Erst auf Seite 3 und schon fündig geworden. Liebe Leserinnen und Leser, I E G E Z N A Leipzigs ältestes Kaffeehaus hat wieder geöffnet – seit 1711 wird der Coffe Baum (mit Unterbrechungen) betrieben. Als Kaffeehäuser boomten, lag das auch am neuen Trendgetränk Kaffee. Und an weiteren Dingen, die der Erbauung dienen: Atmosphäre, Kultur und die Wärme des sozialen Herdfeuers findet man an Orten, an denen man Bekannte treffen oder neue Freunde finden kann, wo das Lieblings- essen serviert wird oder man Zutaten probiert, deren Namen man noch nie ge - hört hat, wo Pläne geschmiedet und Geschäfte eingetütet werden. Oder wo man einfach nur eine gute Zeit hat, die man ausgelassen und entspannt verbringt. Ein solcher Ort ist seit einem halben Jahrhundert Auerbachs Keller, noch älter ist die Gasthof-Tradition an der Stelle des heutigen Thüringer Hofs. Solche Kontinuitäten – über Kriege, Epidemien und Diktaturen hinweg – sind natürlich schön. Dass Neuheiten ebenfalls etwas sehr Feines sind, soll dabei nicht unter den Tisch fallen. Neuheiten gibt es in der Leipziger Gastroszene auch aktuell, dort ist derzeit einiges in Bewegung. 2.000 Betriebe im Gastgewerbe zählte das hiesige Amt für Statistik im letzten Jahr, vom Hot-Dog-Stand auf dem Baumarkt-Parkplatz bis zum Fine- Dining-Restaurant. Hinter dieser Zahl steckt: Lieb gewonnene Namen sind aus der Stadt und auch aus diesem Heft verschwunden. Gleichzeitig ist Neues dazu ge- kommen, und zwar keineswegs nur die x-te Dönerbude, Pizzabäckerei oder Vegan- Asian-Fusion. (Wobei wir nichts gegen Döner, Pizza oder Vegan-Asian-Fusion haben!) Es ist die Vielfalt der tollen Konzepte, es sind die großartigen Ideen der Wirtinnen und Wirte und deren gekonnte Umsetzung, die wir an der Leipziger Gastroszene schätzen, die schönen Überraschungen und das warme Willkommen. Und auch, dass nicht jeder Hype für ermüdend viele Kopien sorgt. So können aus alten Traditionen und neuen Trends alte Trends und neue Traditionen werden, die das Bild der Stadt prägen. Ein emsiger Kaffeehaus-Besucher in Leipzig war Johann Sebastian Bach. Seine Kantate »Was frag ich nach der Welt« thematisierte vor 300 Jahren die Vergäng- lichkeit alles Irdischen, der Text erzählt: »Ein Stolzer baut die prächtigsten Paläste, er sucht das höchste Ehrenamt, er kleidet sich aufs beste in Purpur, Gold, in Silber, Seid und Samt.« Auf wen auch immer der Textdichter hier anspielte (manche denken, es war der inhaftierte ehemalige Bürgermeister Romanus), der Stolze ist wohl auf dem Irrweg: »Er trachtet nur nach hohen Dingen und denkt nicht einmal dran, wie bald doch diese gleiten.« Mehr zu Bach und dem Kaffee erfahren Sie auf der letzten Seite dieses Hefts und natürlich vor allem im Leipziger Kaffeehausmuseum. Zwischen diesen Zeilen und der letzten Seite finden Sie: die 212 besten Cafés und Bars, Kneipen und Restaurants, Eiscafés und Imbisse der Stadt. Außerdem Adressen und Tipps etwa zu Biergärten, Feinkost oder Frühstücken am Wochenende. Dazu kommen Geschichten und Reportagen, zum Beispiel übers Fermentieren, zu textiler Kunst auf dem Tisch oder zum Imkern in der Stadt. Wir haben Wein von den Mansfelder Seen, Whisky aus der Luppeaue und Schokolade aus Wermsdorf mitgebracht, eine Raupe durch die Gaststätten in Kleingartenvereinen gemacht und eine Nacht im neuen Club Axxon N. durchtanzt. Zum Thema Erbauung: »Der Trunk und helle Fröhlichkeit hält uns zusammen jeder- zeit«, so steht es in der Lutherburg in Eutritzsch an der Wand. Das Leben ist zu kurz, um sich nichts zu gönnen. Gehen Sie also aus und freuen Sie sich. Und blättern Sie unbedingt durch dieses Heft! FRANZISKA REIF Leitende Redakteurin Leipzig Tag & Nacht P. S.: Verfolgen Sie gerne jeden Monat im kreuzer, was in Leipzigs Gastronomie (und auch sonst) so los ist. MAGAZIN 3