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Stadtleben

Polizeihubschrauber sorgen für Unmut

Zahlen aus dem Innenministerium geben Aufschluss über Einsätze

  Polizeihubschrauber sorgen für Unmut | Zahlen aus dem Innenministerium geben Aufschluss über Einsätze

Viele Menschen im Leipziger Süden sind zunehmend genervt von Polizeihubschraubern. Nach offiziellen Angaben des sächsischen Innenministeriums hat die Zahl der Helikoptereinsätze jedoch nicht zugenommen. Allerdings fliegen Polizeihubschrauber in Leipzig rechnerisch im Schnitt jeden Tag eine halbe Stunde.

Seit Monaten wächst im Leipziger Süden der Unmut über den Einsatz von Polizeihubschaubern. Nachlesen lässt sich das etwa bei Twitter, wo sich zahlreiche Nutzer genervt zeigen vom Lärm, der ihnen nach eigenen Angaben den Schlaf raubt. »Fast jede Nacht zwischen Leuschnerplatz und Cospudener See. Manchmal der einzige Hubschrauber im deutschen Luftraum. Es nervt so…«, schrieb eine Nutzerin im Juli. Viele weitere Beschwerden lassen sich mit Kombinationen entsprechender Schlagworte leicht finden.

Doch haben die Hubschraubereinsätze der Polizei in Leipzig tatsächlich zugenommen? Nein, zumindest nicht nach Angaben des Sächsischen Innenministeriums. Wie aus Antworten auf mehrere Anfragen der Linksfraktion im Landtag hervorgeht (Drucksache 7/2731, Drucksache 6/18214), ist die Anzahl der Hubschraubereinsätze im Vergleich zum vergangenen Jahr sogar leicht rückläufig.

Vom 1. Januar bis zum 30. Juni dieses Jahres waren die Polizeihubschrauber demnach 44 Mal auf Anforderung der Polizeidirektion Leipzig im Einsatz. Die Zahl der Betriebsstunden, also annäherungsweise die Zeit in der Luft, summiert sich laut der Daten im ersten Halbjahr auf über 94. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren die Polizeihubschrauber nach Angaben des Ministeriums aber sogar 48 Mal für die PD Leipzig im Einsatz. Betriebsdauer: über 100 Stunden.

Häufung der Einsätze im Mai und Juni

Doch wieso haben viele Bürgerinnen und Bürger trotzdem den Eindruck, dass sie ständig das Rotorengeräusch der Polizeihubschrauber hören? Zunächst mag das daran liegen, dass die Maschinen tatsächlich oft im Einsatz sind. Wenn man oben genannte Zahl für das erste Halbjahr auf die Tage herunterrechnet (94 Betriebsstunden geteilt durch 182,5 Tage), ergibt sich eine tägliche Einsatzdauer am Leipziger Himmel von über einer halben Stunde. Bedenkt man nun weiter, dass ein Hubschrauber laut der Website fluglärm-portal.de in zwanzig Metern Entfernung so laut ist wie ein vorbeifahrender Güterzug, dann ist das eine extreme Lärmbelästigung – auch wenn der Abstand im realen Einsatz wesentlich größer ist.

Die jüngsten Beschwerden könnten außerdem auf einen weiteren Faktor zurückzuführen sein: die Häufung der Einsätze in den vergangenen Monaten. Über die Hälfte der vom Innenministerium genannten Flüge der Polizeihubschrauber im ersten Halbjahr fanden in den Monaten Mai und Juni statt. Vom 10. bis 12. Mai war ein Helikopter zum Beispiel an drei aufeinanderfolgenden Tagen für insgesamt fünf Stunden im Einsatz; vom 16. bis 18. Juni ebenfalls an drei Tagen nacheinander für mehr als sieben Stunden.

Darüber hinaus hängt der Unmut der Bürgerschaft sicherlich mit den Einsatzzwecken zusammen. Allzu oft ist der Polizeihubschrauber im Leipziger Süden bei friedlichen Versammlungen und Demonstrationen im Einsatz. Auch das belegen die Angaben des Innenministeriums. Demnach waren Helikopter im ersten Halbjahr 2020 insgesamt 13 Mal bei Versammlungen beziehungsweise Veranstaltungen in der Luft. 21 Mal halfen die Hubschrauber den Angaben zufolge bei der Fahndung. Dem Einsatzanlass »Kriminalitätsbekämpfung« wurden nur zwei Einsätze zugeordnet. Die übrigen Flüge fanden angeblich statt wegen einer »aktuellen Gefahren- und Schadenslage« oder für den »Umweltschutz« (jeweils vier Einsätze).

Polizei rechtfertigt sich

Kritik an den Einsätzen tritt die sächsische Polizei bei Twitter regelmäßig entgegen. »Wenn unsere Hubschrauber in der Luft sind, hat dies Gründe, für die wir uns nicht entschuldigen«, schrieb das Social-Media-Team beispielsweise schon im letzten Jahr. Manchmal verweist die Landespolizei bei Nachfragen außerdem darauf, dass ihre Hubschrauber gar nicht im Einsatz seien, sondern es sich möglicherweise um Helikopter der Bundespolizei handele.

Die Polizeihubschrauberstaffel bemüht zur Selbstbeschreibung übrigens einen Militärtheoretiker. Auf der Website der Staffel steht ganz oben ein Zitat des Generals Carl von Clausewitz: »Wer die Höhen besitzt, beherrscht die Tiefen.«


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3 Kommentar(e)

Peter Lichter 29.07.2020 | um 21:45 Uhr

Endlich schreibt mal jemand was darüber. Bin extrem genervt vom " fliegenden Auge" über Leipzig. Vielleicht helfen 99 Luftballons am Einsatztag ? Also ich hätte Bock! Grüße Peter Licht

1312 29.07.2020 | um 22:36 Uhr

Heyhey, ihr solltet noch auf die kleine Anfrage von Pellmann warten, denn oft fliegt die Bundespolizei, und dazu kann Sachsen keine Auskunft geben.

Gwen Aumont 24.04.2022 | um 18:11 Uhr

2022 und immer noch das gleiche Problem, so sehr, dass ich es nicht mehr ertragen kann, diesen Hubschrauber zu hören. Normalerweise hat die Polizei eine Schutzpflicht und hier scheint das nicht mehr der Fall zu sein. Dass der Hubschrauber anwesend ist, wenn das Leben einer Person in Gefahr ist, verstehe und akzeptiere ich und das ist normal. Aber dass die Polizei statt ihrer Schutzfunktion nur Kontroll- und Repressionsarbeit leistet, dass der Hubschrauber auch dann präsent ist, wenn es nur um Demos geht, dass Hunderte von Menschen regelmäßig von diesem verdammten Hubschrauber gestört werden, der die Bürger letztlich tausendmal mehr stört als die Demo selbst, das ist wirklich unerträglich. Gestern war er über eine Stunde lang über mir, als ich im Wald spazieren ging, und hat mir absolut schreckliche Kopfschmerzen bereitet, unter denen ich noch leide, während ich diese Zeilen schreibe, und jetzt lese ich in der Zeitung, dass es sich nur um eine Demo handelte. Obwohl ich gegen das bin, was die Demonstranten forderten, bin ich für Demokratie und dieser antidemokratische Hubschrauber geht Hunderten von Menschen auf die Nerven, ohne dass auch nur die geringste Gefahr besteht, die seinen Missbrauch rechtfertigen würde.