F O T O : I S R E N L A U V D A L LITERATUR Raoul Schrott, »Inventur des Sommers. Über das Abwesende« Nur, weil etwas nicht mehr da ist, ist es noch lange nicht verschwunden. Aber wie fangen wir das Verlorene ein – mit unseren Worten, unseren Gedanken? Raoul Schrott versucht beides. Der österreichische Lyri- ker und Romancier untersucht in seinem neuen Buch die Lücken, die Lockdowns und Kriege in unserer Gegenwart hinter- lassen und changiert dabei zwischen Lyrik und Essay. Seine Sprache ist konkret und hypnotisch, poetisch und glasklar zugleich. Wer wissen möchte, was das Abwesende mit der Sesshaftigkeit des Menschen zu tun hat oder auf eine sprachliche Reise über das weite Feld, das zwischen Absenz und Tod liegt, mitgenommen werden will, ist in der Reisegruppe Schrott gut aufgehoben. ■ 13.9., 19.30 Uhr, Haus des Buches F O T O : I C H R S T O P H G R E U S S N G I Zwölf für 30 Die Veranstaltungstipps im September LITERATUR »Die Bachinnen im Zentrum der Aufklärung« Sapere aude! Habe Mut, dich deines eige- nen Verstandes zu bedienen! Diesen von Immanuel Kant geprägten Leitgedanken der Aufklärung kann wohl noch so mancher aus der Schulzeit herunterrattern. Was in der Schule häufig unerwähnt blieb, ist die mit gönnerhaftem Wohlwollen gemischte Nasrümpfigkeit, mit der die großen und kleinen Männer der Aufklärung reagierten, wenn eine Frau sich öffentlich ihres Ver- standes bediente. Mitreißend, unterhalt- sam und historisch exakt entwickelt Angela Steidele in ihrem Roman »Aufklärung« ein Porträt der Aufklärung aus Frauensicht. Im Bach-Museum wird sie dabei von Michaela Hasselt am Cembalo begleitet. ■ 24.9., 15 Uhr, Bach-Museum/Sommersaal F O T O : I H E K E S T E N W E G I THEATER »Hyper Normal« Alle wollen normal und Mitte sein. Denn das ist irgendwie positiv besetzt. Anderer- seits gilt als gründlich, wer die Dinge bei der Wurzel packt, also wortwörtlich radikal ist. Dieses Tanzstück der norwegischen Cho- reografin Hege Haagenrud steckt die Gren- zen der Radikalität ab. Wie lang kann sie die Spannung halten, bevor sie abebbt oder in einen weiteren Radikalisierungstaumel abgleitet? Wie oft ist sie nur Behauptung? Und brauchen Körper Mitte oder sind seine Bewegungen immer exzentrisch? ■ 22.9., 19.30 Uhr (Premiere), 23.9., 19.30 Uhr, Theater der jungen Welt F O T O : R O L A N D F R E D E L I THEATER Straßentheatertage Manege frei: Dieses Theater kommt in die Fußgängerzone. Passanten werden zum Pu- blikum, dem Alltag die rote Nase aufgesetzt und die Routine ein wenig durchgeschüt- telt. Verschiedenste Akteure spielen auf und schütteln allerhand Skurriles aus dem Ärmel: Gaukelei und Clownerie, Akrobatik und Jonglage, Pantomime und Stegreifthe- ater. Und das bei freiem Eintritt – für eine freiwillige Spende. Kann Theater ehrlicher sein? ■ 14.–16.9., 15–18 Uhr, Innenstadt TIPPS DES MONATS I L L U S T R A T O N I : V E R E N A H E R B S T KUNST »Das Denkmal ist ...« Wieder einmal gibt es Pläne, um auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz ein Freiheits- und Einheitsdenkmal zu errichten. Als ob die gescheiterten Versuche nicht schon Beispiel dafür wären, dass solch ein Konstrukt nicht zeitgemäß ist. Aber es gibt wohl Kräfte in der Stadt, die so eine Institution möchten. Daher zeigt eine Ausstellung nun, was alles in so ein Denkmal passen kann, muss und soll. Von Demokratiebildung über Vielfalt bis zur Friedlichen Revolution. Auf das die Debatte zeigt, was nicht gebaut werden sollte. ■ ab 6.9., Raumerweiterungshalle auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz R E H C A B U E N O L H T I : O T O F KUNST »Fehlt hier nicht was?!« Im Alten Rathaus befindet sich seit einigen Jahren die Dauerausstellung »Moderne Zei- ten«, die die Geschichten der Stadt erzählt. Nun fragt das Kuratorinnen- und Kurato- renkollektiv Krudebude nach, ob alles hier zu sehen ist, was die Besucherinnen und Be- sucher in den letzten Jahrzehnten bewegte. Insbesondere die Zeit nach 1989 steht im Fokus. Dafür werden Vermittlungsformate ebenso angeboten wie Lesungen und Dis- kussionen, um ein möglichst breitgefächer- tes Bild der Zeit entstehen zu lassen. ■ ab 27.9., Stadtgeschichtliches Museum, Altes Rathaus KREUZER 0923 7