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Kultur

Ein Kinderbuch über die Kindertransporte

Wahre Geschichte: »Wenn ihr hier ankommt…« von Christoph Gann und Dietrich Ziebart

  Ein Kinderbuch über die Kindertransporte | Wahre Geschichte: »Wenn ihr hier ankommt…« von Christoph Gann und Dietrich Ziebart

Unzählige Bücher überfluten den Markt. Linn Penelope Micklitz und Josef Braun helfen einmal wöchentlich auf »kreuzer online« bei der Auswahl. Diesmal liest Familienredakteur Josef Braun »Wenn ihr hier ankommt…« von Christoph Gann und Dietrich Ziebart. Eine Mischung aus Zeitzeugenbericht, Kinderbuch und Ermahnung für die Nachwelt, die erfreulich gut aufgeht.

Kinder sind die unschuldigsten Opfer von Krieg und Verfolgung. Als in den 1930er Jahren die Absichten des Nazi-Regimes immer offensichtlicher wurden, beschloss das britische Parlament die Aufnahme jüdischer Kinder. In der Folge organisierten engagierte Bürger und Vereine ihren Transport vom europäischen Festland auf die britische Insel. Noch heute steht im Londoner Bahnhof Liverpool Street Station eine Statue, die an die Kinder erinnert, die damals in England ankamen. Sie alle mussten ihre Familien zurück lassen und sich in Großbritannien, bei Gastfamilien, an ein gänzlich neues Umfeld gewöhnen.

Eva Mosbacher, 1926 in Nürnberg geboren, war eines dieser Kinder. Das Besondere an ihrer Geschichte ist, dass die Briefe und Telegramme, die sie sich mit ihren Eltern schrieb, erhalten geblieben sind. Seit 2012 informiert eine Wanderausstellung mit dem Titel »Wenn ihr hier ankommt… « über das Schicksal der Familie Mosbacher. Man kann es als Glücksfall werten, d ass Evas Erlebnisse jetzt auch in einem gleichnamigen Kinderbuch erscheinen. Zumal die Autoren Sätze aus Evas Briefen in den Text einfließen lassen. Aus kindlicher Perspektive beschreibt sie das neue Leben in der Gastfamilie, erzählt von so manchen komischen Gewohnheiten der Engländer und lässt uns an ihrer Gefühlswelt teilhaben: vor allem an ihren Geburtstagen ist sie traurig, wenn ihre Eltern nicht bei ihr sein können. Gegen Ende des zweiten Weltkriegs wird der Schatten, den der Nationalsozialismus auf das Leben des jungen Mädchens wirft, dann immer länger. Die Hoffnung der Eltern, eine Passage in die USA zu ergattern, schwindet. Eva erhält jetzt nur noch knappe Mitteilungen aus Deutschland. Auch die letzte ist in dem Buch abgedruckt: »Wir geben uns Mühe uns gesund und tapfer zu halten und sind mit Dir in gleichen Gedanken.«

Den Text für »Wenn ihr hier ankommt…« hat Christoph Gann verfasst beziehungsweise zusammengetragen, die Illustrationen stammen von dem Künstler Dietrich Ziebart, Absolvent der Leipziger HGB. Es sind schraffierte Zeichnungen, die sich vor allem auf die Umrisse der Körper und Gegenstände konzentrieren. Gekonnt setzt Ziebart kleine Farbakzente. Dabei erinnern seine Bilder an andere Kinderbücher des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Gut fügen sie sich in die Erzählung, die auch ein Stück Ermächtigung bedeutet. Hier erzählt ein jüdisches Mädchen, ähnlich wie Anne Frank, von ihrem Leben. Der Anhang erläutert noch einmal Mosbachers Biografie und hält Erhellendes über die Kindertransporte bereit. »Wenn ihr hier ankommt…« ist ein Buch, in dem Geschichte lebendig und konkret wird. Es erinnert und berührt den Leser gleichermaßen.


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