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Heavy Celeste

Schwarwels Seelenfresser

Heute in Heavy Celeste, der Metalkolumne: Jahresendzeitstimmung in Comicform

  Schwarwels Seelenfresser | Heute in Heavy Celeste, der Metalkolumne: Jahresendzeitstimmung in Comicform

In düsteren Bildern und schrägen Cartoons lässt der Comic-Zeichner Schwarwel den Kapitalismus und andere Übel erscheinen. Von der Tea-Party über Seelenfresser bis zu einer Trucker-Karriere.

Wenn Schweine fliegen könnten, …: Nein, dass soll kein polizeikritischer Schmähtext werden. So lässt sich allerdings Schwarwels Grundidee auf den Punkt bringen, wie er zu seiner Rocker-Sau Schweinevogel gekommen ist. Das muntere Kerlchen ist im letzten Jahr volljährig geworden, was mit einem backsteinschweren Sammelband gefeiert wurde, auf dem man prima den Aschenbecher abstellen kann. Doch statt sich satt und faul zurückzulehnen, hat sich der Schöpfer von Iron Doof & Co. – Helden wie sie die kindsköpfige Großfresse Leipzig verdient hat – auch 2011 mächtig ins Zeichenzeug gelegt. Selbstredend sind die jüngsten Ausgeburten von Schwarwels Schaffen keine Leisetreter und kommen eher mit Arschtritten denn auf Taubenfüßen daher.

Gleich »Die Bändigung des Kapitalismus« legt er passend zur Jahresendzeitstimmung vor. Wenn nun schon ehemalige Metallgötter wie Metallica vor Krisenangst erbeben und ihre Europatour vorziehen, um noch ein bisschen Asche zu machen, muss wohl was dran sein an der Kapitalismuskritik. Schwarwels gesammelte Karikaturen und Cartoons kommen ganz ohne seine tierische Helden aus und sind selbst eher weniger bekloppt, weil sie den Spieß umdrehen. Sie prangern das Bekloppte in der Welt an und daran gibt’s ja kein Mangel. Hier wird die lediglich gestenreiche, aber handlungsunfähige UNO bildlich, der Klimaschutz steckt im Verkehr fest und die US-Teaparty wird zur verrückten Teegesellschaft. Dass das Ganze nicht in die verkürzte Kapitalismuskritik kippt, zeigt schon das Cover: Eine Schlange würgt ihr Schwanzende – systematischer geht’s nimmer. Mit einem ordentlichen Soundteppich von den guten alten Fear Factory oder Granmas Darlehen unterlegt: »Wake up! Rise up! / Open minds will dominate / Burn your fuse to detonate / The human machines of hate«.

Wem das zu politisch ist, der kann zu einem anderen Seelenfresser als dem Kapitalismus greifen. Den Beginn einer gleichnamigen Album-Serie hat Schwarwel in diesem Jahr vorgelegt. Drei weitere »Seelenfresser«-Teile werden folgen. Rumpelnd-düster wie die Bretter von Totenmond zieht sich die Story um Hitch-Hike-Baby über die Seiten. Die ominöse junge Frau, von einem treuen Hund begleitet, steht im Zentrum dieser nicht weniger erratisch bleibenden Erzählung. Berauschend ins Bild gesetzt, hält das Geheimnis um die Schöne, um einen extraterrestrischen oder magischen Energieball und eine Trucker-Karriere den Spannungsbogen am Anschlag. Zusätzlich heizen in die Geschichte ragende Details des Völkerschlachtdenkmals den Durst nach mehr an, wird das Verlangen nach Auflösung lauter. Aber gleich gierig werden ist nun auch nicht die Tugend des Moments, denn dann wären wir ja wieder beim Kapitalismus und dessen Seelenleiden. – »Der Fleischwald brennt / Aus Mensch und Leid«.


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