anzeige
anzeige
Dream Wife

Dream Wife

So when you gonna

So when you gonna

»So when you gonna«, das zweite Album des britisch-isländischen Trios Dream Wife, ist ein Abgesang. Auf so vieles. Schon die erste Single »Hasta La Vista« zelebriert tanzend den Abschied von einem alten Leben, alten Bekanntschaften, die keine Freundschaften mehr sind, und von alten Gewohnheiten, die nicht mehr tragen. Tanzend, weil: Der Abschied verheißt ja auch einen Anfang. Eine unwiderstehliche Gitarren-Hookline und Rakel Mjölls treibender Gesang lassen dabei keinen Platz für melancholische Anwandlungen – ein Gefühl, das sich durch das ganze Album zieht. Die Melodien, Rhythmen und mitreißenden Riffs schreien: Tanzfläche, Sommer, Energie. Dabei sind die Texte und Themen alles andere als sonnig und leicht. Collagenhaft in Samples verpackt erzählen sie in Spots von Anspruchsdenken und Leistungsdruck. Der Titeltrack »So when you gonna« ist ein grandioser Abgesang auf Geschlechterrollen in der Beziehung ganz in klassischer Riot-Grrrl-Manier. Die spiegelt sich aber nicht nur in den Riffs, sondern auch in der Produktion: Konsequent holen Dream Wife Frauen an die Regler, Mischpulte und damit to the front. Und nicht nur die Produktion ist rein weiblich, auch im gleichnamigen Podcast, der zusätzlich zum Album entstanden ist, sind die Frauen in der Mehrheit. Das ist nur konsequent, denn es geht um ein Thema, bei dem Mehrheit nicht selbstverständlich ist: Frauen im Musikgeschäft. Das Bemerkenswerte an Dream Wife ist also, wie sie persönliche Empfindungen und Erfahrungen mit dem Gesellschaftlich-Politischen verbinden. Der Aufschrei hat immer eine persönliche Note. Und am Ende von »So when you gonna« stehen die Zeilen »It’s my choice, it’s my life. It’s my body, it’s my right«. Immer und immer wieder. Schmerzhaft gesungen über bedächtig akzentuierte Klavierakkorde. Es ist das einzige Lied des Albums, zu dem kein Tanzen möglich ist und dem jeglicher Optimismus fehlt. Aber selbst aus dieser tiefen Verletzlichkeit spricht noch ein unerschütterlicher Wille zum Kämpfen für Gleichberechtigung und Selbstbestimmung. So verabschiedet sich das Album mit einem bezaubernd schönen Schlag in die Magengrube.    Kerstin Petermann


Weitere Empfehlungen