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Kultur

Über Integration sprechen

Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, erzählen im Podcast »Auf Integrationskurs« über ihr Leben

  Über Integration sprechen | Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, erzählen im Podcast »Auf Integrationskurs« über ihr Leben

Über migrierte Menschen wird viel gesprochen, mit ihnen selten. Zwei Dozentinnen für Integrationskurse ändern das. In ihrem Podcast »Auf Integrationskurs« sprechen sie mit ehemaligen Teilnehmenden über ihre Lebensgeschichte.

Die Geschichten von Menschen mit Migrationserfahrung zu erzählen, so könnte man das Ziel von Isabelle Wiedemeier und Johanna Bender beschreiben. In ihrem neuen Podcast »Auf Integrationskurs« sprechen sie mit Menschen, die nach Deutschland gekommen sind – genauer: nach Leipzig, und zwar aus Belarus, Israel, Japan, Marokko, Palästina oder Venezuela. Insgesamt sechs Folgen von etwa 30 Minuten sind so entstanden.

Eigentlich sind die beiden Frauen Dozentinnen – sie kennen sich durch ihre gemeinsame Arbeit in Leipzig, bei der sie seit mehreren Jahren sogenannte Integrationskurse geben. Menschen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, können vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Teilnahme an einem solchen Kurs verpflichtet werden. Er besteht aus einem Deutsch-Sprachkurs und einem Orientierungskurs zur Geschichte und Gesellschaft in Deutschland.

Die Teilnehmenden kommen oft aus aller Welt, wie Wiedemeier berichtet. Durch die Themen, die im Kurs bearbeitet werden, erfährt sie sehr viel Persönliches. Die Dozentin sagt: »Das ist etwas, das uns ganz stark bereichert und wir als Privileg empfinden. Das wollten wir teilen mit den Menschen, die bei Integration immer nur an Flüchtlingswellen und Probleme denken.« Ihre Interviewpartner sind bis auf eine Ausnahme ehemalige Teilnehmende aus ihren Integrationskursen.

Die Erinnerungen an die gemeinsamen Erfahrungen im Kurs bilden oft den Einstieg ins Gespräch, das stets auf Deutsch geführt wird. Die Aufnahmen hierfür erfolgen in einem Studio in Plagwitz. Vor Beginn der Aufzeichnung werden den Interviewpartnerinnen die Fragen geschickt, um das sprachliche Verständnis sicher zu stellen und in einen Gesprächsfluss zu kommen, wie Wiedemeier erklärt. Außerdem sprechen die Moderatorinnen deswegen oft deutlich langsamer.

[caption id="attachment_120932" align="alignright" width="320"] Die Podcast-Macherinnen Isabelle Wiedemeier und Johanna Bender | Foto: Thomas Victor[/caption]

Wiedemeier berichtet, dass die Produktionen öfter auch etwas länger dauern würden, da ihre Interviewpartner einen sehr hohen Anspruch an sich selbst hätten. »Da kämpfen wir gemeinsam wirklich um jede Formulierung.« Manchmal sei es für ihre Gesprächspartner auch frustrierend, auf Deutsch zu sprechen, weil sie nicht alles auf die Weise sagen können, wie sie es gerne würden. Dass der Podcast trotzdem auf Deutsch geführt wird, liege daran, dass so ein möglichst authentischer Spracherwerb erreicht werden kann.

Das Anliegen der beiden Podcasterinnen ist, ein anderes Verständnis von Integration zu entwickeln: Häufig werde der Begriff sehr einseitig gelesen und erwartet, dass sich Migranten in die Gesellschaft einpassen. »Unserer Meinung nach ist Integration allerdings ein beidseitiger Prozess, der darauf basiert, dass auch die Mehrheitsbevölkerung sich auf Migranten einlässt. Da gibt es ja ganz viel Positives und man kann viel lernen«, erklärt Wiedemeier. Der Podcast soll dazu einladen.

»Unser großer Wunsch ist es, mit dem Projekt weiter zu machen«, sagt Wiedemeier. Bis April dieses Jahres sollen im Rahmen ihrer Förderung sechs weitere Folgen des Podcasts veröffentlicht werden. Wie es danach weiter geht, ist noch unklar. Die beiden Macherinnen haben noch viele weitere Ideen im Hinterkopf, beispielsweise den Kreis der Gesprächspartner für Akteure aus der Integrationsarbeit zu öffnen.


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