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Babykopfjunge

Babykopfjunge

Anthropozän

Anthropozän

Mit wenigen ist über die Jahrzehnte derartig Schindluder getrieben worden wie mit dem Begriff Indie, vor allem, wenn man noch ein -pop dranhängt. Babykopfjunge aus Leipzig leisten ihren Beitrag, das Wort Indiepop wieder als positiven Assoziationsraum zu besetzen: Bisschen versponnen, aber nicht zerfahren, laufen sie einen halben Meter neben der Spur des Mainstreams, wissen aber zu gut Bescheid um die Süße umgarnender, eingängiger Melodien und lassen den Hörer ausgiebig von diesen kosten. Stilistisch bewegen sie sich irgendwo zwischen den Schweizer Kraut-Disco-Clubbern Klaus Johann Grobe und den ironisch-verträumten Songs von Die Kerzen, wobei sich die Krautrock-Schlagseite durch das meist stoisch klöppelnde Motorik-Schlagzeug besonders deutlich abzeichnet. Sie wollen sich immer nicht so richtig entscheiden zwischen Tanzalarm und Katerstimmung, meistens funktionieren die Songs auf »Anthropozän« in beiden Richtungen – was sehr gut ist, zwei Vibes zum Preis von einem, könnte man sagen. Ebenfalls scheuen Baybkopfjunge nicht den gelegentlichen Rockbreak und lockern diesen auf, wenn die Stimmung droht ins Verhipsterte zu kippen. Zudem kann die Band einfach Melancholie, siehe Zeilen wie »Und die Endmoränen wandern ins späte Holozän«, »Hotel Wanne Eickel, vor der Tür nasser Asphalt« oder »Frau Schuhmann streicht müde die Tischdecke glatt und sehnt sich nach ihrem Bett«. So kann das gerne weitergehen. Kay Schier


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