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Stadtleben

Jugendarbeit: Die direkte Begegnung ist unersetzbar

Vereine im Leipziger Raum berichten von ihrer Arbeit im letzten Jahr

  Jugendarbeit: Die direkte Begegnung ist unersetzbar | Vereine im Leipziger Raum berichten von ihrer Arbeit im letzten Jahr

Fast drei Monate waren die Schulen geschlossen – genauso wie die Kinder- und Jugendzentren. Dabei bilden die eine wichtige Ergänzung zum sonst so streng organisierten Schulalltag. Hier können Kinder und Jugendliche neue Menschen kennenlernen, Ideen entwickeln und umsetzen. In Zeiten von Abstand, Hygiene und Alltagsmaske, wie wirken sich die neuen Regelungen auf den Alltag der Vereine aus? Darüber informierte sich der kreuzer bei einigen Vereinen im Umkreis von Leipzig.

Erst im November 2020 veröffentlichte der Deutsche Gewerkschaftsbund einen offenen Brief mit dem Titel »Strukturen für den Zusammenhalt sichern und in Sachsens Zukunft investieren«. In diesem fordern zahlreiche Vereine die sächsische Staatsregierung auf, Verbände und Vereine in der Corona-Krise mehr zu unterstützen. Zu den Unterzeichnern gehören der Stadtjugendring Leipzig, das Treibhaus Döbeln sowie das Netzwerk für demokratische Kultur in Wurzen.

Netzwerk-Geschäftsführerin Martina Glass berichtet, was vermutlich auf die meisten Vereine zutrifft: Eigentlich ist ihre Arbeit zu 100 Prozent analog. Aufgrund der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen musste ihr Team die Arbeit in den digitalen Raum verlegen. Obwohl es einige Sachen gäbe, »die digital einfach nicht gehen oder nicht die Wirkung haben, wie wir es uns wünschen« – zum Beispiel wenn es um Projekttage geht. Fehlende Endgeräte, eine schlechte Internetverbindung oder die fehlende digitale Kompetenz würden auch diese Angebote erheblich einschränken. Glass resümiert: »Die Menschen aus Wurzen und dem Landkreis erreichen wir so nicht wirklich.«

Selbst Angebote, die eigentlich im Freien stattfinden, fallen aus. Das berichtet der Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus Leipzig, die Mitglied im Stadtjugendring sind: »Kernpunkte wie Wanderungen, Reisen und Zeltlager fallen aus und sind sogar gesetzlich verboten«, erklärt Projektleiterin Jessica Kieb. Digital ersetzbar seien solche Angebote absolut nicht. Über Plattformen wie Big Blue Button versuche sie alle Offline-Angebote auch online anzubieten – nur die Pfadfinderausbildung muss leider pausieren, ohne persönliche Unterstützung sei die kaum umzusetzen. Insgesamt dienten die Online-Angebote aber eher dazu, »die Mitglieder bei Laune zu halten und sie nicht zu verlieren«, wie Kieb sagt. Für sie ist klar, pfadfinden auf digitalem Weg »ist definitiv nicht das Gelbe vom Ei«.

Vereine wie das Kinder- und Jugendbüro, deren Kerngeschäft aus Workshops innerhalb der Schule bestehen, können kaum Ersatzangebote schaffen. Hinzu kommt, dass der normale Schulunterricht ohnehin nur schleppend verläuft. Jugendbüro-Leiter Tommy Reichelt hat die Erfahrung gemacht, »dass die Lehrerinnen derzeit mit der Sorge um einen guten Unterricht so bemüht sind, dass für außerschulische Bildung kein Platz ist«. Alle Vereine scheinen sich einig: Analoge Angebote können nicht auf digitalem Weg ersetzt werden. Schließlich lebt die Kinder- und Jugendarbeit von der direkten Begegnung und der aktiven Teilhabe. »Eine Videokonferenz ist etwas gänzlich anderes als die analoge Interaktion: Mimik, Gestik, aufeinander zugehen, den Körper einbeziehen. All das ist nur im realen Raum in vollem Umfang möglich«, beschreibt Reichelt das Problem.

Nichtsdestotrotz versuchen die Pädagoginnen, die digitalen Möglichkeiten so gut es geht auszuschöpfen. Gut funktionieren hier laut dem Netzwerk für demokratische Kultur beispielsweise Vorträge, Podien, Lesungen und Tischgespräche. Das Treibhaus Döbeln denkt sogar darüber nach, das in der Pandemie Gelernte mit in die Zukunft zu nehmen: So sollen Veranstaltungen zukünftig etwa hybrid gestaltet werden können, sodass sowohl eine analoge und digitale Teilnahme gleichzeitig möglich ist.

Was die Arbeit in diesem Jahr anbelangt, gestaltet sich die Planung für alle Vereine als eher schwierig. Man muss flexibel bleiben. Feststeht, dass alle weiterhin auf digitale Angebote setzen. Die liefen nach einem Jahr der Erprobung auch immer besser, heißt es beim Netzwerk für demokratische Kultur. Bis zum Sommer hoffen allerdings alle darauf, wieder Angebote in Präsenz abhalten zu können. Geschäftsführerin Glass aus Wurzen ist frohen Mutes: »Auch ohne Kontakt haben wir mit den Vorbereitungen und Planungen und den schon laufenden Veranstaltungen jede Menge zu tun. Unsere Arbeit geht also weiter wie bisher, nur dass wir in diesem Jahr schon ein bissen besser auf die Umstellung ins Digitale eingestellt sind.«


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