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Bibliothèque Pascal

Bibliothèque Pascal

Verzückend verstörendes Märchen

Kann man die Träume eines Schlafenden bildlich sehen oder sich im Strandsand vergraben vor der Polizei verstecken? Kann ein Vater seine eigene Tochter an Mädchenhändler verkaufen? Alles ist möglich im magischen Werk des ungarischen Regisseurs Szabolcs Hajdu, bei dem Traum und Realität so aneinander reiben, dass es wehtut. Mona, alleinerziehende Mutter und Schaustellerin auf Jahrmärkten, wird von ihrem kriminellen Vater zur Prostitution genötigt und landet in einem skurrilen Luxusbordell in Liverpool. Nur die Sehnsucht nach ihrer zurückgelassenen dreijährigen Tochter hält sie dort am Leben. Orsolya Török-Illyés, Frau und Muse des Regisseurs, spielt das Zigeunermädchen Mona mit herbem Charme, eine wilde Amazone, die von der bitteren Realität gezähmt wird. Thematisch setzt der Film das ärmliche, aber naturverbundene Leben der Osteuropäer in Kontrast zu einer übersättigten westlichen Kultur, die oft nur in perversen Obsessionen Erfüllung findet. Um diesen Plot herum spinnt Hajdu tausendundeine Geschichte mit schrägen Typen, überraschenden Wendungen und fantastischen Momenten, die man schwer in Worte fassen kann, weil man sie einfach gesehen haben muss. Hajdus Ästhetik mit Filmemachern wie Pedro Almodóvar oder Emir Kusturica zu vergleichen, liegt auf der Hand und wird doch seiner eigenwilligen Bildsprache nicht gerecht. Charakteristisch für ihn ist die Arbeit mit starken Kontrasten, zwischen märchenhafter Verzauberung und verstörender Grausamkeit hin- und herzuschalten oder schreienden Kitsch mit klaren Farben zu kombinieren. Durch eine permanente Reizüberflutung bedient er das komplette Gefühlsspektrum und kritisiert auf verspielte Art gesellschaftliche Missstände. Katharina Krischker


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