Kraftort USM steht für zeitloses Design, zurückhaltend aber ausdrucksstark. Die Einfachheit lässt gestalterische Freiheit, die Reduktion schafft Raum für echte Klasse. smow Leipzig Burgplatz 2 · 04109 Leipzig 0341 124 83 30 · leipzig@smow.de www.smow.de

INHALTSVERZEICHNIS kreuzer auf zwei Seiten Tipps des Monats 6 Zwölf für 31 Kreuzfahrt 8 Pointen des Lebens: Aurelienstraße 54 9 Leserpost | Aus dem Maschinenraum 10 Neuer Schwung: Im dreißigsten Jahr der Friedlichen Revolution sollte die Stadt endlich die Dauerausstellung in der »Runden Ecke« überarbeiten lassen 11 Beamte als Nazi-Schläger: Warum Sachsens Justizminister Gemkow endlich Stellung beziehen muss Politik 12 »Flexibel geworden«: Soziologe Matthias Quent über Rechtsradikalis- mus in Ostdeuschland 14 Aus dem Stadtrat: Seenotrettung, Frachtflughafen, Immobilienwirtschaft 15 Personendaten: War eine polizeiliche Abfrage ohne konkrete Gefahr rechts- konform? Titel 16 Zum Dreißigsten: Im Jubiläumsjahr der Friedlichen Revolution ist das Verhältnis zwischen beiden Teilen Deutschlands alles andere als harmo- nisch. Die Autoren unserer Titel- geschichte blicken auf den sich immer ungenierter zeigenden Rechtsradikalis- mus im Osten, die Rolle der ehemaligen Ostblockstaaten im Vorfeld der Wieder- vereinigung und wie die Kunst den gesellschaftlichen Umbruch reflektiert. Magazin 32 Interview des Monats: Gesine Oltmanns, Dissidentin 36 Wunsch nach Veränderung: Ein Leipziger erzählt seine Geschichte vom Widerstand gegen das DDR-Regime 40 Kaufrausch: Spielwarenhandlung Gohlis | Comic von Kerstin Rupp 41 Fünf Gründe, warum das Leipziger Oktoberfest deprimierend ist 42 Westen werden – 1994: Comic-Serie von Marcel Raabe und Phillip Janta 4 KREUZER 1019 F O T O : I D Z J E N A 12 Gewarnt Matthias Quent spricht über das faschistische Potenzial unserer Gesell- schaft, die AfD und mangelnde bürgerli- che Gegenwehr. Gerade die jungen Leute ticken im Osten anscheinend anders. Quent erklärt, was gegen extrem Rechte hilft und was sie sogar unterstützt. F O T O : S T A D T L E P Z G I I 14 Gewählt Abschied inmitten von See- brücke, wütenden Bürgern und Baulöwen. Am 4. September tagte der Stadtrat von 2014 zum letzten Mal. Besonders spannend: die Anfragen an den Oberbürgermeister zur Seenotrettung, zum Frachtflughafen Leipzig/Halle und zum Immobilienriesen CG-Gruppe. F O T O : I I C H R S T A N E G U N D L A C H F O T O : H E N R Y W . L A U R S C H I 54 Gerappt Künstler des Verbunds Höhlen- kollektiv wollen die Gesellschaft mit Con- scious Rap über Politik und Respekt zum Nachdenken anregen. Die Rapper Sayes, Brkn1 und Eismann berichten über ihre Erfahrungen in Workshops mit Jugendli- chen und Senioren und erklären, was Con- scious Rap eigentlich ist. F O T O : R O L F A R N O L D 64 Gehört Schauspiel-Intendant Enrico Lübbe gibt einen Einblick in seine Opern- arbeiten und -vorlieben. Eine Oper ins 21. Jahrhundert zu übersetzen, bedeutet für ihn eine besondere Herausforderung. Doch Lübbe findet Wagner auch heute noch interessant und vor allem relevant. F O T O : I M E D A T H E K D E S D T . - D T . M U S E U M M Ö D L A R E U T H 32 Gefragt Gesine Oltmanns kämpfte für eine freiheitliche DDR und erlebte Deutschland in plötzlichem Einheitstau- mel. Im Interview des Monats bemängelt sie die verpasste Chance, Dissidenten bei der Wiedervereinigung zu beteiligen. Ihr heutiges Engagement sieht sie als Erbe der Ideale von 89. 94 Gemauert Stacheldraht und Beton trennten Ost von West. Zahlreiche Museen zeigen, was die innerdeutsche Grenze bedeutete, und mahnen für die Zukunft. Sie erinnern an geteilte Orte, einen Jahresetat in Milliardenhöhe und auf der Flucht in die Freiheit erschossene Men- schen.

TIPPS DES MONATS FILM Lateinamerikanische Tage Eigentlich sind es ja schon einige Jahre mehr, die der Verein Sudaca uns alljähr­ lich mit spannenden neuen Produktionen aus Lateinamerika versorgt. Aber seit zehn Jahren sind es nicht mehr ausschließlich argentinische Filme, die im Oktober über die Leipziger Leinwände flimmern, son­ dern auch Produktionen etwa aus Mexiko oder der Dominikanischen Republik. Zehn Tage lang zeigen kurze und lange Spiel­ und Dokumentarfilme die Vielfalt der Filmlandschaft. ■ 17.–26.10., Cineding, Kinobar Prager Frühling, Mühlstraße 14, Schaubühne Lindenfels I F L M : C Ó M P R A M E U N R E V Ó L V E R FILM Dok Leipzig Am 28. Oktober fällt der Startschuss für die 62. Auflage des Dok Leipzig. Dann werden die Leinwände im Hauptbahnhof, im Multi plex und in den vielen Programm­ kinos für eine Woche wieder zum Spiegel der Rea lität. Daneben stellt ein politisches Symposium die Frage »Wem gehört die Wahrheit?«, es gibt spannende neue virtu­ elle Welten im »Neuland«, der Länderfokus liegt in diesem Jahr auf Kroatien und die legendären Brothers Quaye sind zu Gast in Leipzig. ■ 28.10.–3.11., div. Orte I F L M : W E R N E R H E R Z O G I M B A H N H O F ( 2 0 1 8 ) / F O T O : S U S A N N J E H N C H E N I 6 KREUZER 1019 CLUBBING Robag Wruhme Vor dieser Institution beziehungsweise ihrem Booking muss man hin und wieder einfach den Hut ziehen, denn wenn Robag Wruhme nach Leipzig kommt, kommt er in die Distillery. Mit seinem Namen ist in Sachen ausgefuchster House ein Rang verbunden, den in der Form unter deut­ schen DJs kein Zweiter hat. Jenas wich­ tigster Musikexport beherrscht das große »Sonnenaufgang auf dem Festival«­Gefühl genauso wie das clubtaugliche Gebretter, und wer aus welchen Gründen auch immer samstags nüchtern bleiben will, kann sein Set weniger als Party, stattdessen vor allem als musikalische Erfahrung genießen. ■ »Saturday Rave«, 26.10., 23.30 Uhr, Distillery MUSIK Hanna Weiss Group / Sun Ra Arkestra / Stucky Con Carne Verrückt: Das Sun Ra Arkestra kommt nach Lindenau. Ursprünglich beheimatet ist das Kollektiv, das den Namen des verstorbenen legendären Gründers Sun Ra trägt, irgend­ wo in einer Paralleldimension, in der »Jazz« noch ein Synonym für munteren Wahnsinn ist. Als wäre das nicht Ereignis genug, wird der begnadete Krachmacher FM Einheit, der einst bei Einstürzende Neubauten tä­ tig war, zusammen mit Erika Stucky und Stucky Con Carne ebenfalls das Westbad beehren. Das Becken voll macht mit der Hannah Weiss Group vielversprechende neue Avantgarde: Wird geil. Im Rahmen der 43. Leipziger Jazztage. ■ 17.10., 19.30 Uhr, Westbad Leipzig CLUBBING Riotvan Wer ist schon ein Marcel Dettmann, wenn im selben Monat auch das Label Riotvan für einen Abend im IfZ gastiert? Das Leip­ ziger Eigengewächs aus garantiert unkon­ trolliertem Anbau schickt mit Panthera Krause und Peter Invasion seine bekann­ testen Vertreter, die einen Sound spielen, der als Alternative zum Berghain­Stech­ schritt­Techno Dettmann’scher Prägung funktioniert: melodisch verspielter, heller, freundlicher, die Kickdrum ist hier mehr Mittel zum Zweck als der Zweck selbst. Dass das natürlich auch ziemlich zünftig nach vorne geht, versteht sich von selbst. ■ 26.10., 23.59 Uhr, Institut für Zukunft I I H C S N E H A R O N : O T O F MUSIK Archive Im Falle von Archive sind konstruierte Genrebegriffe besonders wenig hilfreich: Konnte man das vor 20 Jahren noch irgendwie als Trip Hop zusammenfassen, hat sich diese furchtlose Kapelle seitdem einen Sound erspielt, der in erster Linie ihr eigener ist. Mut zum Experiment und ein sicherer sechster Sinn für Songstrukturen, die unkonventionell, aber trotzdem ein­ gängig sind, zeichnen ihre von Mal zu Mal besseren Alben aus. Live sind die krachigen Parts dann noch einmal dynamischer, die sanften noch berührender. ■ 29.10., 20 Uhr, Werk 2/Halle A

POLITIK ein inTeRVieW Von Fabian HillebRand »The kids are not alright in Ostdeutschland« Der Soziologe Matthias Quent über die Wahlergebnisse der AfD, die fehlende Zivilgesellschaft im Osten und warum Rechtsaußen auch bei jungen Leuten zieht kreuzer: Wie sind die hohen Ergebnisse der AfD in Brandenburg und Sachsen zu erklären? Gibt es ostdeutsche Besonder- heiten, die besagen, warum die Partei stark abgeschnitten hat? Matthias Quent: Zum einen muss man feststellen, dass Rechtsradikale immer schon große Wahlerfolge im Osten hatten. Egal ob NPD oder DVU. Diese Parteien waren dort immer stärker als in den alten Bundesländern. Wenn man sich anguckt, wer heute für die AfD in Ostdeutschland in den Parlamenten sitzt, sind das zum Teil auch diese alten Kader. Der latente Rechtsextremismus war im Osten immer da. Gleichzeitig ist hier auch die Zivilge- sellschaft, die bürgerliche Gegenwehr gegen die Gefahr des Rechtsradikalismus, schwächer. F O T O : I D Z _ J E N A Forscher Quent: »Der Rechtsradikalismus ist flexibel geworden« 12 KREUZER 1019 kreuzer: Sie haben nach der Wahl auf Twitter über die Naivität vieler Demokraten geschimpft. Was meinen Sie damit? Quent: Deren Empörung ist doch schein- heilig. Es wird immer so getan, als wäre die AfD ein Protestphänomen oder als wären ihre Wahlerfolge eine diffuse Reaktion auf die Flüchtlingspolitik Angela Merkels. Wenn wir die ändern, dann erledigt sich das Problem schon, sagten viele. Es wird immer ein neuer Grund gefunden, statt festzustellen: Es gibt nach wie vor ein faschistisches Potenzial in dieser Gesell- schaft. Es wird unterschätzt, dass der Rechtsradikalismus seine eigene Wähler- basis hat. Die gibt es schon lange, das zeigt sich in diversen Studien. Und der Rechts- radikalismus ist eine eigene Ideologie. Die kann man proto- oder neofaschistisch nennen. Das tut man ab, indem man behauptet, das seien bloß Protestwähler. Ein relevanter Teil der AfD-Wähler sind Rechtsradikale, die von der Partei ein rechtsradikales Angebot bekommen und annehmen. kreuzer: Was hilft gegen die Partei? Quent: In Bayern und in Österreich zeigt sich sehr deutlich: Wenn sich das rechtsra- dikale Potenzial einmal vom Konservatis- mus gelöst hat, ist es nicht mehr einzufan- gen. Wenn Konservative wie rechtsradikale Akteure sprechen, legitimiert es diese nur. Dann wählen die Leute lieber das Original. Und die entfesselte rassistische und völki- sche Ideologie droht übernommen zu wer- den – und sei es nur aus Opportunismus. Es gibt durchaus erhebliche Unterschiede zwischen einem bewahrenden Konservatis- mus und einem reaktionären Rechtsradi- kalismus. Abgrenzung nach rechts, wie es der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer am Ende des Wahlkampfes in Sachsen gemacht hat und wie es auch Markus Söder inzwischen in Bayern macht, ist deutlich besser geeignet, die AfD klein zu halten – wenn es sie auch nicht abschafft. Wir müssen lernen, Rechtsradikale rechts liegen zu lassen. Sonst gibt es die Gefahr, dass rechtsex- treme Positionen andere Milieus vergiften. kreuzer: Abgrenzung statt Dialog also. Aber wie ist es mit den Wählern der AfD? Wie bekommt man die zurück ins demokratische Spektrum? Quent: Das ist eine sehr schwierige Auf- gabe. Ein Großteil der Wähler der AfD waren vorher Nichtwähler. Die hatten also vorher auch keinen Zugang zur Partei- politik. Ein weiteres Problem ist, dass gerade in ländlichen Regionen Nischen entstanden sind, in denen sich die AfD breitmacht, weil sich dort die anderen politischen Kräfte zurückgezogen haben. Das erkennt man daran, dass in manchen Regionen im ländlichen Brandenburg und Sachsen ausschließlich Plakate der AfD und der NPD zu sehen sind. Bei den Leuten dort kommt an: Die anderen Parteien haben euch aufgegeben. Eure Stimme interessiert die nicht. kreuzer: Woran liegt es, dass die Zivil- gesellschaft im Osten schwächer ist? Quent: Es gibt in Ostdeutschland viele linke, vor allem jugendliche Gruppen, die sich den Rechten in den Weg stellen. Was es aber kaum gibt, ist Protest aus der liberalen Mitte und schon gar nicht aus dem konservativen Milieu. Diese Schwäche hat auch mit der Abwanderung Tausen- der junger Menschen aus Ostdeutsch- land zu tun, die in anderen Landesteilen das Rückgrat der Zivilgesellschaft sind. Zurückgeblieben sind oft die, die beson- ders desintegrationsgefährdet sind. Also schlechter gebildet und unflexibel. Die haben dann auch eher eine Affinität zu menschenfeindlichen und demokratiege- fährdenden Einstellungen. Die Rechten sagen: Der Osten ist die Avantgarde. So wie hier wird es bald überall sein. Ich glaube nicht, dass das so ist. Ich denke eher, dass Ostdeutschland in der Entwicklung der Normalität einer vielfältigen Einwande- rungsgesellschaft hinterherhängt. kreuzer: Löst sich das Problem dann also in ein paar Jahren von selbst, wenn diese Dinge nachgeholt werden? Quent: Die Hoffnung besteht zwar immer noch. Die letzten Wahlen waren aber auch eine Wegscheide. Und die Entscheidung ist sehr deutlich für eine rückwärtsge- wandte, nicht für eine progressive Gesell- schaft gefallen. Wir sehen auch, dass die Jugend in Sachsen und Brandenburg sich polarisiert zwischen den Grünen und der AfD. Aber die AfD hatte auch unter jungen Leuten die Mehrheit. Anders als in den meisten Regionen Westdeutschlands müssen wir attestieren: The kids aren’t alright in Ostdeutschland. Das spricht da- gegen, dass sich diese Entwicklungen ein- fach auswachsen. Dazu kommt, dass sich der parlamentarische Rechtsradikalismus verselbstständigt hat. Er ist nicht mehr auf ein Thema angewiesen, sondern kann sich immer verschiedene Themen suchen. Er ist flexibel geworden.

e d g . i z p e i l r e z u e r k kreuzerBeilage WINTER SEMESTER / BOING, BOING DADDELN ALS WISSENSCHAFT MIND THE GAP GENDERGERECHTE SPRACHE BURG EROBERN AUSSPANNEN MIT AUSSICHT PARTY ON ALLE ADRESSEN, PLACES TO BE Stresstest Studium Leipzig. Subjektiv. Selektiv. Wie du dem Wirrwarr aus Leistungsdruck, Selbstoptimierung und falschen Erwartungen entkommst