EDITORIAL F O T O : I I C H R S T A N E G U N D L A C H oder oder oder oder Kunst Kunst Kun Design Design esign studieren? Glenns Keuze-Cover, Januar 1991 »Hands« von Glenn Horvath, Januar 2021 Es muss irgendwann im Jahr 2005 gewe- sen sein, als ich zum ersten Mal den kreuzer durchblätt erte. Und ich war beeindruckt: Ein Stadtmagazin mit einem richtigen Politikteil, mit Reportagen, politischen Kommentaren, einem wirklich kritischen Kulturteil und zehnseitigen Titelstorys – wo gibts denn so was? Ich kannte Stadt- magazine bis dahin nur als diese bunten Heft chen, meist kostenlos, mit Party-Pics drin und sonst im Grunde nur Werbung. Mit Journalismus, mit Glaubwürdigkeit, etwas Echtem, Authentischem und vor allem mit Unabhängigkeit hatt e das wenig zu tun. Beim kreuzer wars anders: Er sah nicht nur gut aus und beschäft igte sich auf ebenso seriöse wie ehrliche Art mit Leipzig – er bot auch eine wichtige alterna- tive Öffentlichkeit in einer Stadt, in der es sonst nur Produkte westdeutscher Medien- konzerne zu lesen gibt. Die Arbeit im kreuzer war immer geprägt von einem hohen journalistischen An- spruch, von unbedingter Trennung von Geschäft und Redaktion und von Lust – denn zu verdienen gab es hier nie viel. Statt dessen gabs ständig irgendwas zu bereden, zu diskutieren, die Redaktions- sitzungen arteten immer wieder in stun- denlange Besprechungen aus. Besonders bei politischen Themen regierte das Man- tra: Wir müssen etwas dagegensetzen, wir müssen noch den Teil der Geschichte erzählen, der sonst in den Zeitungen nicht vorkam. Das war die Nische, die wir mit dem kreuzer gern besetzten. Und durch diese Nische schleuste das Heft eine Menge jun- ger Journalistinnen und Journalisten, die später bei den großen Blätt ern und Sendern Karriere machten. Ja, und in regelmäßigen Wellen gabs auch Ärger in der Redaktion, der meist mit feh- lenden Ressourcen zu tun hatt e: Zu wenig Geld macht schlechte Laune, das gilt auch für Projekte, bei denen wirklich alle mit Herzblut dabei sind. Das ist vielleicht der Preis der Unabhängigkeit. Und davon kön- nen sicherlich alle Medien ein Lied singen, die sich nicht dem big business verschrieben haben. Aber warum ist der kreuzer so, wie er ist? Das hat vor allem mit zwei Dingen zu tun: der ganz speziellen Leipziger Dynamik und der Tradition des kreuzer, seinen Anfängen, seiner Geschichte. Den ersten Teil dieser Story erzählen wir in diesem Heft . Wobei, ge- nau genommen erzählen nicht wir ihn, son- dern einer, der damals, vor 30 Jahren, haut- nah dabei war: Buchhändler Peter Hinke, in dessen Connewitzer Verlagsbuchhand- lung der Geburtsort des kreuzer liegt. Auf die Welt kam dort im September 1990 ein klei- nes Heft namens Connewitzer Kreuzer. Sein Spirit war durch und durch subkulturell. Den politischen Teil übernahm zu dieser Zeit noch ein anderes Medium, die legen- däre Leipziger Wochenzeitung DAZ, ein ech- tes Kind des 89er Aufb ruchs, das, wie leider auch dessen Protagonistinnen und Prota- gonisten, viel zu schnell bankrott ging. Der Connewitzer Kreuzer startete als monatliche Kulturbeilage der DAZ und machte danach alleine weiter. Mit dem Stadtmagazin Kreuzer ging es im Juni 1991 los, ein paar Monate nach der Pleite der DAZ. Diese Geschichte erzählen wir im kommenden Sommer. Einen besonderen Lesetipp gebe ich noch für unser Interview des Monats auf Seite 22, das Anna Hoff meister und Nele Rebmann mit der Tätowiererin Miss Brokoe geführt haben. Es ist selten, dass eine Gesprächs- partnerin so ehrlich von ihrem Leben und ihren Motivationen erzählt. Und wenn Sie schon dabei sind, lesen Sie doch auch den ganzen Rest, es lohnt sich! Und zum Schluss noch ein Gruß an Glenn Horvath (Hi, Glenn!), der 1990 direkt aus Miami kommend in Leipzig aufschlug und Maler des ersten Kreuzer-Titelblatt s in Far- be wurde. Für dieses Heft hat er seine Vi- sion von damals noch mal aufgemalt, Sie sehen beide Bilder auf dieser Seite. Love is the answer. Alles Gute für das Jahr 2021! ANDREAS RAABE chefredaktion@kreuzer-leipzig.de A N Z E G E I KREUZER 0121 3