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Kultur

Zwischen Fürsorge und Existenzangst

Wie unabhängige Kunsträume mit dem Lockdown umgehen

  Zwischen Fürsorge und Existenzangst | Wie unabhängige Kunsträume mit dem Lockdown umgehen

Seit Ende Mai zeigen Galerien und Kunsträume wieder Kunst im realen Ausstellungsraum. Während sich die Galerien auf der Spinnerei über das Interesse und die Solidarität freuen, schauen die unabhängigen Kunsträume eher skeptisch in die Zukunft. Der kreuzer fragte beim Kunstraum D21, Westpol A.I.R. Space und der Galerie Kub nach.

Das Kollektiv Westpol A.I.R. Space eröffnete 2012 in der ehemaligen Kantine im Westwerk die erste Ausstellung. Seit 2019 finden die Ausstellungen im Unterdeck der Heilandskirche an der Erich-Zeigner-Allee statt. Die Stadt fördert das Jahresprogramm mit 6.340 Euro.

»Inhaltlich haben wir uns nicht mit dem Coronavirus beschäftigt«, so die Macher von Westpol. Vielmehr begannen sie Ende Mai mit der Soundinstallation »Schlagzeichen« von Anna Schimkat, die bis zum 7. Juli im Außenbereich zu erleben ist. Ab dem 2. Juli ist im Innenraum »hybrid utopia« mit den Arbeiten der Malerinnen Marlet Heckhoff und Dorothee Liebscher zu sehen. Im Juli folgen Veranstaltungen zur Performancekunst in Leipzig.

Was sich im Vergleich zur Zeit vor dem 18. März geändert hat? Die Eröffnungen fallen aus und damit wichtige Termine des Zusammenkommens. Und wie sieht die Zukunft des Off-Space aus? Nicht günstig, denn »möglicherweise« kann das Kollektiv Westpol die Räume im neuen Jahr nicht mehr nutzen.

Gefragt nach den Zukunftswünschen, sprechen sich die Macher von Westpol für eine breite städtische Förderung aus: »Viele kleine städtisch finanzierte, oder zumindest kofinanzierte, Kunsträume, die dauerhaft und permanent ausstellen, um der Stadt ein heterogenes und niedrigschwelliges Kunstangebot geben zu können, abseits der großen Institutionen.«

»Sicherung der finanziellen Mittel«

Im Kunstraum D21 in der Lindenauer Demmeringstraße 21 startete Ende Mai die Ausstellung »Corpo_reality«. Durch den Lockdown verschob sich die Eröffnung um einige Wochen. In der Zwischenzeit reagierte man im Kunstraum mit einem neuen Format. Der 2006 gegründete Verein befindet sich in einem ehemaligen Friseurgeschäft und verfügt so über große Schaufenster. Eins davon wurde in der Zeit zum »Kontaktfenster« umgewandelt, in dem Kunstschaffende für eine Woche Arbeiten präsentierten. Bei der Aktion »Kunst-Ü-Paket« stellten Kunstschaffende Arbeiten im Umfang eines A5-Umschlages zur Verfügung, die im Außenbereich angebracht zum Mitnehmen waren.

Für das restliche Jahr werden die geplanten Ausstellungen so verschoben, dass die Sommerpause entfällt. Ebenso finden keine Live-Performances statt. Für Workshops müssen neue Formate erprobt werden.

Für den Kunstraum gab es in diesem Jahr erstmals die institutionelle Förderung der Stadt. An die 120.000 Euro ist eine bezahlte Stelle der Geschäftsführung gebunden sowie die Organisation des Fotografiefestivals F/Stop, dessen nächste Ausgabe 2021 geplant ist.

Die D21-Macher befürchten allerdings, »dass Kulturfördermittel gekürzt werden könnten. Wir versuchen alles, um unser Ausstellungsprogramm realisieren zu können.« Es geht um die »Sicherung der finanziellen Mittel«. Außerdem hoffen sie, »dass die Reisebeschränkungen aufgehoben werden«, um Kunstschaffende aus dem Ausland einladen zu können. Letztlich ist alles mit der Hoffnung verbunden, dass »das Interesse Kunst anzuschauen weiter bestehen bleibt«

»Die Gleichberechtigung der bildenden Kunst«

Die Galerie Kub in der Kantstraße wird vom Verein Artpa betrieben. Er erhält seit 2014 eine institutionelle Förderung seitens der Stadt. Von anfänglich 50.000 Euro wuchs die Unterstützung in diesem Jahr auf 126.000 Euro an. Der Verein reagierte auf die Coronakrise mit dem dazu entwickeltem Programm #co2020. Die Initiative »richtete sich explizit an die Leipziger Künstlerinnenschaft und bietet die Möglichkeit einer zehntägigen Präsentation mit Honorar.« Darüber sind die Verantwortlichen »sehr glücklich« und so soll diese Präsentationsform zukünftig ein Punkt in der Programmgestaltung werden.

»Sorgen bereitet das nächste Förder- und Programmjahr 2021.« Der Verein unterstreicht, dass »gerade die bildende Kunst in Hinblick auf die Gesamtförderung der Freien Szene auf den hinteren Plätzen changiert.« Die Statistik weist die Bildende Kunst 2020 bei 6,4 Prozent der Förderung aus.

Für dieses Jahr ist die Galerie Kub abgesichert. Im Gegensatz zu den Mitarbeitern und Mitwirkenden. Ein Grund liegt im Wegfall der Gelder aus Vermietungen und Getränkeumsätzen. Ob in diesem Oktober das Performance-Festival »Blauverschiebungen« stattfinden wird, ist bisher noch unklar.

Perspektivisch wünscht sich der Verein Artpa »eine Wertschätzung, die mit dem Schutz und der entsprechenden Förderung einher geht.« Das bedeutet die »gleichwertige Behandlung der bildenden Kunst im Reigen der kulturellen Sparten.«


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