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Slowthai

Slowthai

Tyron

Tyron

Zwar bereits Mitte Februar erschienen, aber anhaltend relevant: Das zweite Album des britischen Ausnahmerappers Slowthai, welches nach seinem bürgerlichen Vornamen schlicht »Tyron« heißt. Seine Sperrigkeit bezieht es gerade aus seiner Kürze und stellenweise Skizzenhaftigkeit, der längste Song (»NHS«) kratzt gerade so an den dreieinhalb Minuten, für den kürzesten (»Wot«) braucht Slowthai keine 50 Sekunden. Die vierzehn Tracks des Albums verteilen sich auf zwei klanglich unterschiedliche Hälften, auf sieben basslastige Moshpitklopper folgen sieben nicht minder basslastige, aber melancholischere, introvertiertere Ausflüge in Tyron Framptons Gefühlswelt. Gerade in der ersten Hälfte rappt er wie außer Kontrolle: Immer wieder klingt Slowthais Flow, als würde es ihn vor lauter Energie gleich aus dem Beat tragen, lakonische Lines wie »Money is to me like shit to flies« wirken wie sich selbst vor die Füße gekotzt. Dass da mehr dahintersteckt als rohe Aggression, obwohl es als solche tadellos funktioniert, merkt man, wenn man beim Hören mitliest und Begrifflichkeiten nachschlägt, was an dieser Stelle auch empfohlen wird, sofern man nicht sehr sicher in zeitgenössischem britischem Slang ist (»Mazzalean / when I’m pulling up, muddy dungarees«). Seinen Part im musikalisch zwingend zündenden »Mazza« beginnt er mit einem launigen »suicidal tendencies, what’s up, man«, denn in seinem Kopf und im Großbritannien des Jahres 2021 fühlt sich irgendwie nichts so richtig nach Party an. Die Balladen in der zweiten Hälfte, wie »Push« oder eben »NHS«, die Popappeal und Gitarrenbegleitung nicht scheuen, schlagen dann nach dem Soundinferno der ersten emotional viel härter ein, als sie das für sich allein stehend könnten. Wenn es ihm um etwas geht, textet Slowthai zudem sehr präzise, lässt zwischen den Worten aber noch Platz für die Gefühle (»shit flies with the magpies / he drowned, got baptised / oh well, I guess that’s life«). Beim ersten Hören ist man verwirrt, beim zweiten angefixt, beim dritten begeistert: »Tyron« ist bislang eins der stärksten Rapalben des Jahres. Kay Schier


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