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Kultur

Vieles beim Alten

Der Biergarten Substanz bekam letztes Jahr einen neuen Betreiber

  Vieles beim Alten | Der Biergarten Substanz bekam letztes Jahr einen neuen Betreiber

Nach dem Betreiberwechsel in der Substanz stellt sich die Frage, schmeckt das Bier noch? Wenig hat sich verändert - bis auf die Speisekarte.

Vor dem übermauerten Eingang der Kultkneipe im Täubchenweg in Reudnitz stehen wartende Menschen in einer lockeren Schlange. Der panische Blick ins Innere verrät aber: Es ist noch Platz. Manche sind sicher skeptisch, denn die Substanz wechselte im September 2020 überraschend den Betreiber. Da entstehen Fragen: Schmeckt das Bier noch? Wird es weiterhin Burger geben? Bleibt es beim Biergarten? Wer kommt und was bleibt von der Substanz? Die Antwort ist beruhigend: Das Bier muss noch selbst an der Theke geholt werden. Vorteil der bewährten Selbstbedienung: Niemand muss gestresst der Kellnerin hinterherrufen. Beim Warten bleibt genügend Zeit, um sich die kleinen Details auf dem verwinkelten Grundstück anzuschauen. Die Substanz gibt es seit 1993 und die Einrichtungstücke – von antiker Nähmaschine über Holzschnitzstatue bis Wagenrad – sind sicherlich kaum jünger.

Eine größere Veränderung betrifft die Speisekarte. Dass »Snack-Teller« und »Tapas-Teller« japanisches Essen bedeuten, ist nicht erkennbar. Auf Nachfrage erfahren wir die Zutaten: In der veganen Variante handelt es sich beim Snack-Teller um ein paniertes Soja-Schnitzel mit Kartoffelbrei, Algensalat und eingelegter Aubergine, bei den Tapas um das gleiche Gericht ohne das Veggie-Schnitzel. Zubereitet wird es vom Ponpoco-Kollektiv und in kleinen, aber gut sättigenden Portionen ausgegeben. Der Selbsttest beweist: Sie bieten Grundlage genug, um sich danach fünf kleine Biere reinzustellen. Wer es traditionell mag, sollte freitags bis sonntags kommen, da gibt es Burger.

Beim Essenskonzept zeigt sich die Substanz experimentierfreudig und auch die Gäste sollten sich trauen zu probieren, denn es es setzt einen erstaunlich guten Kontrast zum Reudnitz-Hinterhof-Flair. Der Rest bleibt bodenständig. Im August gibt es wieder Konzerte. Und nach wie vor sind alle Altersgruppen angenehm durchmischt: Ein Alt-Punk mit Kind und Dobermann prostet einer Gruppe Neu-Leipzigerinnen Anfang zwanzig zu. Der Abend geht zu schnell vorbei: Publikumswirksam wird mit einer großen Kuhglocke um halb 11 die letzte Runde eingeläutet. Der Betreiberwechsel tut dem Bierdurst keinen Abbruch und Menschen jeden Alters huschen schnell zur Bar für das letzte Getränk. Cheers!

Dieser Text erschien zuerst in der August-Ausgabe des kreuzer 08/21.


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