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Judgment

Judgment

Normal wie Derrick

Preis: 60 €

Im Jahr 2001 schaute ein rundes Drittel Japans dasselbe: eine Fernsehserie namens »HERO«. Superstar Takuya Kimura porträtierte darin einen liebenswürdigen Slackertypen, der ganz nebenbei auch ein superbegabter Anwalt war. Kimura ist auch heute noch ein Star. Zuletzt tanzte er für Jeanswerbung durch leere Straßenbahnwaggons. Aber er spielt noch ganz woanders mit: In Segas Videospiel »Judgment« wird er zu Takayuki Yagami, einem ehemaligen, superbegabten Anwalt. Das fotorealistisch gerenderte Ebenbild Kimuras läuft als Yagami durch ein fotorealistisch gerendertes Tokyoter Rotlichtviertel und ermittelt in einem verworrenen Serienmord, der das kriminelle Milieu erschüttert. »Judgment« kommt von den renommierten Entwicklern der (in Japan) populären »Yakuza«-Serie, und es sieht erstaunlich aus. Spieler bewegen sich durch eine offene Spielwelt, die vergleichsweise klein ist, aber dafür bis in absurde Details geht. Das gespiegelte Neonlicht in den Pfützen, das Flattern der Werbeplakate im Luftzug der Klimaanlagen, das Glitzern in Yagamis Augen – es wirkt einfach lebendig. Verbrechen hin oder her, hier können Videospieltouristen erst einmal ein paar Stunden durch die Straßen spazieren und fleißig Handyfotos machen. Natürlich ist »Judgment« auch ein richtiges Videospiel und es bedient dabei alberne Actionklischees. Der Anwalt hat eine harte Vergangenheit, weswegen er ständig aus fadenscheinigen Gründen die Fressen irgendwelcher Halbweltgestalten polieren muss. Immerhin auch ernst genommen wird das Ermitteln; Spieler müssen sich Namen merken, Spuren sammeln, Fotos schießen, Drohnen fliegen, die richtigen Fragen stellen und beim Beschatten jederzeit halbhohe Werbetafeln in Reichweite halten, um sich zu verstecken. Die Interaktionen im Spiel sind immer etwas simpel, sie bleiben an der Oberfläche. Aber sie bieten Abwechslung. Und genau das ist gut so. Denn »Judgment« will kein revolutionäres Meisterwerk sein, sondern gute Unterhaltung. Es ist eine spielbare Anwaltsserie, es ist das edel produzierte Videospiel zu »Derrick« oder »Ein Fall für zwei«. Dramaturgisch klebt es dermaßen am Fernsehen, dass nach jedem Twist ein pfiffiger Spruch und eine Abblende folgen – hier wäre Platz für die Werbepause, aber »Judgment« wird ja nur im Ganzen verkauft und ist damit eher das DVD-Boxset. Für uns in Deutschland ist es deshalb ein gutes Anschauungsobjekt: So sieht es also aus, wenn Spiele wirklich in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Jan Bojaryn


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