STADTPOLITIK Episoden aus dem Stadtrat F O T O : I I W K M E D A I , A P P A L O O S A Zuletzt tagte der Stadtrat Ende Februar, in der Woche vor dem zweiten OBM-Wahlgang. Die CDU wollte aus dem »RB-Parkhaus« ein wahlbeeinflussendes Thema machen – auch im Stadt- rat. Dies verhinderten jedoch SPD, Linke und Grüne durch Vertagung der Anträge. Keine Waffen für das Ordnungsamt T rotzdem wurden weitere interessante Themen besprochen. Die Stadt Leipzig will beispielsweise ihre Polizeibehörde mit Schlagstöcken ausrüsten. Dabei ist frag- lich, wie die Angestellten die Waffe über- haupt einsetzen dürfen. »Ein sehr formschönes, aber doch recht zweckloses modisches Accessoire« nannte Grünen-Stadtrat Norman Volger den Schlagstock während der vergangenen Ratsversammlung. Denn er kenne keinen Fall, in dem die Polizeibehörde Gewalt zum »unmittelbaren Zwang« anwenden dürfe. Auch die Stadtverwaltung muss noch prü- fen, ob und wann der Schlagstock zum Einsatz kommen kann. So kündigte es Ord- nungsbürgermeister Heiko Rosenthal an. Das neue sächsische Polizeibehör- dengesetz ermöglicht zwar, dass »gemeind- liche Vollzugsbedienstete« unmittelbaren Zwang – auch mit dem Schlagstock – aus- üben. Die genauen Richtlinien dafür muss aber das Innenministerium in einer Rechts- verordnung festlegen. Doch während das Gesetz seit Jahresanfang gilt, ist, laut Rosenthal, bisher keine neue Verordnung erlassen worden. Bis die ersten Streifen der Leipziger Polizeibehörde einen Knüppel an der Uniform tragen, wird es also noch dauern. »Ich kann es Ihnen nicht für die- ses Jahr versprechen«, sagte Rosenthal im Stadtrat Richtung CDU-Fraktion. Die hatte bereits Ende 2017 zusammen mit der SPD beantragt, die städtischen Einsatzkräfte mit stichsicheren Westen und dem »Ret- tungsmehrzweckstock« auszustatten – so wie in Chemnitz. Dort gehört seit demsel- ben Jahr ein Teleskopschlagstock zur Aus- rüstung der Polizeibehörde. Wie die Pressestelle der Stadt Chemnitz erklärt, diene der Stock nicht nur dazu, unmittelbaren Zwang durchzu- setzen. Er werde außerdem eingesetzt, um Gefahren abzuwehren und um Leib und Leben zu schützen. Dabei gehe es auch um Selbstverteidigung. Wegen ihrer Auf- gaben stünden »die Kollegen teilweise ei- ner ähnlichen bis gleichen Klientel wie die Polizei gegenüber«. Welchen Gefahren die Bediensteten in Leipzig ausgesetzt sind, hat die Stadt in einer aktuellen Beurtei- lung zusammengefasst. Demnach habe es in der Vergangenheit körperliche Angriffe gegeben. Die genaue Statistik behält die Verwaltung jedoch für sich. Es handle sich um ein internes Dokument, antwortete das Ordnungsamt auf Anfrage des kreuzer. Was aus der Gefahrenbewertung folgt, wird dagegen bald sichtbar sein. Im Gegensatz zum Schlagstock sollen bis Mit- te dieses Jahres allen Bediensteten stich- sichere Westen bereitstehen. Schon jetzt werden die Westen »einsatzbezogen« getra- gen, wie zum Beispiel in der Silvesternacht 2019. Außerdem arbeitet die Stadt dieses Jahr weiter daran, eine Hundestaffel aufzu- bauen. Michael Kees Digitale Schulen M it einer großen Fördersumme rüstet Leipzig seine Schulen digital auf. Es bleiben jedoch Bedenken, ob das Projekt auch die anvisierte Chancengleichheit för- dert und ob es die geplanten Kosten nicht übersteigt. Finanzbürgermeister Torsten Bonew schien zufrieden: »Eine wichtige Vorlage für unsere Leipziger Schulen«, sagte er, nachdem der Stadtrat den Antrag ohne Gegenstimmen angenommen hatte. Mit 27,5 Millionen Euro fördert der Bund die Stadt dabei, zunächst an ihren Schulen die digitale Infrastruktur auszubauen und sie dann mit PCs, Tablets und Beamern auszu- statten. Leipzig muss zusätzlich 3,5 Millio- nen Euro beisteuern. Ob das für einen vollständigen Aus- bau genügt, bleibt abzuwarten. Schon als die Bundesregierung den Digitalpakt Schu- le über 5,5 Milliarden Euro Fördergeld 2018 beschloss, kritisierten einige, das sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das führt zu der Frage, ob die Schulen gleichmäßig ausgestattet werden oder ob einige Schü- lerinnen und Schüler am Ende schlechtere Chancen haben als andere. Es ist nicht völlig klar, wie der Beschluss, die Schulen zu digitalisieren, 12 KREUZER 0420 Leipzigs Finanzen darüber hinaus belasten wird. Bundesweit bekommen Städte Geld vom Bund, um ihre Schulen auszubauen, und damit steigt bundesweit die Nachfrage in bestimmten Branchen, was die Kosten in die Höhe treibt. Seit der Haushaltsplanung im vergangenen Jahr seien die Baukosten für einen Datenport um mehr als 45 Pro- zent gestiegen, schreibt das Dezernat für Schule selbst im Antrag. »Tendenz ist wei- ter steigend«, steht dort unter Risiken. Hinzu kommt, dass der Stadtrat einen Änderungsantrag der SPD annahm, der die Schulbudgets im nächsten Haus- halt erweitern will. Damit sollen die Schu- len beispielsweise ein Budget für Software- Lizenzen oder Druckerpatronen bekom- men. »Das hat finanzielle Auswirkungen, aber wir können noch keinerlei Summe nennen«, kommentierte Finanzbürger- meister Bonew. In ihren Redebeiträgen wiesen SPD und Grüne darauf hin, dass es zukünftig essenziell wird, digitale Kompetenzen vor- weisen zu können. Das geplante Konzept sei allein nicht ausreichend. »Es ist ein Missverständnis, dass es mit Infrastruktur und Technik getan wäre«, betonte Grünen- fraktionsvorsitzender Tobias Peter in seiner Rede. Digitalisierung sei kein Selbstzweck und Vorteile gegenüber anderen pädagogi- schen Mitteln seien zu beachten. Leipzig müsse seine medienpädagogischen Zent- ren stärken. Piraten-Stadtrat Thomas Köhler kritisierte zudem, dass jede einzelne Schu- le selbst über ihre Lernsoftware entschei- den solle. Das könne zu Unterschieden zwi- schen den Schulen führen. Bis zum 31. Dezember 2024 hat die Stadt nun Zeit, die Maßnahmen umzuset- zen. Was danach abgerechnet wird, fördert der Bund nicht mehr. DaviD Muschenich Das Ende der Gesetzlosigkeit N achdem der Stadtrat am 22. Januar beschloss, die Debatte zu vertagen, folgte nun der zweite Versuch, die neue Po- lizeiverordnung zu beschließen. Einleitend stellte Ordnungsbürgermeister Rosenthal noch einmal die Neufassung vor und er- läuterte deren Wichtigkeit an einigen Bei- spielen. Unter anderem gebe es in Leipzig ohne eine Polizeiverordnung etwa »keine Möglichkeit, das Thema Hundehaltung hinsichtlich der Gefährdung, die sich aus der Hundehaltung und aus diesem ganz konkreten Hund ergäben, und die Leinen- und Maulkorbpflicht entsprechend zu ahn- den«, referierte er. Oliver Gebhardt (Linke) eröffnete die Diskussion und wunderte sich zunächst darüber, dass die CDU selbst keine Ände- rungsanträge in die Debatte eingebracht