anzeige
anzeige
Kultur

Goldwäsche

Das Schwarzatal in Thüringen ist eine wunderbare Natur- und Kulturlandschaft

  Goldwäsche | Das Schwarzatal in Thüringen ist eine wunderbare Natur- und Kulturlandschaft

Im Schwarzatal ist es abwechslungsreich: Ob Burg, Schloss, Panoramaweg oder Bergbahn, hier kann man einiges erleben. Am 22. August erblüht die Region zusätzlich: Zum Tag der Sommerfrische Schwarzatal.

Das Schwarzatal eignet sich für einen mehrtägigen Aufenthalt, aber auch ein Tagesausflug in die Sommerfrische lohnt sich. Das geht bequem mit dem Zug: Von Leipzig fahren wir frühmorgens mit dem ICE nach Erfurt, von dort Richtung Saalfeld. Die Landschaft wird grün und hügelig, die Vorfreude steigt. In Rottenbach steigen wir aus. Von hier verkehrt die Oberweißbacher Berg- und Schwarzatalbahn, mit deren Eröffnung 1900 der Fremdenverkehr im Schwarzatal Fahrt aufnahm. In der DDR brachten Züge aus Dresden oder Leipzig Tausende urlaubsreife Werktätige in Orte wie Schwarzburg, Sitzendorf, Katzhütte oder Masserberg. Seit die Urlauber eher in die Ferne reisen, hat der hiesige Tourismus sichtbar gelitten. Das zeigt sich in Schwarzburg, unserer ersten Station. Vom imposanten Bahnhofsgebäude geht es zunächst in den unteren Ort. Der Fußweg hinter dem Parkplatz führt am Hotel Schwarzaburg vorbei, wo Reichspräsident Friedrich Ebert Urlaub machte, als er hier 1919 die Weimarer Verfassung unterschrieb. Ein Rundgang durch den Ort vermittelt eine gewisse Verschlafenheit. Symbolisch dafür ist die Dornröschenfigur mit langem Pferdeschwanz an einem der geschlossenen Hotelgebäude. Immerhin werden noch einige Hotels und Pensionen in der hier typischen Bäderarchitektur betrieben und eine Jugendherberge gibt es auch. Durch den Ort rauscht die Schwarza, ein 51 Kilometer langer Gebirgsfluss. Früher wurde hier Gold gewaschen, noch heute finden sich, dem Fluss sei Dank, lauschige Plätze.

Über dem Ort steht das Schloss Schwarzburg, Stammsitz der Schwarzburger Fürsten und als Jagdschloss genutzt. Mit den gescheiterten Plänen der Nationalsozialisten, das Schloss in ein Reichsgästeheim umzubauen, wurde ein Großteil der imposanten Anlage zerstört. Das Schloss gehört nun der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Mit einem 
Audiowalk kann man am Wochenende die Schaubaustelle im Hauptgebäude erkunden. Zur Besichtigung geöffnet sind auch das Kaisersaalgebäude und das Zeughaus. Dort, im einstigen Waffenlager der Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt, ist eine der größten Waffensammlungen Europas zu sehen. Einen kritischen Kontrast zu dem Waffenarsenal bietet die Videoinstallation »my first rifle« von Anna Barnowski, in der Schießübungen von US-amerikanischen Kindern mit altersgerechten funktionsfähigen Gewehren dokumentiert sind.

Nun wollen wir raus ins Grüne und eine etwa 15 Kilometer lange Etappe des Panoramawegs Schwarzatal erwandern. Die Tour nach Oberweißbach ist als »anstrengend« eingestuft, und das können wir bestätigen. Recht beschwerliche Anstiege werden mit schmalen Waldwegen, erquickenden Ecken und schönen Ausblicken ins Tal belohnt. Natur pur: Nur selten begegnen wir anderen Wanderern oder Bikern. Am Ortseingang von Sitzendorf lässt sich der Weg an der nahe liegenden Bahnstation bequemer fortsetzen. Wir nehmen die zweite Hälfte der Tour und erreichen Oberweißbach nach knapp fünf Stunden. Hier lohnt ein Blick in die Hoffnungskirche, die größte Dorfkirche Thüringens, auch »Dom von Südthüringen« genannt. In Oberweißbach wurde Friedrich Fröbel geboren. Dem Erfinder des Kindergartens ist das Memorialmuseum gewidmet. In der schon etwas angestaubten Ausstellung wird zudem an die jahrhundertalte Tradition der Olitätenherstellung erinnert. Auf Bergwiesen wurden wild wachsende Kräuter gesammelt und die in Familienbetrieben hergestellten Heilmittel von »Buckelapothekern« in ganz Europa vertrieben. Der Museumsshop verkauft Naturmedizin und -kosmetik sowie Produkte der ortsansässigen Likörfabrik, in denen unter anderem Blutwurz zu einem hochprozentigen Kräuterlikör verarbeitet ist. Im Olitätenwagen der Oberweißbacher Bergbahn fahren wir nach Lichtenhain, der Bergstation der Standseilbahn. Die Bahn ist seit fast hundert Jahren in Betrieb und eine echte Attraktion. Sie überwindet auf der 1,4 Kilometer langen Strecke einen Höhenunterschied von 323 Metern. Im offenen Wagen geht es in gemütlichem Tempo und mit Blick auf das grüne Bergpanorama zur Talstation Obstfelderschmiede. Von hier aus verkehrt die Schwarzatalbahn und bringt uns mit zeitlich perfekt abgestimmten Umstiegen nach Leipzig zurück.

Der Text erschien zuerst in der August-Ausgabe des kreuzer 08/21.


Kommentieren


0 Kommentar(e)