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Johannes V. Jensen: Himmerlands-geschichten

Johannes V. Jensen: Himmerlands-geschichten

Johannes V. Jensen: Himmerlands-geschichten. 235 S.

Wer die Himmerlandsgeschichten von Johannes V. Jensen liest, hat beinahe das Gefühl, er lauscht einem Erzähler alter Mythen und Sagen. So fern und längst vergangen scheint die bäuerliche Welt im Norden Jütlands, die er beschreibt. Jensen, der 1873 im Dorf Farsø im Himmerland geboren wurde und 1944 den Nobelpreis für Literatur erhielt, hat miterlebt, wie die Industrialisierung die Menschen in die Städte trieb und die Welt der Gutshofbesitzer und ihrer Knechte allmählich verschwand. Für immer festgehalten ist diese Welt in seinen Himmerlandsgeschichten, deren zweiter Band nun im Guggolz-Verlag erschienen ist. Die Geschichten erzählen vom Beginn der Moderne und den damit verbundenen Umbrüchen: Etwa wenn Schausteller durchs Land ziehen und den Bauern die weite Welt vor Augen führen, wenn ein nach Amerika Ausgewanderter heimkehrt und seinen Sohn besuchen will oder das Verhalten der oft einsilbigen Bauern mit der späteren Beredsamkeit und Betonung der Gefühle verglichen wird. Jensen lässt in seinen Geschichten die Himmerländer selbst zu Wort kommen und führt uns deren Welt ganz ohne Wehmut vor Augen. Die wäre schlicht fehl am Platze, denn so freundlich war die alte Zeit nun auch wieder nicht.    Einzelne Orte und Figuren verbinden die Geschichten. Auf diese Weise fügen sie sich zu einem Gemälde der kargen Heidelandschaft und ihrer Bewohner zusammen. Jensens Geschichten wirken zeitlos und – angesichts der heutigen Umbrüche – ungemein aktuell. Umso erstaunlicher ist es, dass seine Himmerlandsgeschichten noch nie in kompletter Form auf Deutsch erschienen sind. Der Verlag aus Berlin hat dies nun nachgeholt und rückt damit einen Autor wieder ins Licht der Öffentlichkeit, den es unbedingt zu lesen lohnt.   Tino Dallmann


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