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Dagny Juel: Flügel in Flammen

Dagny Juel: Flügel in Flammen

Dagny Juel: Flügel in Flammen. 176 S.

Zum ersten Mal erschien das Gesamtwerk der norwegischen Fin de Siècle-Persönlichkeit Dagny Juel 2019 auf Deutsch. Lars Brandt fügte seiner Übersetzung den Essay »Kein Puppenheim« hinzu, mit dem er den Band um facettenreiche und aufwendig recherchierte Angaben zu Juels Leben und dem Entstehungshintergrund ihres Werks vervollständigt. Juels gutbürgerliche, südnorwegische Mittelklasse-Herkunft mag nicht so richtig mit ihrer Hochzeit mit dem polnischen Schriftsteller, Boheme und Satanisten Stanislaw Przybyszewska 1893 in Berlin zusammenpassen. Ihr weiteres Leben verläuft nach dieser Eheschließung zusehends zwischen mehr oder weniger steilen zwischenmenschlichen und wirtschaftlichen Abgründen. 1901 wird sie in Tiflis von einem geistesgestörten Bekannten ihres Mannes ermordet. Der literarische Stoff ihres Werkes entspricht dem düsteren, entgrenzten Umfeld eines zartfühlenden, aber auch überreizten Berliner Künstlerkreises Ende des 19. Jahrhunderts, zu dem sie gehörte und innerhalb dessen sie – zum Teil verhängnisvolle – Bekanntschaften mit unter anderem Edvard Munch und August Strindberg schloss. In den Texten, Gedichten und Dramen verstricken sich weibliche Hauptfiguren in leidenschaftliche, aber sich ins Tragische wendende Beziehungen zu einem oder mehreren Männern – eine trübsinnige ältere Schwester liebt den Mann, den die jüngere zu heiraten gedenkt; eine junge Frau namens Hadasa betrügt und vergiftet ihren Mann, nachdem sie selbst vergewaltigt wurde. Ganz offensichtlich geht es hier um den düsteren Teil der Sehnsucht nach dem Anderen und darum, was geschieht, wenn diese Sehnsucht zur Besessenheit wird. Gemeinsam mit Brandts Essay eine aufschlussreiche, ungewöhnliche Lektüre. Laura Wägerle


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