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LOGBUCH | INHALT Inhaltsverzeichnis F O T O : F O T O : I E N A R A S L A K S E N E B B A D . D R O L S H A G E N MAGAZIN 06 07 08 10 12 14 Enaiete Steite: Ein Nachruf auf den österreichischen Journalisten, Übersetzer und Osteuropa-Kenner Martin Pollack Blick nach Fenost: Der auf Comics spezialisierte Spli er-Verlag bringt jetzt auch Manga-Imprints heraus »etzt ist Rock’n’Roll«: Buchmesse- Direktorin Astrid Böhmisch über ihren Stresspegel kurz vorm Start des Branchentreff s Hölzene Schein: Die Future Library in Oslo bewahrt ungelesene Manu- skripte berühmter Autorinnen und Autoren bis zum Jahr 2114 auf »Das Unezählte fi nden«: Die norwegi- sche Autorin Trude Teige über ihren Weg zum Schreiben und ihr neues Buch Enstha und vespielt: Die Autorin und Illustratorin Anna Fiske thema- tisiert in ihren Kinderbüchern auch den Tod 16 »Mythen ezeuen Realität«: Ivo de Figueiredo über nicht-fi ktionales Schreiben und seine Munch-Biografi e 19 Elesen: Ausgewählte Buchempfeh- lungen aus dem Gastland Norwegen 20 »So scheiben wie de Auto«: Hinrich Schmidt-Henkel über seine Übersetzungen aus dem Norwegischen 24 25 26 Ästhetische Ambivalenzen: Knut Hamsun und Sigrid Undset markieren zwei Pole der klassisch-modernen Literatur Norwegens Fost zum Fühstück: Odin Helgheim erscha mit seiner »Ragnarök«-Reihe einen nordischen Manga »Wi elten als die Radikalen«: Der Münchner Kjona-Verlag macht nachhaltige Bücher – inhaltlich und in der Herstellung 27 De Meiste: Zum 150. Geburtstag von Thomas Mann 28 30 32 34 36 De Moalist und die Heimatlose: Zu George Orwells 75. und Mascha Kalékos 50. Todestag »Papie macht uns leicht und fei«: Interview mit dem Gewinner des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung Alhierd Bacharevič und seinem Übersetzer Thomas Weiler Ausezeichnet: Der Kurt-Wolff -Preis geht 2025 an den Verlag Theater der Zeit, der Förderpreis an die Edition A B Fischer Fawüdie Geschichtsvemi lun: Wie rechte Verlage Comics für ihre politische Propaganda nutzen Zukun ssicheun: Indie- Verlegerinnen und -Verleger geben ihr Lebensprojekt in neue Hände – und lernen loszulassen IMPRESSUM kreuzer Spezial – Die Frühjahrsausgabe des logbuch 2025 erscheint als Gesamtbeilage im Märzheft von kreuzer und Journal Frankfurt sowie in der Aboauflage von Sax Dresden Herausgeber: KREUZER Medien GmbH Leipzig Verlagsleitung: Egbert Pietsch, Tel. (0341) 2 69 80 70 Chefredaktion: Benjamin Heine (V.i.S.d.P.) Redaktion dieser Beilage: Alexandra Huth, Joachim Kern, Franziska Reif Gestaltung/Satz: DIE WERFT Kommunikationsdesign, Tanja Kirmse Produktionsleitung: Andrea Kathrin Kraus, Tel. (0341) 2 69 80 42 Serviceredaktion: Torsten Kellner, Doreen Rothmann, Tel. (0341) 2 69 80 22 Texte von: Alexander Böhle, Kaśka Bryla, Thorsten Bürger- mann, Martin Burkert, Eva Burmeister, Tilman Busch, Sven Crefeld, Claudia Dathe, Luzie Gänslmayer, Anne Hahn, Marcel Hartwig, Benjamin Heine, Alexandra Huth, Maurus Jacobs, Nils Kahlefendt, Hannah Ka anek, Torsten Kellner, Joachim Kern, Johanna Klima, Nastasja Kowalewski, Andrea Kathrin Kraus, Martina Lisa, Tünde Malomvölgyi, Hartmut Mangold, Karoline Marx, Nadja Naumann, Frauke O , Yi Ling Pan, Tobias Prüwer, Franziska Reif, Manja Reinhardt, Linn Penelope Rieger, Doreen Rothmann, Bri Schlehahn, Michelle Schleimer, Suse Schröder, Joachim Schwend, Leon Tiemeier, Martin Wagner, Mascha Wagner, Frank Willmann Fotos von: Adobe Stock, Einar Aslaksen, Agnete Brun, Florian Burkon, Julia Cimafiejeva, Mahmoud Dabdoub, Deutsches Literaturarchiv Marbach, Ebba D. Drolshagen, www.kreuzer-leipzig.de A N Z E I G E 4 Leipzig liest. Ludwig liest mit. Ihre Buchhandlung im Hauptbahnhof P r o g r a m m zur Leipziger Buchmesse 2025 Mi 26.03 • 19:00 Uhr • mod. Leseabend & Signierstunde Ladies Night mit Regina Denk, Sarah Lorenz, Susann Pásztor & Emily Rudolf KiWi, Rohwolt, Droemer, Fischer • Kostenbeitrag 10 € Do 27.03 • 17:00 Uhr • Lesung und Signierstunde Julia Schoch mit: „Wild nach einem wilden Traum “ dtv • Kostenbeitrag 6 € Do 27.03 • 20:00 Uhr • Literarisch-Musikalischer Abend Büchergilde-Abend mit Literaturexperten Büchergilde • Kostenbeitrag 10 € Fr 28.03 • 14:30 Uhr • Lesung & Signierstunde Titus Müller stellt vor: „Einsteigen“ Arche • Kostenbeitrag 6 € Fr 28.03 • 15:00 Uhr • Signierstunde Sophia Como, Leandra Seyfried und Ria Radtke Reverie • freier Eintritt, Signierstunde Fr 28.03 • 17:00 Uhr • Lesung & Signierstunde Volker Kutscher liest aus: „Rath“ Piper • Kostenbeitrag 6 € Fr 28.03 • 19:30 Uhr • mod. Lesung & Signierstunde Jakob Hein liest aus: „Wie Grischa mit einer verwe- genen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste“ Galiani Berlin • Kostenbeitrag 6 € Sa 29.03 • 10:00 Uhr • Signierstunde Lilly Lucas, Inka Lindberg und Alicia Zett Knaur Romance • freier Eintritt, Signierstunde Sa 29.03 • 12:00 Uhr • mod. Lesung & Signierstunde Thorsten Havener stellt vor: „Das Geheimnis deiner inneren Stärke“ Fischer • Kostenbeitrag 6 € Sa 29.03 • 15:00 Uhr • mod. Lesung & Signierstunde Annett Gröschner liest aus: „Schwebende Lasten“ C.H. Beck • Kostenbeitrag 6 € Sa 29.03 • 16:30 Uhr • Signierstunde Christoph Kramer signiert: „Das Leben fing im Sommer an“ KiWi • freier Eintritt, Signierstunde Sa 29.03 • 18:00 Uhr • mod. Leseabend & Signierstunde Der große Fantasy & Science-Fiction Abend mit Bernhard Hennen, Jennifer Benkau, Stefanie Lasthaus & Thomas Olde Heuvelt Heyne • Kostenbeitrag 10 € So 30.03 • 15:00 Uhr • mod. Lesung & Signierstunde Maren Vivien Haase liest aus: „Songs for the broken“ Penguin • Kostenbeitrag 6 € Besuche uns auf Facebook: @Buchhandlung.LUDWIG Folge uns auf Instagram: #buchhandlungludwig Unternehmensgruppe Dr. Eckert GmbH Willy-Brandt-Platz 5 (Promenaden Hbf.) • 04109 Leipzig Tel.: (0341) 268 46 600 • Fax: (0341) 268 46 632 www.Buchhandlung-Ludwig.de info@buchhandlung-ludwig.de Aktuelle Öffnungszeiten: Montag - Freitag: 05:30 - 21:30 Uhr Samstag: 06:00 - 21:30 Uhr Sonn- u. Feiertag: 07:00 - 21:30 Uhr Kurzfristige Programmänderungen sind möglich

LOGBUCH | MAGAZIN F O T O : C . S T A D L E R Für (Ost-)Europa streiten Ein Nachruf auf Martin Pollack Am 17. Januar 2025 ist der österreichi- sche Journalist, Übersetzer und Ost- europa-Kenner Martin Pollack nach langer Krankheit gestorben. Mit seinen Büchern, Übersetzungen und Herausgaben machte Pollack in den vergangenen vierzig Jahren eine breite Leserschaft im deutschsprachi- gen Raum mit der gewaltvollen Geschichte Osteuropas vertraut, brachte neue Stimmen der osteuropäischen Gegenwartsliteratur in die Öff entlichkeit und trug zur Auseinan- dersetzung mit familiären Verstrickungen während des Nationalsozialismus bei. Martin Pollack war von 1987 bis 1998 als Spiegel-Korrespondent in Warschau und später als freier Publizist tätig. Bei seinen umfangreichen Erkundungen in Osteuropa sammelte er Zeugnisse der Vergangenheit, kam mit Menschen in Kontakt und nahm ihre Erinnerungen und Beobachtungen auf. Daraus entstanden viele publizistische Ar- beiten, so unter anderem »Des Lebens Lauf. Jüdische Bilder aus Zwischeneuropa« (1987) und »Kaiser von Amerika« (2010) über die Emigration aus Ostgalizien zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Aus der Verknüpfung von Beobachtungen und Erzählungen sowie der intensiven Beschäft igung mit den his- torischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts entwickelte Martin Pollack das Konzept der kontaminierten Landschaft en – Landschaf- ten, in denen Gewaltverbrechen verübt wur- den, deren Spuren zu verwischen und deren Erinnerung zu tilgen die Täter sich bemüh- ten. Damit setzten die Erinnerung und das Gedenken an die zumeist namenlosen Opfer wieder ein. Pollacks Beschäft igung mit den Folgen der Gewaltherrschaft im 20. Jahrhundert be- schränkte sich nicht auf Osteuropa. In dem Buch »Der Tote im Bunker. Bericht über meinen Vater« (2004) geht er dem Leben sei- nes Vaters nach, des SS-Sturmbannführers Gerhard Bast, und zeigt die aktive Beteili- gung der Familie an nationalsozialistischen Verbrechen. Die geschilderte Spurensuche, die durch das familiäre Verschweigen und Verzerren von Erinnerung maßgeblich be- stimmt und erschwert wird, öff net einen Raum für die Auseinandersetzung mit fami- liärer Schuld und Verdrängung. Martin Pollack war auch als Überset- zer tätig. Die deutschen Fassungen von Werken der polnischen Autoren Ryszard Kapuściński, Daniel Odija und Andrzej Bob- kowski stammen aus seiner Feder. Als Autor, der in verschiedene Sprachen übersetzt wur- de, pfl egte er einen intensiven und persönli- chen Austausch mit seinen Übersetzerinnen und Übersetzern. Als Kulturvermittler war es Martin Pollack ein zentrales Anliegen, Ostmitteleuropa in seiner Vielgestaltigkeit auf Dauer in der mitteleuropäischen Wahrnehmung zu ver- ankern. Dabei wurde er nicht müde, auf die Ignoranz und Arroganz westlicher Stimmen zu verweisen und vor den Folgen dieser Ig- noranz zu warnen. In all den Jahren und nicht erst seit 2022 lenkte er den Blick auf die Ukraine und die dortigen Entwicklun- gen. Exotisierung und Hierarchisierung von Erfahrungen waren ihm fremd, er bemüh- te sich um die Herausstellung der histori- schen, kulturellen und sprachlichen Ver- fl echtungen der europäischen Räume, zum Beispiel mit dem von ihm 2005 herausgege- benen Band »Sarmatische Landschaft en«, in dem er 25 nach 1945 geborene europäische Schrift stellerinnen und Schrift steller ver- sammelt, die in ihren Essays in zehn ver- schiedenen Sprachen die Verfl echtungen des Raums zwischen Ostsee und Schwar- zem Meer in Vergangenheit und Gegenwart sichtbar machen. Pollacks Engagement um die Veranke- rung Ostmitteleuropas auf der hiesigen mentalen Karte wurde unter anderem im Jahr 2011 gewürdigt, als er den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung erhielt. Er war der Stadt Leipzig und der Leipziger Buchmesse eng verbunden, unter anderem mit dem Programmschwerpunkt »Tranzyt. Literatur aus Polen, der Ukraine und Belarus«, den er von 2012 bis 2014 ku- ratierte. Mit seinem beharrlichen Einsatz für die Wahrnehmung und Einbindung der osteu- ropäischen Erfahrungen, insbesondere aus Polen und der Ukraine, ist Martin Pollack unersetzlich. Mit seinem Tod verlieren wir einen kenntnisreichen, zugewandten und engagierten Streiter für ein Europa, in dem die gewaltbesetzte Geschichte und die un- wägbare Gegenwart nicht zu Abschottung und Abwertung, sondern zu Off enheit und Interesse führen. CLAUDIA DATHE ■ Eine längere Version des Textes erscheint auf der Website der Slavistik der Universität Tübingen. Claudia Dathe ist Slavistin, Übersetzerin und Vermitt lerin ukrainischer Kultur. Sie übersetzt Literatur aus dem Ukraini- schen und Russischen. Sie wurde unter anderem mit dem Wilhelm-Merton-Preis fü r Europäische Übersetzungen und dem Verdienstkreuz am Bande der Bun- desrepublik Deutschland ausgezeichnet. Zuletzt erhielt sie 2024 den Sonderpreis der Literaturhäuser fü r ihre ukrainisch- deutsche Kulturvermitt lung. 6 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN Direkt von der Werkbank« kommt Astrid Böhmisch zum logbuch-Interview, also vom Messegelände. Wir wollen von ihr wissen, wie sie ihr erstes Jahr als Direktorin der Leip- ziger Buchmesse erlebt hat, was sie vorhat und wie es ist, vermutlich noch eine ganze Weile »die Neue« zu sein. Böhmisch bestellt Johan- nisbeerschorle, wir drücken auf Aufnahme. Sie sind seit ziemlich genau einem Jahr im Amt. Wie lautet Ihr Zwischenfazit? Die Zeit, durchzuatmen und zurückzuschau- en, wird durch den Messezyklus vorgegeben. In den Monaten April, Mai und Juni werten wir die Messe aus und das ist dann die Basis unserer strategischen Arbeit. Weil ich vor einem Jahr aber auf ein galoppierendes Pferd aufgesprungen bin, ging’s ganz intensiv um die Analyse. Wir haben geschaut, wie unsere Prozesse aussehen, wie wir bei der Leipzi- ger Buchmesse in Verbindung mit anderen Abteilungen zusammenarbeiten und wie unser eigener Bereich aufgestellt ist. Viel Zeit zum Durchatmen war deshalb nicht. »Dinge müssen sich ändern, um die gleichen zu bleiben« Direktorin Astrid Böhmisch im Gespräch vor ihrer zweiten Leipziger Buchmesse H C A L D N U G E N A T S R H C I I : O T O F Sie sprechen vom galoppierenden Pferd: Wie lange hat es ungefähr gedauert, bis Sie das Gefühl hatten, fest im Sattel zu sitzen? Jetzt habe ich den Messezyklus einmal durchlaufen und fühle dadurch eine Sicher- heit. Aber: Die Branche und das Geschäft Messe verändern sich ständig. Ich denke also, dass man nie ganz sicher sein und sagen kann: So machen wir das jetzt ein paar Jahre. Dinge müssen sich ändern, um die gleichen zu bleiben, und so ist das Messe-Geschäft auch angelegt. Völlig sattelfest werde ich also vermutlich nie und das ist auch gut so. Was hat die Analyse der 24er Buchmesse für die kommende ergeben? 2024 kann ich mit einer unglaublich schönen Energiebilanz beschreiben. Das klingt jetzt sehr technisch, ist es aber nicht. Nach Corona und dem Neustart 2023 war es in der ganzen Branche ein Herantasten: Wie viel Energie ist da noch bei allen? Und wie viel Energie haben die Besucherinnen und Besucher noch? Die Messe hat letztes Jahr bewiesen: Da ist noch Energie. Für mich war und ist wichtig, wie wir gut und tragfähig in die Zukunft mit den nicht mehr so ganz neuen Trends gehen. Welchen Trends? Zum Beispiel der Markt New oder Young Adult. Da sprechen wir immer noch von Trend, obwohl es sich schon längst etabliert hat. Dennoch gibt es einige Vorbehalte und der Literaturbetrieb blickt zum Teil sehr skep- tisch auf diese Zielgruppe. Oder gar nicht. Das ist aber eine Herausforderung der Bran- che und da stellt sich für uns die Frage: Wie wollen wir das konzeptionell gestalten? Für mich ist dabei ganz klar: Die Buchwelt lebt vom Austausch und auch von der Reibung. Inwiefern? Letztes Jahr ist mir das bei mir selbst aufge- fallen. Zwei junge Cosplayerinnen standen am Stand von Suhrkamp und haben sich über das Programm informiert. Ich habe das in meinem Kopf erst mal abgescannt und mich gefragt: »Haben die sich vielleicht in der Halle geirrt?« und dabei festgestellt: »Nein, Astrid, du musst zurück auf Los. Die sind genau richtig!« Genau das wollen wir, auch für unsere Zukunft: den Austausch zwischen den oft klar abgegrenzten Bereichen fördern. Wie soll dieser Austausch genau auf der Messe aussehen? Wir möchten einen zufälligen Austausch. Digital kann man den wunderbar vermeiden, hat über die Jahre gar keinen Kontakt mehr und wird sich fremd. Bei uns soll genau das Gegenteil passieren. Wir sehen dabei auch nicht nur Young Adult. Neue Trends sollen bei uns dynamischer zu finden sein. Wie zum Beispiel? Stichwort Audio. Wir streamen alle unend- lich viele Nachrichten, Podcasts und Radio – aber auch Hörspiele. Davon sind die Lese- rinnen und Leser der Buchwelt Teil, und das müssen wir perspektivisch strukturell ausweiten. Außerdem wollen wir noch stär- ker gesellschaftspolitische Themen aufgreifen, jetzt zum Beispiel mit dem neuen Forum »Mensch und KI: Schöne neue Welt?!«. Wir sind einer der letzten Orte, wo sich ganz viele unterschiedliche Filterblasen treffen. Da sind beispielsweise die Großeltern aus Sachsen-Anhalt, die mit ihrem Enkel herkommen, aber auch die Leute, die drei Wochen später auf der Republica (jährlich stattfindende Netzkulturkonferenz in Berlin, Anm. d. Red.) von der Bühne in die Bubble reinsprechen. Bei uns können sich verschie- denste Leute mit verschiedensten Themen auseinandersetzen und gemeinsam mit den Expertinnen und Experten eine eigene kritische Haltung einnehmen. Was sind Ihre konkreten Maßnahmen, damit aus diesem zweifelsohne mannig- faltigen Nebeneinander tatsächlich ein Miteinander wird? Wir planen das sehr sorgfältig und haben die jeweiligen Themenbereiche intern speziel- len Teameinheiten zugeordnet, damit diese sich voll und ganz auf »ihr Thema« kon- zentrieren können. Dabei loten wir immer aus, wer zu wem passt und wo der Kontrast zu groß wäre. Können wir die interaktiven Bereiche für Kinder und Jugendliche neben eher literarische, kleinere Verlage packen oder ist das ein zu großer Störfaktor? Das muss passen und ist durchaus etwas sehr Konzeptionelles. Eine Aufgabenstellung der Buchbranche ist aber, wie wir die viel be - schriebene Dynamik des Young-Adult- Bereichs auch zum Beispiel in die Literatur hinüberlenken. Das kann man inhaltlich und, ja, auch architektonisch, wenn Sie so wollen, steuern. Wie wollen Sie das schaffen? Vor allem junge Frauen kommen als Teen- ager in diesen Lesebereich, sind enthusias- tisch und entdecken etwas Neues für sich. Das muss die Literatur für sich nutzen, denn sie ist für junge Zielgruppen in ihrer Dis- kursstruktur vielleicht noch mit einer großen 8 www.kreuzer-leipzig.de

Hier könnte Ihre Geschichte wachsen In der Future Library in Oslo werden Texte berühmter Autorinnen und Autoren aufb ewahrt, die erst im Jahr 2114 gelesen und gedruckt werden – auf Papier, das noch wächst Wer in der Deichmanske Bibliotek in Oslo auf der Rolltreppe bis ganz nach oben fährt, vorbei an den Kindern, Erwachsenen, Studierenden, die lesen, lernen, sich unterhalten (und dabei nicht vom Personal zurechtgewiesen werden), erblickt gleich neben den Ab- teilungen für Allgemeinwissen und Sexualkunde eine Intervention aus hellem Holz. Wie ein freundlicher Pilz ist die Future Library in diese Bibliothek hineingewach- sen oder besser: aus ihr heraus. Ein Schild gemahnt, die Schuhe auszuziehen und drinnen leise zu sein. Durch den gerundeten Gang, der an eine Mischung aus Raum- schiff und Baumhaus (Raumhaus? Baumschiff ?) denken lässt, gelange ich in einen kleinen Raum, dessen Wände aus hundert Reihen kunstvoll übereinandergeschichte- ter Holzklötze bestehen und statt Fenstern beleuchtete Glasbausteine enthalten. Auf Bänken sitzen sich sechs Jugendliche gegenüber, ihre Schuhe haben sie alle an, leise sind sie auch nicht, sie zeigen sich gegenseitig Tik- toks und sind sichtlich irritiert über mein Auft auchen in ihrem Clubraum, es riecht ein bisschen nach Gras. Als ich dann auch noch mein Handy zücke und ein Foto von dem Glasbaustein mache, in den der Name Margaret At- wood eingelassen ist, ist die Verwirrung komplett und ihre Blicke verfolgen meine Bewegungen, als würden sie sagen: Was gibt’s denn hier bitte zu sehen? Währenddessen wächst nördlich von Oslo, eine kur- ze Busfahrt entfernt, ein Fichtenwald heran. Auf seinem Holz sollen hundert Texte von hundert Autorinnen und Autoren gedruckt werden – allerdings erst im Jahr 2114. Bis dahin werden die Manuskripte geheim gehalten und hinter den beleuchteten Glasbausteinen aufb ewahrt. Die schottische Künstlerin Katie Peterson startete das Projekt im Jahr 2014, es soll also ein Jahrhundert verge- hen, bis die Texte der Öff entlichkeit zugänglich gemacht werden. 10 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN F O T O : I T N E P O P P E »Ich wäre nicht Autorin geworden, wäre ich nicht zuerst Journalistin gewesen« Die norwegische Schrift stellerin Trude Teige über ihren Werdegang und Frauen Gesellschaft und Literatur Historische Romane und Krimis – das ist die literarische Bandbreite der nor- wegischen Journalistin und Schrift stellerin Trude Teige. In Norwegen veröff entlichte die Autorin von »Als Großmutter im Regen tanzte« und »Und Großvater atmete mit den Wellen« kürzlich ihren dritten historischen Roman. Der Abschluss der »Großmutter- Trilogie«, die sich mit der norwegischen Ge- schichte im Zweiten Weltkrieg beschäft igt, soll demnächst auch auf Deutsch erschei- nen. Der achte Fall ihrer Krimireihe rund um die Journalistin Kajsa (s. S. 19) steht ebenfalls in den Startlöchern. Wie es zu die- sem Genre-Doppelgespann kam und warum die Protagonistin »Kajsa« Trude Teige so ähnlich ist, erzählt sie im logbuch-Gespräch. Norwegens handeln, denn an der Küste geht es nur um die Geschichten der Männer. Und als der Roman fertig war, merkte ich, dass ich genug Material für ein weiteres Buch hatte. Also habe ich zwei geschrieben. Und nach den zwei Büchern? Ich habe Zwillinge bekommen und war mit meiner Fernsehkarriere als Journalistin beschäft igt. Einige Jahre später wollte ich wieder mit dem Schreiben anfangen. Ich mochte es, alleine zu sein in einem Univer- sum, das ich selbst erschaff en hatte. Aber es sollte kein weiterer historischer Roman sein. Es sollte leichter zu schreiben sein. Also fi ng ich an, eine Geschichte über die Ehe einer Fernsehjournalistin zu schreiben. Wie sind Sie zum Schreiben gekommen? Das war nicht geplant. Mein Traum war es, TV-Journalistin zu werden. Gleichzeitig bin ich mit der Geschichte meiner Ururgroß- mutter aufgewachsen und habe angefangen, dazu zu recherchieren. Aber ich konnte nicht genug fi nden, um journalistisch über sie zu schreiben. Dann erschien es mir so, als käme eine fi ktive Frau und sagte: »Du kannst über mich schreiben, anstatt über sie, dann kannst du einfach alles erfi nden, wozu du nichts herausfi ndest.« Also schrieb ich 2002 meinen ersten historischen Roman. Er sollte von einer starken Frau an der Küste War es dabei vielleicht hilfreich, dass Sie bereits Journalistin waren? Ich glaube, alle meine Bücher beginnen mit mir in der Rolle der Journalistin. Wenn ich anfange, bin ich keine Autorin, sondern Journalistin. Ich nutze die Fähigkeiten, die ich erworben habe, um mich mit der Gesell- schaft oder der Geschichte oder anderen Dingen auseinanderzusetzen. Dann recher- chiere ich viel. Wenn ich gefunden habe, was ich suche, lege ich es beiseite und es kommt die Autorin zum Vorschein. Ich glaube nicht, dass ich Autorin geworden wäre, wenn ich nicht zuerst Journalistin gewesen wäre. Wie lange haben Sie beide Jobs gleichzeitig gemacht? Viele Jahre lang. Bis 2014 oder 2015 habe ich Bücher geschrieben und gleichzeitig meine eigene Fernsehsendung moderiert. Dabei hatte ich drei Kinder zu Hause, also musste ich schreiben, wann immer ich konnte. Ich habe viel geschrieben, nachdem die Kinder im Bett waren oder bevor sie aufgestanden sind. Und ich hatte meinen Laptop immer dabei: beim Friseur, wenn ich zu Turnie- ren ging und die Kinder Handball oder Fußball spielten – wenn es eine Pause gab, konnte ich schreiben. Wie sind Sie auf die Idee zu Ihrer Krimi- reihe gekommen? Meine zwei historischen Romane waren harte Arbeit, weil es so viel zu recherchieren gab. Wurde damals Kaff ee getrunken? Wurden Kartoff eln gegessen? Einfache Fragen. Aber ich musste langwierige Nachforschungen anstellen, bevor ich zu einem Verlag gehen konnte. Deshalb beschloss ich, es mir ein- facher zu machen. Zu dieser Zeit hatte ich drei kleine Kinder, arbeitete als Fernseh- journalistin, lebte außerhalb von Oslo und war verheiratet. So kam ich auf meine Pro- tagonistin Kajsa, die auch Fernsehjournalis- tin ist, ebenfalls Kinder hat und auch außerhalb von Oslo lebt. Ich machte es mir leichter und dennoch ist sie anders als ich. Dann war eigentlich vor allem das Thema des ersten Romans ausschlaggebend dafür, dass es ein Krimi wurde. Was ist das für ein Thema? Kajsa ist eine Journalistin, die in meinem Buch als eine der ersten in Norwegen ein sehr düsteres Kapitel unserer Geschichte auf- greift : Nach dem Krieg und bis weit in die Achtziger hinein wurden Kinder ihren Fa- milien weggenommen und in Heimen und Schulen untergebracht. Diese Kinder haben sehr gelitten und niemanden hat es interes- siert, bis norwegische Journalisten begannen, dazu zu recherchieren. Sie fanden schreck- liche Geschichten über die Misshandlung der Kinder heraus. In der Mitte des Buches sagt eine der betroff enen Personen zu Kajsa: »Ich frage mich, ob eines dieser Kinder sich an den Menschen, die sie missbraucht haben, rächen wollte.« Und ich dachte: Es wäre ein guter Plot, dass jemand sich für das rächt, was ihm als Kind widerfahren ist. Aber ursprünglich wollte ich keine Krimis schreiben. Warum? Ich liebe Krimis, aber einen zu schreiben, scheint schwierig zu sein. Man benötigt einen spannenden Handlungsstrang. Man muss all die Fäden spinnen und die Leute erst in die Irre führen und gleichzeitig das Tempo und den Rhythmus halten. Das ist ganz anders als einen historischen Roman 12 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN Der Tod ist eine warme Farbe Die Norwegerin Anna Fiske schreibt und illustriert Kinderbücher zu den großen Fragen des Lebens: Wie ist es, erwachsen zu sein? Wie macht man ein Baby? Und was passiert eigentlich, wenn man stirbt? Anna Fiske sitzt in Oslo vor einem großen Bücherregal aus dunklem Holz, als wir per Zoom-Konferenz miteinander sprechen. Im Regal stehen und liegen Bücher kreuz und quer. Über den Bildschirm erkennt man außerdem, dass Fiske am Schreibtisch sitzt, umgeben von leichtem Papierchaos: Ent- würfe für ein neues Werk, denn dieses Jahr sollen drei weitere Bücher erscheinen. Nach »Wie ist es eigentlich, erwachsen zu sein?« und »Wie macht man eigentlich ein Baby?« kommt als Nächstes »Wie ist es eigentlich, ein Kind zu sein?«, berichtet die Autorin. In Deutschland erscheinen Fiskes Bücher seit 2019 im Hanser-Literaturverlag. Ihr erstes und bekanntestes ist »Alle haben einen Po«. Das Buch soll Kindern durch humorvolle Illustrationen zeigen, wie unterschiedlich Körper aussehen können: mit verschiede- nen Hautfarben, Formen und Attributen. Fiske trägt ihr langes weißes Haar zu ei- nem Zopf geflochten, sie hat ein freundliches Lächeln und trägt bunte Ohrringe. Die Auto- rin stammt aus Südschweden. In Stockholm studierte Fiske Grafikdesign und Illustration an der Kunsthochschule Konstfack, Schwe- dens größter Kunst- und Designschule. Dort lernte sie ihren Ehemann kennen, einen Nor- weger. »Die Liebe hat mich vor dreißig Jahren nach Norwegen gebracht«, sagt die Autorin und lacht. Dass Fiske danach zur Kinder- buchautorin wurde, war für sie schon immer klar – auch wenn zu ihrem Werk auch ein Co- mic für Erwachsene gehört: »Ich habe noch nie darüber nachgedacht, etwas anderes zu tun. Ich wollte mein ganzes Leben lang genau das machen«, erzählt sie in sehr gutem Eng- lisch – mit einem netten skandinavischen Akzent. Für Anna Fiske gibt es kein Thema, das für Kinder zu kompliziert oder zu schwer zu erklären ist. »Bevor ich neue Ideen auf Papier ANZEIGE 7.000 Medien zu Umwelt- & Naturschutz kostenfrei ausleihen Wo? Connewitz Bernhard-Göring-Str. 152 C O P Y R G H T I : N O R L M U S E U M bringe, behalte ich sie jahrelang erst mal hier drin«, sagt sie und tippt sich an den Kopf. Für ihre Recherche besucht Fiske oft Schulen und Kindergärten, um herauszufinden, wie und worüber Kinder nachdenken. »Ich höre auch in mich rein und erinnere mich, wie es für mich war, ein Kind zu sein.« In der norwegischen Kinderliteratur man- gelte es Fiske an Werken, die sich den wich- tigen Lebensfragen stellen. Schon ihre ersten Bücher wurden auf der ganzen Welt verkauft. »Das hat mich überrascht. Es hat mir gezeigt, dass solche Bücher nicht nur in Norwegen gefehlt haben«, erzählt Fiske. In einem ihrer Werke thematisiert die Autorin zum Beispiel den Tod von Babys: »Das war sehr schwer für mich. Auch die Zeichnung dazu.« Sie greift zu einem Buch, das neben ihr liegt, und schlägt die Seite mit dem Kindersarg auf. Die Seite stammt aus ihrem Buch »Wie spricht man eigentlich über den Tod?«. Darin beant- wortet Fiske die Fragen, die Kinder zu der Thematik haben könnten – kindgerecht mit kurzen, prägnanten Sätzen und bunten Illus- trationen. Es wird nichts schöngeredet, das Buch vereint Fakten mit tröstenden Passagen und erklärt alles, was zum Tod dazugehört: die Organe, die uns am Leben erhalten, Trau- er und Erinnerung oder wie Beerdigungen in verschiedenen Religionen aussehen. Dass Menschen durch einen Unfall, eine Krank- heit oder Suizid sterben können. Ihre Fakten prüfe Fiske außerdem immer doppelt – in Rücksprache mit Experten, etwa einem Psy- chologen. Spricht mit Kindern über alles: Anna Fiske »Kinder denken viel über Dinge nach, auch über den Tod«, sagt Fiske. »Das war mir nicht bewusst, aber sie haben viele Fragen dazu.« Sie ist selbst Mutter und kennt die Sprach- losigkeit, die man bei schweren Themen als Elternteil haben kann. Ihre Bücher sollen dazu anregen, über diese Themen gemein- sam nachzudenken. »So fühlen sich Kinder mit den großen Fragen nicht alleingelassen«, sagt Fiske. Beim gemeinsamen Lesen sei es besonders hilfreich, Gefühle und Gedanken auszutauschen. Trotz der Thematik ist das Buch über den Tod sehr bunt gestaltet, mit leuchtenden Far- ben und vielen Bildern. »Ich finde nicht, dass Bücher über den Tod schwarz sein sollten. Es ist auch ein Buch über das Leben«, sagt die Autorin. Es dürfe Spaß machen und uns dar- an erinnern, wie schön es ist, zu leben. Schwierige Themen verlieren für Fiske nicht ihre Ernsthaftigkeit, wenn sie verspielt, mit Humor und bunt dargestellt werden. Alle Informationen sind klar und deutlich, sagt Fiske. Damit die Kinder nichts missverste- hen. So wie in Deutschland sage man Kindern in Norwegen oft: »Jemand ist eingeschlafen« oder »Sie sind von uns gegangen«, berichtet Fiske. «Aber jemand, der stirbt, kommt nicht zurück.« Viele denken an den Tod und haben Angst, aber niemand spricht gerne darüber, hat die Autorin beobachtet. »Der Tod macht traurig und manchmal ist er ungerecht. Aber er ist Teil des Lebens.« NASTASJA KOWALEWSKI 14 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN F O T O : A G N E T E B R U N »Für mich sind Lügen genauso wahr wie die Wahrheit« Ein Gespräch mit Ivo de Figueiredo über seine Arbeit als Historiker, Biograf und Schrift steller Realität versus Mythos, Wahrheit gegen Lüge: Für Ivo de Figueiredo steckt in jedem seiner Werke mehr als nur die Le- bensgeschichte bekannter und wichtiger Figuren der Historie Norwegens. In seinen preisgekrönten Biografi en behandelt er Per- sönlichkeiten wie Henrik Ibsen, deren Le- ben er äußerst präzise erforscht und in span- nend verpackten Worten erzählt. Mit dem logbuch spricht Figueiredo über seine Lei- denschaft zur Literatur und darüber, wie sehr ihn Norwegens Geschichte in ihren Bann zieht. Herr Figueiredo, Norwegen ist bekannt als Land der Literatur – sowohl im Lesen als auch im Schreiben von Büchern steht Norwegen im internationalen Ranking weit oben. Welche Bedeutung hat Literatur für Sie als Norweger? Sehr schmeichelhaft , ich danke im Namen der Nation. Da steckt auch Wahrheit drin: Norwegen war nach 1814 eine kleine, auf- strebende Nation, die sich vom dänischen Einfl uss löste. Und Literatur hat hier eine wichtige Rolle gespielt. Sie war essenziell für den Aufb au junger Nationen, die radikal und voller Eifer waren, da sie sich gegen frü- here Imperien behaupten mussten. Ebenso war es von Bedeutung, Bücher aus der großen Welt zu importieren. Die Tradition der Über- setzung ist daher in Norwegen sehr stark. Später kam eine sehr aktive Kulturpolitik des Staates hinzu. Norwegen hat ein kleines Publikum, das allein nicht ausreicht, um einen Buchmarkt zu tragen. Der Staat sowie die Künstler und Schrift stellerinnen müs- sen seit über 150 Jahren zusammenarbeiten, um Literatur zu fördern. Natürlich erleben wir heute dieselben Herausforderungen wie alle anderen auch – Menschen scrollen auf Smartphones, Netfl ix übernimmt. Selbst Bestseller verkaufen sich schlechter, das ist überall so. Dennoch glaube ich, dass die Li- teraturlandschaft in Norwegen gesünder ist. In den 2000er Jahren haben Sie sich vor allem auf norwegische Autoren wie Henrik Ibsen und Henrik Wergeland konzentriert. Welcher Autor hat Sie denn am meisten beeinfl usst? Natürlich habe ich eine enge Beziehung zu den Autoren, zu denen ich gearbeitet habe, wie Ibsen. Aber für mein eigenes Schreiben würde ich Knut Hamsun nennen. Obwohl ich ihn nicht als meinen Lieblingsautor bezeichnen würde, hat mich die Schönheit seiner Sprache stark geprägt. Ich werde ein besserer Schrift steller, wenn ich ihn lese. Ein weiterer großer Einfl uss war Peter Handke. Sein Buch über seine Mutter hat mir neue Wege des Schreibens eröff net. Ich schätze die Art, wie er in seinen Werken Realität und Dokumentation verbindet. In den letzten Jahren hat mich W. G. Sebald am meisten geprägt. Er ist zwar Romanautor, aber er schreibt auf eine dokumentarische Weise, was sehr interessant ist. Seine Romane wirken wie Momentaufnahmen, Foto grafi en im Text, die einen glauben lassen, dass alles tatsächlich passiert, obwohl es eine Konst- ruktion ist. In gewisser Weise habe ich das ein wenig von ihm übernommen. Zudem suche ich auch immer nach Inspi- ration in der angloamerikanischen Literatur – Tom Wolfe, Hunter S. Thompson, Truman Capote. Im Gegensatz zur deutschen Lite- ratur steht im Angloamerikanischen die gut erzählte Story im Zentrum, die manchmal sehr verführerisch ist, mein akademisches Ich vertraut aber ihren Fakten nicht. Ich gehöre irgendwo zwischen die deutsche, de- tailverliebte, gründliche und faktenbasierte, und die angloamerikanische Tradition der gut erzählten Geschichten, die ich manch- mal für zu gut halte. Ihr letztes großes Werk »The Storm« be- handelt das Leben des weltberühmten norwegischen Künstlers Edvard Munch. Was hat Sie an Munch besonders faszi- niert? Sein unermüdlicher Einsatz für seine Kunst – er lebte das Boheme-Leben voller Chaos, Kämpfe und Exzesse, aber er arbeitete im- mer. Er war ein schlechter Liebhaber und Mensch, aber das interessiert mich nicht. Generell schockt es die Leute zu hören, dass die Autoren und Künstlerinnen, die so Schönes schaff en, oft keine guten Menschen waren. Munch schuf eine mythologische Version seiner selbst, die ihn als unverstan- denen Künstler darstellte. Diese Mythen sind faszinierend, weil sie neue Realitäten erzeugen. Ich weiß, dass er lügt oder Ge- schichten erfi ndet, aber er ist ein Künstler, also ist seine Künstlerpersönlichkeit etwas Reales, nicht wahr? Dieser Mythos schafft eine Realität, die Auswirkungen hat. Als His- toriker bin ich natürlich an der Wahrheit interessiert, aber ich bin ebenso fasziniert von den Unwahrheiten. Für mich sind die Lügen genauso wahr wie die Wahrheit. Und damit versuche ich in meinem Schreiben zu spielen. Neben Ihren Biografi en haben Sie eine Zeit lang auch über Faschismus geschrieben. So haben Sie sich in Ihrem Studium mit Nationalsozialismus in Norwegen be- schäft igt. Woher kommt Ihr Interesse an diesem Thema? Mein Interesse ist weniger politisch, sondern eher durch die menschliche Natur inspi- riert. Der Zweite Weltkrieg war die drama- tischste Zeit in der norwegischen Geschichte seit der Wikingerzeit. Mich hat fasziniert, wie Menschen in Krisenzeiten ihre Werte und Entscheidungen verändern. Ich habe über Nazis geschrieben, ich trank Kaff ee und Tee mit alten, norwegischen Freiwilligen von der Ostfront und war fasziniert von ihren Verschwörungstheorien, die selbst in Zeiten des Wohlstands weiterlebten. Aber das ist alles Vergangenheit. Mein Job ist es, mit ihnen zu reden, sie und ihre Motivation zu verstehen, ohne sie zu ent- schuldigen. Um Menschen wie Hitler zu ver- stehen, braucht man Empathie. Wir müs- sen Historie so sehen wie ein Kunstwerk – man muss einen Schritt zurückgehen. Die Frage nach der Moral ist für die meisten leicht zu beantworten, auch ich brauche nur kurz, um alle moralischen Fragen zu klären. Als Historiker muss ich jedoch verstehen, wieso Menschen wie gehandelt haben. Sie sagen, dass Sie sich sowohl auf das faktenbasierte Schreiben konzentrieren als auch auf die Kunst, eine Geschichte gut zu erzählen. Wie gehen Sie an das Schreiben von nicht-fi ktionaler Literatur heran? 16 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN Norwegische Neuerscheinungen Sechs Titel aus dem Gastland Nach der Explosion Linn Strømsborgs Heldin ist »verdammt wütend« Am Morgen eines weiteren sonnigen Som- mertages im Ferienhaus mit Freunden rastet Britt – 43, verheiratet, eine achtjähri- ge Tochter – aus. So richtig. Der ganze Frust ihres Lebens bricht aus ihr heraus. Immer hat sie sich an alle Regeln gehalten, immer an die anderen gedacht, Rücksicht genom- men. Und was hat sie nun davon? Einen Mann, der sie seit der Schwangerschaft be- trügt, einen Job, den sie hasst – ein enges, freudloses Leben der Pflichterfüllung. Und eventuell die Diagnose Krebs. Linn Strømsborgs Protagonistin ist mit ihrer geballten, unverdauten Wut für den Leser ein ziemlicher Brocken. Man versteht sie und dennoch: Es ist erst einmal schwie- rig, Britt zu mögen. Zu sehr ist sie damit be- schäftigt, ihre Mitmenschen auf Distanz zu halten und so alle Schreckensszenarien von Kontrollverlust abzuwehren. Aber natürlich hat Britt ihre Gründe, so zu sein, wie sie ist: kantig, abweisend, pessimistisch. Wütend. Als Britt zwölf war, verließ ihre Mutter die Familie. Ging eines Tages ohne Vorwarnung davon und kam abends nicht zurück. Wäh- rend Britt noch schöne Erinnerungen an die Zeit davor hat, fehlen sie ihr für das Danach. Der Vater verstummt, die Tochter kümmert sich. Beide sprechen nicht über ihre Gefühle. Dreißig Jahre später scheint sich die Si- tuation zu wiederholen: Frust und das über- mächtige Bedürfnis, auszubrechen. Doch Britt ist nicht ihre Mutter – und nach ihrer Explosion ändert sich etwas. Als sie wirklich nicht mehr bereit ist, so weiterzumachen wie bisher, gewinnt sie trotz einiger Verluste das Wichtigste zurück: sich selbst. ANDREA KATHRIN KRAUS ■ Linn Strømsborg: Verdammt wütend. Aus dem Norwegischen von Karoline Hippe. Köln: Dumont 2025. 224 S., 23 € Lebensunterhalt »Dienstmädchen für ein Jahr« spielt mit der Klassengesellschaft Helga, aus besserem Hause, wächst in der Gewissheit auf, dass Geld keine Rolle spielt, weil es ohnehin stets aus der väter- lichen Tasche fließt, und dass ihr somit die Welt offensteht. Sie kennt sich bestens aus mit dem Bedient-Werden und Statussymbo- len, die dem Wissenden lange Geschichten erzählen können. Eine Wette verpflichtet sie, ein Jahr als Dienstmädchen zu arbeiten. Der Rollenwechsel schubst sie in die Welt von harter körperlicher Arbeit und wenig Freizeit, sie ist den Launen der Herrschaft ausgeliefert und befindet sich unter Personal, das sich »seinen Lebensunterhalt verdienen muss«. In das neue Dasein wächst die gänzlich Un- gelernte erstaunlich schnell hinein. Auch die Einsicht, dass Hausangestellte gar keine nie- deren Wesen sind, stellt sich wie von selbst ein. Bald betrachtet die Protagonistin gar die Kreise ihrer Herkunft kritisch. Freilich sind das weiterhin ihre eigenen Kreise, und das stärkste Band knüpft sie zu demjenigen unter dem Dienstpersonal, der hier ebenfalls nur vorübergehend Station macht. »Dienstmädchen für ein Jahr« von Sigrid Boo erschien 1930 mit dem Titel »Vi som går kjøkkenveien« (dt. Wir nehmen den Küchen- eingang) und war nicht nur in Norwegen ein Erfolg. Die Geschichte kam auf die Theater- bühnen und wurde mehrfach verfilmt, als »Servants’ Entrance« 1934 auch in Holly- wood. Sicher war es weniger Boos Anliegen, die Reibungen beim Abstieg in der Klassen- gesellschaft zu schildern, als vielmehr die Klassengesellschaft selbst. Dass diese keiner naturgegebenen Ordnung folgt, deutet die Ge- schichte an, ebenso die Möglichkeit sozialer Mobilität – im Spiel mit dem Traum vom ge- sellschaftlichen Aufstieg, der sich als Lohn für harte Arbeit einstellen würde, eines Tages. Der Briefroman ist sehr gut gebaut und nah am All- tag erzählt, der Ton ist beschwingt, humorvoll und von weisen Erkenntnissen getragen – ein großes Lesevergnügen. Vor dem Hintergrund von Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit ist er auch ein Gesellschaftsroman über Macht, Geld und das Miteinander. Und über die Rolle der bürgerlichen Frau in Norwegen vor hun- dert Jahren. FRANZISKA REIF ■ Sigrid Boo: Dienstmädchen für ein Jahr. Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs, herausgegeben von Nicole Seifert und Magda Birkmann und mit einem Nachwort von Nicole Seifert. Hamburg: Rowohlt 2025. 272 S., 24 € Altlasten und Lasten des Alters Kjersti Anfinnsen erzählt von Ängsten, die wohl die meisten Menschen kennen Birgitte will nicht zurück nach Norwe- gen. Allein und einsam verbringt sie ihre Tage im hohen Alter in Paris. Obwohl ihre jüngere Schwester sie bittet, zu ihrer Familie zurückzukommen, sieht Birgitte keinen Sinn in einer Heimkehr. Überhaupt sind so viele Dinge für sie sinnlos. Eine neue Romanze bringt etwas Wind in ihr Leben und immer mehr wagt sie es, alte Traumata aufzuarbeiten. Trotzdem muss sie sich der Realität und den Dingen stellen, die zum Altsein dazugehören: Sie verliert Menschen, die sie liebt. Ihr Körper und ihr Geist geben langsam auf. Und nicht alle Entscheidungen sind ihre eigenen. Kjersti Anfinnsen schreibt in ihrem Ro- man »Letzte zärtliche Augenblicke« von Ängsten, die jeden Menschen irgendwann einholen: die Furcht vor dem Älterwerden, vor dem Tod und dem eigenen Zerfall. Was zu Beginn einem ungebetenen Gespräch mit einer fremden, älteren Person an einer Bus- haltestelle gleicht, deren verbittertem Wort- schwall man für den Moment nicht auswei- chen kann, so dass man nur befremdet nickt, entwickelt sich immer mehr zu einer emo- tional mitreißenden Geschichte. Sorgfältig konfrontiert Anfinnsen die Lesenden mit ihrer Zukunft – inklusive aktueller Themen wie Umwelt, Feminismus und traumatische Erlebnisse. Mit sanften, fließenden Worten bemalt die Autorin künstlerisch Stein für Stein ei- nes Charakters und puzzelt diese zu einem Mosaik zusammen, das letztlich Verständ- nis und Mitgefühl für eine Protagonistin bringt, die jegliche Lebensfreude verloren zu haben scheint. Obwohl der Roman nicht einmal die Illusion eines plötzlichen Happy Ends erzeugt, überrascht er mit charakter- lichen Entwicklungen und zeigt, dass ein Mensch jederzeit zu Veränderungen in der Lage ist – ob jung oder alt. JOHANNA KLIMA ■ Kjersti Anfinnsen: Letzte zärtliche Augenblicke. Aus dem Norwe- gischen von Sabine Richter. Wien: Septime 2025. 168 S., 22 € 18 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN F O T O : E B B A D . D R O L S H A G E N »Was ich übersetze, geht durch meine Seele und meinen Körper« Hinrich Schmidt-Henkel übersetzt aus dem Norwegischen, Französischen und Italienischen – ein Gespräch über Jon Fosse und Massagen Louis-Ferdinand Céline, Édouard Louis und Yasmina Reza, Henrik Ibsen, Tarjei Vesaas und Jon Fosse – Hinrich Schmidt- Henkels Übersetzungen aus dem Franzö- sischen, Norwegischen und Italienischen wurden vielfach ausgezeichnet und werden nicht nur in Fachkreisen hoch geschätzt. Welcher Weg ihn vom Plattdeutschen zum Sprachstudium und vom Sprachstudium zum Dasein als Übersetzer führte, und was er aktuell in Bangkok macht, erzählte uns der 65-Jährige im Zoom-Gespräch. Sind Sie berufl ich in Bangkok? Jein. Ich mache hier seit ein paar Jahren eine Massage-Ausbildung. In Berlin praktiziere ich an zwei Nachmittagen in der Woche. Die Straße, in der ich in Bangkok wohne, war früher ein Elefantenpfad vom Hafen zu den großen Handelsniederlassungen. Ich höre die Hähne krähen, morgens um vier – aus einem Hochhaus am Fluss. Wir wollen ja aber über Ihren Hauptjob sprechen: das Übersetzen. Wie sieht Ihr Schreibtisch aus, wenn Sie eine neue Übersetzung beginnen? Katastrophal. Es gab in den vergangenen vierzig Jahren ungefähr dreimal den Fall, dass große Teile der Schreibtischplatte zu sehen waren. Für kurze Zeit. Ich habe einen kleinen Laptop mit dem Original als PDF oder einen Halter mit dem Buch, wobei wir ja leider immer weniger aus Büchern über- setzen. Dann habe ich einen mittelgroßen Lap- top, und das war’s. Und im Schrank natür- lich alle möglichen Wörterbücher und Nach- schlagewerke, so dass ich immer wieder aufstehen muss: Denn bis du am Regal bist, fällt dir meistens ein, wonach du suchst. Die körperliche Ablenkung bewirkt, dass das Hirn die Sache erledigt. Das passiert nicht, wenn du auf die Texte und auf den Bild- schirm fi xiert bleibst. Wie fangen Sie mit der eigentlichen Arbeit an? Der Moment, in dem ich die Übersetzung festhalte, ist bereits mindestens die zweite Übersetzung. Ich fange im Kopf an. Ich mache immer ein bis zwei Doppelseiten im Voraus, mit Recherche und Satzgefüge- knacken. Können Sie sich das denn merken? Einerseits ja, andererseits ist es aber auch gut, wenn ich mir es nicht merke: Es ist neuropsychologisch nachgewiesen, dass zwischen dem ersten und dem zweiten Mal das Gehirn weiterarbeitet. Also, ich sehe einen Satz und überlege, wie ich ihn über- setze und zergliedere oder neu gliedere. Beim zweiten Mal hat sich dieses Gefüge schon verbessert. Und das passiert oft auch zwischen dem Hingucken aufs Original und dem Gucken auf die Übersetzung. Woran arbeiten Sie gerade? Ich habe vor wenigen Tagen mit dem neues- ten Werk von Jon Fosse angefangen, dem Literaturnobelpreisträger von 2023. Er ist seitdem nicht etwa faul gewesen, sondern hat Verschiedenes geschrieben, unter anderem wieder Prosa, diesmal ist es ein kurzer Drei- teiler. Es ist wie immer wahnsinnig span- nend. Es ist zu hundert Prozent Fosse, und wie immer ist man sofort in seinem Uni- versum und in seiner Sprache drin. Sie sind erster Träger des Fosse-Preises, der in diesem Jahr erstmals vom norwegischen Staat zur Würdigung von internationalen Übersetzungen norwegischer Literatur vergeben wird. Was bedeutet Ihnen das? Ha, das kann ich kaum ausdrücken. Ich bin vielleicht nicht am Ende meiner Berufs- tätigkeit, aber ich übersetze jetzt seit bald vierzig Jahren und schaue, dass ich ein bisschen weniger arbeite – ich will nicht sa- gen: Es schließt sich ein Kreis, das klingt ja wie kurz vor dem Friedhof. Die Auszeich- nung hat für mich einen unglaublichen Wert, mal abgesehen vom Monetären – der Preis kommt natürlich der Rente zugute: Er ist für mich eine riesengroße Ehre und eine unschätzbare Bestätigung. Es rundet sich, dass ich vor fast dreißig Jahren Jon Fosse für mich entdeckt habe. Ich hatte ihn als Prosaautor wahrgenommen, aber diese Wiederholerei war mir zu fremd, an die musste ich mich erst annähern. Als ich dann irgendwann durch Zufall feststellte, dass er angefangen hatte, fürs Theater zu schreiben, war ich sofort neugierig. Statt der Wieder- holungen in der Prosa macht er im Theater Pausen. Ich fand das sofort faszinierend, habe einen deutschen Theaterverlag dafür gefunden und zwei Stücke übersetzt. Das war vollkommen konträr zu dem, was in der Zeit in den Theatern lief. Und dann gab es eine große Produktion in Paris, die deutschen Theaterleute wurden aufmerksam, und Rowohlt konnte die Übersetzung von zwei Stücken sozusagen aus dem Hut ziehen. Das Ganze begründete auf eine Weise Fos- ses internationalen Erfolg. Was sind die spezifi schen Herausforde- rungen beim Übersetzen aus dem Norwegischen? Das Erste ist die gefährliche Nähe zum Deutschen. Die Sprachen sind ziemlich nah verwandt, also ist die Gefahr der soge- nannten falschen Freunde groß: Das sieht schon so Deutsch aus, als bräuchte man es nur noch mit deutschen Wörtern abzu- schreiben. Aber das wirkt dann schnell ulkig oder unbeholfen, wenn man es nicht wirk- lich transformiert. Wie sage ich: auf eigene Hand oder auf eigene Faust? Die Notwen- digkeit der Transformation ist evidenter bei der Übersetzung aus romanischen Spra- 20 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN es mich interessiert, das zu übersetzen, und kündige an, dass ich möglicherweise mit Fragen komme. Das hat dann verschiedene Ausmaße: von drei, vier Fragen, die freund- lich beantwortet werden und das war’s, bis hin zu gemeinsamen Lesereisen oder Besu- chen zu Hause. Gibt es Bücher, die Sie nicht übersetzen würden? Ich habe ja von Céline einiges übersetzt, immer von dem Umstand begünstigt, dass sein übler Antisemitismus in seinen Ro- manen nicht zum Tragen kommt. Es gibt einzelne antisemitische Zungenschläge, bei denen kann man nicht sagen, dass sie schlimmer wären als der in seiner Gesell- schaft zu seiner Zeit in Frankreich oder auch heute noch grassierende Antisemitismus. Aber ich habe Nachworte geschrieben, für »Tod auf Raten« und »Reise ans Ende der Nacht«, in denen ich mich damit auseinan- dersetze, wie man mit einem Autor verfährt, von dem man weiß, dass er manifeste Mord- aufrufe losgelassen hat, auch wenn es in diesem Buch nicht vorkommt. Aber es ist ja derselbe Mensch und Autor. Seine antizionistischen, antisemitischen Pamph- lete würde ich nicht übersetzen, auch aus Selbst fürsorge. Was ich übersetze, geht durch meine Seele und durch meinen Körper durch, und ich werde dazu oder ich muss das sein, was ich übersetze. Wie und warum wurden Sie eigentlich Übersetzer? Ich war ahnungslos, was ich werden soll, und habe dann, wie so viele, die beiden Schul- fächer auf Lehramt studiert, in denen ich am besten war: Deutsch und Französisch. Zum Glück kam ich in der Hälfte des Referenda- riats auf den rettenden Trichter. Mit 27, im Urlaub in Norwegen, fiel mir eines schönen Tages ein: Moment mal, Literaturüberset- zen ist ja ein Beruf! Das hätte ich durchaus wissen können, weil Eugen Helmlé, ein sehr renommierter Übersetzer aus dem Franzö- sischen, mit meinen Eltern befreundet war. Auf der nächsten Buchmesse habe ich dann die ersten Verträge ergattert, von irgend- welchen unvorsichtigen Leuten. Ich wurde auch sehr stark von Helmlé gefördert, der mir Projekte übergab und mir dazu riet, dem Übersetzerverband beizutreten (Berufsver- band deutschsprachiger ÜbersetzerInnen literarischer und wissenschaftlicher Werke, VdÜ, Anm. d. Red.). Und es gibt in Norwe- gen diese fantastische Institution Norla: Zu der bin ich hingetapst und habe mit meinem ziemlich frischen gebrochenen Norwegisch gesagt: »Hallo, hier bin ich und jetzt würde ich gern Übersetzer werden!« Die damalige Verantwortliche hat mich mit weit geöffneten Armen empfangen und gesagt: »Oh, das freut uns aber, du kriegst von uns eine Fach- besucherbestätigung für die Frankfurter Buchmesse und eine Liste von Leuten, die ins Deutsche übersetzen, damit ihr euch vernetzen könnt.« Da wurden mir die Türen sperrangelweit geöffnet. Dieselbe Institu- tion organisiert nun den Fosse-Preis, das ist ein ganz wunderbarer Zusammenhang. Haben Sie auch Norwegisch studiert? Nein! Nein, psst! Ich bin nicht einmal Skan- dinavist! Ich habe – mal abgesehen von Plattdeutsch – als Kind relativ viel Dänisch aufgeschnappt, meine Mutter sprach es flie- ßend und wir waren sehr viel in Dänemark und hatten dänische Freunde. An der Uni habe ich Schwedisch im Sprachkurs gelernt, und als mein damaliger norwegischer Freund nach Norwegen zurückging und wir mit Hin- und Herfahren anfingen, habe ich alle Skandinavischkenntnisse auf Norwegisch umgepolt und gezielt Norwegisch gelernt, aber nicht mit Lehrbuch, sondern mit Litera- tur, und wenn ich in Norwegen war, musste der arme Mensch mir alles, was ich nicht verstand, übersetzen und erklären, was es bedeutet und warum es das bedeutet und die Etymologie und was es nicht bedeutet … Also mein Norwegisch ist im Wesentlichen empirisch. Ich könnte auch sehr wenig norwegische Grammatik erklären und leide darum auch immer noch unter Komplexen. Was war für Sie bislang die größte über- setzerische Herausforderung? Ganz sicher Céline, der Narration, Roman- struktur, Erzählinstanz erneuert hat, vor allem aber den Sprachgebrauch. Bei ihm las- sen sich die verschiedensten Sprachniveaus finden, was für Muttersprachler bei der Lektüre zunächst verständlich scheint, beim genaueren Hinsehen aber oft kryptisch wirkt. Außerdem Tarjei Vesaas, ein Autor, der bei uns vollkommen vergessen war, und der seit 2017 international wieder verlegt und gelesen wird. Er ist ein Meister des Nicht- Sagens und der scheinbaren Einfachheit, aber in Wahrheit unglaublich komplex. Das Übersetzen seiner Texte verlangt eine große Disziplin, Zurückhaltung und hat ebenfalls ein ganz eigenes Vokabular. Ich will meinen ganzen vielen tollen Autoren und wenigen Autorinnen kein Unrecht tun, aber ich glaube, Vesaas ist mein Lieblingsautor, so schwer er auch zu übersetzen ist. Frühere Überset- zungen sind ausschmückend, erklärend und mit vielen Auslassungen oder reduzieren seine Texte zu einer Art Einfachen Sprache: Da steht immer nur ungefähr, was Vesaas sagt, aber nicht, wie er es sagt. Céline und Vesaas: also das größte Ekelpaket, das ich je übersetzt habe, und der allerliebenswer- teste Menschenfreund. Gibt es ein Buch, das Sie gern übersetzen würden? Ich bin in der herrlichen Situation, dass der Guggolz-Verlag mit Vesaas weitermacht. Ich habe jetzt ein Buch von ihm abgeschlossen, das kommt im März raus: »Frühjahrsnacht« zeigt die ganze Meisterschaft dieses Autors, und es gibt noch einige Bände, die gemacht werden sollten. Sie sind seit mehreren Jahrzehnten Über- setzer. Wie hat sich die Situation und Wahrnehmung von Übersetzerinnen und Übersetzern verändert? Zum Besseren, weil der von mir hoch ge- schätzte Übersetzerverband schon immer sehr aktiv daran gearbeitet hat und das bis heute tut. Der Punkt, an dem wir uns heute befinden, gibt Anlass zu sehr viel Klage und zu sehr viel Kritik, aber ich möchte zwei- erlei sagen: Erstens, als ich anfing zu über- setzen, war es ziemlich frisch, dass die Übersetzer:innen auf der Titelseite genannt wurden, und zweitens sagte Helmlé damals zu mir: »Mach keinen Vertrag ohne Beteili- gung!« Am Absatz und an den Nebenrech- ten als Übersetzer beteiligt zu sein war seiner- zeit eine Ausnahme, heutzutage ist es die Regel – auch wenn die Beteiligungen schlecht und die Seitenhonorare scheiße sind. Das hat sich trotzdem zum Guten geändert. Und ich glaube auch, dass insgesamt die Wahr- nehmung unserer Tätigkeit als eigenständige Sprachkunst gestiegen ist und die Wahr- nehmung von uns als Urheber:innen unserer Werke. Das sachliche Wissen um den recht- mäßigen juristischen Urheberstatus fehlte lange, und das hat sich sehr stark geändert – wie auch das Selbstverständnis in unserer Zunft: hin zum Professionelleren und dazu, den eigenen Status als Urheber:innen und die eigenen Aufgaben als Wirtschaftsbetrie- be besser wahrzunehmen. Es geht ja Hand in Hand: Die Öffentlichkeit kann nur jeman- den besser achten, der sich auch selbst besser achtet. In Rezensionen werden die Übersetzer:innen heute mehr genannt als früher, aber der stete Tropfen ist immer noch nötig, denn in Sachbuchrezensionen ist das zum Beispiel deutlich weniger der Fall als in der Belletristik, vollkommen unge- rechtfertigt. Insgesamt hat sich einiges zum Guten gewandelt. Aber unsere wirtschaft- liche Situation ist immer noch meilenweit davon entfernt, unsere Bedeutung für die Kulturwirtschaft widerzuspiegeln. Unser Bei- trag zur Verlagswirtschaft ist so viel größer als das, wie wir wirtschaftlich dastehen. Das ist immer noch vollkommen absurd. INTERVIEW: TÜNDE MALOMVÖLGYI, MITARBEIT: BENJAMIN HEINE ■ Termine mit Hinrich Schmidt-Henkel zur Leipziger Buchmesse: Lesung mit Tomas Espedal: 26.3., 19.30 Uhr, Haus des Buches und 27.3., 13 Uhr, Norwegen-Stand; Gespräch »Einen Nobelpreis- träger übersetzen«: 28.3., 11.30 Uhr, Norwegen-Stand; Gespräch »Norwegen als mehrsprachiges Land«: 28.3., 12 Uhr, Übersetz- erzentrum; Lesung mit Lars Mytting: 28.3., 22 Uhr, Schaubühne Lindenfels und 29.3., 14 Uhr, Norwegen-Stand 22 www.kreuzer-leipzig.de

Im Wechselbad des krisen­ geplagten Lebens Die Ambivalenzen der Moderne lassen Flüchtige Einblicke in die widersprüchlichen Welten zweier norwegischer Nobelpreisträger Nobelpreis ausgezeichnete Roman »Segen der Erde«, machten Hamsun zum Idol nach- folgender Größen wie Kafka, Hesse, Musil oder Hemingway. C O P Y R G H T I : I N A T O N A L I L B R A R Y O F N O R W A Y , A N D E R S B E E R W L S E I LOGBUCH | MAGAZIN sich ästhetisch wie biografisch beispiel- haft im kursorischen Vergleich der bekann- testen Vertreter der klassisch-modernen Li- teratur Norwegens begreifen: Knut Hamsun und Sigrid Undset, denen jeweils in den 1920ern die höchste literarische Auszeich- nung verliehen wurde. Aufgewachsen bei Verwandten in abge- legenen Ecken der norwegischen Provinz, war Knut Hamsun (1859–1952) wegen bitte- rer Armut schon als Kind gezwungen, sich zu verdingen. Mit unterschiedlichsten Ar- beiten ums Überleben kämpfend, durch- wanderte er Norwegen und andere Länder, versuchte sich dabei unter anderem in Oslo als Journalist und in Chicago als Straßen- bahnschaffner. Die Erfahrungen mit den ex- tremen Härten eines prekären Lebens als er- folgloser Schriftsteller verarbeitete Hamsun in dem 1890 erschienenen Roman »Hunger«, mit dem ihm der Durchbruch als internati- onal gefeierter Autor gelang. Die einschnei- denden existenziellen Nöte werden hier mit der modernen Erzähltechnik des Stream of Consciousness dargestellt. Der meisterhafte Einsatz dieser radikal neuen Form und an- schließende Werke, wie der 1920 mit dem Spendete den Großteil ihres Nobelpreisgeldes: Sigrid Undset F O T O : E M E S T R U D E Einen Großteil dieser Ehrfurcht zerstörte Hamsun jedoch in der anschließenden Zeit, als er sich schwerhörig lautstark für den Fa- schismus engagierte. Das Deutsche Reich schien ihm eine neue globale Gegenmacht gegen den britischen Imperialismus, der angeblich erdrückend auf neutralen Staaten wie Norwegen lastete. Obwohl er aus Über- zeugung sprach und den Nationalsozialis- mus auch nach dem Krieg noch öffentlich verteidigte, zeigen sich in seinem rechten Weltbild auch Grautöne. Der international gefeierte Autor, dessen Romane von Goeb- bels und Hitler hochgeachtet wurden, konn- te sich durch seinen Pakt mit dem Regime teilweise mit Erfolg zugunsten verurteilter Landsleute einsetzen. Der Führer gewährte ihm 1943 eine persönliche Audienz, bei der der 83-Jährige unnachgiebig die Ablösung des norwegischen Reichskommissars Josef Terboven aufgrund seiner brutalen Besat- zungspolitik forderte. Hamsun erreichte dieses Ziel nicht. Dass er – möglichweise, weil er Goebbels seine Nobelpreismedaille geschenkt hatte – ungestraft bei Hitler gegen dessen brutale Politik protestieren konnte, ist schon erstaunlich genug. Schließlich gab es wenige andere Künstler, die solch einen Frevel hätten ungestraft wagen können. Ge- rade die Intellektuellen mussten bekannt- lich schon beim leisesten Verdacht der Non- konformität fliehen, um Zuchthaus, KZ oder der sofortigen Ermordung zu entgehen. Eine von ihnen war die norwegische No- belpreisträgerin Sigrid Undset (1882–1949), die schon in den Dreißigern in der demo- kratischen Widerstandsbewegung gegen den europäischen Faschismus aktiv war und Norwegen mit Beginn der deutschen Be- satzung verließ. Auch Undset war nicht die klassische bürgerliche Intellektuelle, wenn sie auch bürgerlich war. Als Tochter eines Archäologen und einer Aquarellmalerin er- lebte sie in der Kindheit nach dem frühen Tod des Vaters den gesellschaftlichen Ab- sturz der Familie. Aus der Not heraus be- schloss sie mit 17, die Schule zu verlassen und als Sekretärin zu arbeiten, um die Fa- milie zu unterstützen. Obwohl an der Tätig- keit als »Bürosklavin« leidend, arbeitete sie nachts unermüdlich an ihren Texten, bis sie bald durch großes Talent und entschlosse- ne Standpunkte mit ihrem Werk und ihrer Persönlichkeit auf sich aufmerksam mach- Hamsun kam nach dem Zweiten Weltkrieg in die Psychiatrie te. »Ich habe meinen Mann betrogen« be- ginnt der 1907 veröffentlichte Roman »Frau Marta Oulie«, in dem sie das außereheliche Verhältnis einer unglücklich Verheirateten beschreibt. Aber es war nicht nur der fe- ministische Ton ihrer Prosa, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts skandalös war: Auch ihr öffentlicher Übertritt zum Katholizis- mus im rein protestantischen Norwegen erregte großes Aufsehen. Sozialkritischen Feminismus und katholische Frömmigkeit verschmolz Undset am deutlichsten in ihrer Romantrilogie »Kristin Lavranstochter«, für die sie 1928 als zweite Frau überhaupt mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. In der fiktiven Biografie einer gefallenen Edel- frau im 14. Jahrhundert wird ein schillern- des Landschafts- und Gesellschaftsbild des spätmittelalterlichen Norwegens gezeichnet, in dem die durch ihren exkommunizierten Ehemann entehrte Kristin von der Jugend bis ins hohe Alter an der Schande über sich selbst zu einer Heiligen hinauswächst. Der Roman zeichnet sich durch exakte histori- sche Kenntnisse und große realistische Be- schreibungen aus. Interessant ist, dass sich trotz des historischen Hintergrunds und seiner religiösen Thematik eine sehr per- sönliche Geschichte aus den Dynamiken der sozialen Beziehungen und Konflikte heraus entwickelt. Er ist somit gerade durch die realistischen Beschreibungen mittelalterli- cher Lebens-, Denk- und Verhaltensweisen in der politischen Konsequenz viel moder- ner als Hamsuns Schriften, in denen mit der radikalen existenziellen Verinnerlichung zwingender Not wie in »Hunger« oder der Blut-und-Boden-Romantik wie in »Segen der Erde« trotz einer viel moderneren Form inhaltlich häufig auf unpersönliche Kräfte rekurriert wird, deren dunkle und zerstöre- rische Energien wesentlich älter daherkom- men. THORSTEN BÜRGERMANN 24 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN F O T O : J O H A N N E S H O E L Z Eindruck hinterlassen. Zum anderen glauben wir daran, dass Bücher durch diese spezi- elle Art der medialen Auseinandersetzung wirklich etwas bewirken können – dadurch, dass ich zur Mitarbeit angehalten bin und die Bilder in meinem Kopf alle selbst entstehen müssen. Manche nennen das dann schnell engagierte Literatur. Bei uns geht es aber nicht zwangsläufi g um polithistorische Um- wälzungen, auch wenn die Bücher alle auf ihre Art den Finger in eine gesellschaft liche Wunde legen oder eine Hoff nung auf Ver- änderung enthalten. Sie haben alle ein Thema, aber das Thema wird nie so plakativ, dass die Literatur oder die Geschichte nicht mehr atmen kann. »Wir wollen Bücher machen, die sich trauen, intensiv zu sein« Der Münchner Kjona-Verlag über Bilder im Kopf und Emotionen beim Lesen Im November 2021 gründete Lars Claßen zusammen mit seinem Freund Flo Keck den Kjona-Verlag. Das Ziel: sowohl inhalt- lich als auch in der Produktion auf ökologi- sche und soziale Nachhaltigkeit setzen. Im Interview mit dem logbuch erzählt Claßen von einer Gründung in Krisenzeiten, die ohne Freundschaft nicht möglich gewesen wäre, und verrät, was der Verlag mit japani- schen Kleinwagen und der CSU zu tun hat. »Kleine Kratzer« von Jane Campbell haben Sie schon über 40.000 mal verkauft . Sie sind über einen New Yorker Lektor auf die Autorin gekommen, den Sie noch aus Ihrer früheren Verlagszeit kannten. Wie wichtig sind solche Kontakte, wenn es darum geht, die Titel fürs nächste Pro- gramm zu entdecken? Das ist schon wichtig. Ich akquiriere heute anders als zu meiner Zeit in den großen Verlagen und suche viel selbst, im Netz und in den Katalogen. Nicht jedes einzelne Buch kommt über so einen hot tip zu mir. Bei Jane Campbell war es so, auch bei Davide Coppo – »Der Morgen gehört uns« war im Herbst ein wichtiges Buch für uns. Und unseren Spitzentitel im Frühjahr, »The Bright Side«, haben wir ganz früh einge- kauft , da waren wir noch gar nicht gegründet. Ich weiß noch, wie ich da bei uns im Garten stand und mit der Agentur telefonierte. Den Titel hätten wir sicher nicht bekommen, wenn ich die Agentur nicht schon gut ge- kannt hätte. Also: Die Tipps sind wichtig, aber vor allem auch das Vertrauen in die Bücher. Haben Sie in Ihrer Zeit mit Kjona mal eine Überraschung mit einem Autor oder einer Autorin erlebt? Um noch mal auf Jane Campbell zurückzu- kommen: Sie ist unsere älteste Autorin, aber gleichzeitig auch die, die am schnells- ten auf E-Mails antwortet, das fi nde ich witzig. Und im Frühjahr hatte ich das Glück, mit Suzie Miller auf Lesereise zu sein, fünf Tage, vier Termine in Theatern. Das war crazy. Ich bin ja nicht erst seit drei Jahren in dieser Branche und habe schon mehrere Lesereisen mitgemacht. Aber als wir zum Beispiel bei der Lit Cologne 900 Menschen im Saal hatten, bei einer unbekannten Autorin, und es am Ende Standing Ovations gab – das war schon krass, damit kannst du nicht rechnen. Es gehört zu Ihrer Überzeugung als Verlag, Bücher zu machen, die nachhaltig Be- stand haben. Was bedeutet das für Sie? Zum einen wollen wir Bücher machen, die sich trauen, intensiv zu sein. Das heißt na- türlich, dass sie dich anfassen und beschäf- tigen, dass sie auch mal an unangenehme Punkte oder eigene Erfahrungen rühren. Das möchten wir der Literatur zugestehen. Deshalb suchen wir explizit nach emotional intensiven Lektüren, die einen bleibenden Alles an Ihren Büchern ist rückstandsfrei recyclebar. Was war zuerst da: der inhalt- liche Kurs oder die Absicht, Bücher mög- lichst nachhaltig zu produzieren? Die Liebe zu Büchern steht bei Flo und mir am Anfang von allem. Auch unabhängig von Kjona, wir haben uns ja durch einen Ver- lag kennengelernt. Wenn es diese Liebe nicht gäbe, hätten wir gar nicht über einen eigenen Verlag nachgedacht. Im ersten Lockdown haben wir uns viel über Arbeit und Familie ausgetauscht. Wir arbeiten gern und sehen das als etwas Sinnstift endes an, aber wir haben viele Herausforderungen gesehen, die wir in diesen Gesprächen zu Chancen umgemünzt haben. Drei Kernpro- bleme wollten wir auf jeden Fall lösen: Wir wollten einen Weg für wirklich nachhaltige Buchproduktion fi nden, unsere Autorinnen und Autoren alle über Branchenstandard fair und gleichberechtigt beteiligen und den Verlag in Teilzeit gründen und führen. Aus diesen Faktoren ist die Struktur des Verlags entstanden. Wie haben Sie das Thema Nachhaltigkeit im Verlagswesen vor Kjona erlebt? Der Fairness halber muss ich sagen: Es gab zwar viele pains, die ich in meiner gesam- ten Zeit in verschiedenen Verlagen gespürt habe – das waren eher so kulturindustrielle, also Kunst und Kommerz etc. Es ist nicht so, dass ich 17 Jahre lang darunter gelitten hätte, dass die Verlage nicht nachhaltig genug sind. Ich sage immer: Wir sind nicht seit 25 Jah- ren Klimaaktivisten. Ich will uns da nicht besser machen, als wir sind. Aber wenn man sich ein bisschen mit dem Thema beschäf- tigt, dann stellt man fest, dass eigentlich nichts gemacht wird. Dass der Schritt, die Folie wegzulassen, so eine große Aufmerk- samkeit bekommen hat, sagt eigentlich alles. Das war die größte Nachhaltigkeitsaktion des Buchmarktes. Auf dem Buchmarkt gelten wir, glaube ich, ein bisschen als die Radikalen. Aber in der Start-up-Commu- nity sind wir die CSU mit dem, was wir machen. Also in der sozial-ökologischen Start-up-Community. 26 www.kreuzer-leipzig.de

Schrift steller, Moralist, überzeugter Demokrat George Orwell wird 1903 als Eric Arthur Zum 75. Todestag: George Orwell ist nach wie vor aktuell Blair geboren, 1950 stirbt der Schrift - steller, Essayist und Sozialist, der auch Apologet eines freien Europas war, Kämpfer gegen jegliche politische und menschliche Unterdrückung. Bekannt ist er vor allem als Autor der Fabel »Animal Farm« und der Dys- topie »1984«. and Out in Paris and London«, für das er erstmals das Pseudonym George Orwell ver- wendet. Im Spanischen Bürgerkrieg kämpft er in der Internationalen Brigade für ein freies und sozialistisches Spanien; »Homage to Catalonia« schildert seine Erfahrungen. Während des Zweiten Weltkriegs zeigt Or- well seine patriotische Seite. Da er aus ge- sundheitlichen Gründen untauglich für den Militärdienst ist, engagiert er sich als Pub- lizist in der BBC. Als Kriegsberichterstatter ist er auch in Deutschland und erlebt dort den 8. Mai 1945. Er argumentiert gegen eine Bestrafung Deutschlands und für die Wie- dereinführung der Bürgerrechte. LOGBUCH | MAGAZIN F O T O : I W K M E D A I I Wurde zeitweilig vom Geheimdienst überwacht: George Orwell ANZEIGE Nachdem er seinen Dienst in der briti- schen Kolonialpolizei in Burma beendet hat, lebt er einige Zeit in Paris und London von Gelegenheitsarbeiten. Davon zeugt »Down Seine fi ktionalisierte Gesellschaft skritik in »Animal Farm: A Fairy Story« ist eine Abrechnung mit dem Sowjetsystem und ein Plädoyer für das Ideal eines demokrati- schen Sozialismus. Einige Phrasen sind im Alltag gebräuchlich geblieben, zum Beispiel »Einige sind gleicher als andere«. Dass der Anführer der Schweine Napoleon heißt, ist vielleicht eine typisch englische Pointe. Auf Jura vor der Westküste Schottlands schreibt er die Dystopie »1984«. Der totale Überwa- chungsstaat und Winston Smiths Gehirnwä- sche sind heute keine Fiktion mehr. Durch »Newspeak« werden »alternative Wahrhei- ten« und »fake news« verbreitet. Der totali- täre Staat, gleichgültig ob faschistisch oder kommunistisch, unterdrückt den liberalen Ansatz. Beide Texte zeigen Orwells Verur- teilung der Diktatur Stalins und schließlich jeder Art von Totalitarismus. In der ersten Hälft e des 20. Jahrhunderts veranlasst die Weltlage viele Schrift steller, sich politisch zu engagieren. Orwell vertritt diese Einstellung in seinem Essay »Inside the Whale«. Sein Ansatz ist eher moralisch als ideologisch, er schreibt als überzeugter Demokrat und Sozialist, als engagierter Kri- tiker von Imperialismus und Totalitarismus. Dazu kommt der Glaube an ein geeintes Europa, basierend auf sozialistisch-demo- kratischen Werten. Sein klarer, eher um- gangssprachlicher Stil macht seine Texte bis heute einem breiten Publikum zugänglich. JOACHIM SCHWEND 28 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN F O T O : I J U L A C M A F I I E J E V A »Wenn ich übersetzt werde, ist meine Mission als Schriftsteller erfüllt« Alhierd Bacharevič und sein Übersetzer Thomas Weiler im Gespräch Der diesjährige Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung geht an den belarussischen Schriftsteller Alhierd Bacharevič für seinen gewaltigen Roman »Europas Hunde«, erschienen 2024, sieben Jahre nach der Originalausgabe, beim Verlag Voland & Quist in der kongenialen – und bereits mit dem Paul-Celan-Preis ausge- zeichneten – Übersetzung von Thomas Wei- ler. Anfang Januar sprachen wir über dieses wuchtige und gewichtige Buch, die Lage in Belarus und die Kunst des Übersetzens. Bu samoje! Es ist vermutlich kein Zufall, dass wir unser Gespräch ausgerechnet heute am Internationalen Balbuta-Tag führen. Balbuta, eine Sprache, die in »Europas Hunde« eine große Rolle spielt. Was ist das für eine Sprache und wie kam sie ins Buch? BACHAREVIČ: Ja, herzlichen Glückwunsch zum Internationalen Balbuta-Tag, am 10. Ja- nuar feiert die Sprache ihren achten Geburts- tag. Ich habe sie damals in Visby in Schwe- den erfunden, im Roman erfindet sie der Protago nist Oleg Olegowitsch, der eine ge- heime Sprache nur für sich selbst haben will. Belarus ist ein mehrsprachiges Land. Das Russische ist die Sprache des Staates, der Bürokratie und ein Erbe der Sowjetunion, das Belarussische wiederum bedeutet sehr viel für die nationale Identität und hat fast schon etwas Sakrales. Oleg Olegowitsch braucht eine neugeborene Sprache, eine Sprache der Freiheit – und schafft eine sprachliche Utopie. Zuerst spricht nur er Bal- buta, doch dann teilt er die Sprache mit anderen und begeht damit einen fatalen Feh- ler, der katastrophale Folgen hat. Thomas Weiler, Sie haben dem Roman ein Glossar mit Wörterbuch und Grammatik von Balbuta beigelegt. Ist es nicht ein Ver- rat an der geheimen Sprache, wenn sie jetzt jeder lernen kann? WEILER: Ich glaube nicht. Im Original ist es genau so, nicht als Einleger, sondern als Anhang im Buch, und die Grammatik selbst wird ja auch im Text eingeführt. BACHAREVIČ: … und Balbuta lebt heute in drei Dimensionen: einmal im Roman, einmal als ein sprachliches Experiment im realen Leben und einmal als ein spannendes Spiel. WEILER: Mir war wichtig, die Balbuta-Stellen im Original zu belassen. Das ist zum Bei- spiel in der russischen Übersetzung anders, da gab es andere Ansichten dazu, was den Lesern zuzumuten ist. Alhierd Bacharevič, Ihr Buch ist das erste belletristische Werk, das in Belarus 2022 als extremistisch eingestuft, verboten und sogar unter der Erde verbuddelt wurde … BACHAREVIČ: Mittlerweile sind zwei Roma- ne von mir als extremistisch eingestuft, neben »Europas Hunde« auch »Das letzte Buch von Herrn A.« (deutsch: Edition Foto- Tapeta, 2023; Anm. d. Red.), aber tatsächlich sind alle meine Bücher in Belarus verboten und wurden aus Bibliotheken und Buch- handlungen entfernt. Ich lebe seit fast fünf Jahren im Exil, und in- zwischen ist die Liste der extremistischen Werke viel länger geworden. Sie umfasst vor allem Sachbücher, aber es gibt auch einen Lyrikband und mehrere Prosabücher, dar- unter auch Klassiker. Mein Verleger Andrej Januškievič, der in Minsk eine unabhängige Buchhandlung hatte, wurde wegen meines Buchs 2021 verhaftet und verbrachte 28 Tage im Gefängnis. Jetzt lebt er in Warschau und verlegt belarussische Bücher für die Dia- spora. Unsere Leserschaft lebt heute zum großen Teil im Exil. Der Roman ist im Original bereits 2017 erschienen, was ihm aus heutiger Pers- pektive eine fast erschreckend prophe- tische Lesart verleiht – er thematisiert unter anderem den Krieg und das russische Reich. Wie war die Rezeption in Belarus? BACHAREVIČ: Es gab tatsächlich viel Be- geisterung bei der Leserschaft. Der Roman war in der belarussischen Literatur etwas Neues. Wir leben in der Zeit von Messengern und kurzen Texten, nicht in der Zeit großer Romane. 2019 kam der Roman auf Russisch heraus, dort war die Rezeption extrem ge- spalten. Ich bekam viel Ärger von den russischen Nationalisten, aber die liberalen Intellektuellen waren begeistert und der Roman stand sogar auf der Shortlist des wichtigsten Preises »Bolschaja Kniga« (als ers- tes nichtrussisches Buch überhaupt; Anm. d. Red.). Erst jetzt in Deutschland ist die Rezep- tion so, wie ich sie mir immer gewünscht habe – viele kluge, ausführliche Besprechun- gen. Bei den sogenannten kleinen Sprachen ist es üblich, dass die Übersetzenden zu- gleich als Scouts für ihre Autorinnen und Autoren fungieren. Wie war das in diesem Fall? Wie kamen die Hunde ins Deutsche? WEILER: Der Weg war nicht sehr geradlinig. Ich habe das Buch relativ früh gelesen. Mei- ne erste Bacharevič-Übersetzung habe ich 2010 veröffentlicht und seitdem verfolge ich, was Alhierd schreibt. Ich habe natürlich mitbekommen, welche Bedeutung dieser Roman hat, was er für ein Ereignis war, und wollte ihn unbedingt ins Deutsche bringen. Aber ich wusste auch, dass es schwierig sein wird, für so ein Projekt einen Verlag zu fin- 30 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN bei mir bedankt, dass sie mit dem Roman diese Spaziergänge durch Minsk machen können. Ich träume schon lange davon, Minsk so in die Weltliteratur einzuschreiben, wie es James Joyce mit Dublin gemacht hat. Joyce ist für mich überhaupt eine sehr wichtige Figur, sein Porträt hängt, ganz altmodisch, über meinen Schreibtisch. Ich hoffe, dass irgendwann ein kommender Leser, der vielleicht noch gar nicht geboren ist, mit diesem Roman meine Heimatstadt erforschen wird. Dass Minsk so Literatur- geschichte bleibt, meine Heimatstadt hat es verdient. Minsk ist seltsam, gefährlich, ein- zigartig – wie jede Stadt –, aber es hat eine besondere Atmosphäre: eine ganz spezielle Sehnsucht. Ein bisschen wie die Istanbul- Sehnsucht bei Orhan Pamuk. Aber so viel Schmerz wie in Minsk gibt es nirgendwo. Sie wurden beide für »Europas Hunde« ausgezeichnet: Alhierd Bacharevič mit dem Buchpreis zur Europäischen Verständi- gung, Thomas Weiler mit dem Paul-Celan- Preis. Was bedeuten die Auszeichnungen für Sie und Ihre Arbeit? WEILER: Mir bedeutet es sehr viel, weil es eine große Auszeichnung ist, vergeben von einer Jury, in der lauter verdiente Kolleginnen und Kollegen sitzen, die wissen, wovon sie sprechen. Es bedeutet mir auch sehr viel, dass mir der Preis insbesondere für dieses Buch verliehen wurde. Es ist die Überset- zung, die mich am meisten gekostet hat, in die am meisten reingeflossen ist. Außerdem trägt der Preis dazu bei, dass Interesse an diesem Roman entsteht. Das wird durch den Leipziger Buchpreis noch mehr fokussiert. Ich habe mich über diese Auszeichnung rie- sig gefreut, weil es gerade in Belarus nicht möglich ist, den Roman zu würdigen. Dass es hier eine Jury gibt, die erkennt, was dieser Text für einen Wert hat und ihn auch würdigt, das ist etwas ganz Besonderes. Und für mich ist es noch mal schöner, dass das in Leipzig stattfindet. BACHAREVIČ: Ich freue mich auch sehr über den Preis für Thomas, für seine gran- diose Arbeit. Und was die Leipziger Auszeich- nung für mich persönlich bedeutet? Mein Traum war es immer, vor allem gelesen zu werden. Das fehlte mir und vielen meiner belarussischen Kollegen. Und ich denke, die- ser Preis ist in diesem Sinne. Ich hoffe, aufmerksam, von klugen Augen gelesen zu werden. Ich bin der erste belarussischspra- chige Autor, der mit diesem Preis geehrt wird und das ist auch für die belarussische Lite- ratur sehr wichtig. Es macht meine Sprache, meine Kultur sichtbarer. Belarus ist Europa – das ist meine Botschaft und dieser Preis ist eine kleine Bestätigung dafür. INTERVIEW: MARTINA LISA F O T O : I P R V A T Erhalten den Förderpreis: Angelika und Bernd Erhard Fischer 25. Geburtstag Seit einem Vierteljahrhundert gibt es die Kurt-Wolff-Stiftung. Dieses Jahr zeichnet sie die Verlage Theater der Zeit und A B Fischer aus Der Verlag Theater der Zeit erhält den Kurt-Wolff-Preis 2025. Da- mit zeichnet das Kuratorium der Kurt-Wolff-Stiftung einen der wenigen Verlage in Europa aus, die sich ausschließlich Theaterthe- men widmen. Theater der Zeit deckt mit seinen Büchern und Zeit- schriften alle Sparten der darstellenden Kunst ab: Schauspiel, Per- formance, Figuren- und Objekttheater, Zirkus, Tanz, Kinder- und Jugendtheater sowie Musiktheater. Vor allem zum internationalen Gegenwartstheater erscheinen wissenschaftliche und essayistische Titel, Dramensammlungen, Bildbände, Handbücher und Ausbil- dungsbücher. Die Stiftung hebt Werke »von und über Autoren wie Heiner Müller, Einar Schleef und Thomas Brasch« hervor und be- tont die »brillante« Reihe »Recherchen«. Es war 1946, als Theater der Zeit als »Blatt für Bühne, Film und Musik« in Berlin gegründet wur- de und bis zum Mauerfall als Theaterzeitschrift des Ostens fungier- te. Seit 1996 umfasst das Programm auch Bücher – bisher sind circa 500 Titel erschienen. In einem Statement zur Preisvergabe schreibt Geschäftsführer Paul Tischler: »Theater ist überlebensnotwendig! Als kollektive Kunstform schafft sie Gemeinschaft, die wir in der heutigen Zeit mehr denn je benötigen. In unserer verlegerischen Tä- tigkeit interessiert uns, neben seinen vielfältigen Ausdrucksformen, besonders das Theater als politischer Ort, der durch seine Fähigkeit, gesellschaftliche Konflikte und Machtverhältnisse zu hinterfragen, als Forum für politischen Diskurs fungiert.« Der Kurt-Wolff-Preis ist mit 35.000 Euro dotiert. Den mit 15.000 Euro dotierten Kurt-Wolff-Förderpreis erhält die Edition A B Fischer, 2003 von der Fotografin Angelika Fischer und dem Autor und Buchgestalter Bernd Erhard Fischer in Berlin gegrün- det. Deutschlandweit bekannt wurde der Verlag über die Reihe »Men- schen und Orte«, die am jeweiligen Lebensort berühmter Autorinnen und Künstler kompakt, aber literarisch anspruchsvoll an deren Le- ben erinnert. Parallel zu diesen und anderen Reihentiteln pflegt der Verlag ein »ausgesuchtes Belletristikprogramm«, wie es bei der Kurt- Wolff-Stiftung heißt. Die Kurt-Wolff-Stiftung wurde im Oktober 2000 von unabhängi- gen Verlegerinnen und Verlegern sowie dem damaligen Kulturstaats- minister Michael Naumann gegründet und feiert somit in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Mit ihrer Unterstützung unabhängiger Verlage setzt sich die Stiftung für eine vielfältige Verlags- und Litera- turlandschaft ein und knüpft Netzwerke zwischen Verlagen, Kultur- schaffenden und Schreibenden im In- und Ausland. ALEXANDRA HUTH ■ Preisverleihung an beide Verlage: 28.3., Forum Die Unabhängigen auf der Leipziger Buchmesse ■ www.kurt-wolff-stiftung.de, www.tdz.de, www.edition-abfischer.de 32 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN Emmie Arbel in »Die Farbe der Erinnerung« Aus »Gerne würdest du allen so viel sagen« Geschichtscomics von rechts? Ein kalter Herbsttag in Nemmersdorf, Rechte Akteure in Sachsen wollen sich den Geschichtscomic aneignen, ihr Ziel: revisionistische Inhalte spannend aufb ereiten mitten im Oktober 1944: Rund zwei Dutzend Dorfb ewohnerinnen und -bewoh- ner packen eilig ihre Sachen zusammen, sie wollen sich vor dem nahenden Überfall der Roten Armee in Sicherheit bringen. Doch dann: Schüsse und lautes Geschrei. Plötz- lich walzen russische Panzer den Flücht- lingstreck nieder: Alte, Kinder und Frauen. Erbarmungslos erschießen sie die Männer, dann stürzen sie sich auf die Frauen. Es sind schreckliche Szenen, die der Geschichtsco- mic »Oktober 44: Die Befreiung von Nem- mersdorf« zeigt. Den Autoren Michael Schä- fer, Markus Pruss und Paul Freytag zufolge handelt es sich um die verdrängten Erlebnis- se »unserer Großeltern- und Urgroßelternge- neration« – historisch genau geschildert. Immer häufi ger widmen sich Comic- schaff ende der Darstellung »authentischer« oder »wahrer« Geschichten, die vermehrt Eingang in den Geschichtsunterricht fi n- den. Eine gute Idee, denn die Heft e bieten einen spannenden Zugang zu historischen Themen. Doch auch rechte Akteure setzen seit einigen Jahren auf diesen Trend. Sie versuchen, sich den Geschichtscomic zu ei- gen zu machen, als erinnerungspolitisches Medium. Wie etwa der 2020 in Dresden gegründete und vom ehemaligen NPD-Mit- glied Martin Schäfer geleitete Verlag Hydra- Comics. Die Autoren des Verlags haben sich der neurechten Strategie des »Kampfs um die Köpfe« verschrieben. Sie produzieren ei- genständig Comics oder verlegen solche, die sich mit der Verlagsvision decken. Das Ziel: rechtes Gedankengut spannend oder humo- ristisch aufb ereiten. Immer wieder tauchen darunter auch Comics mit einem explizit geschichtsvermittelnden Anspruch auf, die unter dem Reiter Vergessene Geschichte vertrieben werden. Ein Beispiel ist der oben genannte, 2023 veröff entlichte, revisionis- tische Comic »Oktober 44: Die Befreiung von Nemmersdorf«. Die Autoren erzählen darin von den titelgebenden Ereignissen im Verlauf des Zweiten Weltkrieges. Während der kurzzeitigen Besetzung durch die Rote Armee starben im heutigen Majakowskoje/ Kaliningrad etwa 23 bis 30 Menschen. Auf der Verlagswebsite schreiben die Autoren des Heft s, dass sie mit ihrem Comic versu- chen würden, »neueste wissenschaft liche Erkenntnisse und Popkultur zu kombinie- ren«. Zusätzlich zum Comic gebe es im Band einen ausführlichen Redaktionsteil, in dem der Autor Markus Pruss, »ein studierter His- toriker, seine Forschungsergebnisse samt Quellen präsentiert«. Ein genauer Blick ins Werk off enbart allerdings schnell, dass es sich keineswegs um eine professionelle wissenschaft liche Auseinandersetzung mit den Ereignissen in Nemmersdorf handelt. Pruss und der Zeichner Paul Freytag übernehmen Quel- len aus der NS-Zeitung Völkischer Beobachter, ohne diese zu kontextualisieren, erklären die Schilderungen von Wehrmachtsoffi zie- ren und Volkssturmmännern für wahr und bauen diese eins zu eins in die Comicerzäh- lung ein. Auch dass die Nationalsozialisten die Ereignisse in Nemmersdorf für ihre Gräuelpropagandakampagnen instrumenta- lisierten, hinterfragen sie nicht. Kein Wun- der, schließlich geht es dem Verlag nicht um eine wissenschaft liche Auseinandersetzung mit den tradierten Quellen. Hydra-Comics will extrem rechte Ideologie verbreiten und 34 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN F O T O : I M A U R C E H A A S Sucht nicht, sondern findet: Verleger Daniel Kampa Freundliche Übernahme Mangels Alternativen arbeiten viele Indie-Verlegerinnen und -Verleger weit über die Alters- und Kraftgrenze hinaus – wer sein Lebensprojekt in andere Hände geben, also verkaufen will, braucht einen Plan, Geduld und gute Nerven Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist«, heißt es in Giuseppe Tomasi di Lampedusas Ro- man »Der Leopard«, »muss alles sich ändern«. Des- halb texten sich Frank Böttcher und Roman Pliske in den weitläufigen Räumen des Mitteldeutschen Verlags (MDV) in Halle gerade durch einen Besprechungsmara- thon. Böttcher hat seinen seit 29 Jahren im Prenzlauer Berg ansässigen Lukas-Verlag an Pliske verkauft; zuvor musste der Einzelunternehmer sein Haus in eine GmbH umwandeln. Mit dem Eigentümerwechsel sind viele juristische und buchhaltungstechnische Implikationen verbunden, ganz trivial ist die Sache nicht. »Wir werden das fummeln«, sagt Böttcher, »aber momentan rauscht mir der Kopf.« Ab Januar agiert das alt-neue Unterneh- men, juristisch eigenständig, unterm Dach des MDV. In der Berliner Kollwitzstraße wird Frank Böttcher noch ein paar Jährchen als Programmleiter fungieren, auch sein Kollege Alexander Dowe bleibt an Bord. Pressear- beit, Marketing und Vertrieb übernehmen die Hallenser. »Leicht wird’s nicht«, sagt Böttcher, »aber wir schaffen das. Es ist großes Vertrauen da.« Lässt sich ein Lebensprojekt, in dem Herzblut ohne Ende steckt, unter anderen Eigentümern fortsetzen? Anders als manche seiner Indie-Kollegen, die den Ein- druck vermitteln, dereinst in den Sielen sterben zu müs- sen, hat sich Frank Böttcher, Jahrgang 1960, schon früh mit dem heiklen Thema beschäftigt. »Der Wert eines Verlags bemisst sich nicht darin, was er Ihnen, sondern was er dem potenziellen Käufer wert ist«, lautete der Kernsatz, den Böttcher bei einem Seminar des Berlin- Brandenburger Börsenvereins mitnahm. Damals war auch Christoph Links dabei, dessen Verlag dann Ende 2018 unter das Dach der Aufbau-Gruppe rückte. In der Branche wurde das als Glücksfall gelesen – noch sechs bis zehn Jahre früher galt ein Verkauf als durchaus re- alistische Exit-Strategie für Indies. Waren es da vor al- lem Konzerne, die sich eine frische Blume ans Revers stecken, ein wenig Hipness einkaufen wollten, sind in letzter Zeit kleinere oder mittlere unabhängige Verlage als Käufer aufgetreten – Daniel Kampa etwa übernahm Jung und Jung sowie Schöffling ( Januar 2022), Dörle- mann ( Juni 2024) und den AT Verlag ( Januar 2025), C. H. Beck den Zürcher Unionsverlag ( Januar 2023), Weidle ist seit Januar 2024 Imprint des Göttinger Wallstein-Ver- lags. »Wir sind ja eher anti-hip«, grinst Frank Böttcher. Also: Eher schlechte Karten für einen Verkauf? »Ich bin nicht wie der Bär um den Honigtopf um Lu- kas herumgegangen«, gesteht Roman Pliske. Seinen Mit- teldeutschen Verlag als »breit aufgestellt« zu bezeich- nen, ist beinahe eine Untertreibung: Neben Segmenten, die sich, wie Reise oder Literatur, schwertun, bilden Sach- und Fachbuch stabile Säulen. »Wir sind stark in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, so wie Lukas in Berlin und Brandenburg. Dazu gibt es fast kein Buch bei Lukas, das ich nicht gern selber gemacht hätte.« Neben gegenseitiger Sympathie halfen Böttchers offenbar rea- listische Preisvorstellungen. »Er hat nicht gefragt, was mir der Verlag wert ist«, erinnert sich Pliske, »sondern was er haben will.« Vor zwanzig Jahren war ein Jahres- umsatz keine seltene Hausnummer. Doch während da- mals anständige Gewinne eingefahren wurden, steht heute auch mal die schwarze Null oder gar ein Minus. Zahlen wollen beide nicht nennen, doch am Ende muss man sich bei einem guten Jahresgewinn getroffen haben. Frank Böttcher, der immerhin 29 Jahre von seinem Ver- lag lebte, erklärt, warum er nicht aufs Ganze gegangen ist: »Es soll ja weitergehen! Und da ich noch weiter für den Verlag arbeiten werde, habe ich ein originäres Inte- 36 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN Dezember 2018 wurde die Ch. Links Verlag GmbH Teil der Aufbau-Verlagsgruppe, der 64-jährige Links blieb angestellter Geschäftsführer. 2020, Ch. Links war inzwi- schen ins Aufbau-Haus am Moritzplatz gezogen, kam es zur Verschmelzung der beiden Firmen. Christoph Links schied aus und übergab das operative Geschäft an den bisherigen Programmleiter Christof Blome. So weit, so gut. Was bleibt, ist ein unkalkulierbares Restrisiko, das der Verlagshistoriker Links nüchtern beschreibt: »Wenn es eines Tages dem Mutterschiff nicht so gut geht, können auch die Beiboote ins Schlingern kom- men.« Als Aufbau in nach-pandemischen Zeiten auf die Bremse trat, stand das Imprint Ch. Links ohne eigene Programmleitung und Vorschau da, die Anzahl der Ti- tel wurde deutlich nach unten korrigiert – obwohl man kostendeckend produziert und keine Verluste gemacht hatte. Inzwischen hat die Südkoreanerin Han Kang den Literaturnobelpreis bekommen, ihr neuer Roman »Un- möglicher Abschied« ist im Dezember 2024 bei Aufbau erschienen. Mit Heide Kloth hat das Haus, das in die- sem Jahr seinen 80. Geburtstag feiern wird, nun auch wieder eine Verlegerin. Christoph Links, am Spielfeld- rand wie Urs Fischer bei Union, hofft das Beste, weiß aber auch: »Wenn du ein kleineres Unternehmen an ein großes gibst, bist du an dessen Entwicklung gekoppelt. Wie das ausgeht, kannst du nicht beeinflussen.« Los- lassen können, heißt das Zauberwort, schon klar. Doch Links weiß: »Das muss man lernen. Sonst schlägt es dir auf den Magen.« Im Übernahme-Vertrag wurde festge- schrieben, dass das Label Ch. Links sieben Jahre erhal- ten bleibt – bis Ende 2025. Wie die Markenstrategie der neuen Führungsriege aussieht, wird sich zeigen. »Ich suche nicht, ich finde.« Keinen Geringeren als Picasso zitierte Daniel Kampa, als er im Sommer 2024 den Zürcher Verlag von Sabine Dörlemann unter sein Dach holte – und vom Branchenmagazin Börsenblatt ge- fragt wurde, warum nun, nach dem Kauf von Jung und Jung (Salzburg) und Schöffling (Frankfurt) Ende 2021 und Anfang 2022 der »richtige Zeitpunkt« für weiteres Wachstum sei. Tatsächlich war, wieder einmal, die Gele- F O T O : I N L S K A H L E F E N D T Frank Böttcher (l.) hat seinen Lukas-Verlag an Roman Pliske (r.) und den Mitteldeutschen Verlag verkauft, Alexander Dowe (M.) bleibt Lukas-Mitarbeiter genheit günstig, obwohl Daniel Kampa erst 2018 seinen eigenen Verlag in Zürich gegründet hatte. Zuvor war er Verleger bei Hoffmann und Campe (Hamburg); bei Dio- genes (Zürich) betreute er unter anderem das Werk von Georges Simenon – so erfolgreich, dass die Erben ihm die Rechte des Krimi-Autors anvertrauten. Was also trieb Kampa, seit mehreren Jahren einen ganzen Strauß klangvollster Adressen in Deutschland, Österreich und der Schweiz einzusammeln? »Dahinter steckt keine Strategie«, sagt Daniel Kampa. »Die Eigentümer haben sich zurückgezogen und einen Nachfolger gesucht.« Pa- rallel verfestigte sich in Zeiten, wo der »Vertrieb wichti- ger und teurer denn je« sei, die Überzeugung, dass sich kleinere Verlage zusammen organisieren, sich Vertrieb, Netzwerkpflege und Lizenzgeschäft teilen müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. »Wir müssen im Backoffice genauso professionell arbeiten wie die Großen, pflegen aber gleichzeitig einen sehr persönlichen Kontakt zu Autoren und Buchhandel. Dieses Dilemma kann man nur auflösen, wenn man im Hintergrund kooperiert.« Backoffice-Synergien auf der einen Seite, während die Programmhoheit andererseits weiterhin dezentral, bei den zugekauften Häusern liegt: Bei Jung und Jung hat der langjährige Lektor Günther Eisenhuber den Hut auf, das Schöffling-Programm gestalten Regina Roßbach und Philipp Werner, der den Verlag gemeinsam mit Silke Tab- bert leitet; bei Dörlemann hat im Dezember Christina Müller übernommen, die zuvor acht Jahre lang Belle- tristik- und Sachbuch-Lektorin bei Reclam in Ditzingen war. Während in der Buchbranche also weiterhin das Gespenst der Konzentration umgeht, entwickelt Kampa die Gegenidee eines »hierarchiefreien Netzwerks«, einer »Armada der Kleinverlage« (SZ). Man soll niemals nie sagen, aber: Nachdem Kampa zum ersten Januar den AT-Verlag (Aarau) übernommen hat, der in der Schweiz Marktführer in den Segmenten Kochen und Naturheilkunde ist, sollten bei den Zür- chern in nächster Zeit keine weiteren Verlage auf dem Einkaufszettel stehen. Viel wichtiger ist es Kampa, die Stärken der im November 2022 gegründeten Vertriebs- kooperation Liberté auszuspielen. Im Namen trifft das lateinische Wort liber – Buch – auf die französische Frei- heit. Vertriebskooperationen wie Artfolio, Aurora, Indie- Kids oder Buchkoop Konterbande sind in der Branche durchaus üblich. Liberté beinhaltet einen gebündelten Vorschauversand, gemeinsame Auslieferungen und Er- scheinungstermine sowie gemeinsame Messeauftritte und Verlagspräsentationen. Liberté steht auch anderen Indie-Verlagen offen – so sind seit Kurzem Kanon (Ber- lin) und Thiele (Wien/Köln) mit im Boot. »Damit sind wir schon relativ nah an der idealen Größe«, sagt Kam- pa. Neben Atlantis würde eine Ergänzung im Bereich Kinderbuch gut passen. »Wir wollen aber nicht zu groß werden, schließlich sollen unsere Vertreter die Bücher ja noch anschauen und lesen können. Es geht um die Inhalte!« Befürchtungen, dass gerade bei den übernom- menen literarischen Verlagen Jung und Jung, Schöffling und Dörlemann Dinge wegfallen könnten, wenn die Zei- ten noch härter werden sollten, tritt Daniel Kampa ent- gegen: Mit einer Angebotspalette, die von avancierter Literatur bis zu Unterhaltung, Sachbuch und Brot-und- Butter-Artikeln wie Schöfflings »Literarischem Katzen- kalender« reicht, sei man »sehr gut aufgestellt«. Nicht um schiere Größe oder Wachstum gehe es, sondern um eine Bündelung der Kräfte – um Zukunftssicherung. NILS KAHLEFENDT 38 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | MAGAZIN Nackte Füße im Blumenbeet, große Pläne im Kopf Jona Krützfeld vom Leipziger Akono-Verlag über Auszeichnungen, Demokratie und erotische Gedichte über Jesus F O T O : M A R C E L N O A C K Seit 2020 betreibt Jona Krützfeld in Leip- zig den Akono-Verlag für zeitgenössi- sche Prosa und Lyrik aus afrikanischen Län- dern und der Diaspora. In dieser kurzen Zeit wurde Akono bereits mit dem Sächsischen Verlagspreis (2022) und zuletzt in Frankfurt/ Main mit dem Deutschen Verlagspreis als ei- ner der drei Spitzenpreisträger ausgezeich- net. Im Vorfeld der Leipziger Buchmesse sprachen wir mit Jona Krützfeld über die Be- deutung der Auszeichnungen, die Lage der kleinen Verlage und ihre großen Pläne. Nach der Messe ist vor der Messe. In Frank- furt/Main wurde Ihr Verlag mit dem Deutschen Verlagspreis ausgezeichnet – mit 50.000 Euro Preisgeld. Was ist von dem Geld noch da? Der Großteil ist noch da. Ich war erst mal im Schock, nachdem ich diesen Preis bekom- men hatte. Denn viele Jahre hieß es nur, afrikanische Literatur sei ein nettes Nischen- projekt, aber nichts weiter. Deswegen habe ich mich sehr gefreut, den Verlagspreis zu gewinnen und dann noch den Hauptpreis – das war unglaublich! Ich habe angefangen, Pläne zu schmieden, aber ich gebe nicht alles auf einmal aus. In den letzten vier Jahren habe ich ordentlich auf die Tube gedrückt und sehr viel gearbeitet. Ich freue mich, wenn etwas Ruhe reinkommt und Geld für bestimmte Dinge da ist, wie für das Steuer- büro, das ich mir jetzt leiste. Es wird sehr oft betont, wie wichtig die kleinen Verlage für Diversität und Demo- kratie sind – so auch in der Rede von Claudia Roth bei der Preisverleihung. Zugleich ringen viele ums Überleben oder hören ganz auf. Wäre eine strukturelle Verlagsförderung die Lösung? Sie würde den Verlagen die Arbeit auf jeden Fall wesentlich erleichtern und den Kopf frei machen. Ich weiß, dass existenzielle Ängste wirklich an einem nagen können und die Arbeit verschlechtern. Die Ampelre- gierung hat die Förderung geprüft und abge- lehnt. Ich würde es mir natürlich wünschen, weil Verlage schwierig platziert sind: Bücher sind zum einem ein Produkt, zum anderen aber auch Kulturgut. Die internationalen, emanzipatorisch aufgestellten Ver-lage, was sehr oft Indie-Verlage sind, haben es sehr schwer zu überleben – man hat keine große Marge beim Verkauf und kann den Preis auch nicht beliebig hochsetzen, Bücher sol- len ja für alle erschwinglich bleiben. Ich sehe es ähnlich wie bei den Theatern, die ohne Subventionen nicht überleben können. Es werden immer große Worte ge-schwun- gen, wie wichtig die Arbeit für die Demokra- tie ist, aber diese Arbeit ist nicht umsonst, da muss man auch was investieren. Wie blicken Sie persönlich als Verlegerin auf die kommenden Jahre? Ich freue mich auf die vielen schönen Buch- projekte, die in Planung sind. Und darüber, dass Akono jetzt wirklich langsam ange- kommen ist als Anlaufstelle, als Netzwerk für afrikanische Künstlerinnen und Künst- ler in Deutschland. Zum Beispiel kommt im Frühjahr Welcome Mandla Lishiva ans Leipzig International Art Programm (LIA) in die Spinnerei, und wir machen in Koopera- tion zur Buchmesse einige Veranstaltungen. Diese Vernetzungsrolle von Akono wächst wirklich. Welche Rolle hat Leipzig als Standort für Ihren Verlag? Ich pendle zwischen Berlin und Leipzig. Vom Verlegen kann man ja nicht leben, ich ar- beite zur Hälfte für den Friedenspreis beim Börsenverein in Berlin. Aber das Zuhause von Akono ist und bleibt Leipzig. Akono ist in Leipzig geboren und gehört nach Leipzig – wie viele Manuskripte ich schon in meinem Schrebergarten gelesen habe, mit den Füßen im Blumenbeet! Und man braucht so etwas in Sachsen, eine Art Tür in die Welt. Der Sächsische Verlagspreis vor zwei Jahren war auch eine schöne Anerkennung. Aber manchmal wünsche ich mir noch mehr Offenheit seitens der Stadt für Akonos The- men und Projekte. Bei kleinen Verlagen ist der Vertrieb oft ein großes Problem. Wie kommen Ihre Bücher zu den Leserinnen und Lesern? Auf zwei Wegen: Ich leiste mir seit zwei Jahren eine Auslieferung, das ist eine große Erleichterung. Gleichzeitig habe ich an drei Orten ein Lager für Bücher, die über den Webshop bestellt werden, und die verschi- cke ich selbst. Der Vertrieb ist immer noch die schwächste Stelle, auch weil ich nur eine Person auf halber Stelle bin. Vieles läuft über Direktmarketing, Lesungen sind sehr wichtig. Ich bemühe mich jetzt darum, eine Buchhandelsvertretung zu finden. Dabei hat der Verlagspreis auch viel geholfen. Da wären wir wieder bei der Buchmesse … Mit welchen Büchern präsentiert sich Akono in Leipzig? Zur Messe kommt ein neuer Roman von Yewande Omotoso mit dem Titel »Bom Boy«. Das ist schon der zweite Roman dieser Autorin bei Akono, er wird wieder vom Leip- ziger Übersetzer Thomas Brückner über- setzt. Eine tolle Coming-of-Age-Geschichte über einen Jungen, der sich einsam fühlt und zu ungewöhnlichen Methoden greift, um sich mit anderen zu verbinden. Und dann ein Memoir, eine Art erzählende Biografie von dem bereits erwähnten Autor und Journalisten Welcome Mandla Lishiva über das Aufwachsen im Township und Gewalt an Frauen; seine Mutter wurde von ihrem Partner ermordet. Es geht also um Femizid, aber auch um soziale Strukturen im Town- ship. Gibt es ein Buch aus Ihrem Programm, das man unbedingt gelesen haben sollte? Man sollte natürlich alle lesen! Aber wenn ich ein Buch empfehlen kann, dann den Lyrikband von Kopano Maroga »Die Jesus- these und andere kritische Fabulationen«, der ist zweisprachig in der genialen Über- setzung von Ralph Tharayil erschienen. Das sind die Texte, mit denen ich stundenlang wie gefesselt im Blumenbeet stand, als ich sie gelesen habe. Erotische Gedichte, die sich als kritische Fabulation aus der queeren Perspektive mit dem Leben von Jesus von Nazareth beschäftigen – ein ästhetischer Hochgenuss mit großem Tiefgang. INTERVIEW: MARTINA LISA ■ www.akono.de 40 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Rezensionen Belletristik Romantisches Drama um eine schwierige Beziehung Mary Shelleys zweiter Roman wurde erst 1959 zum ersten Mal publiziert – vielleicht war das Thema zu brisant Mathilda ist eine junge, von der Schwindsucht öde irgendwo in der nordenglischen Heide zurück, »eine totengleiche Einsamkeit«. gezeichnete Frau, die, dem Tod nahe, ihr kur- zes und wechselvolles Leben aufschreibt. Der Roman spielt im Adelsmilieu in England und Schottland um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Mathildas Mutter stirbt bei ihrer Geburt, ihr Vater macht die Tochter für den Tod verantwortlich und verlässt sie aus Schmerz über seinen Verlust: »Er weigerte sich, mich zu sehen.« Er geht allein auf Reisen: »Ich werde ein Nomadenleben führen, als Wanderer meiner Stra- ße ziehen, einsam und ohne Gruß.« Mathilda wächst bei einer Tante in Schottland auf, wo sie wenig Liebe erfährt, aber in der Natur um Loch Lomond und spä- ter in Büchern eine erfüllende Zuflucht findet. Nach sechzehn Jahren kehrt ihr Vater zurück, es kommt zur Wiedervereinigung von Vater und Toch- ter und ihr Leben ist von nun an wie ein »mannig- faltiger Fluss, der durch eine fruchtbare, großartige Landschaft floss, die sich dauernd änderte, ohne je an Schönheit zu verlieren«. Doch diese Zeit endet durch den Suizid ihres Vaters und Mathilda, wieder allein, verfällt in tiefe Melancholie. Sie zieht sich in die Ein- Shelleys Roman ist die tragische Lebensgeschichte einer jungen Frau, mit all ihren Höhen und Tiefen. Im Hintergrund stehen die Themen Inzest und Suizid, die in der Zeit und den Künstlerkreisen um Mary Shel- ley aktuell waren. Sie schreibt diese Geschichte – Au- tobiografie oder Schlüsselroman? – in der poetischen und bilderreichen Sprache der Romantik. Der Roman ist auch ein Zeichen der Zeit. Für die und für ihren Va- ter, William Godwin, der eine Art Verlegerfunktion für sie hatte, war das Buch möglicherweise zu brisant, so dass es erstmals 139 Jahre nach seiner Entstehung und 108 Jahre nach Shelleys Tod erschien. Sehr hilfreich ist übrigens das Nachwort des Übersetzers mit biografi- schen Daten zur Autorin. JOACHIM SCHWEND ■ Mary Shelley: Mathilda. Aus dem Englischen und mit einem Nachwort von Stefan Weidle. Bielefeld: Pendragon 2025. 156 S., 22 € »Nur Einsamkeit gab es für eine wie mich, deren unaussprechliche Trauer sie von allen Menschen abschnitt.« – aus »Mathilda« Endstation Selbstreflexion »In einem Zug« von Daniel Glattauer verdeutlicht die Probleme eines alternden Schriftstellers Man sollte nicht zu post-postmodern sein und jede Verbindung von literarischem Ich und rea- lem Autor ausblenden, sagte meine Literaturdozentin einmal. Wenn also die Figur im Roman ein berühmter österreichischer Autor ist, der für seine »Liebesroma- ne« bekannt ist und Daniel Glattauer ein berühmter Wiener Autor ist, der für seine Romane bekannt ist, die von Liebe handeln, dann liegt es nahe, dass viel von Daniel Glattauer in der Figur des Eduard Brün- hofer zu finden ist. Dieser bespricht auf der Fahrt von Wien nach München seine Schreib- und Beziehungs- probleme mit einer zufälligen Reisebekanntschaft, einer Frau »frühen mittleren Alters« namens Catrin. Das ist durchaus spannend, weil auch wir nur durch die Antworten, die Eduard seinem Gegenüber gibt, die Figur kennenlernen. So erfahren wir viel über die Tücken und Vorzüge einer heteronormativen mono- gamen Langzeitbeziehung. Leider konzentriert sich nicht nur das Gespräch der beiden auf die Beziehung Männlein-Weiblein, auch beide Figuren verkörpern ziemliche Klischeebilder klassischer Gendernormen. Die Frage, woher Catrin denn wisse, wie Eduards Frau denken würde, beantwortet diese mit »Weil ich eine Frau bin«. Eduard gibt sich daraufhin geschlagen, er sei dem Argument »als Mann im Augenblick nicht ge- wachsen«. Dass es schwierig ist, auf Kommando lustig zu sein, reflektiert Eduard an anderer Stelle und zeigt damit eine weitere Verbindung zu Glattauer: Auch seine kleinen Witzchen regen zwar an mancher Stelle zum Schmunzeln an, kommen aber selten hinaus über die Vorstellung von alten missmutigen Männern und energischen Frauen, die, wie man so sagt, mitten im Leben stehen. Lesenswert ist das Ganze, wenn man sich zu einer dieser Gruppen zählt. ALEXANDER BÖHLE ■ Daniel Glattauer: In einem Zug. Köln: Dumont 2025. 208 S., 23 € »Entschuldigung, ist bei Ihnen noch ein Platz frei?« »Ja, es sind sogar zwei Plätze frei, denn ich gehe«, würde ich darauf gern antworten.« – aus »In einem Zug« 42 www.kreuzer-leipzig.de www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Wenn Täter Opfer sind und Opfer Täter werden In »Dunkle Momente« zeigt Elisa Hoven, wie schwierig es sein kann, Recht und Unrecht unterscheiden zu wollen Eine Schrift stellerin, die für Erfolg mordet. Ein Chirurg, der über Leben und Tod entscheiden will. Und eine junge Frau, die gerne ins Gefängnis möchte. Diese und andere besondere Schicksale ver- tritt die Strafverteidigerin Eva Herbergen vor Gericht. Dabei überschreitet sie manch legale oder moralische Grenzen, über die sich wohl andere Anwälte nicht wa- gen würden, um ihre Mandanten vor schlimmen oder sogar ungerechten Strafen zu bewahren. Sie erzählt von neun Fällen, die sie am meisten geprägt haben und dazu brachten, ihren Beruf aufzugeben. Elisa Hoven ist Professorin für Strafrecht an der Universität Leipzig. Seit Juni 2020 ist sie außerdem Richterin am Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen. Nach verschiedenen Sachbüchern und Ko- lumnen bringt Hoven nun ihr erstes eigenes belletris- tisches Werk hervor. Es entwirrt nicht nur das kom- plexe Rechtssystem in Deutschland, sondern reißt auch emotional mit. In »Dunkle Momente« kreiert Hoven eine Geschichte, die von Anfang an fesselt und die Lesenden bis zum Schluss nicht aus ihren Fängen gibt. Ob abstruse Urteile, erschreckende Taten oder düstere Geheimnisse – nicht eine Zeile ist enttäu- schend. Hoven lässt grausame Verbrechen durch die Augen der Täter und Täterinnen sowie die der Vertei- digerin hinter diesen erleben. Überraschend ist hier, dass nicht alle Fälle ethisch so leicht zu verurteilen sind, wie es in den Medien oft erscheint. Mit ihrem Talent, raffi nierte und atemberaubende Sätze zu konstruieren, beweist Hoven ihre schrift stel- lerische Genialität, mit der sie die Realität glaubhaft und bildhaft einfängt. Somit lädt die Autorin dazu ein, gemeinsam mit ihrer Protagonistin zu staunen, zu verzweifeln und Gänsehaut-Momente zu erleben. JOHANNA KLIMA ■ Elisa Hoven: Dunkle Momente. Frankfurt/Main: S. Fischer 2025. 336 S., 22 € Eine freiwillige große Liebe Hannes Köhler taucht in »Zehn Bilder einer Liebe« ein ins Zusammenleben eines Paares Luisa und David sind ein Liebespaar, eines, das sich jeden Tag füreinander entscheidet. Mit den beiden erleben die Leserinnen und Leser zehn le- benstiefe Episoden, die an ihrer Liebe rütteln. Hin- eingeschleudert in den in zwei Perspektiven erzählten Roman, lernen wir Luisa und David mit ihrem Kin- derwunsch, den dazugehörigen Verfahren und emo- tionalen Herausforderungen kennen. Elf Jahre zuvor nahm ihre Liebe auf einer griechischen Insel ihren Anfang. Sieben Jahren später begegnen sie sich auf der Einweihungsfeier von Davids Werft wieder. Diesmal erwächst ein gemeinsames Leben aus der Wiederbe- gegnung. Ronya, Luisas Tochter, wird in den gemein- samen Jahren auch zu Davids Tochter. Der Wunsch nach einem weiteren Kind belastet beide und erzeugt geknitterte Emotionen, die die Leichtigkeit, Selbstsi- cherheit und das eigenständige Handeln vom Anfang aufsaugen. Doch stets fi nden sie sich wieder: auf der Beerdigungsfeier von ihrer Mutter bei Luisas Ex-Part- ner, beim Tod und der Beerdigung von seinen Eltern in Athen, wo »sie aus dieser Verknalltheit des Anfangs in etwas anderes, Ernsthaft eres gerutscht« waren, im gemeinsamen Wohnen mit »Chaos, Lärm, Liebe und Geschrei«, bei einer Fehlgeburt und der Aufgabe des Kinderwunschs, um sich wieder fi nden zu können. In liebevoll-zärtlichem Ton, mit wenig Personal, erzählt Hannes Köhler eine nicht-chronologische Liebesge- schichte unserer Gegenwart, die selten von Glück und Euphorie, jedoch auch nicht von Bequemlichkeit und Gewöhnung getragen wird, sondern durch ein tägli- ches Ja zueinander. SUSE SCHRÖDER ■ Hannes Köhler: Zehn Bilder einer Liebe. Frankfurt/Main: Frankfurter Verlags- anstalt 2025. 224 S., 24 € Die Macht der Worte Ivy Compton-Burnett s nüchterner Blick auf die spätviktorianische Gesellschaft Ein Haus und seine Hüter« von Ivy Compton-Bur- nett stammt aus dem Jahr 1935 und erscheint in der Übersetzung von Gregor Hens erstmals auf Deutsch. Schauplatz ist ein Landsitz im spätviktorianischen England, den die Protagonisten nur selten verlassen. Eine Welt außerhalb der dörfl ichen Gemeinschaft scheint in diesem kammerspielartigen Roman nicht zu existieren. Compton-Burnett entwirft das Porträt einer wohlhabenden und patriarchalen Familie. Die Hand- lung ist geprägt von ziellosen Personen, von Intrigen und Missgunst: ein tyrannischer Vater, der plötzliche Tod der Mutter, die zu schnell durch eine neue Frau ersetzt wird, die bald nach der Geburt eines Kindes, das dem Neff en der Familie sehr ähnelt, wieder ver- schwindet, um alsbald eine weitere Nachfolgerin zu haben, Tod eines Kindes, Heirat innerhalb der Familie und immer wieder die schnelle Rückkehr zur Norma- lität. Und das alles ohne wirkliche Zuneigung zueinan- der. Trotz der zahlreichen Wendungen des Buches will die Handlung nicht recht in Schwung kommen. Dies mag am Schreibstil von Compton-Burnett liegen, der Aufmerksamkeit beim Lesen fordert. Statt auf erzähle- rische Beschreibungen zu setzen, enthüllt die Autorin die Handlung einzig durch den Schlagabtausch ihrer Figuren. Bei den seitenlangen Dialogen muss man enorme Kraft aufb ringen, um durchzuhalten, gerade auch, weil die Figuren distanziert angelegt sind und es dem geneigten Leser schwerfällt, mit ihnen zu fühlen. Gibt man den Dialogen eine Chance, verbergen sich hinter aller Oberfl ächlichkeit ironische Kommentare, subtile Drohungen oder unausgesprochene Wahrhei- ten. Compton-Burnetts präzise Sprache und die schar- fe Beobachtung menschlicher Schwächen verleihen dem Buch durchaus eine zeitlose Relevanz. MANJA REINHARDT ■ Ivy Compton-Burnett: Ein Haus und seine Hüter. Aus dem Englischen von Gre- gor Hens und mit einem Vorwort von Hilary Mantel. Berlin: Die Andere Bibliothek 2024. 372 S., 48 € 44 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Realität oder Magie? Daniel Kehlmanns »Beerholms Vorstellung« von 1997 ist nun neu aufgelegt Kehlmanns Erzählung ist Arthur Beerholms »lan- ge und verwirrte Rückschau auf mein kurzes und verwirrtes Leben«. Aber ist sie wirklich die Biografi e Beerholms, Genie in Mathematik und Physik? Sie beginnt mit seinen ersten Erfahrungen als Baby und kleiner Junge, der bei seinen Adoptiveltern ein behü- tetes Zuhause fi ndet, bis seine Adoptivmutter beim Wäscheaufh ängen vom Blitz erschlagen wird, sozusa- gen aus heiterem Himmel. Er wird auf ein Internat in die Schweiz geschickt, »ins Land der Gletscher, Uh- ren und Taschenmesser«. Arthur beginnt mit Karten- tricks zu experimentieren, aber entscheidet sich für ein Studium der katholischen Theologie, in der Hoff - nung, eine Antwort zu fi nden auf die Frage, ob seine Adoptivmutter das Opfer eines Zufalls wurde oder ob ein »gelangweilter Gott hatte Zielschießen an ihr ge- übt.« Er bricht das Studium ab und wird nach weite- ren Fehlstarts Zauberlehrling eines berühmten Magi- ers. Er hat große Erfolge, bis er auch diesen Abschnitt seines Lebens mitten in einer Vorstellung beendet. Er fl ieht in ein Kloster und hier reift der Gedanke für sein Ende, das vielleicht doch auch wieder ein Neuanfang sein kann. In Kehlmanns vertrauter Sprachgewalt durchzieht das ganze Buch die zentrale Frage: Was ist Illusion, was erzählte Realität? Der keltische Zauberer Merlin und seine Geliebte Nimue spielen eine zentrale Rol- le. Der unzuverlässige Ich-Erzähler Beerholm richtet sein Manuskript an eine Frau, wobei nicht sicher ist, ob sie es je lesen wird. »Oder warst du doch nicht mei- ne Schöpfung; warst du Zufall durch und durch, ein fremdes Weltkind«. Im Nachwort macht Kehlmann ein paar persönliche Andeutungen. Aber was soll der Leser oder die Leserin von der Erzählung halten? Ist sie eine Autobiografi e oder nur die »Vorstellung« ei- nes Zauberers? Ein Buch, das man am liebsten noch mal von vorne lesen möchte. JOACHIM SCHWEND ■ Daniel Kehlmann: Beerholms Vorstellung. Überarbeitete Version mit einem Nachwort des Autors. Wien: Zsolnay 2025. 240 S., 25 € »Das Leben, und nicht der Tod, ist das Unvernünft igste; und nichts in der Welt ist erschreckender als reines, todloses Leben.« – aus »Beerholms Vorstellung« Der Schnee deckt alles zu Han Kangs Ich-Erzählung »Unmöglicher Abschied« blickt zurück auf dunkle Tage in Koreas Geschichte und fordert dazu auf, Erinnerungen zu bewahren Zwei Freundinnen verlieren sich nach Jahren ge- meinsamer Arbeit aus den Augen, dann meldet sich Inseon unerwartet bei Gyeongha, der Erzählerin, sie möge ins Krankenhaus in Seoul kommen. Inseon hat sich zwei Finger ihrer rechten Hand abgesägt und Gyeongha soll sich um den Papagei in ihrem Haus auf der Insel Jeju kümmern. Gyeongha ist »diejenige, die keinen Job mehr hatte, keine Familie und keinen Sinn im Leben«. Als sie während eines Schneesturms in dem Haus ankommt, ist der Papagei schon tot. In dem dunklen und kalten Haus ohne Strom hat sie Wahn- vorstellungen: Inseon ist plötzlich auch da, ihre Hand ist unversehrt, alle zehn Finger ohne Wundmale. Ge- meinsam blicken sie anhand von Zeitungsausschnit- ten und Briefen von Inseons Mutter in die Vergangen- heit der Familie und in Erinnerungen: an die brutale Geschichte Südkoreas in den späten Vierzigern, wäh- rend des Koreakriegs und bis in die sechziger Jahre mit Verfolgungen, Massenhinrichtungen und -verhaf- tungen durch Rechtsextremisten. Die »Operation der verbrannten Erde« brachte Massengräber in den Ber- gen und in alten stillgelegten Bergwerken. Hinter diesen Ereignissen steht Gyeonghas düste- rer »Traum von den schwarzen Bäumen«, die vielleicht Grabmale auf einem Hügel bilden. Die Freundinnen planten ein »gemeinsames Projekt, einen Hügel mit schwarzen Baumstämmen zu bedecken und dann den Schneefall zu fi lmen«. Titel des Denkmals: »Unmögli- cher Abschied«. Gyeongha hatte den Plan schon auf- gegeben, Inseon hingegen hat in ihrer Tischlerei rund hundert Baumstämme vorbereitet. Der Roman ist erzähltechnisch eine interessante und anspruchsvolle Geschichte, in der sich erzählte Realität, Erinnerungen und Wachträume im Delirium vermischen. Eines ist sicher: Ein Abschied von Erin- nerungen ist nicht möglich. JOACHIM SCHWEND ■ Han Kang: Unmöglicher Abschied. Aus dem Koreanischen von Ki-Hyang Lee. Berlin: Aufbau 2024. 315 S., 24 € »Wenn ihre Seele gekommen ist, mich zu besuchen, bin ich am Leben; ist jedoch sie am Leben, dann bin ich als Seele hier.« – aus »Unmöglicher Abschied« 46 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Nachwehen eines Raubzugs »Unentdeckt« zeigt, wie tief die Narben kolonialer Gewalt sitzen können In ihrem autobiografischen Roman »Unentdeckt« nimmt Gabriela Wiener uns mit in die Vergangen- heit, sowohl in ihre eigene als auch in die ihres Urur- großvaters. Kaum einer kennt noch die Geschichten der Ururgroßeltern, außer sie bringen 4.000 Objekte aus Peru nach Europa und lassen Frau und Kind zu- rück. Charles Wiener, ein jüdisch-österreichischer Forscher, lebt nicht nur durch den Nachnamen sei- ner peruanischen Ururenkelin weiter, sondern auch in präkolumbianischen Ausstellungen weltweit. Der Roman zeigt, wie es das eigene Leben beeinflusst, von Räubern und Beraubten gleichermaßen abzu- stammen. Gabriela lebt mit ihrem Partner und ihrer Partnerin in Madrid, wo sie gemeinsam ihre Tochter großziehen. Zur Beerdigung ihres Vaters reist sie zurück nach Peru und ist dort das erste Mal seit Langem wieder dem ganzen Wissen und Unwissen ihrer Familiengeschich- te ausgesetzt. Warum trug ihr Vater manchmal eine Augenklappe und wie eng ist ihr Nachname wirklich mit dem Forscher Charles Wiener verknüpft? Neben den familienhistorischen Fragen beschäftigt sich Ga- briela auch mit sich selbst. Sie erforscht ihr Aussehen, ihre Sexualität, ihre Ängste und findet immer wieder Parallelen oder Antworten in ihrer Familie. Der Ro- man lässt uns die Geschichte unserer Vorfahren und unsere koloniale Vergangenheit hinterfragen. Es sind Lücken geblieben, die auch Generationen später spür- bar sind. Gabriela Wiener zeigt schonungslos ehrlich, wie es ist, auf beiden Seiten zu stehen. Ohne Scham of- fenbart sie intimste Details und ihre verletzliche Sei- te. Mit klarer Sprache zieht sich ihre Meinung durch das Buch und schließt so zumindest ein paar Lücken. HANNAH KATTANEK ■ Gabriela Wiener: Unentdeckt. Aus dem Spanischen von Friederike Criegern. Berlin: Kanon 2025. 192 S., 22 € Die Feindin auf meiner Couch Morgan Dick legt eine liebevoll-böse Familienaufstellung vor Die Kanadierin Morgan Dick zeigt in ihrem Roman- debüt, wie man aus zwei herausfordernden er- zählerischen Ingredienzien einen dramatischen und lebensklugen Pageturner mixen kann. Bei ihr sind das erstens »zwei komplexe Frauen mit toxischem fa- miliärem Hintergrund« und zweitens »ein gemeinsa- mer therapeutischer Parforceritt«. Die Ausgangslage könnte heikler nicht sein: Beide Heldinnen stehen an einer biografischen Abbruchkante. Die Vorschulleh- rerin Mickey verliert gerade ihren geliebten Job und hat ein Alkoholproblem, die Psychotherapeutin Arlo hat den Selbstmord einer ihrer Patientinnen noch nicht verwunden. Was sie verbindet, wovon sie aber zunächst nicht wissen, ist ein gemeinsamer Vater. Er hat Mickey, seiner Tochter aus erster Ehe, ein stattli- ches Vermögen unter der Bedingung vererbt, dass sie sieben Therapiesitzungen durchsteht. Und Arlo, die Enterbte, wird ihre Therapeutin. Und als wäre diese vom Vater – in besserer Absicht, als man ihm zutraut – erzwungene Familienaufstellung nicht gefahrgeneigt genug, mischen noch Arlos übergriffige Supervisorin und der Testamentsvollstrecker mit, dessen anwalt- liche Unabhängigkeit von beiden Schwestern auf schwere Proben gestellt wird. Das klingt nach Kollisionskurs mit Kollateralscha- den. Wie Mickey und Arlo an ihre existenziellen Gren- zen geführt werden, zueinander und schließlich auch zu sich finden, erzählt Morgan Dick aus zwischen bei- den wechselnder Perspektive. Dies gelingt ihr mit so viel Sinn für Spannungsbögen und Situationskomik, mit bösem Humor und voller Achtung vor der inne- ren Kraft ihrer Figuren, dass Leserin und Leser das Buch bis zum Ende aller Therapien nicht zur Seite legen werden. HARTMUT MANGOLD ■ Morgan Dick: Mickey und Arlo. Zwei Schwestern. Sieben Therapiestunden. Ein Problem. Aus dem Englischen von Wibke Kuhn. München: Hanserblau 2025. 416 S., 23 € Mit Anto und Jara durch den Alltag straucheln Mascha Unterlehbergs Debüt »Wenn wir lächeln« knallt Anto interessiert sich für Jara und Jara gefällt das. Anto klaut Klamotten, Lebensmittel und Schmin- ke und bringt das Jara bei. In knappen, dichten Ka- piteln erzählt »Wenn wir lächeln« von einer destruk- tiven Freundschaft zwischen zwei Mädchen, die sich der Männlichkeit von Welt stellt: Anto ist härter und stärker als alle. Dass Anto sich alles leisten kann, findet Jara heraus, als ihre Freundschaft Kratzer be- kommt: »Dass ausgerechnet sie mir erklärt hat, wie man Fairtrade-Papaya klaut. Als hätte sie nicht sowie- so den ganzen Kühlschrank voll davon.« Zunehmend geht Anto Risiken ein, mit Gefahr für Leib und Leben. An einem Abend, an dem sie mit Baseballschlägern um die Häuser ziehen, springt sie von einer Brücke. Jara wartet, zögert. Ihre Angst und Unsicherheit auf der einen, Antos Grenzüberschreitung und Destruk- tivität auf der anderen Seite sorgen für Spannung und rahmen die retrospektiven Episoden, in denen die Freundschaft aufblitzt. Als Jara aufs Gymnasium wechselt, entfernt sie sich von Anto, möchte sie nicht dabeihaben, wenn sie sich mit den Jungs aus ihrer Klasse trifft. Sie brau- chen einander nicht und brauchen einander doch. Sie sind sich nah und lassen gleichzeitig keine Nähe zu. Über Verletzungen und Krankenhausaufenthalte bin- det Anto Jara an sich. Jara hält zu ihr und möchte sie gleichzeitig loswerden. Dass die Jungs eine Wette auf Jara laufen haben, erfährt sie zufällig. Sie rast vor Wut, es kommt zur Eskalation. In treffender, präziser Spra- che, mit keinem Wort zu viel, lesen wir von Jaras und Antos Zurichtung hin zu einer Form von Weiblichkeit und von ihrer Gegenwehr. SUSE SCHRÖDER ■ Mascha Unterlehberg: Wenn wir lächeln. Köln: Dumont 2025. 256 S., 23 € 48 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Sie hatte hier doch alles Susanne Gregor untersucht in »Halbe Leben« ein von feinen Dissonanzen geprägtes Arbeitsverhältnis, das mit einer Katastrophe endet Dass jede unglückliche Familie auf ihre eigene Art unglücklich ist, wissen wir nicht erst seit Tols- toi. Susanne Gregor könnte auch die langweiligen, glücklichen Familien beschreiben und ich würde ihre Bücher trotzdem lesen, so einen Sog entwickelt ihre Sprache, so exquisit platziert sie ihre Worte, die oft von einer dunklen Schönheit sind und mühelos zwi- schen den Perspektiven ihrer Figuren wechseln. In »Halbe Leben« betreten wir gemeinsam mit der Pfle- gerin Paulína das Haus der Architektin Klara, die dort mit Mann, Tochter und ihrer hilfsbedürftigen Mutter Irene lebt. Paulína, eine Slowakin, wird eingestellt, damit sich jemand um Irene kümmert und Klara in Ruhe ihrer Karriere nachgehen und ein paar Stunden am Tag Frau, Mutter und Tochter sein kann, ohne dass es ihr über den Kopf wächst. Paulína wohnt alle zwei Wochen bei der Familie, während ihre beiden Söhne zu Hause ihr immer mehr entgleiten. Ein guter Roman benennt seine großen Themen nicht, sondern bringt sie in den Alltäglichkeiten zum Vorschein, die seine Seiten füllen. Susanne Gregor gelingt genau das meisterhaft. Es geht um das Zu- rechtkommen in einer Welt, in der die einen nicht wahrnehmen wollen, dass ihre Art zu leben eine Gleichbehandlung der anderen unmöglich macht. Es geht um Abhängigkeiten, um Schuld gegenüber der eigenen Familie und der fremden, die man ir- gendwann viel zu gut kennt. Es geht um Zeit und wo Paulína sie verbringt, verbringen muss, während sie ihre Söhne ernährt, die ihr bald nichts mehr erzäh- len wollen. Und vor allem geht es um eine Reihe von Unstimmigkeiten zwischen zwei Frauen, die einander nicht verstehen können, weil sie getrennt sind durch eine Gesellschaft, die der einen alles verspricht und der anderen alles abverlangt. ALEXANDRA HUTH ■ Susanne Gregor: Halbe Leben. Wien: Zsolnay 2025. 189 S., 23 € Jugend im Rausch Aria Abers Prosadebüt erzählt von einem Jahr im Rausch Nila ist 19 und fühlt zu viel, sucht in den Clubs Ber- lins nach Betäubung, nach Abstand zur Armut und Zerrissenheit ihres Aufwachsens in einer afgha- nischen Familie und zu der seit dem Tod ihrer Mutter verwahrlosten Wohnung in dem Hochhauskomplex, wo der Aufzug nach Urin stinkt und der strenge Vater in Traurigkeit versinkt. Auf der Tanzfläche des »Bun- kers«, in dem sich unschwer das Berghain wiederer- kennen lässt, trifft Nila bald auf den sehr viel älteren Schriftsteller Marlowe, der sie in seinen Bann zieht – und sehenden Auges in eine intensive, bald toxische Beziehung. Die in Deutschland aufgewachsene, in Los Angeles lebende Autorin Aria Aber erzählt in ihrem Prosa- debüt »Good Girl« von einem Jahr im Rausch, von Drogenexzessen in Toilettenkabinen, endlosen After- Hours, aber auch von der Suche nach künstlerischem Ausdruck und von Identitätskonflikten, dem Rassis- mus, der Nila direkt oder indirekt – etwa im Erleben der Mordserie des NSU – entgegenschlägt. Man merkt der Autorin den lyrischen Hintergrund an, wenn sie wort- und bildgewaltig vom Alltag ihrer Protagonistin erzählt, sie aber auch abtauchen lässt in Erinnerungen an ihre Kindheit und an ihre tote Mutter, der, als ehe- maliger Aktivistin, die politischen Ideale irgendwann in den Jahren nach der Flucht verloren gingen. Manch- mal schrammt Abers an Metaphern reiche Sprache nur knapp am Kitsch vorbei, manchmal lässt sich Nilas Anziehung zu Marlowe, der mehr Karikatur als Figur bleibt, schwer nachvollziehen. Das nimmt man gerne hin, so sinnlich und rauschhaft ist das Leseerlebnis. Und so groß die Sympathie für diese Protagonistin, die sich, Kafka zitierend, fragt: »Die ungeheure Welt, die ich im Kopf habe. Aber wie mich befreien und sie be- freien, ohne zu zerreißen.« EVA BURMEISTER ■ Aria Aber: Good Girl. Berlin: Claassen 2025. 400 S., 25 € Bären und Menschen – eine schwierige Koexistenz Clara Arnauds Ökothriller beschreibt das problematische Zusammenleben von Mensch und Natur Drei verschiedene Individuen aus zwei Epochen machen ihre Erfahrungen mit einer Bärin in den französischen Pyrenäen – um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert und in der Gegenwart: Jules, der Bären- führer, wandert im ausgehenden 19. Jahrhundert von seinem Heimatdorf als Schausteller durch Europa und Amerika, »ein kleiner Mann und sein Tier, ein quasi un- zertrennliches Paar«. Etwas über 100 Jahre später stehen der Schäfer Gaspard und die Ethologin Alma, die »Bä- renfrau«, im Mittelpunkt. Bären und ihre Beziehung zu Menschen spielen erneut eine zentrale Rolle. Nachdem sie in der Gegend ausgerottet waren, wurden sie wieder angesiedelt, zum Missfallen vieler Bewohner des Tals, vor allem der Schäfer. Die Ethologin möchte als Wissen- schaftlerin möglichst viel über Bären und insbesondere die eine Bärin im Tal, »La Negra«, herausfinden. Die Stimmung im Tal richtet sich gegen diese spezielle Bä- rin, nicht zuletzt nach einem erneuten Zwischenfall. Der Roman schildert das Verhältnis dreier Menschen zu Bären und das Verhältnis zur Wiederansiedlung ausgestorbener Arten ganz allgemein. Dabei spielen auch die persönlichen Schicksale der drei eine wich- tige Rolle. Probleme aus der Vergangenheit und deren Auswirkungen auf die Gegenwart verfolgen alle. Durch die Erzählperspektive werden viele frühere Ereignisse langsam aufgeklärt, so dass sich das gegenwärtige Ver- halten durch Vergangenes erklärt. Es gelingt der Auto- rin auf diese Art und Weise, eine doppelte Spannung aufzubauen: Wie entwickelt sich die jeweilige Gegen- wart, und warum reagieren die Menschen – und die Bären – so, wie sie reagieren? Die alles beherrschen- den Probleme des Klimawandels dominieren das Ge- schehen. Wie lassen sich Natur und persönliche Inte- ressen der Menschen vereinbaren? JOACHIM SCHWEND ■ Clara Arnaud: Im Tal der Bärin. Aus dem Französischen von Sophie Beese. München: Antje Kunstmann 2025. 325 S., 26 € 50 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Moral als Illusion Rufi Thorpe entfaltet in »Only Margo« die Vielschichtigkeit moralischer Grenzen Kann es das Gute auch ohne das Böse geben? Im Wrestling nicht – dort sind Heel und Face, der Bösewicht und der Held, untrennbar miteinander ver- bunden. Ohne den Gegenspieler kann der Held nicht strahlen und ohne das Publikum bleibt die Show be- deutungslos. In »Only Margo« spiegelt sich diese Du- alität nicht nur im Leben der Protagonistin, sondern auch in der Frage, wie wir als Gesellschaft zwischen Akzeptanz und Ablehnung entscheiden. Margo, Anfang 20, hat eine Aff äre mit ihrem Col- legeprofessor, wird schwanger und alleingelassen, ist pleite. Zu ihrer Unterstützung zieht ihr Vater Jinx, ein Ex-Profi -Wrestler, in ihre WG. Doch das Leben verlangt mehr als Fürsorge: Es braucht Geld. Margo eröff net deshalb einen Only-Fans-Account. Ihre krea- tive Ader und die zeitliche Flexibilität ermöglichen ihr, Erfolg in der Welt der Sexarbeit zu fi nden – einer Welt, die sich überraschend ähnlich zum Wrestling verhält: eine akzeptierte Illusion, die nur durch das Zusam- menspiel von Publikum und Performer existiert. Das Drama eskaliert, als der Vater ihres Kindes ihr gerichtlich die Eignung als Mutter absprechen will. Margos Freiheit, ihre fi nanzielle Unabhängigkeit und das Wohl ihres Kindes stehen auf dem Spiel. Dabei wird deutlich, wie tief verwurzelt die Stigmatisierung von Sexarbeit ist und welche realen Konsequenzen sie hat. Margos Erfolg bei Only Fans wird nicht als persönlicher Triumph, sondern als moralischer Makel gesehen. Das altbekannte Motiv der Studentin und ihres Professors wird in ein vielschichtiges, aktuelles Dra- ma verwandelt – lebhaft , lustig und keineswegs ober- fl ächlich erzählt. Es bleibt die Frage: Warum sind wir als Gesellschaft so fi xiert darauf, zwischen akzeptab- len und inakzeptablen Arten des Geldverdienens zu unterscheiden? FRAUKE OTT ■ Rufi Thorpe: Only Margo. Aus dem Englischen von Heike Reissig. Hamburg: Ecco 2025. 350 S., 18 € Schrullige Exzentriker Camilla Barnes beschreibt familiäre Turbulenzen in einem französischen Landhaus Keine Kleinigkeit« ist der Debütroman von Camil- la Barnes, den Dirk van Gunsteren ins Deutsche übertragen hat. Der Roman ist eine fesselnde und hu- morvolle Erkundung der Absurditäten familiärer Dy- namiken. Die Handlung ist schnell skizziert: Im Mit- telpunkt stehen ein pensionierter Philosophieprofessor und seine Frau, die schon vor Jahren von Oxford in ein beschauliches Landhaus nach Frankreich gezogen sind. Sie führen ein exzentrisches Leben in dem mitt- lerweile von Verfall geprägten Haus mit mehreren En- ten, Lamas und Katzen. Nach mehr als 50 Ehejahren prägen ständige Diskussionen und schrullige Eigenhei- ten den Alltag, so dass ihre Tochter Miranda bei ihren Besuchen als Mittlerin fungieren muss, auch wenn sie das selbst vor emotionale Herausforderungen stellt. Die Erzählung entfaltet sich durch Mirandas scharf- sinnige Beobachtungen, E-Mails an ihre Schwester und Briefe ihrer Mutter aus den Sechzigern. All das wird mit einer guten Prise englischem Humor gewürzt. Beson- ders in den lebendigen Dialogen, die bühnenreife Qua- lität besitzen, merkt man, dass die Autorin vor ihrem Romandebüt als Regisseurin und Produzentin gear- beitet und englische Bühnenstücke ins Französische übertragen hat. Barnes erkundet mit Witz und Einfüh- lungsvermögen die Missverständnisse und Spannun- gen innerhalb der Familie, die keineswegs nur Quelle von Frustration, sondern auch tiefer Zuneigung sind. Und sie beschreibt ganz nebenbei komplexe Themen, wie Dynamiken in langjährigen Ehen oder die teilweise schwierige Beziehung zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern, mit einer absoluten Leichtigkeit, die das Buch zu einem Lesevergnügen macht. Wer verspür- te nicht auch schon einmal nach dem Besuch der Eltern »das übliche Verlangen zu töten«? MANJA REINHARDT ■ Camilla Barnes: Keine Kleinigkeit. Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren. München: Piper 2024. 256 S., 24 € Wild Women don’t have the Blues Gayl Jones vergessener Roman »Evas Mann« ist eine brutale Abrechnung mit dem Patriarchat Eine Frau, die so was macht, muss doch verrückt sein«, sagt einer der Detectives bei Evas Festnah- me. Sie hat ihren Liebhaber umgebracht und sitzt nun im Knast. Im Prozess schweigt Eva. Ihre Motive bleiben dunkel, ihre Tat wird auf Eifersucht zurück- geführt. »War die einfachste Erklärung, die sie fi nden konnten«, kommentiert die Ich-Erzählerin lakonisch. »Ich denke, er stand einfach für alle Männer, die Sie im Leben kennengelernt haben«, meint hingegen der Psychiater. Zeit ihres Lebens wird Eva bedrängt, vom gleichaltrigen Jungen, dem Liebhaber der Mutter, dem Cousin, der doppelt so alt ist wie sie, von Män- nern auf der Straße, im Bus, im Restaurant. Später reist Eva durchs Land und schlägt sich mit Gelegen- heitsjobs durch: »Als Frau allein sein ist leichter an verschiedenen Orten als an ein und demselben.« Bis sie von Davis angesprochen wird, mit dem sie einige Tage verbringt und den sie dann umbringt. Jones erzählt nicht chronologisch, sondern blendet meisterhaft die verschiedenen Szenen ineinander: das Aufwachsen Evas bis zur Heirat ihres Mannes, die Zeit, die sie mit Davis auf seinem Hotelzimmer verbringt, die Gespräche nach der Tat, mit den Detectives, dem Psychiater und ihrer Zellengenossin. Die Sprache ist dabei so hart, wie das, was sie darstellt. Es fl ießt Blut, es wird geschlagen, getötet und gefi ckt. Nun erscheint der Roman von 1976 zum ersten Mal auf Deutsch. Heu- te geht es in Erzählungen häufi g darum, wie sich die Figuren fühlen. In »Evas Mann« zeigt gerade die Härte, die Eva gegen andere und vor allem auch gegen sich selbst richtet, das ganze Ausmaß ihrer Tragödie. »Wild women don’t have the blues«, wird gesungen, als Eva und Davis das erste Mal aufeinandertreff en. LEON TIEMEIER ■ Gayl Jones: Evas Mann. Aus dem amerikanischen Englisch von Pieke Biermann. Berlin: Kanon 2025. 187 S., 22 € 52 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Zwischen Krümeltee, Kollegah und Counter-Strike Kurt Prödel zeichnet ein realistisches Bild einer Jugend Ein seltener Roman über das Erwachsenwerden. Selten dadurch, dass er wenig verträumt und dafür brutal ehrlich ist. Der Debütroman »Klapper« von Kurt Prödel handelt nicht vom »letzten Sommer«, sondern von einer gern verdrängten Realität. Klapper ist ein Außenseiter, wird in der Schule gemobbt und verbringt seine Zeit lieber drinnen vor dem Rechner als draußen in der Sonne. Sein Lieblingsspiel: der Egoshooter »Counter-Strike«. Im neuen Schuljahr soll eine neue, Zitronenkrümeleistee liebende Mitschüle- rin mit Spitznamen Bär sein Leben aufmischen. Mit ihrer selbstsicheren Art fasziniert sie ihn, und dann mag sie auch noch das gleiche Computerspiel wie er. Zwischen Krümeleistee, Kollegah und Counter-Strike lernen sich Klapper und Bär immer besser kennen. Bis zu einem Tag, der alles ändert. Ohne übertriebene Verwendung von Anglizismen oder Jugendsprache und dafür mit einer ordentlichen Prise Sarkasmus wirken die Jugendlichen authentisch. Anders dagegen der Handlungsstrang. Vierzehn Jahre nachdem sich die beiden Protagonisten kennenlern- ten, sitzt Klapper vor seinem Laptop und wird in der Zeit zurückkatapultiert. Durch diese jähen Erinne- rungen durcheinander, verliert er seinen Job. Zwi- schen dem alten und dem jungen Klapper wechselnd, erfährt man, dass er damals für seine neue und ein- zige Freundin Bär alles getan hat, sogar Bitcoins kau- fen, die auch als In-Game-Währung fungierten. Taten ohne Konsequenzen, eine psychische Erkrankung, die im Sande verläuft, und toxisches Verhalten, das nicht aufgeklärt wird, lassen die Handlung zusätzlich dünn werden. HANNAH KATTANEK ■ Kurt Prödel: Klapper. Berlin: Ullstein 2025. 383 S., 22 € Von der Liebe zu Leichen und Blumen Christine Wunnicke erzählt von der Entstehung des anatomischen Wachskabinetts im revolutionären Paris des 18. Jahrhunderts Wie sieht ein Mensch von innen aus? Diese Frage beschäftigt Marie Biheron, Tochter eines Apo- thekers, schon als Teenager so sehr, dass sie loszieht, um sich eine Leiche zu kaufen, die sie aufschneidet, seziert. Das getreueste Abbild einer Pflanze zu zeich- nen, ist das Ziel, dem Madeleine Basseporte nacheifert. Das versucht sie widerwillig, jungen, meist untalen- tierten Frauen wie Marie Biheron beizubringen. Eben dort, an der Schnittstelle von Lehrerin und Schüle- rin, erblüht eine lebenslange Liebe. Im Hintergrund liegen die Anfänge der Französischen Revolution. Im Vordergrund die menschlichen Organe, in Wachs ge- gossen und für die Lehre zukünftiger Hebammen und Ärztinnen wie Ärzte bereitgestellt. So lässt sich die Handlung des neuen historischen Romans von Chris- tine Wunnicke zusammenfassen. Und es würde wohl vollends genügen, um jedwede Neugierde zu entfa- chen. Dennoch sind es nicht die Handlung oder de- ren sauber recherchierter Hintergrund, auch nicht die lesbische Liebesgeschichte, ihre emanzipierten Prot- agonistinnen oder das Durchbrechen geschichtlicher Stereotype, die mich als Leserin am meisten gefesselt haben. Im Zentrum des Romans stehen für mich sei- ne Dialoge und Redewendungen, die ihresgleichen vergeblich suchen müssen, die, in feinsinnigem Hu- mor gehalten, Handlung, Figuren und Zeitgeschichte von der ersten bis zur letzten Seite tragen und bewei- sen, was im Roman behauptet wird: »Ich hatte nie ei- nen Lehrer, schrieb Madeleine an Linné. Frauen, ver- mute ich, werden deshalb in allem so gut, weil man es ihnen so schwer macht.« KAŚKA BRYLA ■ Christine Wunnicke: Wachs. Berlin: Berenberg 2025. 176 S., 24 € Das Leben ist schön – und herausfordernd Guadalupe Nettels Roman schildert das Schicksal zweier junger Frauen und ihr Verhältnis zum eigenen Leben Zwei junge Frauen aus Mexiko wollen auf Kinder verzichten, denn Kinder bedeuten die Einschrän- kung persönlicher Freiheiten. Laura bleibt konse- quent und reist durch die Welt, bis sie wieder in Me- xiko City landet, um ihre Promotion abzuschließen. Alina hat mit ihrem Partner doch den Kinderwunsch und so wird Inés geboren – ein schwerbehindertes Kind. Alina stürzt in gravierende Selbstzweifel: »Wa- rum ist das passiert? Was hätte ich besser machen können?« Als Laura sich intensiv um einen vernach- lässigten Nachbarsjungen kümmert, verändert sich auch ihr Leben. Alina entwickelt nach erster Ablehnung langsam eine tiefe Beziehung zu ihrer Tochter. Sie erkennt, »dass Liebe letztlich oft unlogisch ist«. Wollte sie das Baby nach der Geburt vor dessen sicherem Tod nur noch einmal kurz sehen, kämpft sie nun mit großem finanziellem und persönlichem Aufwand um sein Überleben. Ihr Privatleben und die Beziehung zu ih- rem Partner leiden, denn Inés stellt die Eltern vor ungeahnte Herausforderungen. Eine langfristige Pla- nung ist bei ihrem Gesundheitszustand nicht mög- lich: »Heute atmet sie, was morgen sein wird, wissen wir nicht.« Der Roman schildert die sehr unterschiedlichen Lebenswege zweier starker Frauen, die beide nicht ohne intensive Beziehungen zu ihren Mitmenschen leben können. Sie finden eine Erfüllung darin, sich um andere zu kümmern und nicht nur die eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu verfolgen. Nettel be- schreibt dies in einer bilderreichen Sprache. Die häu- fig sehr kurzen Kapitel mögen am Anfang etwas ver- wirren, sie zeigen jedoch die schnellen Wechsel in den Lebenswegen der beiden Frauen. Der Schluss deutet auch für Laura einen grundsätzlichen Wandel an. JOACHIM SCHWEND ■ Guadalupe Nettel: Die Tochter. Aus dem mexikanischen Spanisch von Michaela Meßner. München: Luchterhand 2025. 284 S., 22 € 54 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Trinken, leiden und ermitteln Alexis Soloskis »Hier im Dunkeln« ist ein unterhaltsamer Krimi-Kraftakt Kritiker haben nicht das beste Image, gelten sie doch als gescheiterte Künstler, die den erfolgrei- cheren Kollegen nicht die Butter auf dem Brot gön- nen. Auf Vivian Parry trifft das Klischee zu: Die junge Frau stand vor Jahren selbst als Schauspielerin auf der Bühne, nach einem Schicksalsschlag arbeitet sie nun als Kritikerin für eine New Yorker Zeitung und wird von Theaterleuten wegen ihrer Verrisse gefürch- tet. Vivians Privatleben sieht nicht viel besser aus: Es besteht aus einem mithilfe von Alkohol und Tabletten mühsam austarierten Alltag, unterbrochen von Ab- stürzen mit ihrer Freundin Justine. Nur im dunklen Zuschauerraum fühlt sich Vivian von der Last ihres Lebens befreit. Als ein ihr unbekannter Nachwuchsakademiker na- mens David Adler sie bittet, ihn bei seiner Abschlussar- beit mit einem Interview zu unterstützen, sagt Vivian nur widerwillig zu. Wenige Tage nach dem Interview meldet sich Adlers Freundin bei ihr: David sei ver- schwunden und Vivian die Letzte, die mit ihm Kontakt hatte. Auf ihre Bitte wendet sich Vivian an einen ver- schrobenen Privatdetektiv und landet kurz darauf hin- ter den Kulissen eines dubiosen Online-Casinos. Autorin Alexis Soloski mutet ihrer Protagonistin einiges zu: Die Zahl der von Vivian geleerten Flaschen und eingeworfenen Pillen ist unüberschaubar und setzt ihrem Verstand und Körper schwer zu. Aber Vivian ist, trotz dünner werdender Nerven, so zäh wie der abgebrühteste Schnüffler. Sie bei ihren ge- fährlichen Ermittlungen allein zu lassen, fiele einem ebenso wenig ein, wie bei Humphrey Bogart als Philip Marlowe abzuschalten. Also leidet und ermittelt man mit ihr – bis zum überraschenden Finale. ANDREA KATHRIN KRAUS ■ Alexis Soloski: Hier im Dunkeln. Aus dem amerikanischen Englisch von Christi- an Lux. Köln: Eichborn 2025. 384 S., 24 € »Ich hatte Krümel im Bett und habe wunderbar darauf geschlafen.« – aus »Fernwehland« Sehnsuchtsorte In »Fernwehland« unternimmt Kati Naumann eine Reise auf den Wellen der Geschichte Stockholm, Völkerfreundschaft, Astoria – unter all diesen Namen fuhr das heute älteste noch see- taugliche Kreuzfahrtschiff über die Weltmeere. Nun steht es im Mittelpunkt eines Romans und bildet den roten Faden. Die Geschichte folgt den Lebenslinien der Stewardess Simone und des Matrosen Henri, die sich vor Jahren auf der Völkerfreundschaft kennen- lernten. Ihre erneute Kreuzfahrt wird zu einer Reise in die eigene Vergangenheit. Auf der Fahrt begegnen sie der Schwedin Frida, deren Verbindung zum Schiff bis zu dessen Taufe zurückreicht. Naumann verwebt geschickt die persönlichen Erzählstränge mit der His- torie des Schiffes: Es wurde in Schweden gebaut, nach einer Kollision mit der Andrea Doria an die DDR ver- kauft und in Völkerfreundschaft umbenannt. Die Autorin webt eine komplexe Erzählstruktur, die zwischen verschiedenen Zeitebenen – von den Dreißi- gern bis heute – hin- und herspringt und die beim Le- sen in den Bann zieht. Eine weitere Stärke des Buches liegt in der Charakterentwicklung. Naumann gelingt es, Figuren von außergewöhnlicher Tiefe und Authen- tizität zu erschaffen, die ihre eigenen Hoffnungen und Ängste in sich tragen. Sie erzählt emotional, ohne kitschig zu werden. Der Roman behandelt universelle Themen wie Heimat und Sehnsucht nach dem Meer, Liebe und die Suche nach dem eigenen Ich, herun- tergebrochen auf die einzelnen Personen. Naumann beleuchtet dabei auch die Auswirkungen politischer Geschehnisse auf die individuellen Lebenswege. Ge- nau an diesen Stellen hätte dem Buch ein strengeres Lektorat gutgetan, denn allzu oft finden sich in diesen Passagen lähmende Wiederholungen. Wer darüber hinwegsieht, wird mit einem Roman voller Tiefgang und Fernweh belohnt. MANJA REINHARDT ■ Kati Naumann: Fernwehland. Hamburg: Harper Collins 2024. 416 S., 24 € Das Ich in den anderen Meral Kureyshis Protagonistin und die Suche nach sich selbst In der Vergangenheit waren da das Aufwachsen in prekären Verhältnissen, der Tod des Vaters, der Schmerz der Mutter, das Sich-Kümmern um die Schwester und außerdem eine Art Ersatzfamilie. Im Hier und Jetzt ist da ein entfremdetes Selbst – die Beziehung zur Schwester abgekühlt, die zur eigenen Mutter zerrüttet, die zu sich selbst distanziert, auch das Verhältnis zur Ersatzfamilie und die Ersatzfami- lie selbst haben sich gewandelt. Von diesem Hier und Jetzt, dieser Vergangenheit und einer möglichen Zukunft erzählt Meral Kurey- shis Ich-Erzählerin in »Im Meer waren wir nie«. Er- zählt wird vom Selbst und seinen Mitmenschen: den äußerst nahen, den näheren, von denen, die mal nah gewesen sind, und auch von den ganz fernen. Kurey- shi verwebt Handlung und Reflexion dabei so, dass wir von Seite zu Seite mehr erfahren über das Was- War und Was-Ist, das Mit-Wem und Nicht-Mehr. Im Wechselspiel aus poetischen Sprachgebilden und re- alistisch gebauten Szenen bilden sich so erzählendes Ich und Näherungsweisen an das Was-wird-Sein. Als Fixpunkt dieser Bewegung steht ein intergenerati- onelles Beziehungsgeflecht, das Trägerschaft über- nimmt für die Suche nach sich selbst in den Bezie- hungen zu den anderen. Meral Kureyshis dritter Roman ist voll von Alltäg- lichkeiten, die ein Entfremdungsgefühl figurieren und von sozialen Situationen, die Nähe- wie Distanzgefühl eine Gestalt geben, von Zwischenmenschlichkeiten, die das Selbst spiegeln, und von Selbstbetrachtungen mit Fremdbezug. Wer sich also für sich selbst und die anderen interessiert, sollte sich auch für Meral Kurey- shi interessieren. TILMAN BUSCH ■ Meral Kureyshi: Im Meer waren wir nie. Zürich: Limmat 2025. 213 S., 26 € 56 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Der Architekt und die Frauen Die Enkelin von Hermann Henselmann schreibt eine Version der Familiengeschichte Hermann Henselmann (1905–1995) war der Archi- tekt, der unter anderem in Berlin die Hochhäuser am Straußberger und am Frankfurter Platz, den Fern- sehturm, das Haus des Lehrers und die Kongresshalle verantwortete, außerdem in Leipzig den Uniriesen in Form eines aufgeschlagenen Buches für die damalige Karl-Marx-Universität und in Jena den Rundturm in Gestalt eines Fernrohres für Carl Zeiss. Henselmann steht mit Ehefrau Isi und einem ihrer acht Kinder im Vordergrund des Romans »Die Allee«. Der Titel ist eine Anspielung auf die Berliner Stalin-Allee, heute die Karl-Marx-Allee. Die Geschichte beginnt 1931, als Irene (Isi) Henselmann bei einer Tanzveranstaltung kennenlernt, und endet mit seiner Beerdigung kurz vor seinem 90. Geburtstag. Sein Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof Zehlendorf. Dort fand auch der Architekt Hans Scharoun seine Ruhestätte. So schlie- ßen sich einige Kreise von Henselmanns Biografie. Dessen Enkelin Florentine Anders wurde 1968 ge- boren. Die Journalistin ist im Vorstand der Hermann- Henselmann-Stiftung aktiv. In »Die Allee« erzählt sie die Geschichte der Familie aus drei Perspektiven – der von Hermann und seiner Frau Isi sowie der Tochter Isa. Kursiv gehalten sind die Einschübe im Buch, mit denen sie von ihren gemeinsamen Recherchereisen an die Orte der Vergangenheit berichtet. Wir erfahren viel über die Familie, vielleicht etwas zu viel aus dem Alltag einer Familie, die in der DDR sehr privilegiert lebte, ohne dass dies Repressionen aussparte – sei es innerfamiliärer wie auch staatlicher, paternalistischer Art. Trotz dieser Fülle an Informationen liest sich das Buch etwas sehr gefühlsselig, zumal an klischeehaften Beschreibungen nicht gespart wird. BRITT SCHLEHAHN ■ Florentine Anders: Die Allee. Berlin: Galiani 2025. 352 S., 24 € ■ Lesung am 28.3. im Uniriesen Schaffste was, haste was, biste was Alice Berend lässt uns in das Berlin des frühen 20. Jahrhunderts eintauchen Portiersfrau Lina Hempel träumt von einem un- abhängigen Leben. Tochter Laura soll es einmal besser haben. Auch in der Liebe soll sie freier ent- scheiden können. Laura geht in Stellung bei Herrn Bombach, der Eigentümer des Hauses, der die Hem- pelfrauen auf Trab hält. Auf Trab gehalten wird Frau Hempel auch durch andere Bewohner des Hauses, darunter die Grafenfamilie von Prillberg, deren Sohn Egon Laura vom Fenster der Bombachs aus zum ersten Mal ins Auge fällt. Es entspinnt sich eine Lie- besgeschichte, die der Tod des Grafenvaters jäh un- terbricht. Durch allerlei Zusatzverdienste füllen sich Linas Sparbücher. Einer glücklichen Fügung verdankt es die Familie, den Traum vom Landhaus samt Bade- anstalt und »Hempels Wunderwiese« zu verwirkli- chen. Neue Menschen treten in Hempels Leben: die »kohlbauernden Bauern« namens Speck, der »ernste und bartlose« Bademeister Herr Otto und Schutz- mann Degenbrecht. Im Laufe des Sommers trudelt, neben den Sommerfrischlern, auch Graf Egon eines Nachmittags ein und erobert Lauras Herz erneut. Die Heirat ist beschlossene Sache, wäre da nicht des Gra- fen Mutter, die sich gegen die Heirat ausspricht. Als »der Bauwind […] mit aller Macht nach Frohndorf« weht und einige dubiose Herren im Ort auftauchen, muss sich Frau Hempel der Frage stellen: Soll sie sich nach dem Tod ihres Mannes weiterhin dem Landle- ben widmen oder verkaufen, um ihrer Tochter den Zugang zu dem besseren Leben zu verschaffen, das sie sich selbst gewünscht hat? »Frau Hempels Toch- ter«, erstmals 1913 erschienen, ist eine geglückte Wie- derentdeckung. Ein Roman über eine emanzipierte Frau, die wagt und gewinnt: durch Fleiß, Mut und ein Quäntchen Glück. MASCHA WAGNER ■ Alice Berend: Frau Hempels Tochter. Ditzingen: Philipp Reclam jun. 2025. 183 S., 22 € Geheimnis um ein gestohlenes Haus Die Debütantin Yael van der Wouden erzählt von einer komplizierten Erbschaft Dieses Buch hat fünfzig Seiten, die sich retten kön- nen aus einem literarischen Wrack, wie es nicht alltäglich ist. Das Sexkapitel (Frau mit Frau) und das Tagebuch (wer ist wer) sind gelungen. Der lange, er- müdende Rest ist eine Mischung aus Enid Blyton, In- fotafel und Telenovela, garniert mit den süßen Sün- den des Schundromans. Also gibt es Detektivarbeit für Spürnasen (wer lässt das Besteck verschwinden), gewichtige Geschichte (wem gehörte das Haus vor dem Krieg) und simpelstes Melodram (eisiger Hass, der feurige Liebe wird). Diese Mischung verleitete eine Jury dazu, »In ihrem Haus« auf die Shortlist des britischen Booker Prize zu heben. Sie störte sich nicht daran, dass die wenigen Figuren des dialogfreudigen Buches immerzu die Namen ihres Gegenübers auf- sagen, wenn sie etwas Dringendes mitteilen wollen: Isabel. Hendrik. Louis. Eva (vor allem Eva, Eva). Es wird aber auch viel geschwiegen und beschwiegen, außerdem nerven unnützes Palaver (»Ihr hattet ei- nen Hund?«) und die Einblendung von Straßensze- nen, Vogelgezwitscher oder Wetter. Im Gefühlskontor schlagen Seufzen, Schaudern, Zittern und Herzra- sen stark zu Buche. Der Roman der 38-jährigen Yael van der Wouden könnte mit der Hälfte des Papiers auskommen, um seine Geschichte zu erzählen: Wie eine jüdische Familie unter deutscher Besatzung ihr Haus in der niederländischen Provinz verlor und die überlebende Tochter sich 1961 dort als vermeintliches Dummchen einnistet, um sich zu holen, was ihr ge- stohlen wurde. Weil aber auch die Erbin und neue Be- wohnerin das Geschirr mit Hasenmotiv in Ehren hält und gern bleiben möchte, dürfen sich im Happy End erneut eine Bett- und Wohngemeinschaft – die Män- ner sind ja alle Schrott – und die Liebe fürs Leben fin- den. Das liest sich wie Fan Fiction. Hoffentlich ohne Fortsetzung. SVEN CREFELD ■ Yael van der Wouden: In ihrem Haus. Aus dem Englischen von Stefanie Ochel. Berlin: Gutkind 2025. 320 S., 24 € 58 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Die Unendlichkeit zwischen zwei Buchdeckeln Wolf Haas’ neuer Roman ist kein Brenner, aber der Burner Wenn ich unter anderem »Das Wetter vor 15 Jah- ren«, »Verteidigung der Missionarsstellung«, all die Brenner-Romane und jetzt auch noch »Wackelkon- takt« geschrieben hätte und mir dann Denis Scheck in seiner Fernsehsendung erzählen würde, dass Daniel Kehlmann neidisch auf die Idee zu meinem neuen Roman sei, wäre meine Reaktion: »Wer ist denn bit- te Daniel Kehlmann?« Wolf Haas hingegen, der unter anderem »Das Wetter vor 15 Jahren«, »Verteidigung der Missionarsstellung«, all die Brenner-Romane und jetzt auch noch »Wackelkontakt« geschrieben hat, lä- chelte Scheck bei dieser Gelegenheit nur sehr freund- lich an und sagte, dass Kehlmann ihm auch eine E- Mail geschrieben habe. Die Ideen zu Haas’ Romanen sind traditionell zum Niederknien, weil sie einfach und gewitzt sind – »Das Wetter vor 15 Jahren« ist ein 200-seitiges Interview über den Roman, den es nur als ebendieses 200-seiti- ge Interview gibt –, weil ihnen noch mindestens drei, vier folgen, aus denen andere jeweils ein Buch zau- bern würden, vor allem aber, weil sie sich nicht selbst erschöpfen, sondern großartig gebaute Romane tra- gen, die einem spielerisch den Boden unter den Fü- ßen wegziehen (während man gerade niederzuknien gedenkt), aber auch Tiefe haben. Dazu tolle Dialoge und echte Charaktere. Mit anderen Worten: Erwartungshaltung. Haas’ neuer Roman »Wackelkontakt« kommt mit ihnen bestens klar: Er hat zwei Erzählstränge, in denen die Hauptfiguren – ein Puzzle liebender und sammelnder Trauerredner hier, ein Mafia-Kronzeuge im Zeugen- schutzprogramm da – immer, wenn sie nicht weiter- wissen oder ihnen langweilig ist, ein Buch aufschlagen und mit uns den jeweils anderen Erzählstrang lesen. Wir erinnern uns: Parallelen schneiden sich in der Un- endlichkeit. Und die Unendlichkeit findet man in den richtig guten Büchern. Wie in diesem. BENJAMIN HEINE ■ Wolf Haas: Wackelkontakt. München: Hanser 2024. 239 S., 25 € »Die Augenbrauen sind ein eigener Termin!« – aus »Wackelkontakt« Spannendes Konzept, akzeptable Umsetzung »Wenn die Welse kommen« beschreibt das Leben in der untergegangenen Stadt Genf Zwei Besonderheiten begleiten den Roman »Wenn die Welse kommen«: Er ist von einem Autorenkol- lektiv, Elen Fern, geschrieben – ein Umstand, der beim Lesen nicht auffällt – und mit einem Nachwort ausge- stattet, das eine gänzlich neue Sicht auf den zuvor ge- lesenen Text eröffnet. »Können Geschichten bei der Stadtplanung helfen?« wird der Autor Robinson zu Be- ginn dieses Nachworts zitiert, das sich intensiv mit der Entstehung des Romans beschäftigt. In Auseinanderset- zung mit einem Architekturbüro, aber vor allem mit An- wohnern der Stadt Genf wurden Geschichten und neue Fiktionen der Stadt entwickelt, die dann als Grundlage für den Roman fungierten. Das erstaunt insofern, als die Geschichte selbst eine positive Verbindung zum Stadt- leben allgemein und dem Fortbestand der unter Wasser geratenen Stadt nicht unbedingt nahelegt. Neben den zwei männlichen Protagonisten ist es vor allem eine Gruppe Kinder nach Art der »verlorenen Jungs«, aus deren Perspektive erzählt wird. Diese wech- selnden Perspektiven überzeugen durchaus im Stil, insbesondere die Kinder haben aber eine so radikale, ihrer eigenen Realität angepasste Weltsicht, dass die alte versunkene Stadt, nach der sich die Erwachsenen sehnen, keinen Platz mehr in ihr hat. Diese unter- schiedlichen Ansichten sind das größte Problem des Romans. Es bleibt offen, was er sein will. Oberflächlich eine Dystopie, scheint es schnell unklar, ob der Wan- del der Welt tatsächlich negativ zu beurteilen ist. Diese Unstimmigkeit könnte sicherlich auch Spannung er- zeugen, geht aber leider nicht ganz auf. Dazu trägt die wenig erwartete Einbindung fantastischer Elemente im letzten Drittel des Romans bei, die jede Identifikati- on mit einer der Seiten erschwert. JOACHIM KERN ■ Elen Fern: Wenn die Welse kommen. Zürich: Kommode 2025. 160 S., 22 € Aus einem beschädigten Leben Der Debütroman von Faruk Šehić ist eindrücklich und beachtlich Der Erzähler dieses Romans ist, wie auch der Autor, ein Veteran des Bosnienkriegs (1992–1995). Etli- che Jahre nach den grauenhaften Erlebnissen bemüht er sich, seinen Erinnerungen schreibend eine Form zu geben. Und doch ist »Von der Una«, im Original 2011 erschienen und mehrfach ausgezeichnet, nicht in erster Linie ein Kriegsroman. Vielmehr beschwört der Erzähler in dichten Beschreibungen die Zeit vor dem Krieg herauf: eine Kindheit am Ufer der Una, ein sorgloser Blick auf Schnecken, Forellen, Regen, der Wechsel der Jahreszeiten, das Haus der Großmutter. Ein spürbares Vorbild ist der polnische Schriftsteller Bruno Schulz mit seinen sprachgewaltigen, teils my- thologisch überhöhten Erzählungen über Kindheit. Die Episoden in Šehićs Roman gewinnen an Stärke, weil man weiß, was folgen wird. »1992 war weit weg«, heißt es. Tatsächlich aber durchdringen sich im Text die Zeiten, und die Kriegserlebnisse tauchen früh im Erinnerungsstrom auf. Der Erzähler schont sich nicht: Er habe Menschen getötet, sagt er. Die alltäg- liche Gewalt trifft selbst Tiere. Einmal findet er bei ei- ner Patrouille eine Hornotter: »Ich weiß nicht, warum, aber ich schnitt ihr mit dem Klappmesser den Kopf ab und warf sie von der Klippe in die Una. Wohl ein- fach, weil Krieg war und sie mein Zufallsopfer.« Der Text beleuchtet weniger die historischen Um- stände als die Bewältigungsversuche eines Menschen, der sie durchlebte. Zum Teil greift Šehić auf eine konventionelle Trauma-Ästhetik zurück: Das Ich des Erzählers ist gespalten, er hat einen dunklen Doppel- gänger, der seinen versehrten Körper bewohnt. Aber das stört nicht, der Roman ist beachtlich. Gerade die Sprache, mal ruppig, mal lyrisch, mal nüchtern, wirkt auch in der Übersetzung von Elvira Veselinović lange nach. MAURUS JACOBS ■ Faruk Šehić: Von der Una. Aus dem Bosnischen von Elvira Veselinović. Berlin: Voland & Quist 2025. 234 S., 24 € 60 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Rezensionen Sachbuch Selektiver Humanismus Zwei Bücher kritisieren einen »moralischen Bankrott « in Teilen der (Kultur-)Linken nach dem Hamas-Massaker Der Hamas-Terror vom 7. Oktober 2023 schockierte Menschen weltweit. Seltsamerweise ließen über tausend getötete Israelis und weitere Verschleppte einen Teil der Linken unberührt. In der sogenannten »woken« (wachsamen), der queerfeministisch und postkolonial orientierten Bewegung feierte man das Pogrom sogar als palästinensischen Befreiungsakt. Relativ still blieb es im Kulturbetrieb, wo man aber sofort lautstark »Genozid« reklamierte, als Israel mi- litärische Gegenmaßnahmen ergriff . Zwei Bücher, die zusammen zu lesen sich lohnt, nehmen diesen »se- lektiven Humanismus« ( Jens Balzer) unter die Lupe. Ob in darstellender oder bildender Kunst, ob Lite- ratur, Film oder Musik: Die Beiträge in »Judenhass im Kunstbetrieb« zeigen genau, wie wirksam das antijü- dische Ressentiment hier ist. Man liest von einseitig besetzten Podien, Ausladungen und Boykottaufrufen, wenn es um israelische und jüdische Kunstschaff ende geht. Einseitig sind oft auch die Parteinahmen im sich als politisch verstehenden Kulturbetrieb, wo man nur zu Palästinensern in Gaza eine Meinung hat, aber de- ren Lage in Ägypten, Jordanien etc. nicht interessiert. Warum sind gerade Aktivisten, die fast überall Dis- kriminierung wittern, so empathielos, fragt Kultur- journalist Jens Balzer in »Aft er woke«. Er kritisiert die schablonenhaft e Unterteilung in israelische Täter und palästinensische Opfer. Israelische Opfer sind in dieser Sicht unmöglich, weil Weiße dem vulgär-postkolonia- len Verständnis zufolge keine Opfer sein können. Dies widerspricht allerdings der Theorie, weshalb Balzer den Aktivisten empfi ehlt, grundlegende Texte zu lesen, um ihren Irrtum zu erkennen. Daneben wirbt er für einen respektvollen Umgang miteinander. TOBIAS PRÜWER ■ Matthias Naumann (Hg.): Judenhass im Kunstbetrieb. Berlin: Neofelis 2024. 214 S., 18 € ■ Jens Balzer: After Woke. Berlin: Matthes & Seitz 2024. 110 S., 12 € (Stief-)Schwestern »Ost*West*frau*« versammelt verschiedene Perspektiven auf die Frage »Wie wir wurden, wer wir sind« Was hat unser Frausein mit Ost und West zu tun? Dieser Frage gehen die Herausgeberin- nen Franziska Hauser und Maren Wuster gemein- sam mit 21 anderen Schreibenden in der Anthologie »Ost*West*frau*« nach. Ein breites Spektrum an Stimmen haben sie dort versammelt: in der DDR so- zialisierte Autorinnen wie Daniela Dahn, die in ihrem Beitrag hervorhebt, dass Kinder und Karriere sich im Osten im Gegensatz zur BRD nie ausschlossen, und, bezugnehmend auf einen Sammelband aus den Neunzigern, die Beziehung von Ost- und Westfrau- en nach der Wende als stiefschwesterlich beschreibt. Und in der BRD sozialisierte Autorinnen wie Sabine Peters, die von ihrem Werdegang aus der religiös ge- prägten Kindheit im Westerwald hin zu einem von politischen Idealen durchzogenen Erwachsenenleben erzählt. Auch andere, weniger erwartbare Perspekti- ven haben in die Anthologie Eingang gefunden, etwa Thomas Brussig, der an seine Großmutter erinnert, eine überzeugte Kommunistin, die während des Kriegs Jüdinnen und Juden versteckte und später an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät lehrte. Oder die Perspektive von Nadège Kusanika, die die Ost-West- Vergleiche mit den Vorstellungen von gutem Frausein in ihrer Heimat, der Demokratischen Republik Kon- go, kontrastiert. Hervorzuheben ist auch Charlotte Gneuß’ Beitrag, die Autorin, die nach der Wende als Kind ostdeutscher Eltern im Westen geboren wurde und angesichts der Diskussionen rund um die Veröf- fentlichung ihres Debüts davor warnt, »sämtliche Hal- tungen, Meinungen, Gewohnheiten und Ängste unter dem schwammigen Sammelbegriff ›ostdeutsche Iden- tität‹ zusammenzufassen, während wir Eigenschaft en von Westdeutschen als Produkt individueller Lebens- erfahrung begreifen«. Aus teils politischen, teils eher privaten, teils prosaischen und teils eher essayisti- schen Beiträgen erwächst so ein vielstimmiges wie le- senswertes Konglomerat an Perspektiven darauf, »wie wir wurden, wer wir sind«. EVA BURMEISTER ■ Franziska Hauser und Maren Wuster (Hg.): Ost*West*frau*. Wie wir wurden, wer wir sind. Frankfurt/Main: Frankfurter Verlagsanstalt 2025. 224 S., 22 € »Viele unserer Gedanken waren Stroh- feuer, doch manchmal wollen wir noch immer ein paar Glutfunken mit anderen teilen.« (Sabine Peters) – aus »Ost*West*frau*« 62 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Die anstrengende Utopie Die Essaysammlung »Solidarität« zeigt neue Perspektiven auf einen alten Begriff Zusammenstehen, solidarisch sein, Banden bilden: Vor allem im linken Spektrum sind diese Ausdrü- cke, gemeinsam Herausforderungen anzugehen, seit jeher beliebt. Und in der Coronakrise hieß es oft , dass wir alle im gleichen Boot säßen. Ein Buch, das sich mit dem Begriff Solidarität auseinandersetzt, trifft also voll den Zeitgeist. Die Autoren gehen davon aus, dass Solidarität nicht nur in gewissen Kreisen geschaff en werden soll, sondern mehr bedeutet, als nur seine un- mittelbaren Nächsten zu lieben. Dazu bringen einige der 19 Beiträge sehr interessante Beispiele ein, etwa aus dem vergessenen »Cyberfeminismus« der Neunzi- ger oder Hintergründe zur Revolution im Iran, deren Losung »Jin, Jiyan, Azadî« zum »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« des 21. Jahrhunderts erklärt wird. Die- se Beiträge, die konkret auf solidarisches Handeln in mehr oder weniger bekannten Strukturen Bezug neh- men, schaff en es anschaulich, die Perspektive weg von Europa zu lenken. Dadurch überzeugen sie mit ihrem Hauptargument: Wie Klimaschutz oder Ver- teilungsgerechtigkeit kann Solidarität nur entstehen, wenn alle mitmachen. Leider werden nicht alle einen Zugang zu diesem Buch fi nden, denn die theoretischen Beiträge, die sich dem Begriff aus akademischer Sicht nähern, verlieren sich zu sehr in Fachsprache. Sätze über acht Zeilen, die auf die Frankfurter Schule Bezug nehmen und gleichzeitig etymologische Analysen von Unendlichkeit vorneh- men, verhalten sich gegenüber Nicht-Akademikern (und auch vielen Akademikern) sehr unsolidarisch. Diese komplizierten Beiträge sind aber deutlich in der Unterzahl, so dass mit Hilfe der starken Praxisbeiträge ein lesenswertes Gesamtwerk entsteht. Ganz im Sinne des Erfi nders. ALEXANDER BÖHLE ■ Mia Neuhaus, Lucas Mielke und Massimo Perinelli (Hg.): Solidarität. Eine reale Utopie. Berlin: Verbrecher 2025. 384 S., 24 € Reden gegen den Teufelsdreck Kämpferische Radio-Ansprachen von Thomas Mann im Zweiten Weltkrieg Im Juni 2025 wird der 150. Geburtstag von Thomas Mann gefeiert. Wer eine wenig bekannte Tonlage des Nobelpreisträgers erleben möchte, fi ndet in »Deutsche Hörer!« einen großartigen Schimpfer, dessen Verwün- schungen der Nazis den virtuosen Flüchen des Kapi- täns Haddock (in »Tim und Struppi«) nahekommen. So nennt Mann den Kriegsführer H. »hohle Null« und »blutige Nichtigkeit« sowie »blödsinniger Wüterich«, seine Mittäter »apokalyptische Lausbuben«, den Hit- lerismus einen »grässlichen Sprung aus dem Fens- ter«. Solche Warnungen konnten die Deutschen am Volksempfänger hören, wenn sie so mutig waren, den »Feindsender« BBC einzuschalten. Thomas Mann rich- tete seit Oktober 1940 aus dem Exil eine monatliche Ansprache an »Deutsche Hörer!«. Die Mehrzahl der 59 Texte gibt es auch im Originalton zu bestaunen, denn Mann sprach sie in Los Angeles selbst ein. An der Neuaufl age interessiert vor allem, was Mely Kiyak im Vor- und Nachwort über Thomas Mann schreibt. Sie verhehlt ihre Bewunderung nicht und weist die Mär vom »unpolitischen« Schrift steller zurück. Für Kiyak ist er ein »Held« und »glühender Demokrat«, der gegen »menschheitsschändenden Unfug« (Mann) aufgestanden sei, anstatt in Kaliforni- en ein Dauernickerchen zu machen. Gegen die Nazis habe er gezürnt und geschäumt: »Er wusste, dass sie Verbrecher sind.« Kiyak weist darauf hin, dass Mann bereits 1930 die »verschwärmte Bildungsbarbarei« der NSDAP und ihre »abgeschmackte« Sprache geißelte. Daraus wurde später der »Teufelsdreck« (Mann) einer angeblichen, in Wahrheit lächerlichen Herrenrasse. Thomas Mann sei aber auch »mitleidlos« mit den Deutschen ins Gericht gegangen, urteilt Kiyak. Der Niederlage Hitlers war er immer sicher – deshalb sein Appell an Mitläufer und Erdulder, den »Elenden« bald selbst abzuschütteln. SVEN CREFELD ■ Thomas Mann: Deutsche Hörer! Radiosendungen nach Deutschland. Mit einem Vorwort und einem Nachwort von Mely Kiyak. Frankfurt/Main: S. Fischer 2025. 273 S., 24 € Hat die NATO einen Knall? Der Propagandaforscher Jonas Tögel warnt vor der Gefahr eines Atomkriegs Die »Kriegsspiele« im Titel sind von NATO-Übun- gen abgeleitet, die seit Ende des Zweiten Welt- kriegs durchgeführt werden: Unmittelbar nachdem Deutschland besiegt worden war, schmiedeten die USA und das Vereinigte Königreich Pläne, die Sowjet- union mit 300 Atombomben zu vernichten. Nachdem die Bomben leistungsfähiger wurden und die Reich- weite der Raketen zunahm, wollten die USA aber nicht mehr riskieren, zum Ziel einer atomaren Vergeltung zu werden, und konzentrierten sich in ihren Übungen auf den Dreh- und Angelpunkt Europa. Die theoretischen Bomben der nachfolgenden Übungen, mutmaßlich bis heute, landen zu großen Teilen in Deutschland. So stellt es Tögel zumindest dar, und was er be- schreibt, ist erschreckend. Aus geostrategischer Sicht (»Herzland-Theorie«) sei Europa der Schlüssel zur Weltherrschaft und damit nach wie vor Spielball der mächtigen Nationen auf beiden Seiten. Die NATO- Akten, auf die er sich beruft , existieren, ebenso wie die atomaren Sprengköpfe, die die Vernichtung der Welt bedeuten könnten. Tögel beleuchtet damit eine wichtige Seite, die in den aktuellen Kriegsdebatten teilweise zu leicht als »pro-russisch« abgetan wird: Russland ist schon lange zum Erzfeind des Westens auserkoren worden und dass sich in der russischen Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten eine berech- tigte Angst vor einem vernichtenden Krieg eingestellt hat, ist verständlich. So hat Putin leichtes Spiel, die Menschen für einen Krieg zu mobilisieren, der sich vermeintlich gegen den ganzen Westen richtet. Aller- dings geht die Analyse in »Kriegsspiele« nicht darüber hinaus und sieht nur die NATO als potenziellen Ag- gressor. Am Ende bleibt nicht nur wegen möglicher Kriegsszenarien, sondern auch wegen der einseitigen Darstellung ein mulmiges Gefühl. ALEXANDER BÖHLE ■ Jonas Tögel: Kriegsspiele. Wie NATO und Pentagon die Zerstörung Europas simulieren. Neu-Isenburg: Westend 2025. 112 S., 15 € 64 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Pi mal Daumen Christian Metz untersucht, was hinter der »Aber mit Augenmaß«-Rhetorik steckt Weitblick und Augenmaß« hat Helmut Schmidt seine Memoiren betitelt. »Augenmaß« forderte Angela Merkel für ihre Pandemie-Politik ein, nach- dem dieses schon für den Atomausstieg gegolten hat- te. Es wird auch in der Ukraine-Politik beschworen, als sei es ein Wert an sich. Genau als solch ein Wert wird der Begriff benutzt, er vermittelt insbesondere in der Politik Behutsamkeit und Räson. Was dabei al- les an Bedeutungen und Verweisen mitschwingt, hat der Literaturwissenschaftler Christian Metz in Augen- schein genommen. Der Soziologe Max Weber bildete dann in »Politik als Beruf« die berühmte Trias, dass Politik »ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leiden- schaft und Augenmaß« ist. Seitdem werben die Politiker für ihre Entscheidun- gen mit Augenmaß, vergessend, dass Weber selbst in einer Krisenzeit schrieb. Augenmaß wurde zum Man- tra, mit dem man sich Macht zuschreibt. Aber was soll Augenmaß eigentlich genau bedeuten: eingeüb- te Körpertechnik, Bauchgefühl, Pi mal Daumen? Im Alltag ist das ja eher eine saloppe Schätzung. Skepsis ist folglich angeraten, wenn diese Floskel in Stellung gebracht wird. Denn dann ist eine Entscheidung be- sonders schwer, und das soll kaschiert werden. TOBIAS PRÜWER ■ Christian Metz: Augenmaß. Berlin: Matthes & Seitz 2025. 122 S., 14 € h c u a t h e g s E . s r e d n a Geb., 208 S., 19 € 978-3-86854-400-8 t f a h c s l l e s e G r e r e s n u n i t i e h n e d e i r f u z n U e i D h c i l k r i w n e h e i z e g i n e w r u n h c o D . t s h c ä w , h c s l a f s l a e i s s a w m e d s u a n e z n e u q e s n o K t a h y t ü l r e t t u S d n a n d r e F . i n e b a h t n n a k r e . n e h c o r p s e g n e n h i n o v n e g i n i e Szenische Lesung und Autorengespräch 28. März, 18:30 Uhr in der Albertina A N Z E I G E Wir leben, so Metz, in einer Entscheidungsgesell- schaft. Jeden Tag müssen wir vielfach urteilen, mal nach Bauchgefühl, mal nach Regeln, mal ganz über- legt. Jede dieser Entscheidungen versuchen wir zu rationalisieren – auch vor anderen. Da ist das Augen- maß ganz praktisch. Besonders in bewegten Zeiten, in Krisen, soll die Bemerkung, man agiere mit Augen- maß, beruhigen. Bloß keine Panik. Seit dem 18. Jahrhundert wurde das optische Mes- sen und Schätzen zuerst in handwerklichen und äs- thetischen Diskussionen hervorgehoben. Es wurde Künstlern wie Michelangelo zugeschrieben, weshalb dem Begriff auch etwas von Geniekult anhaftet. Dann entdeckte das Militär das Augenmaß für sich: Es sorgt nicht nur für Überblick auf dem Schlachtfeld, son- dern beinhaltet auch die Wahl der richtigen Strategie. t i m ge, verheißt heute »Disruption« Erfolg für wenige und den wirtschaftlichen Niedergang der vielen. Nach der Ära der »Humanitären Intervention« ist der »Krieg« zurück. Die Einträge lesen sich trotz Fußnoten wenig aka- demisch. So ist leicht ein Überblick auf bestimmende Begriffe zu haben. Und nebenbei erfährt man interes- sante Details. Beispielsweise, dass »Achtsamkeit« aus einer buddhistischen Meditationsanleitung für Sozi- alarbeiter stammt. TOBIAS PRÜWER ■ Ulrich Bröckling, Susanne Krasmann und Thomas Lemke (Hg.): Glossar der Gegenwart 2.0. Berlin: Suhrkamp 2024. 418 S., 24 € Update nach 20 Jahren Das »Glossar der Gegenwart 2.0« vermisst den Zeitgeist Update: Dass sich das »Glossar der Gegenwart 2.0« als eine Fortschreibung versteht, wird bereits aus der Versionsnummer erkennbar. Es aktualisiert und nuanciert den 2004 erschienenen Vorgänger, ersetzt aber nicht dessen Einträge. Neue Begriffe ergänzen das Bild, denn auch die neue Ausgabe ist ein Werk- zeug, um den Zeitgeist besser zu verstehen. Das erste Glossar stellte den Versuch dar, die Ge- sellschaft aus ihren Selbstbeschreibungen heraus zu deuten, die sozial handlungsanleitend waren; etwa Schlagworte wie »Beratung«, »Projekt« und »Bran- ding«. Im neuen Glossar, an dem 25 Autoren beteiligt sind, kann man durch den Vergleich interessante Ent- wicklungslinien erkennen. War damals »Virus« ein Schlagwort – vor allem als Schadsoftware –, so ist es nach der Pandemieerfahrung die »Ansteckung«. »Ter- ror« und »Sicherheit« helfen gegen die »Unsicherheit«; »Resilienz« ist gefragt. Konnte man das »Risiko« anno 2004 mit »Evaluation« und »Monitoring« überwachen, schützen heute »Agilität«, »Tracking und Tracing« vor »Vulnerabilität«. Damals war man hoffnungsvoller, was individu- elle Handlungsmöglichkeiten anging. Mit »Wissen« und »Lebenslangem Lernen« manövrierte man sich irgendwie durch die Informationsgesellschaft. Heu- te bewegt »Nudging« mit Tricks und Täuschung zum Handeln. »Populismus« und »Postfaktisches« bedrohen die Ordnung der Hirne. Hielt 2004 eine Fortschrittserzählung viele Menschen bei der Stan- 66 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Rezensionen Kunstbuch Viele Augenblicke Ein Bildband zu DDR-Fotografi en des Anfang 2025 verstorbenen Fotografen Thomas Billhardt Geboren 1937 in Chemnitz, gestorben Ende Janu- ar 2025: Der Fotograf Thomas Billhardt schuf zu DDR-Zeiten Klassiker der visuellen Kultur – ob sei- ne Aufnahmen aus Vietnam, aus Kuba oder von der sogenannten Druschba-Trasse, ob Wahlplakate oder Protokollstrecken von Staatsfeierlichkeiten. Für den Mitteldeutschen Verlag sortierte er sein umfangrei- ches Fotoarchiv aus der Zeit von 1956 bis 1990 und erzählte in einem umfassenden Interview aus seinem Leben, von der Fototechnik und von den großen Ver- änderungen in der Gesetzeslage zum Fotografi eren im öff entlichen Leben, die es ihm in den letzten Jahren verleidet hatte. Herausgekommen ist mit »Augenbli- cke« ein sehr interessantes Buch, in dem Billhardt die Gegensätze in den Jahrzehnten zeigt – in unterschied- lichen Kapiteln wie Mauerbau, Staatsapparat, Alltag oder junge Leute. Die Bilder sind sowohl in Farbe – das früheste ist eine Leipziger Hofansicht von 1957 – als auch schwarz-weiß gehalten. »Das ist alles Schwerstarbeit. Meine Bilder sind erkämpft .« – aus »Augenblicke« mit den Arbeiten von Richard Avedon, Robert Capa oder Henri Cartier-Bresson an. Später schätzte er die Fotografi en von Evelyn Richter, Robert Lebeck und Barbara Klemm. Für sein Diplom legte er eine Doku- mentation des Berliner Alexanderplatzes vor. Der Bildband zeigt viele längst nicht mehr vor- handene Institutionen und Orte. Sehr nah dran war Billhardt beim Besuch von Juri Gagarin und Walen- tina Tereschkowa 1963 in der DDR und bei dem von Fidel Castro 1972. Viele Aufnahmen zeigen das bunte Deutschlandtreff en 1964 in Berlin, aber auch den Drill im Jugendwerkhof »Jugendhaus« 1963 in Dessau. Der Band endet mit einem Foto von der durchlöcherten Berliner Mauer im Sommer 1990. Im Interview erzählt Billhardt von seinen Er- fahrungen mit der digitalen Fototechnik. Erst 2017 kauft e er sich eine digitale Kamera und schätzte die geringe Last im Gegensatz zur früheren 80-Kilo-Foto- ausrüstung. Die nun erfahrene Leichtigkeit kam sei- ner Arbeitsweise sehr nah, Augenblicke einzufangen. Inszenierte Fotografi e lehnte er zeitlebens ab. BRITT SCHLEHAHN ■ Thomas Billhardt: Augenblicke. DDR-Fotografien 1956–90, Halle: Mitteldeut- scher Verlag 2024. 240 S., 40 € Das Cover zeigt einen »Kinderwagenbus« 1959 in einer Leipziger Straße. In Leipzig studierte Billhardt, nachdem er bei seiner Mutter, die in Chemnitz ein Porträtfotostudio besaß, das Handwerk erlernt hatte. In der Deutschen Bücherei sah er sich die Bildbände Kurze Leben fü r die Freiheit Irme Schaber zeigt das Leben von Gerda Taro und Robert Capa – und die Spuren, die sie in Leipzig hinterlassen haben Eine lachende Frau und ein ihr lächelnd zuge- wandter Mann in einem Café. Der Mann mit An- zug und Krawatte, sie mit Tuch und Baskenmütze. Das Schwarz-Weiß-Foto auf dem Cover des Bandes »Freiheit im Fokus. Gerda Taro und Robert Capa in Leipzig« ist mit einem Stempel versehen: »Reportage Capa & Taro« ist darauf zu lesen. Der Band von Irme Schaber ist im Leipziger Verlag Hentrich & Hentrich erschienen. Auch wenn das Cover-Foto nicht aus Leipzig, sondern aus Paris 1935/36 stammt, verbindet es viel mit der Messestadt. Fred Stein nahm es auf der Terrasse des Café du Dôme auf, vor seiner Flucht studierte er in Leipzig Jura. Gerda Taro, eigentlich Gerta Pohorylle, geboren in Stuttgart, kam mit ihrer Familie 1929 nach Leipzig. In der Springerstraße 32 fi nden sich am Ort der ehemaligen Wohnung Stolper- steine für die Familie. Sie zählte zum Kreis um die Antifaschisten Karl und Dina Gelbke. Im März 1933 wird Taro in Schutzhaft genommen und fl ieht mit ih- rer Freundin Ruth Cerf nach Paris. Dort lernt sie im September 1934 den aus Ungarn stammenden Foto- grafen André Friedmann kennen. Auf Gerdas Idee hin legen sie sich die Namen Gerda Taro und Robert Capa zu, gehen zusammen in den Spanischen Bürgerkrieg. Taro dokumentiert die bewaff neten Frauen, Capa den fallenden Soldaten. Sie stirbt am 26.7.1937 und erhält einen riesigen Trauerumzug zum Pariser Friedhof Père-Lachaise an ihrem 37. Geburtstag. Capa verlässt Paris, geht nach China, wird als größter Kriegsfotograf gefeiert und kommt zum Ende des Krieges nach Leip- zig. Dort nimmt er den sterbenden US-Soldaten im heutigen Capa-Haus – dem Verlagssitz – auf, gründet im Frühjahr 1947 gemeinsam mit Chim (eigentlich David Szymin, der vor 1933 in Leipzig an der Kunst- akademie studierte), Henri Cartier-Bresson, George Rodger und William Vandivert die Fotografenagentur Magnum Photos. Im Mai 1954 endet sein Leben wäh- rend einer Kriegsreportage für das Life-Magazin in Vietnam, als er auf eine Landmine tritt. Irme Schaber, die bereits die Taro-Biografi e 2013 veröff entlichte, be- schreibt die kurzen Leben der zwei Fotografi erenden in fünf Absätzen kompakt und gut verständlich. Ein wichtiges Buch, das zudem noch einiges Unbekann- tes in der Leipziger Stadtgeschichte aufzeigt. BRITT SCHLEHAHN ■ Irme Schaber: Freiheit im Fokus. Gerda Taro und Robert Capa in Leipzig. Leipzig: Hentrich & Hentrich 2024. 112 S., 18,90 € »Eine Fotografi e, die über soziale Bedeutung und ästhetischen Gewinn hinaus den Blick auf die Welt zu weiten vermochte.« – aus »Freiheit im Fokus« 68 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Wörter in Stein Ein Buch zur Architektur in Wien zwischen 1938 und 1945 Markus Kristan, geboren 1957, von 1992 bis 2022 Kurator der Architektursammlung in der Wie- ner Albertina, legt mit »Schwarz – Braun – Rot. Archi- tektur in Wien 1938–1945« ein sehr spannendes Buch vor. Es befragt die österreichische Hauptstadt nach ihrem Umgang mit noch vorhandenen Gebäuden aus dem Nationalsozialismus. Kristan möchte mit der Ar- beit »eine kritische Annäherung an das bauliche Erbe des NS liefern. Zugleich soll mit ihr dem aus Verdrän- gungsstrategien erwachsenen systematischen Verges- sen entgegengesteuert werden.« Dem Autor zufolge stellte der Einmarsch der Deutschen am 12. März 1938 für die »österreichische Architektur den ent- scheidenden Einschnitt, der zum vollständigen Ab- riss der Beziehungen zum Internationalen Stil führ- te« dar. Gleichzeitig finden sich in Nachkriegsbauten noch NS-Reliquien. Nach einer fundierten Einleitung, in der Kristan diskutiert, was Naziarchitektur bedeutet, welche Bau- formen für die unterschiedlichen Bauaufgaben zur Anwendung kamen und welche Institutionen zum Baugeschehen existierten, in der er außerdem Kunst am Bau thematisiert, beschreibt er über hundert Ge- bäude vom 1. bis zum 23. Bezirk. Angefangen vom un- terirdischen »Führer-Bunker« im Hotel Imperial steht zu Beginn einer jeden Beschreibung von Gebäuden immer eine Listung zu Adresse, Bauzeit, Architekt und, wenn vorhanden, Bildhauer und Bauherr, außer- dem, ob und wie viele Wohnungen sich im Gebäude befinden, eine Einschätzung des Erhaltungszustands und ob die Möglichkeit einer Besichtigung besteht. Daran schließt sich ein Text zur Entstehung und zum Zustand bis zur Gegenwart an, der die geführten De- batten einordnet. Dem folgen Literaturangaben und Abbildungen. Am Ende des Buches können die Bio- grafien der Akteure nachgelesen werden – nur am Rande sei darauf verwiesen, dass sich unter den zahl- reichen Architekten und Bildhauern lediglich zwei Frauen befinden. Das Buch ist höchst interessant auch für Men- schen, die nicht in Wien leben. Es regt dazu an zu schauen, was in der eigenen Umgebung eigentlich aus dieser Zeit stammt und wie damit umgegangen wurde und wird. BRITT SCHLEHAHN ■ Markus Kristan: Schwarz – Braun – Rot. Architektur in Wien 1938–1945. Wien: Böhlau 2024. 368 S., 45 € »Basis für Hitlers Architektur geschmack ist das bierselige kleinbürger- liche Milieu, aus dem er kommt.« – aus »Schwarz – Braun – Rot« Schule der Arbeit Ein Text-Bild-Band zu einem vergessenen Gebäude der Arbeiterbildung in Leipzig-Schleußig Ein Tonmodell von einem Haus mit Flachdach eröffnet die Ausführungen der Leipziger Künst- lerin Ute Richter zur Schule der Arbeit. Das Haus nahe dem Auwald in der Schleußiger Stieglitzstraße entstand als Gebäude der Arbeiterbildung nach den Plänen des Hallenser Architekten Johannes Niemeyer unter Leitung von Gertrud Hermes. Die Institution existierte von 1928 bis zur Schließung im März 1933. Heute in Privatbesitz zeigt die hintere Umschlagseite den gegenwärtigen Zustand als Wohnhaus. Das Buch von Ute Richter verfolgt den Weg zur Schule der Arbeit im Rahmen der Leipziger Erwach- senenbildung und die Entwicklung des Raumes für das gemeinsame Zusammenleben und Lernen von jungen, männlichen Erwachsenen mit der Leiterin in diesem Haus, bis die Schule überfallen und geschlos- sen wurde. Bauakten, Grundrisse, Fotografien von der Eröffnung lassen ein Bild von einer neuen Bildungs- einrichtung erkennen, die sich an der Reformpäda- gogik zu Beginn des 20. Jahrhunderts orientiert. Ge- meinsam lernen und leben und dabei nicht den Blick auf die Veränderung der gesellschaftlichen Verhält- nisse vergessen – so lautete das Motto der Initiatorin Gertrud Hermes. Geboren 1872 in Berlin, wandte sie sich nach ihrer Ausbildung als Lehrerin der Arbei- terbildung zu, wurde Wanderlehrerin, kam 1922 als Fachreferentin an den Leipziger Bücherhallen in die Stadt, widmete sich der Erwachsenenbildung und lei- tete ein Volkshochschulheim in einem Connewitzer Wohnhaus. Das Haus in Schleußig stellte in seiner Ge- stalt und Form eine Umsetzung ihrer pädagogischen Vorstellungen dar. Hier wohnten die jungen Arbeiter über einige Monate zusammen, gingen von hier aus zur Arbeit und studierten gemeinsam in den Abend- stunden und am Wochenende. Die Recherchen im Buch begleiten Zitate aus einer Umfrage des Leipziger Volksbildungsamtes. Das befragte im Jahr 1924 junge Arbeiter, was sie vom Leben erwarten. Ute Richter verfolgt die Geschichte des Hauses nach 1933 bis zur Gegenwart. Die Stadt verkaufte die ehemalige Schule der Arbeit 2004. Richters Recher- chen, die bisher als Film und Interventionen im öf- fentlichen Raum zu sehen waren, finden nun ihren Abschluss in diesem sehr informativen und wichtigen Buch zur Leipziger Stadtgeschichte. BRITT SCHLEHAHN ■ Ute Richter: Prototyp 1928–1933. Berlin: Verbrecher 2025. 128 S., 24 € »Dieses Haus quengelt immer noch.« – aus »Prototyp 1928–1933« 70 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Rezensionen Comic »Versteh mich nicht falsch. Es hat ein paar gute Aspekte …« – aus » Life Coach Couch« Vom Leben im Liegen In Kalina Muhovas »Life Coach Couch« will eine unterschätzte Mitbewohnerin doch nur helfen Auf den ersten Seiten der Graphic Novel werden Details des Gesichtes der Protagonistin gezeigt, ansonsten ist sie entweder von hinten zu sehen oder sie verbirgt ihr Gesicht in ihren Händen. Neben Schwarz und Weiß ist Rot zu Beginn die einzige Far- be und auf einigen Zeichnungen wirkt es, als sei die Bleistift grundierung noch nicht in Gänze wegradiert worden. Diese Reduziertheit und Unfertigkeit passen zum Stil, denn das Leben der Protagonistin, wie wir es kennenlernen, scheint ebenso reduziert und unfer- tig zu sein – sie also fertig. Dies zeigt sich auch durch kleine Details auf der zeichnerischen Ebene, die die Gemütslage der Protagonistin widerspiegeln: ein um- gekipptes Glas, ein zerknüllter Abschiedsbrief, der dann auch noch neben dem vollen Mülleimer landet, die leeren Flaschen – sie alle stehen für ein aus den Fugen geratenes Dasein. Das Klischee des direkten Schlucks aus der Weinfl asche ist bei der Detailver- liebtheit verzeihbar. Die slapstickhaft e Unfähigkeit beim Selbstmordversuch könnte fast lustig wirken, wenn die Situation nicht so traurig wäre. Hier wird die Schwere einer Depression körperlich erfahrbar und kurz lösen sich die Konturen auf, als beginne die Protagonistin bereits zu verschwinden. Schöner Kniff : das Buch im Buch der unterschätzten Mitbewohnerin. Hier wird mit Sprache gespielt, auch wenn einige Sprüche direkt aus der Yogitee-Redaktion zu kommen scheinen. Es gibt Durchstreichungen und kleine Korrekturen wie in einem privaten Notizheft und die jede Textseite begleitenden Zeichnungen be- kommen zusätzliche Farben spendiert. Nun werden die Zeichnungen voller, unübersichtlicher, auch roher und derber, und konterkarieren häufi g das geschrie- bene Wort. Dazu liegt dann auch noch die Protagonis- tin irgendwo rum: So entstehen einige durchaus ko- misch anzuschauende Wimmelbilder für Erwachsene. Auch wenn das end wohl nicht als happy bezeichnet werden kann, so wird doch zumindest mal aufgestan- den. Ob wegen oder trotz der sich als Therapeutin ge- rierenden Mitbewohnerin, sei selbst nachgelesen. MARTIN BURKERT ■ Kalina Muhova: Life Coach Couch. Aus dem Englischen von Christoph Schuler. Zürich: Edition Moderne 2024. 80 S., 24 € Brüssel sehen François Schuiten und Benoît Peeters off enbaren die Quelle ihrer »Geheimnisvollen Städte« Das Duo steht seit Langem für die wunderbare Ver- mählung von Comic und Architektur: Schuiten und Peeters. Während der Zweite als Szenarist die fantastischsten Storys erfi ndet, setzt diese der Erste in atemberaubenden Zeichnungen um. So begutach- tet man den Außenbahnhof von Xhystos, die Zeit- pforte aus der Somoniten-Wüste und den Kanal von Alaxis. Oft mischen sich Jugendstil und Brutalismus, etwa wenn eine mondsüchtige Frau im legendären Brüsel vor Hochhausstufentürmen auft ritt. Dass es sich dabei um eine Parallelwelt von Brüssel handeln musste, war zu vermuten. Mit der vorliegenden Hom- mage wird der Verdacht bestätigt: »Brüssel. Der große Traum«. François Schuiten und Benoît Peeters, beide wuchsen in Brüssel auf und leben dort, haben nun ihrer Heimat- stadt eine grafi sche Erzählung gewidmet. Neben der in groben Zügen abgehandelten Stadtgeschichte gibt es kleine Texte über besondere Begebenheiten und Bau- werke. Klar, viele wissen, dass das »Kommunistische Manifest« hier entstand. Von verwegenen Ballonfl ügen und verschrobenen Typen, die mit der belgischen Me- tropole verbunden sind, lesen nicht wenige sicher das erste Mal. Angereichert ist das auf Textebene mit Aus- zügen von Beobachtern früherer Zeiten. Schon dieser ausgewählte Blick macht das Album besonders. Herausragend fallen wieder die Archi- tekturzeichnungen aus, mal in Farbe und mal in Schwarz-Weiß getuscht, auch Pastellkreiden gehören zu den eingesetzten Mitteln. Verschwundenem wird noch einmal Leben eingehaucht und Monumentales wird geerdet, etwa wenn Katzen vogelfangend auf Figuren am Justizpalast herumklettern. Schuiten erlaubt sich famose Lichtspiele: Helle Strahlen bre- chen durch von Jugendstil eingerahmtes Glas im Bo- tanischen Garten, Licht durchfl utet Plätze und über einer grandios inszenierten Stadtsilhouette reißen dunkle Himmel auf. TOBIAS PRÜWER ■ François Schuiten, Benoît Peeters: Brüssel. Der große Traum. Aus dem Franzö- sischen von Resel Rebiersch. Hamburg: Schreiber & Leser 2025. 128 S., 29,80 € »Brüssel hat uns mit seinen Ungereimtheiten und seinem Chaos geprägt, aber auch mit seiner Vielfalt und seiner Lebensqualität, seinen off ensichtlichen und seinen eher verborgenen Schönheiten.« – aus »Brüssel. Der große Traum« 72 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | COMIC Zurück nach Marathon Mit »Ginsengwurzeln« kehrt Craig Thompson in die US-Provinz zurück Aufdecken, aufstehen, um vorm Morgengrauen den Ferienjob anzutreten. So schleppt sich das Brüderpaar vorm rot erstrahlenden Horizont auf die Ginseng-Felder. Ginseng in den USA? Ja, Craig Thompson und sein Bruder waren als Schüler Teil des Anbaus von amerikanischem Ginseng. Davon erzählt er im neuen Comic, der Leerstellen von »Blankets« füllt. Mit diesem grafisch erzählten Bildungsroman setzte der Autor Maßstäbe. Nun, 21 Jahre später, er- zählt er wiederum auf mehreren hundert Seiten in ei- ner eigenwilligen Mischung aus Humor und Ernst in feinen Zeichnungen aus seiner Jugend und kreuzt das mit der Kulturgeschichte der Ginseng-Wurzeln. vom Comic-Zeichnen zu erinnern. Zumindest zeigt er mit »Ginsengwurzeln«, dass er dazu noch imstan- de ist. Noch ausgereifter ist hier die für ihn typische Überblendung von Realismus und Cartoons. Zum fei- nen schwarzen Strich kommen vielerlei Rottöne als ergänzende Farbe hinzu und schaffen stimmungsvol- le Lichteffekte. Wenn sich die Geschichte manchmal auch zu sehr verästelt, überzeugt die grafische Ebene stets. TOBIAS PRÜWER ■ Craig Thompson: Ginsengwurzeln. Aus dem amerikanischen Englisch von Matthias Wieland. Berlin: Reprodukt 2024. 456 S., 39 € Erneut ist es eine Sinnkrise, die Thompson ins autobiografisch inspirierte Werk trieb: Er haderte mit dem Comic-Zeichnen, das lange Zeit seine Le- bensaufgabe war. Immer wieder kommt er in »Ging- sengwurzeln« zu seinem Erweckungserlebnis zurück: In den Comics fand er Sinn. In sie flüchtete er, wenn die äußere Welt mal wieder zu grau oder grausam war. Sie waren das Ziel, mit dem er die schwere Fe- rienarbeit überstand, denn damit finanzierte er seine Comic-Sammlung. Dazu kommt der zweite inhaltli- che Strang: In Nordamerika wächst wilder Ginseng, der zum in China willkommenen Exportgut wurde. Nach dessen Beinahe-Ausrottung wurde er angebaut, daraus erwuchs ein ganzer Zweig der Agrarindustrie. In den Achtzigern war Thompsons Heimat Marathon, Wisconsin, der größte Produzent von US-Ginseng – und er als Ferienarbeiter mittendrin. Wenn er nun zu seinen Wurzeln zurückkehrt, dann vielleicht auch, um sich an seinen alten Traum »Comics waren für mich wie Kirche.« – aus »Ginsengwurzeln« Das unwahrscheinlichste Duo seit Calvin und Hobbes Im ersten Band von Lewis Trondheims »Aurora und der Ork: Ein Neuer an der Schule« geht es unter anderem um Toleranz, Schlachtengemälde und unterschiedliche Speisepläne Eine Schule als Haupthandlungsort, eine Schülerin und ein neuer Mitschüler als Hauptfiguren, dazu leicht schräge Eltern und vermeintlich unverstän- diges Lehrpersonal: Was aussieht wie ein Comic für Kinder, entpuppt sich recht schnell als gewitztes und zuweilen tiefgründiges Lesevergnügen für alle Alters- gruppen. Ein neuer Mitschüler taucht an Auroras Schule auf; bedingt durch die Sitzplatzwahl kommen sich die beiden etwas näher – so weit, so bekannt. Doch handelt es sich bei dem Neuen um einen namenlosen Ork aus einem Kriegsgebiet und so fallen die kultu- rellen und habituellen Unterschiede origineller und absurder als in ähnlich gelagerten Geschichten aus. Die Prämisse – der Neue ist ein Ork und nur Aurora scheint das merkwürdig zu finden – ist so simpel und schräg, dass Trondheim darauf eine herrlich lustige, tiefsinnige und hochaktuelle Geschichte aufbauen kann, in der leichtfüßig Themen wie Freundschaft, Gruppenzugehörigkeit, Anderssein, Fremdsein und Perspektivwechsel besprochen werden. Die Handlung verläuft in kurzen Episoden und grund- sätzlich linear, wir folgen den beiden Hauptfiguren durch die erste Zeit ihrer Bekanntschaft. Dabei gibt es auf jeder Seite eine Pointe, die beide unterschied- lich lustig ausfallen. Das Figurenensemble wird einem schnell vertraut und besonders die Chemie zwischen Aurora und dem Ork ist hinreißend ambivalent, die naive Fröhlichkeit des Orks entwaffnend. Die Zeichnungen sind farbenfroh, mit leichtem Strich, die Figuren einfach auseinanderzuhalten. Es gibt keine klassischen Panels, vielmehr beschränkt sich Trondheim zumeist auf ein Übersichtsbild und belässt es dann bei den für die Handlung und den Witz nötigen Elementen. Das genügt zweifellos. Der zweite Band »Gestrandet bei den Elfen« erscheint im Juni 2025. MARTIN BURKERT ■ Lewis Trondheim: Aurora und der Ork. Ein Neuer an der Schule. Aus dem Fran- zösischen von Ulrich Pröfrock. Berlin: Reprodukt 2024. 64 S., 15 74 www.kreuzer-leipzig.de

Sounds like Teen Spirit Von Demenz, Liebeskummer und Popkultur: Tobias Wagners »Death in Brachstedt« Gut ist ein Jugendbuch, wenn der Sound stimmt und man den jungen Helden und Heldinnen ihr Alter abnimmt. Bei Tobias Wagners »Death in Brach- stedt« stimmt der Sound: lakonisch, überdreht, wü- tend, hilflos – ein ständiges Auf und Ab der Gefühle, durch das Leo, 15-jähriger Protagonist, hindurchnavi- giert: »Das Leben ist eine Reihe von Katastrophen mit nur kleinen Breaks der Glückseligkeit.« kommentarlos verschwunden ist, nimmt Lisa ihn erst einmal bei sich auf, und Leo hat nicht nur Ferien, son- dern auch sturmfrei. Der cinephile Henri (Lieblingsre- gisseur: Quentin Tarantino), den Leo zu sich einlädt, beschließt, einen Kurzfilm zu drehen. Am Ende der Woche wollen ihn die beiden ihren Freunden bei ei- ner Party präsentieren. Kurzerhand macht Henri Leo, der sich sonst eher treiben lässt, zum Hauptdarsteller. Dass die nächsten Tage chaotisch werden, liegt in der Natur der Sache. Außerdem Mitwirkende in der Geschichte: ein Ob- dachloser, der den beiden Freunden einen geheimnis- vollen Schlüssel zusteckt, ein Supermarktverkäufer, der dem Musiker Jens Friebe ähnelt, eine Frittenver- käuferin à la Sibel Kekilli sowie eine imaginäre Nora Tschirner, die Rat in verfahrenen Situationen weiß. Die popkulturellen Referenzen sind zahlreich und sorgen trotz mancher Nackenschläge für einen immer wiederkehrenden heiteren Ton. Die Figuren sind au- thentisch gezeichnet, das Erzähltempo ist hoch und immerzu passiert Überraschendes. Filmreif! ANDREA KATHRIN KRAUS ■ Tobias Wagner: Death in Brachstedt. Weinheim: Beltz & Gelberg 2025. Ca. 208 S., 14 €, ab 14 J. LOGBUCH | BÜCHER Zu den Katastrophen in Leos Leben gehört seit einiger Zeit die fortschreitende Demenzerkrankung seines Vaters, mit dem er nach dem frühen Tod seiner Mutter allein zusammenlebt. Glücklicherweise stehen ihm Tante Lisa und sein bester Freund Henri zur Sei- te. Nachdem der Vater wieder einmal einen Tag lang »Mein Leben mit Papa, dem gesunden Papa, der sich um alles kümmert, damit ich unbekümmert durch mein kleines Leben trödeln konnte, kam mir vor wie eine Serie, die ich als Kind geliebt hatte.« – aus »Death in Brachstedt« Papas Panther Das etwas andere Bilderbuch Ja, Menschen mit sichtbaren Tattoos sind noch im- mer gewissen Vorurteilen ausgesetzt. Beim Famili- enausflug am Strand fragte mich jemand mal ernsthaft nach der Anzahl der Jahre, die ich im Knast gewesen sei. Umso größer meine Freude, als ich endlich »Pa- pas Tattoos« in den Händen hielt. Das Kinderbuch rückt mit wenigen Worten und in vielen Farben einen stark bebilderten Vater und seine Tochter ins Licht. In dieser Familie ist alles ziemlich normal: Es gibt einen winzigen Hund, ein fantasievolles Kind und ei- nen Vater, der abends auf der Couch einschläft. Wenn das passiert, dann beginnt für Emilia das Abenteuer. Denn auf Papas Haut tummeln sich nicht nur Schlan- gen, Monde und Diamanten, sondern auch Panther, Matrose und allerlei Fabelwesen — wer will da nicht mitspielen? Dass diese regelrecht lebendig werden können, ist übrigens nicht nur eine schöne Geschich- te. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass die Tätowierungen der Eltern für Kinder regelrecht inspirierend sein können. Der Panther auf dem Hand- rücken meines Mannes steht unserem Kind oft bei seinen Erlebnissen bei. Die Illustrationen in so einem Buch müssen natürlich absolut authentisch sein. Die- ser Aufgabe wurde Ana Sender mehr als gerecht. So ist »Papas Tattoos« nicht nur eine liebevolle Kinder- geschichte, sondern stark angelehnt an altbekannte traditionals und damit ein regelrechtes flashbook der Handwerkskunst. Und eine Avocado gibt es auch – auf dem rechten Oberschenkel. LINN PENELOPE RIEGER ■ Nicolás Schuff (Text)/Ana Sender (Ill.): Papas Tattoos. Übersetzt aus dem Spanischen von Silke Kleemann. Hamburg: von Hacht 2025. 32 S., 18 €, ab 2 J. 76 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | BÜCHER Jein! Im neuen Buch von Christine Werner sucht Baldur nach mehr Entschlussfreudigkeit Soll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber »›Shit happens‹, würde Oma sagen.« – aus »Hilfe, die Welt hat ein Loch« sein? Diese Frage stellt Baldur jedes Mal vor eine Herausforderung. Eigentlich ist er ein selbstbewuss- ter, kluger und vor allem auch sympathischer Junge. Aber um sich zu entscheiden, braucht er manchmal so lange, bis ihm die Entscheidung abgenommen wird. Alle Argumente geht er mit Hilfe von zwei klei- nen Figuren durch, um keine Möglichkeit zu überse- hen: Emil ENT und Waldemar WEDER. Bis er eines Tages die Brille seines Großvaters fi ndet, mit der er durch Wände schauen kann. Diese neue mysteriöse Fähigkeit zwingt ihn jetzt in brenzligen Situationen dazu, sich schnell zu entscheiden. »Hilfe, die Welt hat ein Loch« ist empfohlen für ein Lesealter zwischen acht und elf Jahren und da- mit perfekt für Kinder, die lernen müssen, für sich selbst zu entscheiden. Baldurs Nachbarschaft ist voll mit liebenswerten Figuren, die zwar recht typische Muster bedienen, aber durch kleine Marotten ihren eigenen Charakter entwickeln. Außerdem bringt die unerklärliche Brille einen fantastischen Aspekt in die Geschichte ein, der off en bleibt für Interpretation. Vielleicht ist sie magisch, vielleicht steckt die Fähig- keit, sich zu entscheiden, schon immer in Baldur. So bietet das Buch auch eine gewisse Herausforderung, während Stil und Humor absolut angemessen sind für die Altersgruppe. Besonders schön ist, dass die Geschichte keine unnötigen Nebenschauplätze auf- macht, sondern bei einem Thema bleibt. Gleichzeitig ist Baldur ein kleiner Forscher, der immer mal wieder Fakten über Staub oder Tiere in seine Erzählung ein- streut. Die Illustrationen von Toni Hamm runden das Gesamtbild ab und nach sorgfältiger Abwägung aller Argumente ist die Entscheidung leicht: »Hilfe, die Welt hat ein Loch« ist ein wunderbares Buch. ALEXANDER BÖHLE ■ Christine Werner (Text)/Toni Hamm (Ill.): Hilfe, die Welt hat ein Loch. Zürich: Woow Books 2025. 144 S., 14 €, ab 8 J. Stille Post William leidet unter den Streitereien seiner Eltern. Eine zauberhaft e Fliege hilft in der Not Es ist Sonntag, der entspannteste Tag der Woche, aber William ist gestresst. Seine Eltern streiten ständig, und heute ist es besonders schlimm: Beim Sonntagsessen mit der ganzen Familie schweigen sich die Eltern nur noch an. Das macht den Sechsjährigen traurig, etwas zu sagen, traut er sich nicht. Was mit zurückhaltender Handlung beginnt, ent- wickelt sich bald zu einem wilden Abenteuer. Denn William trifft auf den Fliegenkönig – eine vier Wo- chen alte, goldgrüne »Scheißhausfl iege«, die sprechen kann und Kinderträume wahr werden lässt: Das ma- gische Insekt verkleinert William, damit er auf ihr mitfl iegen kann. Auf einmal ist zu Hause alles riesen- groß. Die Fliege sieht aus wie ein gefl ügeltes Pferd, die Spielburg sieht aus wie eine echte Ritterburg und die Wohnzimmereinrichtung wirkt von oben wie ein rie- siges Gebirge. William – vom Fliegenkönig »Willi« ge- nannt, obwohl ihm das gar nicht so recht ist – hat auf »Wenn du ein bisschen kotzen musst, dann tu es einfach, das ist besser als ein Unfall.« – aus »William und der Fliegenkönig« dem Rücken des Zweifl üglers eine Aufgabe. Er soll die rechten »Schwingkölbchen« (die Hinterfl ügel der Flie- ge) reparieren, damit sich der Sechsfüßer beim Flie- gen nicht mehr nur im Kreis dreht. Eine spannende Mission, die zu einer noch größeren führt. Denn auch die königliche Schmeißfl iege kann die Streitereien nicht einfach wegzaubern. Also setzt der winzige Wil- liam seinen Eltern einen Floh ins Ohr. Und der schafft es sogar bis ins Herz. William und der Fliegenkönig führen vertraute, lustige und ernste Gespräche. Es entfaltet sich eine Freundschaft , die man gerne über sechzig Seiten verfolgt. Und für Kinder ab fünf Jahren eignet sich das Abenteuer auch zum Vorlesen. Viel- leicht vor allem dann, wenn es Streit zu Hause gibt. NASTASJA KOWALEWSKI ■ Carl-Christian Elze: William und der Fliegenkönig. Berlin, Dresden: Voland & Quist 2025. 64 S., 18 €, ab 5 J. ANZEIGE y s s e k é z S . T : n o i t a r t s u l l I Klett Kinderbuch – Lesungen zur Messe Bjørn F. Rørvik – „Fuchs & Ferkel – Tücken mit Mücken“ mit Bastelworkshop Samstag, 29.03., 11 Uhr – Haus des Buches Sonntag, 30.03., 11 Uhr – Theater der Jungen Welt i t r e k e W C . : n o i t a r t s u l l I Stefan Schwarz – „Wir Kinder von früher – Der große Wurf“ u. a. Samstag, 29.03., 20 Uhr – Mädlervilla (Eintritt: 14 €) Weitere Infos: www.klett-kinderbuch.de/aktuelles.html Weitere Infos: www.klett-kinderbuch.de/aktuelles.html

LOGBUCH | SERVICE MITTWOCH, DONNERSTAG TIPP S G R Ü J A T T I R R B : O T O F Doris Hermanns »Sand im patriarchalen Getriebe« Frauenbuchläden, Frauenverlage und mehr: Doris Hermanns erzählt die Geschichte der Frauen-Buch-Bewegung von ihren Anfängen bis heute. Von der Gründung der ersten Frauen-Buchhandlungen und -Verlage bis hin zur Entstehung von Frauenhäusern, -gesundheitszentren, -cafés und -theatergruppen. Vor allem aber dreht sich das Buch um das Women’s Book Movement und beleuchtet dabei auch internationale Verknüpfungen, feministische Buchmessen und Literaturpreise, die dazu beitragen, Autorin- nen und ihre Werke sichtbarer zu machen. ▶ Mi 26.3., 19 Uhr, Frauenkultur 27.03.2025 9 - 14 UHR 9.15 Sturm überm Winkelhaus Schulbesuch mit Buch, mit Julia Kahrs und Meike Blatzheim ■ Schulmuseum 10.00 Stefan Schwarz »Der große Wurf« Stefan Schwarz gibt in seinem ersten Kinderbuch Einblicke in eine besondere DDR-Kindheit ■ Bibliothek Gohlis 10.00 Nanna Foss »Die Geminiden« Die mit- reißende Fortsetzung der dänischen Urban- Fantasy-Bestsellerreihe SPEKTRUM ■ Bibliothek Grünau-Mitte 10.00 Reime schütteln, Buchstaben verdrehen, Worträtsel knacken Im Rahmen der Lyrik- Empfehlungen für Kinder: Ein wild zusam- mengewürfeltes Potpourri an Sprachspiele- reien, so bunt wie Konfetti! ■ Bibliothek Paunsdorf 10.00 Lesart Der Moderator Frank Meyer spricht auf der Leipziger Buchmesse 2025 mit seinen Gästen Alhierd Bacharevic, Helene Hegemann, Maryam Aras und Thomas Weiler ■ Messestand Deutschlandfunk / Deutschlandradio, Halle 2, H401 11.00 Johannes Herwig »Halber Löwe« Der Autor liest aus seinem neuesten Buch mit anschließendem kurzen Gespräch ■ Ausbild-Bar, Gutenberg Schule, Halle 5, G510 TIPP 11.00 Eröffnung Café Europa Gespräch und Lesung des belarussischen Schriftstel- lers Alhierd Bacharevič, Träger des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung 2025, mit seiner Laudatorin, der Literaturkriti- kerin, Autorin und Lektorin Sieglinde Geisel. ■ Café Europa, Halle 4, E401 11.00 »Wodukind« Wodukind, eine Geschichte über die Suche nach verlorenem Glück und von einem verschwundenen Kind. ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, H313 11.00 Elisa Hoven »Dunkle Momente« Die Autorin liest aus ihrem Roman ■ Forum Literatur, Halle 2, F400 TIPP 11.00 Bücher machen Über Klassenfra- gen beim Büchermachen und Beispiele der solidarischen Vernetzung und Organisierung sprechen Alyssa Fenner, Carla Schäfer, Lisa Mangold und Verena Maser ■ Forum Sachbuch + Wissenschaft, Halle 2, D500 TIPP 11.00 Nicol Hochholczerová »Dieses Zimmer kann man nicht essen« Liebesbezie- hung zwischen einer Schülerin und einem viel älteren Lehrer oder sexueller Missbrauch? ■ Globale Perspektiven, Halle 4, E305 10.00 Präsentation des Projekts zu reproduk- tiver Gesundheit von queeren Menschen in Sachsen-Anhalt Präsentation von Baer Judit ■ Messestand Hochschule Merseburg - Aktionsflä- che, Halle 2, D400 11.00 Tim Ruster »Astro Tims Sternstunden« Eine faszinierende Reise in das Universum und die Zukunft der Menschheit. ■ Hugendubel Messebuchhandlung, Halle 4, C500/ D500 10.00 Herman van de Wijdeven »Die schlech- 11.00 Julia Zejn, Tobi Dahmen »Stell dir vor!« 26.03.2025 18 - 20 UHR 18.00 17. Lange Leipziger Kriminacht Zu hören und sehen ist die Crème de la Crème der deutschsprachigen Krimiautoren. Mit Elizabeth Horn, Francis Mohr, Ingo Bott, Isabella Archan, Jan Beck, Lars Menz und Tilo Eckardt, moderiert von Elia van Scirouvsky ■ Leipziger Central Kabarett, Blauer Salon 18.00 Jan van Aken »Worte statt Waffen« Wie Kriege enden und Frieden verhandelt wird ■ Interim TIPP 18.00 L3 – Lange Leipziger Lesenacht Seit 2005 präsentiert die Lange Leipziger Lesenacht – kurz L.DREI – auf den vier Büh- nen der Moritzbastei die Vielfalt der jungen deutschsprachigen Literatur. Von 18 Uhr bis Mitternacht kann man zahlreichen Autorinnen und Autoren lauschen und durch die Keller- gewölbe der Moritzbastei flanieren. ■ Moritzbastei L.DREI 2 0 2 5 MIttwoch 26.3. MORITZBASTEI Clemens Meyer DOMENICO MÜHLENSIEFEN BETTINA WILPERT SUSANN REHLEIN CLEMENS BÖCKMANN KRISTINA SCHILKE KATHARINA BENDIXEN und viele andere... Einlass: 18 Uhr Tickets: moritzbastei.de Programm: ldrei.de TIPP 19.00 Doris Hermanns »Sand im patriarchalen Getriebe« Frauenbuchläden, Frauenverlage und mehr: die Frauen-Buch-Bewegung von ihren Anfän- gen bis heute ■ Frauenkultur 19.00 Eröffnung der Leipziger Buchmesse Verlehung des Buchpreies zur Europäischen Verständigung an Alhierd Bacharevič, moderiert von Sieglinde Geisel ■ Gewandhaus, Großer Saal 19.00 Vorhang auf! Neue Theaterstücke aus Norwegen Fredrik Brattberg und Kathrine Nedrejord im Gespräch mit Eivind Haugland ■ Grieg-Begegnungsstätte TIPP 19.00 Johan Harstadt Lesung ■ Grieg-Begegnungsstätte teste Idee in der Geschichte der schlechten Ideen« Lesung und Gespräch mit dem Autor des Kinderromans über Freundschaft, Eifer- sucht und Verrat ■ Stadtbibliothek Markkleeberg 10.00 Christine Werner »Hilfe, die Welt hat ein Loch!« Baldur hat den ultimativen Durchblick ... oder doch nicht? Lesung mit der Autorin ■ Stadtgeschichtliches Museum, Kindermuseum TIPP 10.00 Anna Fiske »Alle haben einen Po« Lesung und Workshop mit Anna Fiske ■ Theater der Jungen Welt 19.00 Ladies-Night der Holtzbrinck-Verlage Shelly Kupferberg im Gespräch mit Regina Denk, Sarah Lorenz, Susann Pásztor und Emily Rudolf ■ Ludwig. Presse und Buch 10.30 Christian Buske »ANNINARRA - Die Zukunft als Möglichkeit« Lesung über die Verantwortung der Menschen für eine Zu- kunft, die wir erreichen können und müssen ■ Forum Autoren@Leipzig, Halle 5, D501 19.00 The Night before Leipziger Buchmesse 10.30 Caren Benedikt »Das Grand Hotel Graphic Novel über Gebrauchsgegenstän- de gefertigt aus Rüstungsmaterialen der Nachkriegszeit. ■ Leseinsel Junge Verlage, Halle 5, G200 Besuche uns auf der Buchmesse. D u fi n d e s t u n s i n H a l l e 5 a n S t a n d H 2 1 6 . L e i p z i g . S u b j e k t i v . S e l e k t i v . Torsten Low stellt die Neuerscheinungen seines Verlags vor ■ No. 2 - Die Altstadtkneipe 19.30 Norwegische Literatur-Gala Lesung mit Matias Faldbakken, Tomas Espedal, Trude Teige, Erik Fosnes Hansen, Vigdis Hjorth, Joachim Król und Thomas Böhm ■ Haus des Buches 19.30 Leipziger Crime-Night Leipziger Crime Night im Schille Theater mit fünf verschie- denen Büchern, moderiert von David Gray, mit Stefan B. Meyer, Tom Hillenbrand und Volker Küpfel ■ Schille AB 20 UHR TIPP 20.00 Lyrikbuchhandlung 2025 Die Buchhandlung der Lyrikverlage: Der erste von drei Abenden mit Lyrik-Neuer- scheinungen von 42 Dichter:innen. ■ Galerie KUB, Lyrikbuchhandlung 20.00 Poetry-Slam zur Buchmesse Auf der Bühne sind einige der besten Slammerinnen und Slammer des deutsch- sprachigen Raumes ■ Kupfersaal Usedom - Stürmische Brise« Usedom 1904: Eine junge Frau zwischen Geheimnissen, Intrigen, Selbstverwirklichung und Liebe. ■ Forum Literatur, Halle 2, F400 10.30 Gregor Haniak »Ein Tag unter Bienen« Die Welt der Bienen: voll erstaunlicher Begebenheiten, interessanter Fakten und amüsanter Anekdoten ■ Forum Sachbuch, Halle 5, E700 10.30 Abu-Lala Mahar's poem Präsentation der deutschen Version von Avetik Isahakyans Ge- dicht Abu-Lala Mahar durch Armine Avetisyan und Sona Khechikyan ■ Globale Perspektiven, Halle 4, E305 10.30 Lena Gayoso »Von wegen Elche!« und Jenny Blok »Die magische Muschel« Freundschaft schließen trotz unterschiedli- cher Sprachen – geht das überhaupt? Und ob! ■ Lesebude, Halle 5, B101 10.30 Deine Revolution für Ungenauigkeit hat Zukunftswert Lyrik von Galina Rymbu (gele- sen von Tillmann Severin) & Alexander Graeff ■ Leseinsel Junge Verlage, Halle 5, G200 10.30 Sarah-Maria Köpf »Die Gemäldespringe- rin« Urban Fantasy trifft auf Romantasy und Spannung! ■ Phantastische Leseinsel 1, Halle 3, C504 10.30 Slowenisches poetisches Frühstück So nah, doch so anders - die vielfältige sloweni- sche Lyrik. Mit Aljaž Koprivnikar, Ana Marwan, Maja Haderlap, Nataša Velikonja und Tamara Štajner ■ Traduki Kafana, Halle 4, D403 11.00 Eröffnung des Gastlandstandes Willkommen zur Eröffnung des norwegischen Gastlandstandes mit Karl Ove Knausgård und Maja Lunde ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, D300/C301 11.00 Bettina Wilpert »Die bärtige Frau« Die Leipziger Lehrerin Alex reist übers Wochenende zu ihrer Mutter ins bayerische Heimatdorf. Gespräch der Autorin mit Tino Dallmann ■ Messestand MDR Kultur, Halle 2, H301 11.00 Eröffnung des Ukraine-Standes Begrü- ßung durch Veranstalter und Förderer ■ Messestand Ukraine, Halle 4, D309 11.00 Wie Kultur finanzieren Gespräch über Möglichkeiten der Kulturfinanzierung ■ Messestand Verband deutscher Schriftsteller:innen in Verdi, Halle 5, G505 11.00 »Rungholt, die versunkene Stadt« Was steckt wirklich hinter der Legende der Handelsstadt, die 1362 von den Fluten verschlungen wurde? Lesung mit Musik ■ Phantastische Leseinsel 2, Halle 3, B401 11.00 Dieter Thomä »Post-« Höchste Zeit also für die Verabschiedung der Postismen unserer Zeit. Gespräch des Autors mit Ulrich Gutmair ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 80 MI 26. DO 27. FR 28. SA 29. SO 30. www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | SERVICE DONNERSTAG TIPP L L E D N A S - R E T T E P : O T O F Tore Renberg »Die Lungenschwimmprobe« Der historische Roman des norwegischen Autors Tore Renberg spielt im Leipzig des Jahres 1681. Renberg greift den belegten Fall der jungen Anna auf, die des Kindsmords bezichtigt und verfolgt wurde, so wie viele andere Frauen zu dieser Zeit. An Annas Säugling wird jedoch ein bahnbrechender medizinischer Versuch durchgeführt, der alles ändern könnte: die Lungen- schwimmprobe. Tore Renberg ist auf der Messe zu Gast, führt Interessierte aber auch zu den Schauplätzen seines Romans. ▶ Do, 27.3., 14.30 Uhr, Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, D300/C301 ▶ Fr 28.3., 19 Uhr, Landgericht 12.45 Eröffnung des Übersetzungszentrums 13.00 Malte Borsdorf »Frau Schebesta räumt die Welt auf« Ein Roman, der sich vermeintlich leichtfüßig mit Schwerwiegendem befasst: den Altlasten des Krieges ■ Messestand IG Autorinnen Autoren, Halle 4, E209 13.00 Silvio Blatter »Es ist sein Leben« »Ein Erzähler von Rang.« Süddeutsche Zeitung über Silvio Blatter ■ Messestand Schweizer Buchhandels- und Verlags- Verband SBV, Halle 5, G401 13.00 Buchstabenhausen Eine spannende Erkundungstour durch das wimmelige Buch- stabenhausen mit seinen Gebäuden von A-Z ■ Nordisches Forum, Halle 4, C304 13.00 Faruk Šehić »Von der Una« Eine hypno- tische Meditation über Trauer, Scham und Konflikte ■ Traduki Kafana, Halle 4, D403 13.00 Preis der Leipziger Buchmesse 2025 – Vorstellung der nominierten Autor:innen der Kategorie Übersetzung Die Nominierten der Kategorie Übersetzung werden vorgestellt. ■ Übersetzungszentrum / Forum International, Halle 4, C403 Begrüßung und Präsentation des Programms ■ Übersetzungszentrum / Forum International, Halle 4, C403 13.00 Bücherbüchse und Leaf Verlag im Por- trait Erhaltet Einblick in die Erfolgsgeschichte der Bücherbüchse und des Leaf Verlags ■ Ausbild-Bar, Gutenberg Schule, Halle 5, G510 13.00 Prix des lycéens allemands 2025 Schüler:innen tauschen sich mit dem:der Preisträger:in des Prix des lycéens allemands aus. ■ Café Europa, Halle 4, E401 13.00 Tom Hillebrand »Thanatopia« Ewiges Leben durch KI – wollen wir das? Tom Hillenbrand über KI und seinen Sci-Fi-Thriller. ■ Forum Autoren@Leipzig, Halle 5, D501 13.00 Sulaiman Addonia »Die Sehenden« Innovative Prosa zum Thema Migration. Ein intimer Blick auf Einwanderung. ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, H313 13.00 Anne Frank »Füller-Kinder. Erzählungen und Ereignisse aus dem Hinterhaus« Annes Franks Erzählungen als Schmuckausgabe, illustriert von großen Illustrator:innen unserer Zeit ■ Forum Literatur, Halle 4, A100 13.00 Jules Verne – genialer Visionär oder Faktendieb? Biologin Bettina Wurche über den Einfluss von J. Verne auf die Meeres- forschung ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 13.00 Neues aus dem DLL Die drei ehemaligen Studentinnen Bettina Wilpert, Kristina Schilke und Lena Schätte lesen aus ihren Romanen ■ Forum Unibund, Halle 2, C301 13.00 Jörg Bernardy »Die Möwe Vagabundus« Ein philosophisches Buch über Vereinsa- mung, Verwaisen der Innenstädte, Ausgren- zung und Miteinander ■ Lesebude, Halle 5, B101 13.00 Neue deutschsprachige Lyrik im Hoch- roth Verlag Die Autorinnen Sandraa Ade und Sophia Klink präsentieren ihre Debuts im hochroth Verlag. ■ Leseinsel Junge Verlage, Halle 5, G200 13.00 Früchte des Lesens und des Lebens Tomas Espedal und sein neuer Roman »Lust« ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, D300/C301 13.30 Petra Soukupová »Klub der seltsamen 14.00 Lukas Maisel »Wie ein Mann nichts tat Kinder« Ein höchst aktuelles Buch, hilfreich für Kinder, Eltern, Großeltern und Pädagog:innen. ■ Lesebude, Halle 5, B101 13.30 Johan Harstad »Unter dem Pflaster liegt der Strand« Lesung mit dem Autor und Thomas Böhm ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, D300/C301 13.30 Vitomil Zupan »Levitan – ein Antiheld« oder ein Held fürs 21. Jahrhundert? Lesung und Gespräch mit Sebastian Guggolz und Florian Valerius ■ Traduki Kafana, Halle 4, D403 14 - 18 UHR 14.00 Géza Ottlik »Dächer am Morgen« Gespräch über den ungarischen Schrift- steller Géza Ottlik anlässlich seines Romans Dächer am Morgen ■ Café Europa, Halle 4, E401 14.00 Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik 2025 Feierliche Verleihung mit Laudatio und Dankesrede ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, H313 14.00 Lars Elling »Die Prinzen vom Birkensee« Das Debüt des norwegischen Schriftstellers und bildenden Künstlers Lars Elling. ■ Forum Literatur, Halle 2, F400 14.00 Unser Schnee von heute Anthologie von deutschsprachigen Autoren/innen aus den Ländern der ehemaligen UdSSR ■ Forum Literatur, Halle 4, A100 14.00 Astrid Kreibich »Rotstrick« Der Briefro- man ist ein Zeitzeugnis ostdeutscher Historie der Jahre 1988 und 1989 ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 14.00 »An Gottes Stelle den freien Menschen!« Podiumsgespräch zum 100. Todestag Rudolf Steiners mit David Marc Hoffmann und Philipp Kovce ■ Forum Sachbuch, Halle 5, E700 und so die Welt rettete« Lesung des Autors, moderiert von Ulrike Ostermeyer ■ Messestand Schweizer Buchhandels- und Verlags- Verband SBVV, Halle 5, G401 14.00 Jonas Jonasson »Der verliebte Schwarz- brenner und wie er die Welt sah« Schwedens Erfolgsautor Jonas Jonasson live in Lesung und Gespräch ■ Nordisches Forum, Halle 4, C304 14.00 Carolin Würfel »Zuhause ist das Wetter unzuverlässig« Ein vielschichtiger Roman über die Frage, ob wir wirklich frei sein können. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 14.00 Metallische Igel und humane re.volver Junge rumänische Lyrik – von außen nach innen & vice versa ■ Traduki Kafana, Halle 4, D403 14.00 Preiswürdig? Kriterien für die Vergabe von Übersetzungspreisen Die Literaturkriti- kerin Sieglinde Geisel und der Literaturüber- setzer Frank Heibert im Gespräch. ■ Übersetzungszentrum / Forum International, Halle 4, C403 14.30 Arsen und Spargelspitzen Vorstellung der Sammlung von 19 Kurzkrimis und der CRIMINALE - Stadt 2025 ■ Forum Autoren@Leipzig, Halle 5, D501 14.30 Aus dem Jerusalem des Nordens - Gedichte aus Litauen In Gedichten beschäf- tigen sich 22 litauische Dichter:innen mit der jüdischen Vergangenheit Litauens. ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 14.30 Marco Bülow »Korrumpiert - Wie ich fast Lobbyist wurde und jetzt die Demokratie retten will« Der ehemalige Bundestagsab- geordnete Marco Bülow berichtet von seinen Erlebnissen im Parlament ■ Forum Sachbuch, Halle 5, E700 14.30 Geschichten von Leuten aus Liechtenstein und Südtirol Erzählte Heimat aus Erinnerung, Erfahrung und Fiktion ■ Globale Perspektiven, Halle 4, E305 TIPP 14.00 Engagement und Protest in Sach- 14.30 Sarah C. Schuster, Andrea Grosso sen Zusammenhalts- und Protestforscher im Gespräch, Freiwillige Feuerwehr, Funkenma- riechen und Proteste - was prägt Sachsens Miteinander? ■ Forum Unibund, Halle 2, C301 14.00 Filipino Graphic Novels Travel the World Als Gast der Frankfurter Buchmesse 2025 lenkt diese Veranstaltung das Licht auf Gra- phic Novels des Landes, Der Festival Direktor des Philippine International Comic Festivals erzählt aus erster Hand ■ Globale Perspektiven, Halle 4, E305 14.00 Deutscher Jugendliteraturpreis 2025 - Nominierungsbekanntgabe Bekanntgabe der Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2025 ■ Große Bühne, Halle 3, G400 Ciponte »Das Oktopusmädchen« Lesung und Besprechung des Coming-of-Age Bilderbuchs ■ Lese-Treff, Halle 3, A205 14.30 Eröffnung des Nationalstandes der Tschechischen Republik Feierliche Eröffnung ■ Messestand Czechia, Halle 4, E301 TIPP 14.30 Tore Renberg »Die Lungenschwimmprobe« Lesung über Leipzig im Jahr 1681 ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, D300/C301 14.30 Sarah Skitschak »Ein Schwert aus Rabenblut« Lesung des Fantasy-Romans ■ Phantastische Leseinsel 1, Halle 3, C504 13.15 Herfried Münkler »Macht im Umbruch« 14.00 Carolin Würfel »Zuhause ist das Wetter TIPP 14.30 Jenny Jinya »Loving Reaper« und Münkler entwirft Strategien für Deutschlands Erneuerung angesichts großer Herausfor- derungen. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 13.30 Märchen und Geschichten aus Nord- Norwegen Lesung und Einführung in das Erzählwerk der norwegischen Schriftstellerin Regine Normann (1867-1939) ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 TIPP 13.30 Isabel Seimann »Das Herz ist anderer Meinung« ...hinein ins queere Leben ihrer Sehnsucht. Coming Out der stillen Art, mit Mut zur Wahrhaftigkeit. ■ Forum New Adult, Halle 4, A401/B400 13.30 Katharina Linnepe »Wenn das Patriar- chat in Therapie geht« Soziologin Katharina Linnepe entlarvt die absurdesten Denkmus- ter unseres Gesellschaftssystems ■ Forum Sachbuch + Wissenschaft, Halle 2, D500 13.30 Nina George, Jens J. Kramer »Die ma- gische Bibliothek der Buks. Das verfluchte Medaillon« Nina George und Jens J. Kramer lesen aus dem zweitem Teil ihrer Reihe ■ Hugendubel Kinderbuchhandlung, Halle 3, B601 unzuverlässig« Die Autorin im Taz-Talk. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 14.00 Jesús Cañadas »Die Bibliothek der Wahren Lügen« Lesung ■ Lese-Treff, Halle 3, A205 14.00 Florentin Schumacher »Anschlussfehler« Der Autor präsentiert seinen Debütroman ■ Leseinsel Junge Verlage, Halle 5, G200 14.00 Das Wesen aus dem Wald Lesung von Matias Faldbakken und seinem neuen Roman »Armes Ding« ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, D300/C301 TIPP 14.00 Du hast eine neue Freundschafts- anfrage! Ein Nachmittag zwischen Norwegen und Leipzig ■ Messestand des Gastlands Norwegen Aktionsflä- che, Halle 4, D300/C301 14.00 Bekanntgabe der Shortlist für den Buch- preis »Goldener Homer« Die zehn besten historischen Romane des vergangenen Jah- res - nominiert für den Goldenen Homer! ■ Messestand Oeverbos Verlag, Halle 5, E109 »Der wichtigste Comic der Welt« Buchvortellung und Gespräch mit der Leipzi- ger Comic-Künstlerin ■ Schwarzes Sofa, Halle 1, A501/C500 14.45 Judith Allert »Chilli, die faulste Piratin der Welt« Lesung ■ Hugendubel Kinderbuchhandlung, Halle 3, B601 14.45 Volker Weiß »Das Deutsche Demokratische Reich« Weiß analysiert die AfD, extreme Rechte und warnt vor kulturellen Machtkämpfen. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 15.00 »The Master« Vorführung des Animationsfilms ■ Café Europa, Halle 4, E401 15.00 »Goethe VR. Goethes Faust als interak- tive Virtual Reality Experience« Eines der bekanntesten literarischen Werke als interak- tive Virtual Reality Experience neu erleben ■ Deutsche Nationalbibliothek, Großer Lesesaal 15.00 Susanne Gregor »Halbe Leben« Lesung über Ungleichheit – zwischen zwei Frauen, zwischen zwei Leben ■ Forum Literatur, Halle 4, A100 82 MI 26. DO 27. FR 28. SA 29. SO 30. www.kreuzer-leipzig.de

17.00 Matt hias Friske »Die Geschichte des Mosaik von Hannes Hegen« Lesung ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, H313 17.00 Annegret Liepold »Unter Grund« Aktuelles Debüt über historische Kontinuität rechten Gedankenguts und das Schweigen in einer Familie ■ Forum Literatur, Halle 2, F400 17.00 Jimmy Brainless »Im Schein der Pfü tze« Ein monumentales, transgenerationales Epos zwischen Europa und Taiwan – packend und lehrreich ■ Forum Literatur, Halle 4, A100 17.00 Julia Schoch »Wild nach einem wilden Traum« Lesung und Signierstunde ■ Ludwig. Presse und Buch 17.00 Vera Lohkamp »Spur der Gier« Nazi- Raubkunst - geschätzte 600.000 Kunstwerke wurden enteignet oder unter Zwang verkauft . ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 17.00 Nature & Politics Lesung mit Svetlana Lavochkina, Kateryna Michalizyna und Jan Škrob sowie Konzert des Leipziger Ensemb- les fü r Alte Musik La Forlana ■ Haus des Buches DONNERSTAG deutschsprachigen Literatur. Von 18 Uhr bis Mitt ernacht kann man zahlreichen Autorinnen und Autoren lauschen und durch die Kellerge- wölbe der Moritzbastei fl anieren. ■ Moritzbastei 2 0 2 5 L.DREI DONNERSTAG 27.3. MORITZBASTEI Rabea Edel HELENE HEGEMAN SARA GMUER Christina Maria Landerl PAOLA LOPEZ CHARLOTTE BRANDI EMILY MARIE LARA Einlass: 17 Uhr Tickets: moritzbastei.de Programm: ldrei.de und viele andere... 17.00 Friederike Mayröcker 18.00 Elvira Steppacher »Blösse und Endlinge« »Gesammelte Gedichte 2004-2021« Gespräch mit Marcel Beyer und Astrid Nischkauer ■ Messestand IG Autorinnen Autoren, Halle 4, E209 17.00 Joanna Yulia Kluge »David Pablo« Eines der beeindruckendsten literarischen Debüts im Frühjahr ■ Messestand Schweizer Buchhandels- und Verlags- Verband SBVV, Halle 5, G401 Berichte über die Lage in der DDR im Jahr 1954, u.a. zum Geheimdienstkrieg und ande- ren Entwicklungen ■ Stasi-Unterlagen-Archiv Leipzig 17.20 Träger*innen des Preises der Leipziger Buchmesse Gespräche mit den Preisträger*innen der Leipziger Buchmesse, moderiert von Cécile Schortmann und Daniel Fiedler ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, 01 17.30 Tobias Prüwer »Fight Club. Philosophie des Schwertkampfs« Der Autor, Philosoph und Schwertkämpfer nimmt die Gäste in die Welt der Ritt er mit. ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, H313 17.30 Gesa Olkusz »Die Sprache meines Bru- ders« Gesa Olkusz braucht nur wenig, um die Einsamkeit der Menschen zu erzählen. ■ Forum Literatur, Halle 4, A100 Lesung ■ Naturkundemuseum TIPP 18.00 Verlagsabend w_orten & meer Wir feiern unser 10-Jähriges mit einem Lese-Abend. ■ Pöge-Haus 18.30 Roswitha Klee-Emmerich, Claudia Scheel »Jerusalem und die Moderne« Buchvor- stellung mit Roswitha Klee-Emmerich und Claudia Scheel (Hg.) ■ Fernuniversität in Hagen, Campus Leipzig 18.30 Frank Goldammer »Haus der Geister« Lesung über tödliche Séancen und ein kreuzer_Stopper_Merlin_LeClerc_202 geheimes Bordell ■ Gesundheitssportverein Lesung & Gespräch Xavier Le Clerc EIN MANN OHNE TITEL 27. März 2025, 18:30 Uhr Institut français. Kommt alle! www.merlin-verlag.com Halle 5 / K203 17.30 Oleg Jurjew »Verse vom himmlischen Drucksatz« Lesung der neuen Übersetzun- gen der Gedichte des Dichters ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 18.30 Xavier Le Clerc »Ein Mann ohne Titel« Ein aufwühlendes, historisch-biographisches Porträt der europäischen Arbeitsmigration ■ Institut français 17.30 Alfred Pfabigan »Jeder mordet, was er liebt« Buchpräsentation über die Liebesge- schichte von Oscar Wilde und Alfred Douglas ■ Forum Sachbuch, Halle 5, E700 18 - 20 UHR TIPP 18.00 L3 – Lange Leipziger Lesenacht Seit 2005 präsentiert die Lange Leipziger Lesenacht – kurz L.DREI – auf den vier Büh- nen der Moritzbastei die Vielfalt der jungen 18.30 Ken Krimstein »Einstein in Kafk aland« Lesung ■ Grassi-Museum fü r Angewandte Kunst, Bibliothek TIPP 18.30 13 mit Feder Einzigartige und indivi- duelle Texte, fernab vom Mainstream. ■ Café Gold 18.30 Franziska Hauser, Maren Wurster »Ost*West*frau*. Wie wir wurden, wer wir sind« Lesung und Gespräch mit den Heraus- geberinnen ■ Zeitgeschichtliches Forum LOGBUCH | SERVICE TIPP N O K R U B N A I R O L F : O T O F L3 – Lange Leipziger Lesenacht Wem Leipzig liest zu übersichtlich ist, dem oder der sei die Lange Leipziger Lesenacht empfohlen, das Festival im Festival. Seit 2005 präsentiert die L3 in so ziemlich jedem Winkel der Moritzbastei die Vielfalt junger deutschspra- chiger Literatur. Heute Abend unter anderem Helene Hegemann und Char- lott e Brandi, am Mitt wochabend die Clemense Meyer und Böckmann sowie Bett ina Wilpert, Domenico Müllensiefen und Katharina Bendixen. Und zwi- schen deren Lesungen und Gesprächen kommt man ganz von allein immer irgendwo an einer Bar vorbei. Herrlich! ▶ Mi 26.3. u. Do 27.3., 18 Uhr, Moritzbastei Welt« Eine spannende Geschichte über Freundschaft , Durchhaltevermögen und den Glauben an sich selbst. ■ Lese-Treff , Halle 3, A205 16.00 Judith Allert »Insel der Tier-Abenteuer« Judith Allert liest aus dem ersten Band ihrer neuen und spannenden Kinderbuchserie. ■ Lesebude, Halle 5, B101 16.00 Ein Mensch ist ein Mensch, weil er sich erinnert Jenny Erpenbeck im Gespräch mit der Literaturprofessorin Julia Schöll über die Bedingungen historischen Erzählens ■ Leseinsel Junge Verlage, Halle 5, G200 TIPP 16.10 Büchermarkt In unserem Litera- turmagazin spricht der Moderator Carsten Hueck mit Simon Stranger und Erik Fosnes Hansen über deutsche Geschichte und norwegische Literatur ■ Messestand Deutschlandfunk / Deutschlandradio, Halle 2, H401 16.15 Kurt Prödel »Klapper« Der Autor im Taz-Talk. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 16.30 Christina Maria Landerl »Das Buch Helga« Von einem viel zu kurzen Frauenleben erzählt dieses Buch. ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, H313 16.30 Martina Behm »Hier draußen« Gespräch ■ Forum Literatur, Halle 4, A100 und konkrete Lösungen fü r barrierefreie Dokumente und Digitale Barrierefreiheit. ■ Forum Sachbuch, Halle 5, E700 16.30 Michael Ebmeyer »Revolte« Inwiefern steht Revolte eher fü r Miteinander als fü r Gegeneinander? Wann und wie entsteht sie? ■ Forum Sachbuch + Wissenschaft , Halle 2, D500 16.30 Dénes Krusovszky »Das Land der Jungen« Präsentation von Dénes Krusovszkys Kurzge- schichtensammlung ■ Globale Perspektiven, Halle 4, E305 16.30 Geheimnisse, die Erwachsene nicht erklären können Julia Kahrs und ihr Kinder- buch »Sturm überm Winkelhaus« ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, D300/C301 16.30 10 Jahre Poetica Dichterin Uljana Wolf im Gespräch über das internationale Lyrikfesti- val Poetica (Köln) ■ Messestand LiteraturRat NRW, Halle 5, K214 16.30 Die Macht in uns Fantasy-Doppellesung mit Daniela Ball und Daniela Zanger ■ Phantastische Leseinsel 1, Halle 3, C504 17.00 Jakub Stanjura »Immer im August« Ein Buch über eine bestimmte Form der Mani- pulation, die ihr Opfer am eigenen Verstand zweifeln lässt. ■ Café Europa, Halle 4, E401 16.30 Frank Quilitzsch »Wovon träumst du, Filipa?« Vor dem Enkel- trick wird gewarnt. Eine Mail von der Urenke- lin aus der Zukunft - ein Spaß! Oder nicht? ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 17.00 Andreas Alborg »Berlin Thriller« Die atemlose Jagd durch Berlin und Brandenburg, ein weiblicher David gegen den Goliath der Unterwelt ■ Forum Autoren@Leipzig, Halle 5, D501 16.00 Martina Wildner »Zu schnell fü r diese 16.30 Barrierrerfreie Dokumente Ein Überblick 17.00 Die DDR im Blick der Stasi 1954 ANZEIGE WESTBAD STADTGARTEN CONNEWITZ BOTANISCHER GARTEN BUDDE-HAUS REALLABOR DEUTSCHES BUCH- UND SCHRIFTMUSEUM DER DEUTSCHEN NATIONALBIBLIOTHEK Eintritt frei Leipzig 28.-30. März 2025 Geschichten, die Lust auf Zukunft machen

LOGBUCH | SERVICE FREITAG TIPP N E G A H S L O R D . D A B B : O T O F Einen Nobelpreisträger übersetzen Louis-Ferdinand Céline, Édouard Louis und Yasmina Reza, Henrik Ibsen, Tar- jei Vesaas und Jon Fosse – Hinrich Schmidt-Henkels Übersetzungen aus dem Französischen, Norwegischen und Italienischen wurden vielfach aus- gezeichnet und werden nicht nur in Fachkreisen hoch geschätzt. Wem wie uns das Interview auf S. 20 zu kurz ist, der oder dem bietet sich zur Messe die Gelegenheit, den ersten Jon-Fosse-Preisträger live zu erleben. ▶ Fr. 28.3., 11.30 Uhr, Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, D300/C301 11.00 Buchherstellung im Wandel: Von Farb- 11.30 »3vor12 - Tür an Tür« Der FDA stellt seine schnitt bis Vegan – Welche Trends prägen die Branche? Gespräch: Wie verändert sich die Buchproduktion im 21. Jahrhundert? ■ Fachforum + Literatur, Halle 5, H700 11.00 Arno Schmidt - Max Bense. Der Brief- wechsel Lesung aus dem Briefwechsel und Gespräch mit dem Herausgeber*innenteam ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 11.00 Weimarer Kontroversen 2025 Talk-Format »klassisch modern« goes Faust ■ Forum Sachbuch, Halle 2, C505 Anthologie »3vor12 - Tür an Tür« vor. ■ Forum Autoren@Leipzig, Halle 5, D501 11.30 Lyrik-Empfehlungen und Lyrik-Empfeh- lungen für Kinder 2025 Eine Orientierungs- hilfe im Dschungel der Neuerscheinungen ■ Forum Literatur, Halle 4, A100 11.30 Literatur aus dem Berlin Verlag - Autor:innen im Gespräch Katharina Hartwell und Pierre Jarawan sprechen über ihre neuen Romane ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 11.00 Rattelschneck und Robert Seethaler 11.30 Kathrin Rothenberg-Elder, Elli Kutscha »Trotteln« Die Autoren im Taz-Talk. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 11.00 Bernhard Manger »Johann Lucas Schönlein und die Geburt der modernen Medizin« Medizingeschichte und politische Ereignisse lebendig erzählt ■ Forum Sachbuch + Wissenschaft, Halle 2, D500 11.00 Christian Wirth, Helge Bruelheide, Jori Marx, Robert Paxton, Romy Zeiss »Faktencheck Artenvielfalt« 1300 Seiten – Kürzer ging es nicht? Wie das Wissen die Politik trotzdem erreicht ■ Forum Unibund, Halle 2, C301 11.00 Ivana Gibová »Barbora, Himmelherrgott & Katharsis« Wilde Punk-Geschichte über die Suche nach Schönheit, Liebe und den Sinn des Lebens ■ Globale Perspektiven, Halle 4, E305 11.00 Michael Peinofer »Timelock« Lesung des actionreichen Mystery-Thrillers quer durch die Zeit ■ Lese-Treff, Halle 3, A205 »Empowerment für Aktivist*innen – Ein Leitfaden zur Selbstfürsorge im Ehrenamt« Interaktive Lesung mit den Autorinnen ■ Forum Sachbuch + Wissenschaft, Halle 2, D500 TIPP 11.30 Einen Nobelpreisträger übersetzen Ein Gespräch mit Jon Fosses Übersetzer und Fossepreisträger Hinrich Schmidt-Henkel ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, D300/C301 Besuche uns auf der Buchmesse. D u fi n d e s t u n s i n H a l l e 5 a n S t a n d H 2 1 6 . L e i p z i g . S u b j e k t i v . S e l e k t i v . 28.03.2025 9 - 14 UHR 10.30 Bach bewegt Filmexperte Knut 11.00 Mirjam Müntefering Elstermann begibt sich auf eine außerge- wöhnliche Reise zu Johann Sebastian Bach. ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, H313 »Mittendrin im Lilabunt« Der lang ersehnte neue queere Roman der Bestsellerautorin. ■ Leseinsel Junge Verlage, Halle 5, G200 9.00 Sabine Bohlmann »Morgen bin ich mutig« 10.30 »Zwischentür und Zeitmangel« insge- 11.00 Ein Killer in der Nachbarschaft? Lesung ■ Die Villa samt elf Kurz- und Kürzestgeschichten ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 9.00 Frauke Scheunemann »Jo & Jomoto - Das 10.30 Literarischer Reiseführer Niederschlesi- Portal nach Kinko« Abenteuer und Manga- Action für Kinder ab 10 Jahren ■ Kinder- und Jugendkulturzentrum O.S.K.A.R. 9.30 Hendrikje Balsmeyer, Peter Maffay »Anouk und der verrückte erste Schultag« Hendrikje Balsmeyer und Peter Maffay lesen aus ihrem neuen Buch. ■ Stadtbibliothek, Oberlichtsaal TIPP 10.00 Patricia Thoma »Unsere Zukunft träumen« Wie sieht die Welt von morgen aus? Welche Fähigkeiten werden wir in Zukunft brauchen und wie werden wir zusammenle- ben? Auf der Suche nach genialen Ideen und mutigen Zukunftsentwürfen reist die Autorin quer durch die Menschheitsgeschichte und rund um den Globus. Ihre opulenten Bildcol- lagen und inspirierenden Kurztexte machen Lust, Zukunft selbst zu entwerfen und spie- lerisch zu erproben – ab 3. Klasse, nur mit Anmeldung: grassimuseum@leipzig.de ■ Grassi-Museum für Angewandte Kunst en Nicht nur landschaftlich und kulturräum- lich, auch literarisch ist Niederschlesien eine Fundgrube. ■ Globale Perspektiven, Halle 4, E305 10.30 Sid Sharp »Moor Myrte und das Zau- bergarn« Ein modernes Märchen über den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen. ■ Halle 5 im Werk 2 10.30 Carla Infanta Gabor »Nicht sehr lang her, nicht sehr weit weg« »Nie wieder« braucht ein solides Fundament – Sachwissen zum Holocaust für Kinder und Jugendliche ■ Lese-Treff, Halle 3, A205 10.30 Peter Waterdrinker »Monsieur Poubelle oder: Der Mülleimer der Geschichte« Der Schelmenroman über Literatur, Reich- tum, Politik und Intrigen des international gefeierten Autors ■ Leseinsel Junge Verlage, Halle 5, G200 10.00 Ragnar Aalbu »Herrn Specht geht‘s 10.30 Lídia Jorge »Erbarmen« schlecht« Springmäuschenbesuch mit Buch ■ Springmäuschen Gespräch mit Lídia Jorge über ihr Buch ■ Messestand Portugal, Halle 4, C300 10.00 Nils Mohl »Engel der letzten Nacht« Berührender Coming-of-Age-Roman über einen Sommer, der alles verändert ■ Stadtbibliothek Markkleeberg 10.00 Matthäus Bär »Drei Wasserschweine wollen‘s wissen« Oh Schreck! Mehrere Fla- mingos sind verschwunden – Lesung mit Musik ■ Zoo, Eventbereich Gondwanaland 10.15 Manuela Heim »Reise in die Medienge- sellschaft USA« Die Autorin im Taz-Talk. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 10.30 Maja Lunde »Ab-schirmen!?« Wie digital ist gut für Kinder ■ Café Europa, Halle 4, E401 10.30 Starke Frauen in der Zukunft Lesung und Gespräch zu echten Frauen in phantas- tischen Settings: im Weltraum und auf der postapokalyptischen Erde ■ Forum Autoren@Leipzig, Halle 5, D501 10.30 K. T. Stehen »Die Prinzen des Winters« Romantasy-Autorin K.T. Steen und die Sprecherin Michaela Gärtner lesen aus dem Roman ■ Phantastische Leseinsel 2, Halle 3, B401 10.30 Starke weibliche Stimmen aus Lettland Poetisch und tiefgehend. Zeitgenössische Literatur aus Lettland in deutscher Erstüber- setzung ■ Übersetzungszentrum / Forum International, Halle 4, C403 11.00 NEIN! Stimmen aus Russland gegen den Krieg Podiumsdiskussion der S. Fischer Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Rowohlt Verlag ■ Café Europa, Halle 4, E401 11.00 Markus Grolik »Fluffy und Robocat – Vorsicht, Kung-Fu Küken!« Der Autor liest und zeichnet live ■ Die Villa Trude Teige und ihr Roman »Der Junge, der Rache schwor« ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, C301 11.00 LiTOPIA - das nachhaltige Literaturfesti- val Die Autorin Anne Weiss und Organisator Karsten Strack stellen LiTOPIA vor ■ Messestand LiteraturRat NRW, Halle 5, K214 Leipzig liest serifee.de 11.00 Kathrin Vornholt »Starke Frauen wie du und ich« Fünf Freundinnen, fünf einzigartige Lebensgeschichten: Autorin Kathrin Vornholt macht Frauen Mut ■ Messestand Mentoren-Media-Verlag, Halle 5, E104 11.00 Shukri Al Rayyan »Nacht in Damaskus« Ana Sobral moderiert das Gespräch und liest die deutschen Texte. ■ Messestand Schweizer Buchhandels- und Verlags- Verband SBVV, Halle 5, G401 11.00 Owen King »Die Kuratorin« Bestseller- autor Owen King im Gespräch über seinen fantastischen historischen Roman ■ Phantastische Leseinsel 1, Halle 3, C504 11.00 25 Jahre Egmont Manga Wir schwelgen mit euch in 25 Jahren Egmont Manga Geschichte mit Special Guest + Gewinnspiel-Quiz ■ Schwarzes Sofa, Halle 1, C500 11.30 Maria Turschaninoff »Moorhöhe« Lesung mit der Übersetzerin Ulla Ackermann ■ Nordisches Forum, Halle 4, C304 11.30 Space Opera vs. Harte Science Fiction Die Science Fiction-Autoren Cliff Allister und Ralph Edenhofer stellen je eines ihrer Werke vor. ■ Phantastische Leseinsel 1, Halle 3, C504 11.30 »Aqua obscura« Der Carpathia Verlag begibt sich in fremde Gewässer und stellt seine erste Fantasy-Anthologie vor. ■ Phantastische Leseinsel 2, Halle 3, B401 11.30 Flogerta Krypi »28 mathematisch perfekte Herzschläge« Über Mathematik und Poesie ■ Traduki Kafana, Halle 4, D403 11.45 Charlotte Brandi »Fischtage« Die Autorin im Taz-Talk. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 12.00 Autor:innen und Künstler:innen im Exil Vertreter:innen von Institutionen aus Europa über die Unterstützung von Künstler:innen im Exil ■ Café Europa, Halle 4, E401 12.00 Tabula Performative Konferenz zur neuen visuellen Identität der Kathedrale Notre- Dame de Paris ■ Deutsche Nationalbibliothek 12.00 Blick hinter die Kulissen: Buchberufe hautnah Was macht eigentlich wer in der Buchbranche? Ein spannendes Ratespiel mit Insidern. ■ Fachforum + Literatur, Halle 5, G701/H700 12.00 Viktor Remizov »Permafrost« Lesung mit der Übersetzerin Franziska Zwerg ■ Forum Literatur, Halle 5, K602 11.00 Ein Erfahrungsaustausch über das 12.00 Casual Queerness Queere Autorinnen Übersetzen deutscher Literatur Teilnehmer:innen des Internationalen Übersetzertreffens berichten von ihren Erfahrungen ■ Übersetzungszentrum / Forum International, Halle 4, C403 11.20 ARD Druckfrisch Literaturtipps Literaturmagazin mit Denis Scheck ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, 01 erzählen wie die Tropes Boys Love und Girls Love fantastische Stories aufwerten. ■ Forum New Adult, Halle 4, A401/B400 12.00 Asal Dardan »Traumaland« Wie kommen wir zu einem gemeinsamen Erinnern, in dem verschiedene Realitäten Platz finden? Spurensuche in der deutschen Einwande- rungsgesellschaft ■ Forum Sachbuch, Halle 5, Stand E700 86 MI 26. DO 27. FR 28. SA 29. SO 30. www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | SERVICE FREITAG TIPP M E H G E L L E M N A V : O T O F Gaea Schoeters »Trophäe« Ein Buch, das niemanden kalt lassen kann, und eine Autorin, die cool as ice ist: Gaea Schouters war der inoffizielle kreuzer-Liebling der Leipziger Buch- messe 2024. Und offenbar nicht nur bei uns: Denn die 1976 in Flandern ge- borene Autorin kommt einfach noch mal mit »Trophäe« nach Leipzig, diesen »Roman, den man nicht vergisst«, wie Denis Scheck sagt. Wer Schouters letztes Jahr verpasst haben sollte, hat nun also jene zweite Chance, die man im Leben nicht immer bekommt. ▶ Fr 28.3., 17 Uhr, Forum Literatur, Halle 4, Stand A100 ▶ Sa 29.3., 20 Uhr, Galerie für Zeitgenössische Kunst 14.00 Interview mit dem dzb lesen Interview mit TIPP 15.00 Residenzprogramm Armenien Lesung der Gewinnerin oder des Gewinners der armenischen Literaturresidenz in Leipzig ■ Café Europa, Halle 4, Stand E401 15.00 Über Muscheln laufen Der Übersetzer Hannes Köhler liest aus Nana Nkwetis Geschichtenband ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, Stand H313 TIPP 15.00 Rainer Eckert »Scheitern oder Triumph der Friedlichen Revolution« Gespräch mit dem ehemaligen Leiter des Zeitgeschichtlichen Forums in Leipzig ■ Forum Sachbuch + Wissenschaft, Halle 2, Stand D500 15.00 Literatur und Künstliche Intelligenz: Dirk von Petersdorff und Volker Jänich fra- gen: Ist die KI ein Autor? Oder ein Co-Autor? Gilt hier das Urheberrecht? ■ Forum Unibund, Halle 2, Stand C301 15.00 Das gibt‘s doch gar nicht! Die Walachei ist nicht im Nirgendwo, sondern mitten unter uns Lesung und Gespräch mit Autoren aus Georgien, Rumänien, Tschechien und Ungarn: Anton Sterbling, Barbara Zeizinger, Horst Samson, Klára Hůrková, Nina May, Reder Ewart und Traian Pop ■ Globale Perspektiven, Halle 4, Stand E305 TIPP 15.00 Matthäus Bär »Drei Wasserschwei- ne wollen's wissen« Oh Schreck! Mehrere Flamingos sind verschwunden. Die drei Was- serschweine machen sich auf die Suche. ■ Lesebude, Halle 5, Stand B101 Thomas Kahlisch und Ulla Materne mit dem Fokus Barrierefreiheit in Verlagen ■ Messestand Studium rund ums Buch, Halle 5, Stand G600/E601 14.00 Welche Sprachen spricht dein Deutsch? Und wie übersetzt es sich? Dinçer Gücyeter und Yevgeniy Breyger im Gespräch über Mehrsprachigkeit ■ Übersetzungszentrum / Forum International, Halle 4, Stand C403 14.30 Titus Müller »Einsteigen« Der Bestseller- Autordarüber, dass das Bahnfahren immer noch die schönste Art zu reisen ist ■ DB Lounge / Historischer Speisesaal im Haupt- bahnhof, Hauptraum 14.30 Hendrik Streeck »Das Institut – Im Schatten der Wissenschaft« Wissenschafts- thriller von einem der bekanntesten Virologen Deutschlands ■ Forum Literatur, Halle 5, Stand K602 TIPP 14.30 Let‘s talk about work! Kurzer Ritt durch die Arbeiterinnen- und Arbeiterliteratur mit Sascha Lübbe und Stefan Körzell ■ Forum Sachbuch, Halle 2, Stand C505 TIPP 14.30 Katja Petrowskaja »Als wäre es vorbei« Eine Chronik des Krieges in Kolumnen ■ Globale Perspektiven, Halle 4, Stand E305 TIPP 14.30 Matthias Kröner »Detektiv Ameis- is« Abenteuerliche Fabel über einen Ameisen- bären und seinen Kampf für Gerechtigkeit ■ Lesebude, Halle 5, Stand B101 14.30 Linn Strømsborg »Verdammt wütend« Lesung ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, Stand D300/C301 14.30 Die Männer und die Frauenliteratur Gespräch mit Lídia Jorge und Tatiana Salem Levy ■ Messestand Portugal, Halle 4, Stand C300 14.30 Agri Ismaïl »Der Wert der Welt« 15.00 Und überlaut die Zikaden Bewegende Geschichte über die Ströme von Menschen und Kapital ■ Nordisches Forum, Halle 4, Stand C304 14.45 Andreas Speit »Autoritäre Rebellion« Der Autor im Taz-Talk. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 Julia Rüegger und Valerie-Katharina Meyer im lyrischen Dialog ■ Messestand IG Autorinnen Autoren, Halle 4, Stand E209 15.00 Uljana Wolf »Ferngespräche mit Mutter- sprache« Zur Thomas-Kling-Poetikdozentur an der Universität Bonn ■ Messestand Literaturrat NRW, Halle 5, Stand K214 15.00 Adolf Muschg »Nicht mein Leben« Lesung ■ Messestand Schweizer Buchhandels- und Verlags- Verband SBVV, Halle 5, Stand G401 TIPP 15.00 Junge serbische Prosa mit Danilo Lučić ■ Traduki Kafana, Halle 4, Stand D403 TIPP 15.00 Überraschungsgast (mit Krone) Lesung und Gespräch mit der Trägerin oder dem Träger des Preises der Leipziger Buch- messe in der Sparte Übersetzung ■ Übersetzungszentrum / Forum International, Halle 4, Stand C403 TIPP 15.30 Zeitung ist Kampf Anlässlich des 80. Geburtstags der Frankfurter Rundschau wird die Frage nach dem Niedergang des linkslibe- ralen Journalismus gestellt ■ Forum Sachbuch, Halle 2, Stand C505 TIPP 15.30 Hellmut Schlingensiepen »Die Harlem Renaissance – Black Lives Matter vor 100 Jahren« Das Buch themati- siert die Blütezeit des New Yorker Stadtteils Harlem nach dem Ersten Weltkrieg ■ Globale Perspektiven, Halle 4, Stand E305 16.30 Klimazukünfte 2050 Jury-Mitglieder und Preisträger des Literaturwettbewerbs disku- tieren Klimafiktion – mit Isabella Herrmann, Janika Rehak, Jol Rosenberg, Lisa-Viktoria Niederberger und Theresa Hannig ■ Forum Sachbuch, Halle 2, Stand C505 TIPP 16.30 Hella Rottenberg und Sandra Rottenberg »Isay Rottenbergs Zigarren- fabrik in Döbeln« Zwei Journalistinnen decken die außergewöhnliche Geschichte ihres Großvaters auf: Wie ein niederländisch- jüdischer Unternehmer in Sachsen den Nazis die Stirn bot ■ Forum Sachbuch + Wissenschaft, Halle 2, Stand D500 16.30 Susanne Mierau »Mein kleines Schlafnest« Erzählung über Einschlaf- und Ruherituale für Kinder und Familien ■ Lesebude, Halle 5, Stand B101 16.30 Slowenische LGBTQ-Lyrik Aljaž Koprivnikar, Nataša Velikonja und Nina Dragičević über ihre Erfahrungen und die eigene Poesie ■ Traduki Kafana, Halle 4, Stand D403 15.30 Unser Leipzig In der Mitmach-Lesung mit 16.40 Maja Göpel »Werte« Autorinnengespräch Jane von Klee und Kathrin Krüger können Kinder Leipzig neu-entdecken und gemein- sam Leipziger Motive zeichnen ■ Lesebude, Halle 5, Stand B101 15.30 Unsere Demokratie nach der Wahl Gespräch mit Sally Lisa Starken, Andreas Speit und Roger de Weck ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, Stand 01 15.30 Jan Feddersen »Meine Sonnenallee« Der Autor im Taz-Talk. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 15.30 Jonas Jonasson »Der verliebte Schwarz- brenner und wie er die Welt sah« Schwe- dens Erfolgsautor in Lesung und Gespräch ■ Nordisches Forum, Halle 4, Stand C304 16.00 Rechte der Natur weltweit – bald auch in Deutschland? Lesung und Podiumsdiskus- sion mit Jula Zenetti, Matthias Kramm und Bernd Söhnlein ■ Botanischer Garten ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, Stand 01 TIPP 17.00 Gaea Schoeters »Trophäe« Gespräch mit der inoffiziellen kreuzer-Lieb- lingsautorin der Leipziger Buchmesse 2024 über ihren »Roman, den man nicht vergisst« (Denis Scheck) ■ Forum Literatur, Halle 4, Stand A100 17.00 »Zwischen Zeilen und Zeiten. Buchhandel und Verlage 1825–2025« ■ Haus des Buches 17.00 Asal Dardan »Traumaland« Die Autorin im Taz-Talk. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 TIPP 17.00 Volker Kutscher »Rath« Lesung ■ Ludwig. Presse und Buch 17.00 Michael Thumann »Eisiges Schweigen flussabwärts« Autorengespräch ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, Stand 01 TIPP 16.00 Romanian poetry – a changing land- 17.00 Sandra Ade »An manchen Tagen steht scape mit Alexandru Bulucz, Ioana Nicolaie, Livia Ștefan, Manuela Klenke und Moni Stănilă ■ Café Europa, Halle 4, Stand E401 die Erde kurz still« Kürzestgeschichten, die neue Perspektiven öffnen. ■ Messestand IG Autorinnen Autoren, Halle 4, Stand E209 16.00 Lukas Landmann »Jerusalem – Gesichter einer Stadt« Lesung ■ Forum Sachbuch, Halle 2, Stand C505 16.00 Markus Grolik »Fluffy und Robocat« Comic-Roman mit Kung-Fu-Küken – ab 9 J. ■ Hugendubel Kinderbuchhandlung, Halle 3, Stand B601 16.00 Sara Gmuer »Achtzehnter Stock« Lesung zusammen mit Nina Reithmeier, der Sprecherin des Hörbuchs ■ Messestand Schweizer Buchhandels- und Verlags- Verband SBVV, Halle 5, Stand G401 16.00 Tina Flecken »Streichhölzer« Wichtiger Mosaikstein der isländischen Literaturge- schichte – nun auf Deutsch ■ Nordisches Forum, Halle 4, Stand C304 Die Autorin im Taz-Talk. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 TIPP 16.20 Feridun Zaimoglu »Sohn ohne Vater« Autorengespräch mit Thea Dorn ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, Stand 01 16.30 Start Hotlist 2025 Auftakt zur Ausschrei- bung der diesjährigen Hotlist mit den Preis- trägerinnen und -trägern 2024 ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, Stand H313 16.30 Wilhelm Schmid »Die Suche nach Zusammenhalt« Gespräch ■ Forum Sachbuch, Halle 2, Stand C505 17.00 Romania as a source of inspiration for German-Romanian authors Mit Dana Grigorcea, Alexandru Bulucz und Jan Cornelius ■ Messestand Rumänien, Halle 4, Stand E400/D401 17.00 Dirk Laabs und Michael Kraske »Angriff auf Deutschland ? Die schleichende Macht- ergreifung der AfD« Podiumsdiskussion ■ Volkshaus 17.30 Ira Peter »Deutsch genug?« These: Es mangelt an Wissen über die rund 2,5 Millionen in Deutschland lebenden Russlanddeutschen. ■ Café Europa, Halle 4, Stand E401 18 - 20 UHR 18.00 Mircea Cărtărescu »Theodoros« Lesung ■ Alte Nikolaischule, Richard-Wagner-Aula TIPP 18.00 Feministische Tiergedichte Der Hahn erläutert unentwegt der Henne, wie man Eier legt – Ella Carina Werner und Juliane Pieper über weibliche Selbstermächtigung nicht nur als soziale Utopie, sondern wilde, gelebte Praxis ■ Café Grundmann 18.00 Das Gegenteil von Arbeit Geschichten zur Lohnarbeit im Angesicht einer Welt, derer mit Worten kaum noch beizukommen ist ■ Fink & Zeisig TIPP 18.00 Das Ende der Frauenrechte in Afghanistan Geflüchte Afghanische Frauen berichten von Unterdrückung und dem Kampf um Freiheit nach Taliban-Machtantritt ■ Frauenkultur 15.00 Kathrin Weßling »Sonnenhang« Autorinnengespräch ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, Stand 01 16.00 Feierliche Verleihung der Rebekka 2025 Preisverleihung für langjähriges Übersetzen ■ Übersetzungszentrum / Forum International, Halle 4, Stand C403 15.00 Systemfragen Katrin Kühn spricht mit 16.15 Laura Wiesböck »Digitale Diagnosen« Fiona Kalkstein und Ahmet Toprak über toxische Diskussionen und Männlichkeitsbil- der in der Gesellschaft ■ Messestand Deutschlandfunk / Deutschlandradio, Halle 2, Stand H401 88 MI 26. DO 27. FR 28. SA 29. SO 30. www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | SERVICE FREITAG, SAMSTAG TIPP K C E B L H A G H C I R D E I R F : O T O F Florentine Anders »Die Allee« Er entwarf den Berliner Fernsehturm und den Uniriesen in Leipzig: Her- mann Henselmann (1905–95) prägte die Architektur und den Städtebau in der DDR. Die 1968 geborene Florentine Anders ist Henselmanns Enkelin und hat mit »Die Allee« (Auszug auf S. 39) einen aufwühlenden und geschichten- satt en Roman geschrieben. Aus dem sie in Leipzig selbstverständlich nur hoch oben im Uniriesen lesen kann. ▶ Fr. 28.3., 20 Uhr, Panorama-Tower TIPP 20.00 Christian Krell »Eine Idee fü r 20.00 Schreiben und Widerstand Carte morgen« Die Leitidee der Arbeiterbewegung erlebt gerade eine erstaunliche Renaissance – über die Aktualität des Demokratischen Sozialismus ■ Friedrich-Ebert-Stift ung 20.00 Books & Beers Verlagsabend von Para- sitenpresse und Textat mit dem Gastland: Tschechien – mit Elsa Aids, Susa Wolfrum, Adrian Kasnitz, Ondřej Macl, Jennifer de Negri, Thomas Podhostnik, Tomáš Přidal, Zuzana Finger u. a. ■ Froelich & Herrlich Blanche fü r das engagierte Literaturportal Weiter Schreiben aus Deutschland und der Schweiz – mit Atefe Asadi, Dragica Rajčić Holzner, Mithu Sanyal, Shukri Al Rayyan und Wagdy El Komy ■ Neues Schauspiel Leipzig TIPP 20.00 Florentine Anders »Die Allee« Aufwühlender und geschichtensatt er Roman übers Bauhaus, über den Stararchitekten der DDR Hermann Henselmann und das Fallen des Systems ■ Panorama-Tower TIPP 20.00 Lyrikbuchhandlung 2025 Dritt er von 20.00 Comickollektiv Squash drei Abenden mit Lyrik-Neuerscheinungen von insgesamt 42 Dichterinnen und Dichtern ■ Galerie KUB Es wird thrilling, hilarious und funny. Special Guest: Rahel Süsskind ■ Residenz 21.00 Roland Schimmelpfennig »Sie wartet, aber sie weiß nicht, auf wen« Lesung und Gespräch mit Roland Schimmelpfennig ■ Cammerspiele 10.30 Danilo Lučić »Das Heranreifen blauer Flecken« Der Autor und die Übersetzerin Elvira Veselinovič stellen das Buch vor ■ Globale Perspektiven, Halle 4, Stand E305 TIPP 21.00 Edo Popovič »Der Pudel des 10.30 Ragnar Aalbus »Herrn Specht geht's Staatsfü hrers« Lesung ■ Nato TIPP 21.00 »Träum Weiter – Berlin, die 90er« Neun Ostkreuz-Fotografi nnen und -Fotogra- fen werfen einen Blick in ihre Archive ■ UT Connewitz 21.00 Jutt a Braun »Wett kampf der Systeme – Sport im geteilten Deutschland« Nicht nur bei Olympischen Spielen war der Sport ein umkämpft er Schauplatz des Kalten Krieges ■ Zeitgeschichtliches Forum 22.00 Dennis Diel »Dobermann und Kairos« Lesung mit dem Spiegel-Bestsellerautor ■ Flowerpower 22.00 Pop up Party mit DJ Dirk Eis(g)old & Karaoke, präsentiert von Voland & Quist ■ Felsenkeller TIPP 23.00 Lesenacht der Verlage Edition Überland und Trott oir Noir Wer dabei sein wird, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest, dass der Besuch lohnen wird hingegen schon ■ Laden auf Zeit 29.03.2025 9 - 14 UHR TIPP 10.30 Radar – Wo liegt die Zukunft Europas? Ein paneuoropäisches Podium mit Alhierd Bacharevič, Denes Krusovsky, Kerstin Preiwuß, Natalia Sniadanko, Renata Serednicka und Volha Hapeyeva ■ Café Europa, Halle 4, Stand E401 schlecht« Kinderbuch über einen Specht in der Krise ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, Stand D300/C301 10.30 José Luís Peixoto »Mitt agessen am Sonntag« Gespräch mit dem Autor ■ Messestand Portugal, Halle 4, Stand C300 TIPP 10.30 Literatur, Krieg und Leben Spotlight auf die zeitgenössische Literatur und das Leben der Ukraine – mit Jakob Martin Walosczyk, Kseniya Fuchs und Michael Pietrucha ■ Übersetzungszentrum / Forum International, Halle 4, Stand C403 11.00 Krim: Indigene Stimmen zwischen Verlust und Hoff nung Buchpräsentation »Mustafa Dschemiljew« mit Alim Aliev, Franziska Davies, Sevgil Musajewa und Wilfried Jilge ■ Café Europa, Halle 4, Stand E401 11.00 Quo vadis Moldau? Was macht die Kultur zwischen den Fronten? – Podiumsdiskussion mit Andrei Christol und Paula Erizanu ■ Globale Perspektiven, Halle 4, Stand E305 Autorenlesung & Bastelworkshop Fuchs & Ferkel Tücken mit Mücken 29.03. , 11 Uhr Haus des Buches 11.00 Bjørn F. Rørvik »Tücken mit Mücken« Lesung und Workshop zum fröhlich-frechen Vorlesebuch von Bjørn F. Rørvik ■ Haus des Buches 10.30 Nicolai Schwarzer »Nie wieder ist jetzt – Wie wir unsere Demokratie verteidigen können« Buchpräsentation ■ Fachforum + Literatur, Halle 5, Stand G701/H700 11.00 Ingo Siegner »Der kleine Drache Kokos- nuss auf Reisen« Lesung mit Bildern und Live-Zeichnen ■ Lesebude, Halle 5, Stand B101 10.30 Andreas Knie »Wo kommen bloß die TIPP 11.00 Raumnehmen – Menschen aus vielen Autos her – und wie werden wir sie wieder los?« Der Mobilitätsforscher zeigt Wege auf fü r eine Verkehrswende, die alle mitnimmt ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, Stand H313 10.30 Zwischen-Heimaten lyrisch Politische Lyrik deutschsprachiger Autorinnen und Autoren aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion – mit Artur Rosenstern und Georg Smirnov ■ Forum Literatur, Halle 2, Stand F400 asiatischen Communitys in Deutschland erzählen Essayistische, erzählende und poetische Beiträge in einer vielstimmigen Anthologie, die Lebensrealitäten asiatischer Communitys in Deutschland aufzeigt ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, Stand H313 11.00 Ableismus in der Literaturbranche Podiumsdiskussion mit Alina Buschmann, Aminata Cissé Schleicher und Franziska Winkler ■ Forum Literatur, Halle 4, Stand A100 10.30 Christopher Wurmdobler »Felix Austria« 11.00 Andreas Jungwirth »Alle meine Namen« TIPP 20.00 Release-Party »klassisch modern« Das Magazin der Klassim Stift ung Weimar ■ Galerie KUB 20.00 Anne Stern »Wenn die Tage länger werden« Lesung ■ Gohliser Schlösschen, Oesersaal TIPP 20.00 Neues aus den Niederlanden Drei literarische Stimmen: beste Bücher aus den Niederlanden ■ Haus des Buches, Literaturhaus Saal 20.00 René Laffi te »Die mysteriöse Tote vom Montmartre« Neuer Fall fü r Commissaire Geneviève Morel: mit Charme, Humor und französischem Esprit ■ Jacques‘ Weindepot Ost TIPP 20.00 Science Notes – Klang und Krach Ein Abend über Klang und Krach in der Wissenschaft ■ Kupfersaal 20.00 Gregor Gysi und Peter-Michael Diestel »Zwei Unbelehrbare reden über Deutsch- land und ein bisschen über sich selbst« Kontrovers wie unterhaltsam soll es werden ■ Kuppelhalle der LVZ 20.00 »Ostdeutschland«-Debatt en mit Anna Lux und Jonas Brückner ■ linXXnet TIPP 20.00 Warum wir im Kampf gegen Rechtsextremismus Daten und Fakten brauchen Benjamin Fredrich und Sebastian Haupt stellen das gemeinsame Buchprojekt von Correcitv und Katapult vor: »100 Karten über Rechtsextremismus« ■ Interim TIPP 20.30 Lesen, Übersetzen, Verlegen angesichts des Krieges Die Rolle der Übersetzung fü r die Vermitt lung der ukraini- schen Kultur. ■ Institut Français 20.45 Eli Beneš «Geringfü giger Verlust der Ein- samkeit« Bewegende und neue Perspektive auf das Europa nach dem Zweiten Weltkrieg ■ Mädler Art Forum 21.00 Steff en Kopetzky »Atom« Lesung ■ Alte Nikolaischule VOLAND & QUIST PRÄSENTIERT! Erzählung über queere Identitätsfi ndung im langen 20. Jahrhundert ■ Forum Literatur, Halle 4, Stand A100 10.30 Ewald Weber »Biodiversität – Warum wir ohne Vielfalt nicht leben können« Vortrag über die Bedeutung biologischer Vielfalt fü r den Naturhaushalt und den Menschen ■ Forum Sachbuch + Wissenschaft , Halle 2, Stand D500 28.3.25 22:00 FELSENKELLER LEIPZIG MIT DJ DIRK EIS(G)OLD & KARAOKE TICKETS UNTER FELSENKELLER-LEIPZIG.COM Roman über eine Frau, die ihre eigene Geschichte voller Mut, Aufopferung und Tatkraft schreibt ■ Leseinsel Junge Verlage, Halle 5, Stand G200 11.00 Stève Hiobi »All about Africa« Autorengespräch ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, Stand 01 11.00 Pascal Beucker »Pazifi smus – ein Irrweg?« Der Autor im Taz-Talk. ■ Taz-Studio, Halle 5, G500 11.00 Autoren am Stand Und zwar die der Eulenspiegel-Verlagsgruppe, genauer: Jürgen Tatzkow, Mark Daniel, Thomas Fasbender und Uwe Leuschner ■ Messestand Berliner Traditionsverlage, Halle 5, Stand G404 11.00 Trude Teige »Der Junge, der Rache schwor« Lesung ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, Stand D300/C301 11.00 Lesart Dana Buchzik und Volker Weiss über die neusten Bucherscheinungen ■ Messestand Deutschlandfunk / Deutschlandradio, Halle 2, Stand H401 11.00 Die nackte Wahrheit – Weibliche Kunst in Bild und Wort mit Elke Bludau, Johanna Hansen und Sabine Schiff ner ■ Messestand Literaturrat NRW, Halle 5, Stand K214 90 MI 26. DO 27. FR 28. SA 29. SO 30. www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | SERVICE TIPP S A A H A I C I R T A P : O T O F Wolf Haas »Wackelkontakt« Dass er sich selbst beim Schreiben gut unterhalten fühlt, nennt Wolf Haas gern als Ziel seiner Bücher. Das klingt beiläufig und beinahe selbstverständ- lich für einen Autor, aber wer Haas’ Romane, auch den neuen (Rezension S. 60) liest, wird feststellen, dass sie genau das auf jeder Seite atmen – und vor allem, dass das sehr, sehr viele, auch sehr gute Bücher eben nicht tun. Da wird mit den Worten und den Halbsätzen, mit den Charakteren und den Erwartungen jongliert, dass es eine wahre Freude ist. ▶ Sa 29.3., 15 Uhr, Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, Stand 01 ▶ Sa 29.3., 16.15 Uhr, Taz-Studio, Halle 5, G500 ▶ Sa 29.3., 19 Uhr, Eisengießerei TIPP 15.00 Wolf Haas »Wackelkontakt« Autorengespräch ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, Stand 01 15.00 Nina Lykke »Wir sind nicht hier um Spaß zu haben« Roman über einen Mann, der durchdreht ■ Messestand des Gastlands Norwegen, Halle 4, Stand D300/C301 15.00 Ursula Knoll »Zucker« Geschichte eines polarisierenden Lebensmittels, erzählt entlang von sechs Frauenleben. ■ Messestand IG Autorinnen Autoren, Halle 4, Stand E209 15.00 Engagement & Empathie – Josef Redings Schreibarbeit Gespräch mit Jannick Griguhn über den Autor, Kolumnisten, Förderer und Filmemacher (1928–2020) zwischen Engage- ment und Geldverdienen ■ Messestand Literaturrat NRW, Halle 5, Stand K214 TIPP 15.00 »Im Original geht da viel verloren!« – Selbstübersetzung zwischen Verzweif- lung und Neuschöpfung Wenn zwei- oder mehrsprachige Autorinnen und Autoren sich selbst übersetzen – Diskussion mit Abdalrah- man Alqalaq und Nathalie Rouanet ■ Übersetzungszentrum / Forum International, Halle 4, Stand C403 TIPP 15.00 Die große »Gregs Tagebuch»-Show ■ Werk 2 15.30 Ano Female Stories aus Armenien, einem Land im leisen Kriegszustand – mit Anoush Sargsyan und Mario Pschera ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, Stand H313 AG S

LOGBUCH | SERVICE SAMSTAG, SONNTAG TIPP G A L R E V N I L R E M : O T O F Matinee fü r Jean Genet Nach 25 Jahren kommt die umfangreiche Werkausgabe des Dramatikers und Dichters Jean Genet im Merlin-Verlag mit dem Roman »Querelle de Brest« zu einem Abschluss. Das Schauspielstudio liest Auszüge aus Prosa, Drama und Essay, kommentiert von der Verlegerin Katharina Eleonore Mey- er. Der 1910 in Paris geborene Jean Genet lebte lange als Vagabund unter verschiedenen Namen und wurde zwischen 1937 und 1943 dreizehnmal zu Gefä ngnis verurteilt, wo er 1942 seinen ersten Roman schrieb. ▶ So 30.3., 11 Uhr, Schauspielhaus 20.00 Stefan Schwarz »Wir Kinder von früher. Der große Wurf« Stefan Schwarz gibt in seinem ersten Kinderbuch Einblicke in eine besondere DDR-Kindheit ■ Mädlervilla 21.00 Big Mike. Memes statt Bücher Tanzen statt lesen: Konzert mit Big Mike Colonia, danach Italo-Disco-Aft erparty. Mit Boxauto- mat und Liegestützwett bewerb. ■ Felsenkeller, Naumanns Tanzlokal 21.00 Auf der Suche nach einer besseren Zukunft Über die (Un)Möglichkeit literari- scher Utopien – mit Aiki Mira, Karen Nölle und Mary Stormhouse ■ Westbad Leipzig 21.00 Jakob Springfeld »Der Westen hat keine Ahnung was im Osten passiert« Gespräch ■ Zeitgeschichtliches Forum 30.03.2025 9 - 14 UHR TIPP 10.30 Kulturhauptstädte 2025 – Nova Gorica und Chemnitz Charme des Sozialismus, wie lebt und schreibt man in so einer Stadt? – Gespräch mit Nataša Velikonja ■ Café Europa, Halle 4, Stand E401 10.30 Ingar Solty »Trumps Triumph?« Präsentation ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, Stand H313 10.30 Mircea Cărtărescu »Theodoros« »Literatur auf dieser Stufe ist Vollendung« (Le Monde) ■ Forum Literatur, Halle 4, Stand A100 10.30 Julia Borggräfe qBürokratopia« Gespräch darüber, wie Verwaltung die Demo- kratie rett en kann ■ Forum Sachbuch, Halle 2, Stand C505 11.00 Faruk Šehić »Von der Una« Lesung ■ Café Europa, Halle 4, Stand E401 11.00 Sonntagsfü hrung Erfahren Sie, was die Deutsche Nationalbibliothek von anderen unterscheidet ■ Deutsche Nationalbibliothek, Foyer 20.00 Günter Grass »Vonne Endlichkeit« Jazz & Literatur zum 10. Todestag von Günter Grass mit Günter Baby Sommer (dr), Uwe Kropinski (gt), Michael Winkler (tu), Thomas Brückner (Sprecher) ■ Mediencampus Villa Ida 20.00 Große Gala junger Leipziger Literatur aus den Bereichen Roman, Lyrik, Perfor- mance und szenischer Text ■ Schauspielhaus, Foyer 1 TIPP 20.00 Recht. Macht. Politik Podiumsdis- kussion mit Julia Borggräfe, Ilija Trojanow, Nina Poppel und Jürgen Wertheimer ■ Stift ung Forum Recht TIPP 20.00 Balkannacht mit Asja Bakić, Clemens Meyer, Emanuil Vidinski, Ivo Dimchev, Mircea Cărtărescu, Nadija Rebronja und Tamara Štajner ■ UT Connewitz 20.15 Svea Mausolf »Image« Lesung aus dem Debütroman der Queen of Meme ■ Hugendubel Filiale Peterstraße 20.15 Salon International Wörtertanz, verbale Befreiungsschläge, Blicke über den Tellerrand – mit Margret Millischer, Michael Witt schier und Victor Kalinke ■ Leipziger Literaturverlag TIPP 20.30 Lea Streisand »Sind Antisemiten anwesend?« Und Michael Bitt ner »Deut- sche im Wind« Doppellesung ■ Ariowitsch-Haus 21.00 Antje Rávik Strubel »Der Einfl uss der Fasane« Die Buchpreisträgerin im Gespräch mit der Autorin Isabelle Lehn ■ Alte Nikolaischule, Richard-Wagner-Aula 11.00 Franz Josef Czernin »Gute Unterhaltung, TIPP 11.00 Daniela Dahn »Der Schlaf der Ver- Herr Adorno!« Glossen und Essays zur Dichtkunst heute ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, Stand H313 11.00 Grit Poppe und Niklas Poppe »Verschleppt, verbannt, verschwunden« Von der zerstörerischen Kraft des Krieges und der Ideologie: deutsche Kriegsjugend in Stalins Lagern und Gefä ngnissen ■ Forum Sachbuch, Halle 2, Stand C505 11.00 Sexualisierte Gewalt und sexuelle Selbst- bestimmung Frank Baumann und Professor Dr. Heinz-Jürgen Voß über die Forschungen der Hochschule Merseburg zu sexualisierter und häuslicher Gewalt ■ Forum Sachbuch + Wissenschaft , Halle 2, Stand D500 Besuche uns auf der Buchmesse. D u fi n d e s t u n s i n H a l l e 5 a n S t a n d H 2 1 6 . L e i p z i g . S u b j e k t i v . S e l e k t i v . 11.00 Sarah Zöllner »Mütt er in die Politik!« Erfahrungsberichte und Tipps fü r politische Mitgestaltung engagierter Mütt er ■ Frauenkultur 11.00 Uwe Schimunek «Geisterstätt en Frühschoppen« Das Beste aus den »Geisterstätt en«-Bänden fü r Mitt eldeutschland ■ Analog Art Photography 11.00 Kati Naumann »Die kleine Schnecke Mo- nika Häuschen« Wenn man Angst hat, hilft es, genau hinzusehen, wovor man sich fü rchtet... ■ Hugendubel Kinderbuchhandlung, Halle 3, Stand B601 Leipzig liest serifee.de nunft « über Kriegsklima, Nazis und Fakes ■ Ost-Passage-Theater 11.00 Ivo de Figueiredo »Der Sturm« Lesung über Leben und Werk Edvard Munchs kreuzer_Stopper_Merlin_GENET_202 ■ Schaubühne Lindenfels Matinee für JEAN GENET 30. März 2025, 11:00 Uhr Schauspiel Leipzig. Kommt alle! www.merlin-verlag.com Halle 5 / K203 TIPP 11.00 Matinee fü r Jean Genet Werkschau und Hommage mit Auszügen aus Prosa, Drama und Essay ■ Schauspielhaus 11.20 Druckfrisch ARD-Literaturmagazin mit Denis Scheck ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, Stand 01 11.30 Eva-Martina Weyer »Tabakpech« Roman über den Tabakanbau in der Uckermark 1930–95 ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, Stand H313 11.30 Sicheltage / Serpowe dny Gedichte und lyrische Prosa: Lesung aus dem neuen deutsch-sorbischen Band von Benedikt Dyrlich ■ Forum Literatur, Halle 2, Stand F400 11.30 Frank Baumann und Johannes Herwig- Lempp »Drei gute Fragen bei Problemen« Diskussion über systemische Sozialarbeit. Haltungen und Handeln in der Praxis ■ Forum Sachbuch + Wissenschaft , Halle 2, Stand D500 11.30 Vanessa Walder »Die Tier-Feuerwehr« Was ist grau, fl auschig und ist der absolute Feuerwehr-Fachmann? Eddie, der Waschbär! ■ Lesebude, Halle 5, Stand B101 11.30 Kristin Valla »Ein Raum zum Schreiben« Die norwegische Autorin stellt ihr neues Buch in Lesung und Gespräch vor ■ Leseinsel Junge Verlage, Halle 5, Stand G200 11.00 Lisa und Ove Kögeböhn »Salma schreibt 11.30 Daniela Dangl »Lichte Schatt en« ein Buch« Lesung und Gespräch mit der Leipziger Übersetzerin und ihem Sohn zum Buch von Danny Ramadan ■ Kinderbuchladen Serifee 11.00 Christian von Aster »Liber Vampirorum Anthologie mit Geschichten von Germaine Paulus, Markus Heitz, Sanjina Karma u. a. ■ Krystallpalast Varieté, Krystallpalast Varieté 11.00 Bjørn F. Rørvik »Tücken mit Mücken« Lesung und Workshop zum fröhlich-frechen Vorlesebuch von Bjørn F. Rørvik ■ Theater der Jungen Welt Autorenlesung & Bastelworkshop Autorenlesung & Bastelworkshop Autorenlesung & Bastelworkshop Fuchs & Ferkel Tücken mit Mücken Tücken mit Mücken 30.03. , 11 Uhr Theater der Jungen Welt 11.00 Michael Engler »Paula Polizeiauto« Ein mutiges Einsatzfahrzeug und ein geheim- nisvoller Fall ■ Lesebude, Halle 5, Stand B101 11.00 Alena Buyx »Leben & Sterben« Autorinnengespräch ■ Messestand ARD, ZDF, 3sat / Literaturbühne, Glashalle, Ebene 1, Stand 01 Gespräch ■ Messestand IG Autorinnen Autoren, Halle 4, Stand E209 11.30 Jasmin Solfaghari »Parsifal – Ein Stück Theatergeschichte« Lesung ■ Musik-Café, Halle 2, Stand G504 11.30 Knut Elstermann »Bach bewegt« Der Filmexperte begibt sich auf eine außer- gewöhnliche Reise zu Johann Sebastian Bach im Film ■ Passage-Kinos 11.45 Stefan Weidle »Mathilda« Der Übersetzer spricht über Herangehensweise und Prozess, einen Klassiker ins Deutsche zu übertragen. ■ Messestand Literaturrat NRW, Halle 5, Stand K214 12.00 Im Schatt en der Freiheit: Die Menschenrechte als Brennpunkt Diskussion mit Maksym Butkewytsch, Stanislaw Assjejew und Sabine Adler ■ Café Europa, Halle 4, Stand E401 12.00 Katia Tangian »Selbstgespräche« Autofi ktionale Datscha-Storys aus einem so- wjetischen Schrift stellerdorf der 80er Jahre ■ Fachforum + Literatur, Halle 5, Stand G701/H700 12.00 Mati Shemoelof »Der Preis« Verrückte Parodie auf die Literaturwelt ■ Forum Die Unabhängigen, Halle 5, Stand H313 11.00 Bernhard Heisig zum 100. Geburtstag 12.00 Ondřej Cikán »Frau« Lesung aus dem Buchvorstellung im Rahmen einer Führung zur Ausstellung »Geburtstagsstilleben mit Ikarus« ■ Museum der bildenden Künste surrealistischen Sozialroman ■ Globale Perspektiven, Halle 4, Stand E305 94 MI 26. DO 27. FR 28. SA 29. SO 30. www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | SERVICE Adressen Academixer Kupfergasse 2, 04109 Leipzig Alte Handelsbörse Naschmarkt 2, 04109 Leipzig Alte Nikolaischule Nikolaikirchhof 2, 04109 Altes Rathaus Markt 1, 04109 Leipzig Analog Art Photography Pittlerstr. 26, 04159 Leipzig Antikenmuseum der Universität Leipzig Nikolaikirchhof 2, 04109 Leipzig Ariowitsch-Haus Hinrichsenstr. 14, 04105 Auwaldstation Schlossweg 11, 04159 Leipzig- Lützschena Barockschloss Störmthal Rosengang 3, 04463 Grosspösna Beyerhaus Ernst-Schneller-Str. 6, 04107 Leipzig Bibliotheca Albertina Beethovenstr. 6, 04107 Leipzig Bibliothek der HTWK Gustav-Freytag-Str. 40, 04277 Leipzig 04155 Leipzig Bibliothek Grünau-Mitte Stuttgarter Allee 15, 04209 Leipzig 04329 Leipzig Bibliothek Plagwitz »Georg Maurer« Zschochersche Str. 14, 04229 Leipzig Botanischer Garten Linnéstr. 1, 04103 Leipzig Buchkinder Leipzig Lütznerstraße 102, 04177 Leipzig Budde-Haus Lützowstr. 19, 04157 Leipzig Bundesverwaltungsgericht Simsonplatz 1, 04107 Leipzig Café Gold Kantstr. 65, 04275 Leipzig Café Grundmann August-Bebel-Str. 2, 04275 Leipzig Cammerspiele Kochstr. 132, 04277 Leipzig Capa-Haus Jahnallee 61, 04177 Leipzig Conne Island Koburger Str. 3, 04277 Leipzig Connewitzer Verlagsbuchhandlung Schuhmachergäßchen 4/Specks Hof, 04109 Leipzig DB Lounge / Historischer Speisesaal im Hauptbahnhof Willy-Brandt-Platz 5-7, 04109 Leipzig Karl-Tauchnitz-Str. 11, 04107 Galerie Koenitz Dittrichring 16, 04109 Leipzig Galerie KUB Kantstr. 18, 04275 Galerie W182 Wurzner Str. 182, 04318 Leipzig Gewandhaus Augustusplatz 8, 04109 Leipzig Gohliser Schlösschen Menckestr. 23, Grassi-Museum für Angewandte Kunst Johannisplatz 5-11, 04103 Leipzig Grieg-Begegnungsstätte Talstr. 10, 04103 Leipzig Halle 5 im Werk 2 Windscheidstr. 51, 04277 Leipzig Handwerkskammer zu Leipzig Dresdner Str. 11-13, 04103 Leipzig Haus des Buches Gerichtsweg 28, 04103 Leipzig Haus Leben Friesenstr. 8, 04277 Leipzig Haus Leipzig Elsterstr. 22-24, 04109 Leipzig Horns Erben Arndtstr. 33, 04275 Leipzig Hugendubel Filiale Peterstraße Petersstr. 12-14, 04109 Leipzig 04277 Leipzig Institut Français Thomaskirchhof 20, 04109 Leipzig Interim Demmeringstr. 34, 04177 Leipzig Jacques‘ Weindepot Ost Torgauer Platz 6, 04315 Leipzig Gabelsbergestr. 30, 04317 Leipzig Kinderbuchladen Serifee Karl-Liebknecht- Bibliothek Gohlis Georg-Schumann-Str. 105, 04155 Leipzig Bibliothek Paunsdorf Platanenstr. 37, 5-11, 04103 Leipzig Grassi-Museum für Völkerkunde Johannisplatz 04275 Leipzig Deutsche Nationalbibliothek Deutscher Platz 1, Str. 36, 04107 Leipzig 04103 Leipzig Kinobar Prager Frühling Bernhard-Göring- 04275 Leipzig Deutsches Literaturinstitut Leipzig Wächterstr. Str. 152, 04277 Leipzig 34, 04107 Leipzig KK5 - Kunst Kultur Galerie Käthe-Kollwitz-Str. 5, Deutsches Zentrum für barrierefreies Lesen 04109 Leipzig Gustav-Adolf-Str. 7, 04105 Leipzig Dix Tannhäuser Lindenauer Markt 22, 04177 Leipzig Dr. Hops Eichendorffstr. 7, 04277 Leipzig Drei der Münze Münzgasse 28, 04107 Leipzig Dubnow-Institut Goldschmidtstr. 28, 04103 Leipzig Kongresshalle am Zoo Pfaffendorfer Str. 31, 04105 Leipzig Konfuzius-Institut Leipzig Otto-Schill-Str. 1, 04109 Leipzig Krystallpalast Varieté Magazingasse 4, 04109 Leipzig Reallabor Brühl 48, 04109 Leipzig Rennbahn-Gastronomie Rennbahnweg 2 a, Kupfersaal Kupfergasse 2, 04109 Leipzig 04107 Leipzig Eisengießerei beim Westwerk Westhof/ Karl-Heine-Str. 93 B, 40229 Leipzig Felsenkeller Karl-Heine-Str. 32, 04229 Leipzig Fink & Zeisig Kolonnadenstr. 9, 04109 Leipzig Flowerpower Riemannstr. 42, 04107 Leipzig Frauenkultur Windscheidstr. 51, 04277 Leipzig Frauenzimmertheater Richard-Wagner-Platz 1, 04109 Leipzig Kuppelhalle der LVZ Peterssteinweg 19, 04107 Leipzig Laden auf Zeit Kohlgartenstr. 51, 04315 Landgericht Leipzig Harkortstr. 9, 04109 Leipzig Leipziger Central Kabarett Markt 9 (Eingang Restaurant Barfusz), 04109 Leipzig Leipziger Literaturverlag Brockhausstr. 56, 04229 Residenz Baumwollspinnerei, Halle 18, Spinnereistr. 7, 04179 Leipzig Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Karl-Tauchnitz-Str. 1, 04107 Leipzig Sächsisches Apothekenmuseum Leipzig Thomaskirchhof 12, 04109 Leipzig Satellit Roßplatz 11, 04103 Leipzig Schaubühne Lindenfels Karl-Heine-Str. 50, Friedrich-Ebert-Stiftung Burgstr. 25, LIA – Leipzig International Art Programme 04229 Leipzig 04109 Leipzig Spinnereistr. 7, 04179 Leipzig Froelich & Herrlich Hähnelstr. 27, 04177 Leipzig Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig linXXnet Brandstraße 15, 04277 Leipzig Ludwig. Presse und Buch Willy-Brandt-Platz 5-7, Museum der bildenden Künste Katharinenstr. Stiftung Forum Recht Universitätsstr. 20, 04109 Leipzig Mädler Art Forum Grimmaische Str. 2-4, 04109 Leipzig Mädlervilla Hans-Driesch-Str. 2, 04179 Leipzig Mattheuer-Stiftung Hauptmannstr. 1, 04109 Leipzig Mediencampus Villa Ida Poetenweg 28, 04155 Leipzig Mediacity Leipzig Altenburger Str. 13, Mendelssohn-Haus Goldschmidtstr. 12, 04103 Leipzig Mintastique Straße des 17. Juni 11, 04107 Leipzig Moritzbastei Kurt-Masur-Platz 1, 04109 Leipzig Morrison's Irish Pub Ritterstr. 38-40, 04109 Leipzig 10, 04109 Leipzig Musikalische Komödie Dreilindenstr. 30, 04177 Leipzig Nato Karl-Liebknecht-Str. 46, 04275 Leipzig Naturkundemuseum Lortzingstr. 3, Neues Rathaus Martin-Luther-Ring 4, 04105 Neues Schauspiel Leipzig Lützner Str. 29, 04177 Leipzig Ost-Passage-Theater Konradstr. 27 (über Park- platz Eisenbahnstraße), 04315 Leipzig Panometer Richard-Lehmann-Str. 114, Panorama-Tower Augustusplatz 9, 04109 Leipzig Paper & Tea Grimmaische Str. 2-4 (Mädler- Passage), 04109 Leipzig Passage-Kinos Hainstr. 19a, 04109 Leipzig Pöge-Haus Hedwigstr. 20, 04315 Leipzig Pro Gohlis / Kallenbach Leipzig Gohliser Str. 20, 04105 Leipzig Schauspielhaus Bosestr. 1, 04109 Leipzig Schille Otto-Schill-Str. 7, 04109 Leipzig Schillerhaus Menckestr. 42, 04155 Leipzig Schloss Hubertusburg Wermsdorf An der Hubertusburg 21, 04779 Wermsdorf Schulmuseum Goerdelerring 20, 04109 Leipzig Schumann-Haus Inselstr. 18, 04103 Leipzig Smow Burgplatz 2, 04109 Leipzig Springmäuschen Kregelstr. 6, 04317 Leipzig Stadtbibliothek Wilhelm-Leuschner-Platz 10-11, 04107 Leipzig Stadtbibliothek Markkleeberg Geschwister- Scholl-Str. 2a, 04416 Markkleeberg Stadtbibliothek Schkeuditz Bahnhofstr. 9, 04435 Schkeuditz Stadtgeschichtliches Museum Markt 1, 04109 Leipzig Stasi-Unterlagen-Archiv Leipzig Dittrichring 24, 04109 Leipzig 04109 Leipzig Stuck Bühne Zillerstr. 6, 04317 Leipzig Südfriedhof Friedhofsweg 3, 04299 Leipzig Tapetenwerk Lützner Str. 91, 04177 Leipzig Thalia Buchhandlung Karli Karl-Liebknecht-Str. 8-14, 04107 Leipzig Theater der Jungen Welt Lindenauer Markt 21, 04177 Leipzig Umweltbibliothek Bernhard-Göring-Str. 152, Vienna House Easy Goethestr. 11, 04109 Leipzig Die Villa Lessingstr. 7, 04109 Leipzig Völkerschlachtdenkmal Prager Str. 210, 04299 Leipzig Volkshaus Karl-Liebknecht-Str. 30-32, 04107 Leipzig Werk 2 Kochstr. 132, 04277 Leipzig Westbad Leipzig Odermannstr. 15, 04177 Leipzig Westflügel Lindenfels , Wolle von der Scholle Arthur-Hoffmann-Str. 28, 04107 Leipzig Zeitgeschichtliches Forum Grimmaische Str. 6, 04109 Leipzig Zoo Pfaffendorfer Str. 29, 04105 Leipzig Ilses Erika Bernhard-Göring-Str. 152, 04105 Leipzig Kinder- und Jugendkulturzentrum O.S.K.A.R. 04229 Leipzig No. 2 - Die Altstadtkneipe Mühlstr. 2, 04277 Leipzig 04509 Delitzsch UT Connewitz Wolfgang-Heinze-Str. 12a, Noch Besser Leben Merseburger Str. 25, 04277 Leipzig Lesungsorte /Messestände aktuell auf: www.leipzig-liest.de 96 www.kreuzer-leipzig.de

LOGBUCH | LETZTE SEITE Ibsen und ich Weiter Büroraum, schlicht, aber nicht karg. Eine Tür links führt in einen Konferenzraum, eine weitere Tür im Hintergrund zur Chefredaktion. Offene Stahlträger, die die Decke stützen, verleihen dem Raum ein rustikales Ambiente. In der Mitte des Raumes zwei Tische mit je ei- nem Stuhl, im Hintergrund dieselbe Anordnung. Auf den vorderen Tischen Stapel neuer Bücher, mit Haftnotizen versehen. Im Vordergrund an der rechten Wand ein sehr volles, aber dennoch geordnetes Bücherregal. Im Vorder- grund links ein kleines Sofa, auf dem sich Zeitungsstapel und Päckchen befinden. An der linken Wand das Gemäl- de eines Kreuzfahrtschiffes, beobachtet von einer Frau am Pier. Im Hintergrund fällt das Licht der Nachmittagssonne durch ein Fenster, der Frühling bahnt sich an. Der Raum ist von Leuchtstoffröhren erhellt. Am Tisch in der Mitte sitzt Joachim und arbeitet an sei- nem Computer, neben ihm eine Tasse Kaffee. Ein weiterer Redakteur verlässt soeben den Raum. Joachim: (Zu sich) So schön würde es sich also lesen, wenn Henrik Ibsen ständig die Räume beschriebe, in denen ich mich aufhalte. Und wie erstaunlich ist es, was ich alles erlebt habe, seit ich vor 15 Jahren das erste Mal auf Ibsen gebracht wurde. (Nachdenklich.) Mein Wissen über Literatur war so gut, wie es eben sein kann, wenn man hier zur Schule gegangen ist. Ich kannte jedenfalls Goethe, Schiller und Grass. Zu Besuch bei meiner Cousine in Wien wollte ich aber natürlich unbedingt ins Theater und mein Vater empfahl mir Ibsen. So fand ich mich in einer großar- tigen Aufführung der »Gespenster« im Theater in der Josefstadt wieder, ohne zu wissen, was mich genau erwartet. Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass es einer der nachhaltigsten Theaterbesuche meines Lebens war. »Gespenster« ist eines der großartigen Stücke Ibsens, mit denen er bei seinen Zeitgenossen einen enormen Skandal auslöste, schrieb er doch nicht zuletzt über Inzest und Syphilis – aber viel schlim- mer noch: über freie Liebe! Der Abend war für mich sehr erhellend, hat er mir doch gezeigt, wie zeitge- mäß das Schauspiel sein kann, auch wenn »Klassiker« zur Aufführung kommen. Das Erstaunlichste an die- ser Geschichte ist aber, dass Ibsen einer der wenigen Autoren ist, auf die sich mein Vater und ich einigen können, und dass ausgerechnet er mich auf so ein pro- gressives und immer noch für Zündstoff sorgendes Theaterstück gebracht hat. Ibsens Dramen verknüpfen eine schonungslose Pro- gressivität mit einer spannungsvollen Handlung, die einen bis zuletzt in den Theatersessel drückt. Bewie - sen hat sich das für mich noch bei vielfältigen Theater - besuchen. Ebenso wie »Gespenster« lebt auch die regelmäßig inszenierte »Hedda Gabler« von einer un- glaublichen psychologischen Tiefe der Figuren. Zuletzt habe ich das Stück in den Leipziger Cammerspielen gesehen. Auch dort begegnete mir Ibsen wieder eher zufällig, war ich doch vor allem wegen eines befreun- deten Theatermachers da, der Regie führte. Eben dieser Mann wiederum hatte mich einige Jahre vorher darin bestärkt, mehr Theater zu machen, über mein jugend liches Schauspiel hinaus. Das wiederum führte zu meiner intensivsten Aus - ein andersetzung mit Ibsen: Beim ersten Theaterstück, an dem ich aktiv mitwirkte, verwob unsere kleine Gruppe Teile aus »Nora oder Ein Puppenheim« mit einer dystopischen Geschichte über Freiheit – schlicht und ergreifend, weil »Nora« ein immer noch brand- aktuelles Drama ist, dessen Botschaft auch heute leider noch von den Dächern gesungen werden muss. Mit diesem Stück schuf Ibsen bereits 1879 ein bedeu- tendes Werk über weibliche Emanzipation, indem er die bürgerlichen Besitzansprüche von (Ehe-)Männern an Frauen offensichtlich kritisierte – mit einem Schluss, der für seine Zeit so radikal war, dass er bei den ersten Aufführungen in Deutschland verändert wurde. In der alternativen Fassung verließ Nora am Ende doch nicht Mann und Kinder – eine Änderung, die Ibsen zu Recht als »barbarische Gewalthandlung« beschrieb und dem Sinn des Dramas in keiner Weise gerecht wurde. »Nora oder Ein Puppenheim« wurde übrigens gleichzeitig in Norwegen und Deutschland veröffentlicht – hier natürlich im Leipziger Reclam- Verlag. Passend dazu habe ich mir im Leipziger Reclam- Museum auch mal ein Heft der »Wildente« aus dem Bücherautomaten gezogen. Bis heute der Schandfleck meiner Ibsen-Sammlung, steht es doch immer noch ungelesen im Regal! Ibsen hat nicht nur meine Liebe für naturalistisch lange Szenen- und Raumbeschreibungen befeuert (siehe oben). Vor allem hat er unbewusst Einfluss auf mein kreatives Schaffen genommen und das halte ich für das größte Kompliment, das man einem Autor machen kann. Vor allem die Idee, mit Theater etwas aussagen zu wollen, und dabei im besten Falle noch universalistisch genug zu schreiben, dass es auch nach 150 Jahren noch relevant ist, scheint mir ein vernünfti- ges Ziel zu sein. All diese Zusammenhänge, der kleine rote Faden, den dieser Autor durch mein Erwachse- nenleben zieht, sind mir dennoch erst bewusst ge - worden, als mein Chefredakteur bemerkte, dass wir bei einem Norwegen-Heft wohl auch etwas zu Ibsen machen sollten. Hier trennt sich nun also die Spreu vom Weizen und es wird belohnt, wer bis zur letzten Seite drangeblieben ist – zumindest, wenn er die Meinung des Chefredakteurs teilt. (Er fährt den Computer herunter, steht auf und verlässt den Raum.) JOACHIM KERN Das nächste logbuch erscheint als Beilage des kreuzer am 27. September. 98 www.kreuzer-leipzig.de

Norwegisches Festivalzentrum Schaubühne Lindenfels 27. März Maja Lunde | Vigdis Hjorth Øystein Wiik | Joachim Król 28. März Karl Ove Knausgård | Trude Teige Oliver Lovrenski | Matias Faldbakken Johan Harstad | Hanne Ørstavik Edvard Hoem | Ine Hoem | Lars Mytting 29. März Nina Lykke | Aslak Nore | Ingeborg Arvola | Simon Stranger 30. März Ivo de Figueiredo | Marta Breen Linn Stalsberg | Kristin Valla Anne Sverdrup-Thygeson Norwegen Gastland Leipziger Buchmesse 2025 gastland2025.de fb.com/NorwegischeLiteratur Gesamtes Programm