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Ruf der Heimat

Karl-Friedrich König über Glaube, Heimatliebe und das Drehen in der Provinz

  Ruf der Heimat | Karl-Friedrich König über Glaube, Heimatliebe und das Drehen in der Provinz

Nachdem sie 2016 mit ihrem Spielfilm »Der schwarze Nazi« für Furore sorgten, arbeiten die Leipziger Filmemacher Karl-Friedrich und Tilman König an einem neuen Projekt. Der Kurzfilm »Der Ruf« begleitet zwei Missionare bei ihrem Versuch, eine Dorfgemeinschaft vom christlichen Glauben zu überzeugen. Doch einer von beiden hadert selbst mit der Liebe Jesu. Karl-Friedrich König berichtet von den Dreharbeiten im Haus seines Großvaters, der Suche nach Glaubwürdigkeit und dem perfekten Hauptdarsteller. Hier veröffentlichen wir den Text aus der Dezember-Ausgabe des kreuzer.

Für Karl-Friedrich König und seinen Bruder Tilman war es eine Rückkehr in die Kindheit. Eine Reise in die Erinnerung an jene Sommer im Haus ihres Opas in Leimbach bei Nordhausen. Im letzten Jahr kehrten sie dorthin zurück, die Kamera geschultert und ein Filmteam im Schlepptau. Kein ungewöhnlicher Anblick mehr für die meisten Dorfbewohner. Schließlich entstanden auf dem Hof der Familie bereits drei Filme. Diesmal war aber alles eine Nummer größer. Während sich sein Bruder Tilman für einen Dokumentarfilm mit ihrem Vater, dem Pfarrer Lothar König, und seinem Engagement gegen rechts auseinandersetzt, befasst sich Karl-Friedrich in »Der Ruf«, dem ersten größeren Projekt nach ihrem gefeierten Spielfilmdebüt »Der schwarze Nazi«, auf ganz andere Weise mit Glaubensfragen.

Selbst wenn man es zuvor nicht wirklich wahrnahm, die familiäre Prägung war stets präsent in der Arbeit der beiden Leipziger Filmemacher. »Das Thema Religion ist zumindest immer parallel mitgelaufen«, erklärt Karl-Friedrich König. »Wir hatten auch mal etwas länger an der Idee ›Jesus von Leipzig‹ gearbeitet.« In seinem Kurzfilm »Der Ruf« reisen zwei Missionare in das Dorf im Norden von Thüringen. Der Plan: die Menschen von Jesu Liebe zu überzeugen. Doch einer der beiden ist sich da nicht so sicher und hadert mit seinem Glauben. »Diese charismatisch-evangelikalen Christen und ihr radikaler Glaube interessieren mich sicherlich schon zehn Jahre. Einerseits die Gefährlichkeit sol-
cher Leute, andererseits diese faszinierende Lebenskraft. Das hab ich auch später live erfahren mit Freunden und Freunden von Freunden, die Freikirchler, Charismatiker waren.«

Die Suche nach dem Hauptdarsteller war nicht einfach, erzählt Karl-Friedrich König. »Ich wollte einen Menschen porträtieren, dem es scheiße geht, dem das Leben nicht wohlgesinnt war und der mit sich selbst nicht zurechtkommt, der sich hässlich findet und sich selbst ablehnt, weil er selbst so oft abgelehnt wurde.« Über fünfzig Schauspielagenturen hat er auf der Suche nach einem passenden Protagonisten durchforstet, keinem einzigen nahm er es ab. »Ich hab dann einen Tag vor dem Kaufland am Lindenauer Markt ein Straßencasting gemacht, um den Hauptdarsteller zu finden. Da waren interessante Leute dabei. Tilman hat mich dann auf Maik Triemer aufmerksam gemacht, dem er während seines Dokumentarfilmdrehs über unseren Vater begegnet war.« Triemer war eine Zeit lang einer der engsten Mitarbeiter ihres Vaters. Er vereinte die Glaubwürdigkeit und ihren Anspruch von Wahrhaftigkeit und Authentizität im Film. Neben Triemer spielt Meinhard Neumann eine prominente Nebenrolle, der zuletzt in Valeska Grisebachs »Western« glänzte. Karl-Friedrich König wollte aber auch von Anfang an die Leute im Dorf mit einbeziehen. »Das musst du auch machen. Da guckt jeder: Wer treibt sich da rum? Klauen die? Da muss man eine gewisse Transparenz haben, dass alle wissen, die drehen da einen Film. Unser Vater ist dort geboren und viele Leute kennen uns. Aber wir sind schon irgendwie auch Fremde.«

So beten die beiden Missionare am Anfang des Films für Willi Mietzke. »Das ist ein Freund unseres verstorbenen Opas. Willi lebt seit Jahren alleine in einem Haus nebenan.« Erst wollte er eigentlich nicht mitspielen, aber als er während des Drehs zufällig vorbeikam, haben sie spontan mit ihm improvisiert. »Anfangs hat er während des Drehs immer zu mir und Tilman rübergeschaut und auch gelacht, weil er uns halt kannte. Aber dann hat er wirklich vergessen, dass gefilmt wird, und dieses Gebet wirklich richtig genossen. Dass ihn jemand berührt und ihm alles Gute wünscht und Kraft und für ihn da ist. Und das ist genau die Stärke von christlichen Gemeinden, was ich auch in dem Film neben der ganzen Gefahr rüberbringen wollte.« Kraft spendete dem Filmteam auch der Publikumspreis beim Filmfest Dresden. Im kommenden Jahr wird der Film dann beim MDR laufen. Über den Anbieter »Filmsortiment« wird er auch nichtkommerziell verliehen und als Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt. Zudem zeigt ihn das 28. »Blicke – Festival für Film- und Medienkunst« in Bochum im Wettbewerb.


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