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Karl die Große

Karl die Große

Was wenn keiner lacht

Was wenn keiner lacht

Der Name des Albums deutet darauf hin, dass sie wussten, was sie taten: »Was wenn keiner lacht« ist in Teilen ein selbstbewusstes Experiment, und als solches kann es per Definition schiefgehen. Beim Eröffnungstrack »Das dicke Mädchen hat es den Berg hochgeschafft« etwa geht die Rechnung auf: Die ganze erste Minute fragt man sich, ob die karg verzerrte E-Gitarre und das elektronische Soundgewirr im Hintergrund unter dem Gewicht von Wencke Wollnys Spoken-Word-Storytelling nicht gleich einfach wegklappen, bis zum Break, der die Spannung punktgenau in einer Hook mit minimalistischem Piano und sanft schiebendem Beat auflöst. Cool! Im zweiten Höhepunkt der Platte, »31. März«, werfen Karl die Große dann einmal alles über Bord, was so im deutschen Indie-Pop zur guten Kinderstube gehört, Wollny lebt textlich ihre kryptische Ader aus und die Band knarzt, schrammelt, improvisiert und blasmusiziert dazu frei von der Leber weg. Spannend! Der Rest des Albums kann dieses Niveau mitunter nicht halten: Mit »Heute Nacht« gibt es eine musikalisch astreine Auf-Nummer-sicher-Radiosingle, in den ruhigen Liedern wie »Lied ohne Überschrift« entgleitet der Band manchmal die Spannung. Analog dazu funktionieren die wortreichen Texte von Wollny mal mehr, mal weniger gut, manchmal ist sie mit wenigen Worten ziemlich treffsicher, nur um sich dann im nächsten Moment zu wiederholen (»der Sommer ist vorbei / Fische im Kanal gibt es hier nicht mehr / ich hab den Sommer versucht, dazuzugehören / jeden Abend hab ich mir so viel Mühe gegeben / damit die Coolen mich in ihren Club aufnehmen«), aber genauso wie in der musikalischen Untermalung ist der Anspruch, sich auszuprobieren, künstlerisch zu wachsen, immer spürbar. »Was wenn keiner lacht« klingt wie ein Zwischenschritt in eine Richtung, aus der in Zukunft potenziell noch einiges kommt. Kay Schier


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