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Clemens J. Setz: Der Trost runder Dinge

Clemens J. Setz: Der Trost runder Dinge

Clemens J. Setz: Der Trost runder Dinge. 320 S.

Gleich in der Auftakterzählung gelingt es Setz, eine denkbar langweilige Situation unterhaltsam zu erzählen: Warten auf einen verspäteten Flug. Der Ich-Erzähler ist ein unter Flugangst leidender Autor, etwas verschroben wie die meisten Setz-Figuren; die Geschichte lebt von seinen Beobachtungen und dem, was ihm durch den Kopf geht: »Wer würde einen Flugzeugabsturz in Alaska überleben und wer nicht? Dieses Baby hier hätte zum Beispiel nicht die geringste Chance.« Eitel Gedanke, denn der Flug wird gestrichen, der Autor kehrt nach Hause zurück und muss feststellen, dass seine Freundin das Haus innerhalb eines Tages in ein Asyl für Obdachlose und Kranke verwandelt hat. Überraschend, so ein Ende – aber auch unbefriedigend. Obwohl es in seiner Seltsamkeit doch besser funktioniert als viele andere im Buch; oft nämlich versickern Setz’ Erzählungen schlicht im Nichts. Seine Einfälle machen allerdings neugierig: Eine entlassene Schulkrankenschwester entführt einen Schüler; ein Mann mit Angststörung versucht, vor seinen Söhnen Normalität zu wahren; ein Junge kritzelt seine Handynummer in eine Klokabine und erhält Anrufe von Männern, die eine Sexarbeiterin erhoffen. Und für sich stehend lesen sich die Erzählungen auch gut. Formal und sprachlich sind sie abwechslungsreich, durchzogen von Setz’ Humor und seinen eigenwilligen Vergleichen: »Hagel. Kleine, springende Popcorn-Zähne auf den Fensterbrettern.« Nach einer Weile aber ermüdet das Witzeln des Autors. Keines seiner Themen – ob Einsamkeit, Angst oder Trauer – geht Setz so an, dass eine tiefgehende Auseinandersetzung spürbar wird. Sicher, das kann auch eine Qualität sein: kurzweilig, komisch, entgegen allen Erwartungen. Und trotzdem schnell vergessen. Maurus Jacobs


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