkhard Jung äußert die Initiative nun ihre Enttäuschung über die fehlende Aussicht kommunaler Hilfsprogramme und spricht sogar von »fatalen Folgen« für die Leipziger Kunst- und Kulturszene.

Zwar gäbe es nun die Soforthilfen des Bundes, die abgerufen werden können. »Insbesondere Unternehmen ab 10 Mitarbeitern, zu denen zahlreiche Leipziger Kreativwirtschaftsunternehmen sowie auch einige Kulturbetriebe und Musikspielstätten gehören«, hätten allerdings keine Möglichkeit, diese Zuschüsse in Anspruch zu nehmen, heißt es im offenen Brief dazu. Eine finanzielle Absicherung sei für viele deshalb in der Regel nur durch Hartz IV gesichert, dessen Auszahlung in der derzeitigen Lage mit langen Wartezeiten verbunden ist, wie die Initiative beklagt.

Selbstorganisierte Hilfe für die Szene

Auch die Angebote auf der Plattform dasistleipzig.de, auf welche die Stadt Leipzig hinweist, helfen den kulturschaffenden Unternehmen kaum. Zwar bietet sie einige Hilfsangebote - die sind meist jedoch für Solo-Selbstständige oder kleine Unternehmen bis zu 10 Personen. Neben Cafés bitten dort aber auch Theater und Klubs um Hilfe in Form von Soli-Tickets oder Spenden.

Für die Unternehmen ist jetzt jeder Euro wichtig. Jörg Kosinski vom Verein Livekommbinat Leipzig, der sich als Interessenvertretung der Leipziger Klubkultur versteht, glaubt an den Erfolg solcher Aktionen. Immerhin wurde seit Beginn der Aktion Mitte März ein deutlich fünfstelliger Betrag erreicht. »Ob das aber jemandem den Arsch rettet, kann ich noch nicht beurteilen.« Unabhängig davon sei die Unterstützung der Menschen ein symbolisch wichtiger Moment. Vollständig finanzieren kann sich von dem Geld, das zwischen den Mitgliedern aufgeteilt wird, aber kein Klub. Und weil es für größere Unternehmen keine Förderung, sondern höchstens Kredite gibt, drängen der Verein auch auf eine Förderung der Stadt. Denn Kredite würden das Problem nur in eine »ungewisse Zukunft verlagern.«

Im Wahlkampf-Interview mit dem kreuzer betonte Jung noch: »Die freie Szene ist ein ganz wesentlicher Partner der Kulturentwicklung und der gesellschaftlichen Entwicklung unserer Stadt.« Immerhin hatten im Februar noch Teile der Kulturszene für die Wahl von Jung Werbung gemacht.

In allen übrigen neuen Bundesländern sind bereits verschiedene Soforthilfe-Programme für Klein- und Mittelunternehmer gestartet, in Dresden gibt es ein branchenoffenes Sofortprogramm für Kleinstunternehmen, Selbstständige und Freiberufler. Wie die Situation für die Leipziger aussieht, bleibt unklar. Die Initiative hofft auf eine Prüfung der Realisierbarkeit weiterer Unterstützungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene.

Die Stellungnahme auf eine kurzfristige Presseanfrage des kreuzer aus dem Büro des Oberbürgermeisters war heute »in der Kürze der Zeit leider nicht möglich.«


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