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Kultur

Wegsehen oder Helfen

»Eine Wiese für alle« lässt Kinder entscheiden

  Wegsehen oder Helfen | »Eine Wiese für alle« lässt Kinder entscheiden

Unzählige Bücher überfluten den Markt. Linn Penelope Micklitz und Josef Braun helfen einmal wöchentlich auf »kreuzer online« bei der Auswahl. Diesmal liest Familienredakteur Josef Braun »Eine Wiese für alle« von Hans-Christian Schmidt und Andreas Német. Ein Kinderbuch, das wichtige Fragen stellt und Haltung bezieht.

»Stell dir vor, du bist ein Schaf. Ein großes oder ein kleines. Mit kurzem Fell oder mit langem. Ganz egal«, beginnt der Text. Die Schafe auf den dazugehörigen Bildern leben an einer Klippe, weit über dem Meer. Ihre Wiese ist saftig und bietet ihnen Sicherheit. Alles ist, wie es schon immer war, bis plötzlich auf dem Meer ein Boot auftaucht. Darin sitzt ein schwarzes Schaf in Seenot. Wölfe haben seine Familie gerissen. Jetzt sucht es Zuflucht bei der weißen Herde.

»Eine Wiese für alle« nimmt Kinder als politische Akteure ernst. Durch die Perspektive, die Hans-Christian Schmidt für sein Buch wählt, finden sich die jungen Leser zunächst auf der Seite der weißen Schafe. Diese haben nur stellenweise Mitgefühl für ihren Artverwandten auf dem Meer. »Moment!, sagt ihr und schaut streng hinunter. Wer hat gesagt, dass du hier hochkannst? Wir wissen doch gar nicht, wer du bist«, melden sie ihre Zweifel an. Während die Lage des schwarzen Schafes immer dramatischer wird, diskutieren seine Artgenossen ob man dem Fremden trauen könne. Ihre Abwehrhaltung führt schnell zu einem grausigen Ende für das schwarze Schaf. Oder etwa doch nicht? Die letzten Seiten stellen die jungen Leser explizit vor die Wahl. Möchten sie das Schaf retten oder möchten sie so wie die anderen, lieber ihre Augen verschließen.

Schonungsloser als andere Kinderbücher stellt »Eine Wiese für alle« die Frage nach der Verantwortung, die Tiere genauso wie Menschen füreinander haben. Die freundlichen Illustrationen von Andreas Német sorgen dabei für Auflockerung. Die ethischen Fragen, die der Text stellt, überdecken sie nicht. Sie ermöglichen es gemeinsam mit Kindern über die Situation von Geflüchteten nachzudenken. Für manche, gerade kleinere Kinder, mag das zu viel sein. Doch Kindern, die sich fragen was in der Welt passiert, bietet das Buch viele Anregungen zum Nachdenken. In Leipzig geht das diese Woche auch mit dem Autor und dem Illustrator. Am Mittwoch sind beide im Rahmen des literarischen Herbstes zu Gast bei den Erfinderkindern.


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