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Super Mario Galaxy

Super Mario Galaxy

Quo vadis, Mario? Warum großes Kino kein großes Spiel ist

Mama Mia - welch ein Aufstieg für einen italienischen Rohrverleger! Er kam aus der Kanalisation und wagte den Sprung ins Schwammerlland. Er hopste gegen Bauchfüßler, Schildkröten und Fahnenmasten an und rettete, was zu retten war: Mario Superstar.Nach dem »Mario Land« und der »Mario World« steht nun also die »Mario Galaxy« auf dem Rettungsplan des Klempners. Sehr originell, Nintendo! »Super Mario Galaxy« ist gelandet und wurde von der Spielepresse mit einem Feuerwerk des Lobs abgefeiert. »Mein Gott, ich habe den Himmel gesehen! Mario ist das beste Videospiel des Jahres«, jubelt ein Redakteur beim Spielemagazin Gamigo. Keine Frage: »Super Mario Galaxy« ist perfekt inszeniert. Grafik unglaublich, Sound fantastisch. Wenn man durch das flauschige Fell der Bienenkönigin krabbelt oder von einem der Endgegner übers glatt polierte Stahlparkett geschleudert wird, dann ist Mario präsent wie nie und das Schwammerlland zum Greifen nah. Man kann das Metall beinahe schmecken und spürt die Fussel im Gesicht. Auch der Sound rockt. Sphärisches Klimpern und epische Wucht machen das Gehüpfe zum Spektakel. Auf Deutsch: Eine Schau!Aber das wars dann auch schon. Mehr hat das Spiel nicht auf der Platte. Es bleibt bei der Schau, beim optischen Genuss und beim schönen Klang. »Super Mario Galaxy« ist eigenwillig und störrisch. Noch kein Mario Spiel hat den Spieler so bevormundet wie Galaxy. Beispiel Leveldesign: In einer Welt muss man sich von einem Asteroiden zum nächsten schießen. Dazu hüpft man in einen Haufen klebriger Spinnenseide und zieht den Batzen mit der Fernbedienung nach hinten auf, so dass er ordentlich gespannt ist. Per Knopfdruck schnalzt das Ganze wieder nach vorne und katapultiert Mario auf den Nachbarplanet. Könnte ja ganz witzig sein, wenn ich selbst die Wahl hätte, wohin ich mich schießen will. 20 oder 30 Felsbrocken stehen zur Auswahl. Aber nein - die Kamera zeigt mir immer nur den nächsten und dann den nächsten und nächsten und so weiter. Ist das die Idee vom großen weiten Weltraum? Wohl kaum! Nintendo macht das Asteroidenfeld zur Einbahnstraße. Es sieht zwar toll aus, wenn Mario durchs All saust und dabei tonnenweise Glitzerkram aufsammelt, aber es ist eben nicht viel mehr als ein Film. Eine fertige Sequenz, die ich nur abspielen darf, aber eben nicht selbst zocken kann. Vom Gameplay bleibt da nicht mehr als eine krude Mischung aus Frogger und Dart. Die Jump?n?Run-Levels sind zwar etwas besser, aber immer noch katastrophal. Warum muss ich Mario über surrealistische Kartoffelplaneten von der Größe einer Telefonzelle hetzen? Warum im Dunkeln und - verdammt - warum kann ich die Kamera nicht lenken? Wie soll ich durch verschiedene Schwerkraftfelder navigieren, wenn Mario kopfüber auf mich zuhechelt? Das sieht zwar echt abgefahren aus, aber ich habe keinen Schimmer, auf welche Todesfallen und Bösewichte ich gerade zuschlenkere. Die präzise Steuerung und die ganze Grafikpracht sind in solchen Frustmomenten vergessen.Am liebsten hätte ich einfach eine riesige Welt erforscht, die Grafik bestaunt und ganz schnörkellos ein paar Bauchfüßler geplättet. Aber die Mario-Galaxie zerfällt in tausend Einzelmissionen und Unterspielchen. Mal darf ich wie in »Monkey Ball« durch Golfkurse kullern, mal reite ich einen Rochen im »Wave Race«-Style. Für solche Blödeleien habe ich bereits »Mario Party«! Beim nächsten »besten Videospiel des Jahres« also bitte etwas mehr Bodenhaftung und weniger Starallüren. Patrick Ruckdeschel


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