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Stadtleben

»Man muss sich was zutrauen«

Tim Sebastian, gebürtiger Leipziger und Fußballprofi beim FC Hansa Rostock, über die raue Bundesliga-Luft, den Umgang mit Niederlagen und seine Rolle als Führungsspieler

  »Man muss sich was zutrauen« | Tim Sebastian, gebürtiger Leipziger und Fußballprofi beim FC Hansa Rostock, über die raue Bundesliga-Luft, den Umgang mit Niederlagen und seine Rolle als Führungsspieler

Ich wurde 1984 in Leipzig geboren, zog aber zweieinhalb Jahre später mit meinen Eltern nach Wolgast an die Ostsee. Im Babyalter war ich relativ häufig krank, was mit der schlechten Luft im Raum Leipzig zusammenhing. Die Ärzte hatten meinen Eltern damals geraten, an die Ostseeküste zu ziehen, weil dort ein besseres Klima herrschte.

Ich wurde 1984 in Leipzig geboren, zog aber zweieinhalb Jahre später mit meinen Eltern nach Wolgast an die Ostsee. Im Babyalter war ich relativ häufig krank, was mit der schlechten Luft im Raum Leipzig zusammenhing. Die Ärzte hatten meinen Eltern damals geraten, an die Ostseeküste zu ziehen, weil dort ein besseres Klima herrschte. Da meine Eltern beide Sportlehrer sind, wurde mir der Sport im Prinzip in die Wiege gelegt. Begonnen habe ich mit Judo, später stieg ich auf Leichtathletik um und fing parallel dazu mit dem Fußball an. Mein erster Verein war Motor Wolgast, wo ich bis 1996 in der D-Jugend gespielt habe. Dann wurde ich gesichtet und wechselte zum Greifswalder SC. Ich musste jeden Tag nach der Schule 30 Kilometer nach Greifswald fahren, meist mit dem Bus. Abends waren dann noch die Hausaufgaben dran. 1999 kam der FC Hansa auf mich zu und fragte an, ob ich nicht in das neu gebaute Inter-nat in Rostock einziehen wolle. Da brauchte ich nicht lange zu überlegen. Zwar gab es auch andere Angebote, von Hertha BSC beispielsweise, aber Hansa Rostock war für mich damals die Top-Adresse und ist es auch heute noch. Die Ausbildung ist eine der besten, die man in Deutschland haben kann. Zwei Monate nachdem ich im Internat eingezogen war, bekam mein Vater einen Anruf vom Chefscout des FC Bayern. Aber da hatte ich schon bei Hansa unterschrieben. Die Bayern sind zu spät gekommen (lacht). Ich habe fünf Junioren-Länderspiele gemacht, verteilt auf drei Mannschaften: von der U 15 bis zur U 19 hoch, also im Prinzip jedes Jahr ein Spiel. Das war eine Achterbahn der Gefühle: Man gewinnt Spiele, ist super drauf, fährt zur Nationalmannschaft – und kommt dann plötzlich nur in einem Spiel zum Einsatz, bringt nicht so eine gute Leistung, sieht, dass andere schon weiter sind. Dann macht man sich Gedanken. Vielleicht hatte ich damals noch nicht genug Selbstbewusstsein und war zu sehr Mannschaftsspieler. Andere haben sich einfach mehr in den Vordergrund gespielt. Das alles hab ich mir zu Herzen genommen und mir gesagt: Mensch, mit 20, 21 will ich Profispieler sein! Ich muss noch mehr an mir arbeiten!

Ich habe eigentlich nie daran gezweifelt, dass ich es schaffen kann. Bei Hansa spielte ich schon früh in der A-Jugend, obwohl ich noch in der B-Jugend hätte spielen können. Damit gab mir der Verein das Gefühl: Mit dir planen wir! Du bist ein großes Talent! Mein Bundesliga-Debüt im November 2004 gegen den VfB Stuttgart kam für mich dann trotzdem überraschend. Bis dahin war ich schon ein paar Mal im Kader gewesen, aber noch nie zum Einsatz gekommen. Dann verletzte sich Godfried Adoube, der jetzt in Karlsruhe spielt, und Trainer Juri Schlünz sagte früh am Morgen zu mir: Tim, das ist deine Chance. Du bist gut drauf, heute spielst du! Ich war aufgeregt und habe nur noch dem Spiel entgegengefiebert, das wir dann leider 0:4 verloren haben. Damals standen wir auch ganz unten. Nach Niederlagen muss man ansprechen, woran es gelegen hat, die Fehler analysieren, versuchen sie abzustellen, aber sich nicht verrückt machen lassen und plötzlich alles schlechtreden. Eine Niederlagenserie hat jede Mannschaft mal. Wir wussten schon vor der Saison, dass es für uns nicht leicht wird, weil wir noch jung und unerfahren sind. Ich glaube aber, dass wir uns entwickeln werden und Steigerungspotenzial haben. Wir müssen uns einfach was zutrauen und dürfen auf keinen Fall ängstlich spielen. Im letzten Jahr lief es sehr gut, da haben wir oftmals über Kleinigkeiten, die nicht so gut liefen, hinweggesehen. Aber jetzt, wenn es mal nicht so läuft, muss man sich auch mal die Meinung ins Gesicht sagen. Als Führungsspieler ist es für mich wichtig, auf dem Platz präsent zu sein, mich nicht zu verstecken und vornewegzugehen. Daran arbeite ich, und das pusht mich dann auch in dem Moment. Zurzeit befinde ich mich in Vertragsgesprächen mit dem Manager und dem Trainer, die sehr gern mit mir verlängern würden. Ich habe dem Verein sehr viel zu verdanken, das ist klar. Mein Ziel ist es, langfristig Bundesliga zu spielen – am liebs-ten mit Hansa. Und später vielleicht auch mal international.


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