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Hans-Harald Müller

Hans-Harald Müller

Späte Wiederentdeckung

Hans-Harald Müller. 402 S.

In den 20er und 30er Jahren war der in Prag geborene Leo Perutz (1882?1957) ein veritabler Bestsellerautor. Damit war es 1938 vorbei. Als Jude musste er vor den Nazis nach Palästina fliehen. Sein Werk wurde nicht mehr gedruckt und geriet fast vollkommen in Vergessenheit. 1949 hat Perutz seinem Bruder erklärt: »Die [?] Zeitungen, die Kritik, die Verleger und die Literaturgeschichte registrieren mich als nicht mehr vorhanden [?]. Um so sicherer ist meine Auferstehung in 40 Jahren, wenn mich irgendein Literaturhistoriker wiederentdeckt und ein großes Geschrei darüber erhebt, dass meine Romane zu Unrecht vergessen sind.«Dieser Literaturhistoriker ist der Hamburger Germanist Hans-Harald Müller. Es ist maßgeblich sein Verdienst, dass Perutz? Werk seit ein paar Jahren wieder einer breiten Leserschaft bekannt ist. Allerdings ist dies (der einzige Punkt, in dem Perutz mit seiner Vorhersage irrte) keineswegs »mit großem Geschrei« geschehen. Philologisch-unaufdringlich hat Müller nach und nach Perutz? Romane wieder herausgegeben. Und jetzt hat er, man muss wohl sagen: konsequenterweise, eine Perutz-Biografie geschrieben.Eine Arbeit, um die er gewiss nicht zu beneiden ist. Denn Perutz selbst hat von biografischen Annäherungen rein gar nichts gehalten und über sein Leben und seine persönlichen Ansichten dementsprechend wenig Material hinterlassen. Aber Müller tut, was er kann - und er kann allerhand. Es ist erstaunlich, was er bei der dürftigen Ausgangslage zustande gebracht hat. Seine Perutz-Biografie lässt nichts zu wünschen übrig: Sie ist umfassend, ungemein kenntnisreich und - bei einem Germanisten nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit - auch noch gut geschrieben. Wer sich je von Perutz? »Der Meister des Jüngsten Tages«, »St. Petri-Schnee«, »Der schwedische Reiter« oder »Der Marques de Bolibar« hat fesseln lassen, wird Müllers Buch nicht allein mit Gewinn lesen, sondern sich im Anschluss todsicher wieder einen dieser Romane vornehmen. Und damit hätte diese Biografie ihren schönsten Zweck erfüllt. Olaf Schmidt


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