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Stadtleben

Großbaustelle LE

Leipziger Großbauprojekte im Überblick

  Großbaustelle LE | Leipziger Großbauprojekte im Überblick

Schaffe, schaffe: Nicht nur Häusle werden in der Stadt gebaut. An vielen Stellen sind ganze Großkomplexe in Planung und werden das Gesicht der Quartiere verändern. Was in naher Zukunft baulich auf die Leipziger zukommt, zeigen diese Beispiele. Ein Text aus der kreuzer Ausgabe 09/20.

Leipzig wächst. Die Kurve ist zwar etwas abgeflacht, doch noch immer nimmt die Bevölkerungszahl jedes Jahr zu. Gleichzeitig wird überall gebaut. Mal sichtbar, mal eher unbemerkt. Dass das Paulinum mit Sakralanmutung am Augustusplatz erst vor drei Jahren komplett fertig wurde, ist vielen entgangen. Das quadermäßige Zustellen des Lindenauer Hafens auch in zweiter und dritter Reihe vollzog sich hingegen rasant. Und das sind nur zwei der bekannteren Großprojekte der letzten Jahre.

Überall wachsen neue Wohnblocks in den Himmel. Die Stadt möchte ihrem Auftrag gerecht werden, genügend Wohnraum bereitzustellen. Mieten wie in Jena oder Berlin will man für Leipzig verhindern. Zudem zieht das Wachstum der Stadt Investoren an. Deren Geld bietet die Möglichkeit für Projekte, die vor ein paar Jahren noch undenkbar waren – das Betongold lockt. So entsteht am Bayerischen Bahnhof ein neues Quartier, im Leipziger Süden ein Gaskraftwerk und an der Eisenbahnstraße (hoffentlich) bald eine neue Schwimmhalle.

Sieht man sich die städtebaulichen Verträge an, die die Stadt mit den Investoren schließt, dann fallen vor allem zwei Dinge auf. Erstens sind überall klare Umweltstandards für die Bauvorhaben vorgegeben. Zweitens ist sozialer Wohnraum fest eingepreist. An beinahe allen Stellen soll es am Ende auch Wohnungen für weniger begüterte Menschen geben. So versucht die Stadt den Spagat zu schaffen zwischen Gentrifizierung und Wohnraum für alle. Zwischen Wachstum und Grünflächen. Gerade in Umweltfragen bleiben jedoch viele Dinge ungewiss. Die Stadt setzt auf Verdichtung. Statt weiter nach außen zu expandieren, versucht man den vorhandenen Raum optimal zu nutzen. Gerade rund um die großen Leipziger Parks mag so eine Verdichtung ganz gut funktionieren. An anderen Stellen in der Stadt lässt sich jedoch bereits erahnen, was es bedeutet, wenn auch die letzten Brachen verschwinden. An einem heißen Sommertag spürt man dort schon jetzt, wie schwer die Luft werden kann, wenn freie Flächen fehlen. Hinzu kommt, dass die Brachflächen nur selten ungenutzt sind. Kinder spielen dort, Menschen treffen sich.

Viele Brachen, wie das Jahrtausendfeld in Plagwitz, bilden in ihren Vierteln wichtige Bezugspunkte. Sie sind Möglichkeitsräume und bieten Alternativen beispielsweise für Jugendliche, die Plätze 
suchen, auf denen sie sich begegnen können. Bereits heute wird es für die Stadt mitunter schwer, Freiräume zu finden, auf denen soziale Projekte angestoßen werden können. So gab es 2018 eine Initiative für eine Skateanlage im Leipziger Westen. Der Stadtrat unterstützte das Projekt, die Initiatoren erklärten sich dazu bereit, das meiste in Handarbeit selbst zu erledigen. Am Ende fand sich kein Platz. Beispiele dieser Art werden sich in Zukunft vermutlich häufen. Leipzigs Wachstum bedeutet für die Stadträte und die Verwaltung einen ständigen Abwägungsprozess zwischen Umwelt, Sozialverträglichkeit und den Interessen der Immobilienbranche. Wie dieser Prozess ausgeht, zeigt sich immer wieder neu, in den Projekten, die angestoßen werden. Genauso wie in den Flächen, die bewusst freigelassen werden.

Der kreuzer hat sich neun größere Bauvorhaben der nächsten Jahre angesehen und stellt sie auf den folgenden Seiten vor. Ob sich die Versprechen von ausreichendem sozialem Wohnungsbau und Milieuvermischung bewahrheiten, bleibt abzuwarten. Ästhetische Urteile werden zukünftige Folgen unserer Architekturkolumne »Aufbau Ost« treffen.

Neues Stadtquartier am Bahnhof: Wohnungen statt Zollschuppen

[caption id="attachment_114963" align="alignright" width="320"] Zwischen Schienen und Parthe: Das Quartier am Hauptbahnhof; Copyright: RKW Architektur + / BGMR Landschaftsarchitekten / Moka-Studio[/caption]

Ein bisschen wirkt das Projekt wie die kleine Schwester vom Quartier Bayerischer Bahnhof (s. S. 22). Denn was für die beiden Gelände vorgesehen ist, ähnelt sich stark. Nur der Maßstab ist ein anderer. Nordwestlich des Hauptbahnhofs, auf dem Gelände des ehemaligen Zollschuppens, stehen den Investoren aus Bremen zwölf Hektar Bauland zur Verfügung. Dort werden, so sieht es der Bebauungsplan der Stadt vor, eine Schule, eine Kita, Wohnungen und Gewerbeflächen entstehen. Des Weiteren ist ein Radweg geplant, der an der Parthe entlang den Weg von der Innenstadt Richtung Gohlis erleichtern soll. Im städtebaulichen Vertrag stehen Vorgaben zur Pflanzung von Bäumen und zur Begrünung von Dächern und Hauswänden. Auch ein kleiner Park direkt an der Parthe ist vorgesehen, deren Ufer zu diesem Zweck erweitert wird. Nur eines will die Stadt auf keinen Fall: Bordelle und Vergnügungsstätten. Diese sind explizit von den Planungen ausgeschlossen.

Die Schwimmhalle Ost: Verzögerung und Hoffnung in der Eisenbahnstraße

[caption id="attachment_114964" align="alignleft" width="320"] Schwimmen im Osten: Der Hallen-Neubau für die Eisenbahnstraße; Copyright: GMP Architekten[/caption]

Die Ausschreibung für eine neue Schwimmhalle am Otto-Runki-Platz fand bereits 2019 statt. Gewonnen hat sie das Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner. In ihrem kubusförmigen Gebäudeentwurf werden ein Sportbecken mit sechs Bahnen, ein Lehrschwimm- und ein Kinderbecken Platz finden. Noch 2016 war ein erster Anlauf für die Schwimmhalle Ost nicht durch den Stadtrat gekommen. Der forderte damals die Verwaltung auf, die Optionen auf ein mehrgeschossiges Gebäude zu prüfen. Das Ziel: das Optimale aus dem knapp bemessenen Platz herausholen. Das Anliegen scheiterte an den Förderschriften. Immerhin: Die neue Schwimmhalle soll nach Fertigstellung um ein medizinisches Versorgungszentrum ergänzt werden. Bleibt die Frage nach der Finanzierung. Beim letzten Sportförderprogramm des Freistaates fiel die Schwimmhalle überraschenderweise durch. Auf kreuzer-Anfrage schreibt Katja Gläß, Pressesprecherin der Leipzig-Gruppe: »Die Planungen für die Schwimmhalle Otto-Runki-Platz treiben wir trotz der unklaren Finanzierung voran.« Parallel dazu werde man sich erneut um Fördermittel bewerben. Denn: »Letztlich benötigen wir in Leipzig dringend diese Wasserflächen, um der großen Nachfrage gerecht werden zu können.«

Der Wilhelm-Leuschner-Platz: Markthalle und Forum Recht

[caption id="attachment_114971" align="alignright" width="320"] Nach langer Planung: Aktueller Entwurf für den Wilhelm-Leuschner-Platz; Copyright: PWBAUKUNST[/caption]

Bereits 2008 beauftragte der Stadtrat die Verwaltung damit, eine Wiedererrichtung der Markthalle auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz zu prüfen. Es folgten verschiedene Planungen, die 2017 in einem Masterplan gipfelten. Auf dessen Grundlage hat die Stadtverwaltung nun einen Bebauungsplan für den gesamten Platz vorgelegt. Dort wird das Ziel formuliert, Südvorstadt und Innenstadt enger zu verbinden. Dazu wird der Leuschner-Platz in drei Planungsbereiche unterteilt. Grob zusammengefasst gilt für alle Bereiche: Im Erdgeschoss werden Läden, Büros oder andere öffentlich zugängliche Gewerbe einziehen, in den Obergeschossen können Wohnungen entstehen. Dabei sollen im südlichen Bereich mindestens 20 Prozent, im nördlichen mindestens 40 Prozent zu Wohnraum werden. Der Freistaat Sachsen hat den südlichen Teil angekauft. Dort soll unter anderem das Institut für Länderkunde ein neues Zuhause finden. Für die Mitte des Platzes ist weiterhin die Markthalle geplant. Im Norden dagegen soll an der Ecke Roßplatz/Grünewaldstraße das »Forum Recht« gebaut werden. Eine Museums- und Begegnungsstätte, finanziert vom Deutschen Bundestag.

Das Krankenhaus St.-Georg: Eine neue Ambulanz macht den Anfang

[caption id="attachment_114965" align="alignleft" width="320"] Erstes Teilprojekt: Neue Ambulanz des St.-Georg-Klinikums; Copyright: Klinikum St. Georg[/caption]

Weitflächig sind sie verteilt, die einzelnen Gebäude des St.-Georg-Klinikums in Eutritzsch. Das sorgt einerseits für große Grünflächen, erschwert andererseits den Alltag des Klinikpersonals. Hinzu kommt: In mehreren Gebäuden ist die medizinisch-technologische Ausstattung stark veraltet. Also hat das St. Georg einen Masterplan zur Modernisierung vorgelegt. Erster Schritt darin ist der Bau einer neuen Ambulanz. Der Spatenstich dafür fand im Juli statt. Der Neubau in der Delitzscher Straße soll von der Straßenbahn aus leicht zu erreichen sein. Die alte Ambulanz will die Krankenhausleitung nach Fertigstellung des Projekts abreißen. An ihrer Stelle ist ein neues internistisches Zentralgebäude geplant. Modern soll das alles werden. Die Stadt, als Gesellschafterin des Krankenhauses, beteiligt sich an dem Projekt.

Die Sporthalle: Volle Planung und Hilfe vom Freistaat

[caption id="attachment_114966" align="alignright" width="320"] Vorbild für die Planer: Die SAP-Arena in Mannheim; Copyright: Janus-WA[/caption]

Ehrgeiz mit Rückenwind. Wenn bis 2020 insgesamt rund 12 Millionen Euro in die Planung eines Bauprojektes fließen, dann kann man davon ausgehen, dass das Vorhaben genügend Unterstützer hat. So ist es auch bei der neuen Sporthalle, die auf einem städtischen Grundstück an der Alten Messe entstehen wird. Multifunktional soll sie sein und bei voller Auslastung rund 15.000 Zuschauern Platz bieten. Die Stadt schreibt dazu: »Nationale und internationale Sportveranstaltungen steigern Attraktivität und Image der Stadt als Sportmagnet im mitteldeutschen Raum.« Diese Wirkung erhofft sich auch der Freistaat, der das Projekt gemeinsam mit dem Rathaus entwickelt und finanziert. Wenn alles gutgeht, könnte die neue Halle 2027 in Betrieb genommen werden. Vorgesehen ist die Nutzung für Sport aller Art, inklusive E-Sport. Bis es so weit ist, müssen aber erst einmal die Planungen abgeschlossen und dem Stadtrat vorgelegt werden.

Gaskraftwerk im Leipziger Süden: Moderner Bau auf altem Gelände

[caption id="attachment_114968" align="alignleft" width="320"] Innovative Wärmeversorgung: Das Gaskraftwerk an der Bornaischen Straße; Copyright: Leipziger Stadtwerke[/caption]

An der Bornaischen Straße 120 wird gebaut. Dort, wo früher ein Erdgasheizwerk stand, entsteht in den kommenden Monaten eines der modernsten Gaskraftwerke Europas. Der Standort dafür ist gut. Durch seine Vergangenheit gibt es auf dem Gelände bereits eine Fernwärmeleitung, eine Gasleitung und ein Umspannwerk. Kurzum: Einmal gebaut, kann das neue Gaskraftwerk direkt ans Netz angeschlossen werden. Das erklärt auch die kurze Bauzeit. Mitte 2020 haben die Arbeiten begonnen, im Frühjahr 2022 sollen sie abgeschlossen sein. Bei einem Vororttermin erklärt der zuständige Ingenieur Thomas Brandenburg die Vorzüge des Projekts. 
So werde das Gaskraftwerk mit neuester Technik ausgestattet, um möglichst emissionsarm zu produzieren. Unter anderem ist ein Wärmespeicher Teil des Konzepts. Wirklich innovativ an dem Kraftwerk ist, dass es zwar Gas verbrennt, jedoch auch darauf ausgelegt ist, Wasserstoff zu verarbeiten. »Hinter dem Gasverdichter ist das gesamte Kraftwerk wasserstofffähig«, erklärt Brandenburg beim Gespräch. Wasserstoff gilt vielen als grüne Zukunftstechnologie. Sollte sie auf den Markt kommen, könnten die Stadtwerke mit ihrem neuen Bau schnell reagieren. Wer sich für den Kraftwerksbau interessiert, wird auf der Baustelle ab Oktober einen Informations-Container finden, mit Erklärungsmodellen für jedes Alter.

[caption id="attachment_114969" align="alignright" width="240"] Neue Wohnungen: Quartier auf dem Krystallpalast-Areal; Copyright: Orkan-Development[/caption]

Das Krystallpalast-Areal: Grüner Anstrich und ein Hotel

Acht Baukörper soll das neue Quartier nahe dem Leipziger Hauptbahnhof beherbergen. Sie umschließen das Areal, auf dem im 19. Jahrhundert der Vergnügungstempel Krystallpalast stand. Von dessen Geist und architektonischer Verve ist in den Planungen kaum etwas zu spüren. Stattdessen dominiert das Gewöhnliche: große Gebäudeeinheiten mit begrünten Dächern, ein bisschen Grün im Innenhof des Quartiers und eine Hotelkette, die hier einziehen wird. Neben dem Hotel sind Wohnungen und Flächen für den Einzelhandel vorgesehen. Der Investor Argo Capital Partners stieg 2018 in das Projekt ein. Die Rahmenbedingungen setzte die Stadt in einem städtebaulichen Vertrag bereits 2017.

Der SAB-Hauptsitz: Bankgebäude und Grünflächen für die Bürger

Offiziell hat die Sächsische Aufbaubank (SAB) ihren Hauptsitz bereits im Januar 2017 nach Leipzig verlegt. Die neue Zentrale für rund 500 Mitarbeiter lässt jedoch weiter auf sich warten.

[caption id="attachment_114976" align="alignleft" width="320"] Doch noch fertig geworden: SAB-Hauptsitz in der Gerberstraße; Foto: Werner Huthmacher[/caption]

Für »Mitte 2021« sei die Fertigstellung nun geplant, teilt die SAB auf kreuzer-Anfrage mit. Wenn der Bau in Hauptbahnhofnähe dann wirklich abgeschlossen wird, kann er auf eine lange Geschichte zurückblicken. Probleme mit dem Boden, ein Generalplaner, der 2018 Insolvenz anmeldete – die Liste der Verzögerungen ist lang. Die Folgen sind auch finanzieller Natur. Waren ursprünglich rund 47 Millionen für den Bau veranschlagt, liegen die geschätzten Kosten jetzt bei rund 160 Millionen Euro. Eine Kostensteigerung, die nicht nur im Sächsischen Landtag für großen Unmut sorgte. Das Gebäude selbst wird aus drei Einheiten bestehen: der Bank, einer Tiefgarage und einem Forum im Außenbereich. Das Forum soll etwa die Hälfte des Geländes ausmachen und für alle öffentlich zugänglich sein. Zentrales Element ist dabei eine Säulenkonstruktion. Diese soll nach Planungen Leipziger Ingenieure nicht nur ästhetisch Eindruck schinden, sondern auch die Wärme des Gebäudes aufnehmen und es im Sommer herunterkühlen.

[caption id="attachment_114975" align="alignright" width="240"] Neues Viertel: Quartier Bayerischer Bahnhof; Copyright: Wessendorf / Loidl, Berlin[/caption]

Quartier Bayerischer Bahnhof: Ein Stadtviertel mit vielen Möglichkeiten

Rund 36 Hektar groß ist die Brache, die sich direkt hinter dem Bayerischen Bahnhof erstreckt. Sie schlägt eine Schneise in die Stadt, die vom Portikus des Bayerischen Bahnhofs bis hin zur Richard-Lehmann-Straße reicht. Seit 2011 gibt es konkrete Pläne, das Areal zu bebauen. 2018 unterzeichnete die Stadt Leipzig dann den städtebaulichen Vertrag, der im Anschluss um einen konkreten Rahmenplan ergänzt wurde.Das Quartier Bayerischer Bahnhof soll ein eigenes Stadtviertel werden. Dessen Herz bildet ein etwa acht Hektar großer Park, der das Gelände längsseitig durchziehen wird. Rechts und links davon werden Gebäude entstehen. Rund 1.600 Wohnungen sind geplant, 30 Prozent davon als Sozialwohnungen; außerdem zwei neue Kitas, ein benachbarter Schulcampus mit Oberschule und Gymnasium sowie eine Grundschule. Auch für Büro- und Gewerbeflächen ist Raum vorgesehen. Bis 2027 sollen die einzelnen Bauabschnitte fertiggestellt sein.


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1 Kommentar(e)

sheikh cool 13.09.2020 | um 09:40 Uhr

Mir fällt auf, dass zwar meistens Geschäftsräume, aber in keiner der geplanten Neubauflächen Kulturorte eingeplant sind.