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Bret Easton Ellis: Weiß

Bret Easton Ellis: Weiß

Bret Easton Ellis: Weiß. 320 S.

In seinem ersten Buch seit neun Jahren und zugleich seinem Non-fiction-Debüt reibt sich der Pop-Autor Bret Easton Ellis – packend, provokant und polemisch zugleich – an den Millennials. Knapp ein Drittel von »Weiß« besteht aus Memoiren, in denen Ellis zwei zentrale Thesen für die anschließenden Essays über den Untergang unserer Debattenkultur setzt: Dass Kunst alles darf und dass Schauspieler stets lügen, weil sie sich grundsätzlich immer schon für die nächstmögliche Rolle präsentieren. Genau in diesem Kontrast liegt für Ellis die Krux der gegenwärtigen, hypersensiblen und von Utopien träumenden »Generation Weichei«, wie er die Millennials nennt. Denn einerseits feiern sie mit Begeisterung die Opferstilisierung, den Aufschreiaktivismus und die um Minoritäten bewusste, aber risikoarme Kunst Hollywoods. Andererseits entziehen sie sich ihrer Verantwortung an der politischen Teilhabe und Debattenkultur, weil sie lieber schmollend in einer Ecke sitzen und beleidigt jene »canceln«, die ihre Positivitätsblase durchstochen haben. Die Lösung sieht Ellis darin, dass wir vor allem wieder lernen, ein Werk getrennt von seinem Autor zu betrachten. Denn indem Kunst heutzutage immer auch unbedingt autobiografisch sein muss, schnüren wir sie, so Ellis, in eine Korsage. Außerdem würden uns mehr Gelassenheit, Humor und das Erdulden anderer Meinungen gut stehen. Schließlich sei der Wille zu tugendhaftem Handeln nicht gleichzusetzen mit tugendhaftem Handeln. Klar, Ellis wäre nicht Ellis, wenn diese Polemik nicht mit Zynismus und Provokation vollgepackt wäre. Dennoch macht es Spaß, seinen durchdachten und stilistisch gut formulierten Ausführungen zu folgen. Auch wenn der Autor am Ende selbst bleibt, was er ist: paternalistisch, privilegiert und weiß. Marcel Hartwig


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