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Schiller

Schiller

Summer in Berlin

Summer in Berlin

Auf dem Cover von »Summer in Berlin« dräut sich eine Assoziationskette zusammen (»Schiller! Viktoria! Dichter und Denker! Kulturnation! Weltmeister der Herzen!« etc.), von der man ziemlich schnell hohen Blutdruck bekommt. Zum Glück liegt der Ansichtskarte von der Siegessäule das wahrscheinlich längste Sedativum der Welt bei: In der Box enthalten sind um die acht Stunden Material. Die ersten zwei CDs, knapp drei Stunden Schiller, liegen zur Rezension vor, was allemal reicht, um sich ein erstes und letztes Urteil zu bilden. Dabei ist der typische Schiller-Sound gar nicht so einfach in Worte zu fassen. Wie beschreibt man einen akustischen Bildschirmschoner? Die Klänge sind elektronisch und die Lieder sind oft sehr lang. Es gibt Melodien und ab und zu auch Bässe. Manchmal singt dann noch eine Frau und es soll wohl wie Depeche Mode klingen. Schillers Lieblingseffekte sind der Hall und das Delay, sein künstlerischer Modus ist das Ungefähre. Das auf CD 2 enthaltene Livematerial unterscheidet sich nicht wesentlich von den anderthalb Stunden aus dem Studio. Man erinnert sich an »Wetten, dass..?« und stellt sich vor, wie jemand mit verbundenen Augen versucht, fünf Schiller-Tracks allein am Klang voneinander zu unterscheiden. Im bescheiden »Schiller« betitelten Stück auf der Live-CD wird es aber dann doch noch spektakulär: Eine mystische Vocoder-Stimme raunt »Schiller! Schiller!« durch den Saal, dass man sich schon Sorgen um ihn macht. Und wenn dann ab zwei Dritteln des Tracks die Scorpions-Gitarre losjodelt, fragt man sich endgültig, was der Mann eigentlich für ein Problem hat. Mit so einem Sound kriegt er zwar auf Tour die Mehrzweckhallen der Republik voll, aber niemanden hinterm Ofen hervorgelockt, der sich ernsthaft für elektronische Musik interessiert. Kay Schier


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