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Jörn Schulz: Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe das erste Quinoabällchen

Jörn Schulz: Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe das erste Quinoabällchen

Jörn Schulz: Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe das erste Quinoabällchen.

Der Augsburger Maro-Verlag hat im Sommer 2020 eine neue Reihe namens Maro-Hefte gestartet, die politische Essays mit Illustrationen verbindet. In der ersten Ausgabe beschäftigten sich Jörn Schulz und Marcus Gruber mit Klima und Kapitalismus: »Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe das erste Quinoabällchen«. Stilistisch bewegt sich der Autor zwischen Essay, Streitschrift und Appell. Anhand verschiedenster Beispiele widerlegt er die These, dass der Griff zu Jute statt Plastik das Klima und somit die Welt retten wird. So würde beispielsweise Fair Trade einer kleinbäuerlichen Familie zwar mehr Sicherheit geben – die Klassenverhältnisse stabilisiere der faire Handel aber, und Gewinn machten die Unternehmen. Die Produktionsverhältnisse würden nicht angerührt, und so könne der Schutz der Natur der Wachstumslogik zufolge immer nur nachrangig sein. Der Idee, dass individueller Verzicht und bewusster Konsum einen strukturellen Wandel hervorbringen könnten, stellt Schulz entgegen, dass noch nie ein Unternehmen wegen Verbraucherentscheidungen bankrott gegangen sei. Eigenheit des Kapitalismus sei es ja gerade, nicht für den Bedarf zu produzieren, sondern für Kapitalakkumulation. Laut Schulz rettet der Glaube an die Wirksamkeit des »nachhaltigen« Konsumverhaltens nicht das Klima, sondern den Kapitalismus. Da erscheint einem der Umstand, dass es auf der Klimakonferenz in Davos, zu der die Herrschenden mit dem Privatjet hinfliegen, fair gehandelte Veggie-Wurst gibt, fast zynisch. Jedoch sollen Schulz’ Erkenntnisse keineswegs zur Resignation führen – das Heft rät vielmehr dazu, das Bestehende zu analysieren, um so Ansätze einer Utopie, in der es Genuss und gutes Leben für alle gibt, zu entwickeln. Denn Verstehen sei der erste Schritt für grundlegende Veränderung. Genau dafür ist das Heft hervorragend geeignet. Und ein Lesegenuss noch dazu. Lea Matika


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