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Angela Krauß

Angela Krauß

»Hierher also hatte ich so viele Jahre gewollt«

Angela Krauß. 42 S.

Die Grande Dame der Leipziger Literaturszenerie, Angela Krauß, veröffentlichte jüngst in der traditionsreichen Inselbücherei den schönen poetischen Text »Triest, Theater am Meer«. Es muss ihr dort gefallen haben. Und ganz besonders der morbide Charme der Stadt hat es ihr angetan. Diese spezielle Triestiner Melancholie, die noch aus Österreich kommt - denn Triest wurde groß durch Österreich, besser gesagt: durch die kaiserliche und königliche österreich-ungarische Monarchie, deren größter und, neben Fiume, dem heutigen Rijeka, einziger nennenswerter Hafen es bis 1918 war. Traurig war man dort immer. Zuerst, weil man nicht zu Italien, danach, weil man nicht mehr zu Österreich gehörte. Dieses »unerlöste Italien«, das mit den regionaltypisch großen Emotionen und Gesten 1918 an Italien kam, erlebte danach einen beispiellosen Niedergang, denn das neue Mutterland konnte nicht viel mit der Stadt anfangen. Häfen hatte Italien ja genug.Insofern verbindet Triest mit Leipzig die Erinnerung an großartige, aber leider versunkene Tage. Doch Leipzig holt auf im Gegensatz zu Triest, das die Chancen der Öffnung nach Osten für sich bislang kaum nutzen konnte. Inzwischen haben die ehedem belächelten Slowenen Triest fast schon überholt.Triest ist von jeher ein kultureller Schmelztiegel mit einer starken slowenischen Minderheit, einer bedeutenden deutsch-österreichischen Prägung - nicht zu vergessen die weltliterarisch bedeutenden Autoren Italo Svevo und James Joyce. Von Letzteren ist bei Angela Krauß allerdings keine Rede, aber das war auch nicht ihr Anliegen. Wer mehr wissen will, muss zum Standardwerk der Herren Magris und Ara greifen (»Triest - Eine literarische Hauptstadt Mitteleuropas«, Hanser 1987, neuerdings bei Zsolnay lieferbar). Und wer die Stadt kennt, weiß, dass deren Geist hier recht hübsch eingefangen wurde. Angela Krauß schrieb ja keinen Essay, sondern eine fast schon verträumt lyrische Prosa von schöner Leichtigkeit. Passend dazu sind dem Band historische Fotografien von Franz Marc Frei beigegeben. Egbert Pietsch


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