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Dagobert

Dagobert

Jäger

Jäger

Wem es gerade verstärkt auf den Senkel geht, dass einen alles von allen Seiten ankotzt und sich das aufsteigende Grauen über die Weltlage zum Morgenritual gemausert hat, dem empfehlen wir Punk der Marke Pisse oder Cotzraiz, oder – für verständlicherweise zarter Besaitete – eben diese Platte. Der Schweizer und Wahlberliner Dagobert nannte in der Vergangenheit unter anderen Leonard Cohen und David Hasselhoff als große Einflüsse für sein Schaffen, was nach wie vor hilfreiche Koordinaten sind, um seinen Sound einzuordnen: Auch auf seinem vierten Album dreht sich alles um die gepflegte Weltflucht mit den Mitteln von pompösen Synthiesounds und einer Extraladung melancholischem Zuckerguss. Im Unterschied zu vorigen Releases hat der Künstler aber diesmal vor lauter eidgenössischer Exzentrik nicht vergessen, gute Songs zu schreiben, die seine Spleens angemessen transportieren. »Soll ich dich ansprechen / ja, ich kann das / mein Herz klopft so laut wie zuletzt 1999 / es fühlt sich an, als würde Jesus gekreuzigt«, heißt es auf »Das Mädchen aus der schönen Welt« nach einleitendem Kirchenchor zu einem Beat, den auch die Flippers nicht verschmäht hätten, und weiter: »Ich will dich nicht für mich, sondern für die ganze Menschheit / du wirst uns vertreten im Rat der vereinten Planeten.« Ziemlich skurril, aber irgendwie auch ziemlich süß, was für vieles auf dem Album gilt, siehe zum Beispiel den charmanten Neonlicht-Shuffle »Nie wieder arbeiten«: »Ich will nie wieder arbeiten / nein nein, nur noch schön durch den Tag gleiten / nichts anderes tun, als an dich denken«. Ab und zu schauen Trapdrums oder R’n’B-Elemente vorbei, die signalisieren, dass wir es immer noch mit der Jetztzeit zu tun haben, ansonsten funktioniert »Jäger« ziemlich losgelöst von der Realität, so als würde man sich in einer Hütte auf dem Berg drei Wochen mit Rotwein besaufen und Schlager hören. Kann man mal machen.  Kay Schier


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