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Jana Revedin: Jeder hier nennt mich Frau Bauhaus

Jana Revedin: Jeder hier nennt mich Frau Bauhaus

Jana Revedin: Jeder hier nennt mich Frau Bauhaus. 304 S.

Der 100. Bauhaus-Geburtstag motivierte einige zum Schreiben. Neben den Klassikern zur Architektur, zum Design und den Lehrformen werden zunehmend auch die privaten Geschichten in den Vordergrund gerückt. Die Architekturprofessorin Jana Revedin schreibt über Ise Gropius, die zweite Ehefrau von Walter Gropius. Vielleicht besser bekannt als die Frau mit einer Oskar-Schlemmer-Maske, die, auf einem B-3-Clubsessel von Marcel Breuer sitzend, in die Fotokamera blickt. Zuvor lernte sie Gropius bei einem Vortrag kennen, gab für ihn und die Bauhaus-Idee ihre Arbeit als Lektorin auf, heiratete nach kurzem Kennenlernen den 14 Jahre Älteren. Seine Mutter riet ihr davon ab: »Weiberheld wie sein Vater«. Sie gehen zusammen nach Dessau, Berlin, später in die Emigration nach England und in die USA. Der Roman zeichnet vor allem die Zeit in Deutschland nach. Bereits auf den ersten Seiten ist von Gropius' »ewigem Kronprinzencharme« und dem »Fuchsblau der Augen« zu lesen, die sich in Waldseen wandeln können. Kurz: Dinge, die man über Walter Gropius vielleicht nicht unbedingt wissen möchte. Zumal die Augen von Füchsen bernsteinfarben sind. Immer wieder sagt der Bauhausgründer: »Ich brauche Sie, Ilse«, um wahrscheinlich allen klar zu machen, dass hinter jedem Mann eine Frau steht. Ermüdend und enttäuschend wirkt der Roman. Er kann weder Kleinigkeiten charmant in Szene setzen noch geizt er mit Klischees. Zumindest das Cover kommt frech daher. Ise Gropius schaut von einem Schwarz-Weiß-Foto forsch zum Publikum, das »b« aus dem Universalalphabet des Bauhaus von Herbert Bayer dominiert aber den Umschlag. Über ihr außereheliches Verhältnis mit Bayer erfährt man auf der letzten Seite – nicht mehr als eine kurze Notiz. Revedin bietet uns so ihren Wunschblick auf diese Zeit. Brav im Bürgerlichen verhaftet, zwischen Meisterhausküche und der Villa von Hugo Junkers wandernd. So wichtig es ist, dass endlich die Frauen am Bauhaus in das Blickfeld gelangen, um so wichtiger wäre es, dass dies auch eine zeitgemäße Einordnung findet und nicht zu einer Prinzessinnengeschichte verkommt. Britt Schlehahn


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