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Filmkritik

Diva mit Spucke im Drucker

»Young Adult« zeigt die Probleme einer Enddreißigerin beim Erwachsenwerden

  Diva mit Spucke im Drucker | »Young Adult« zeigt die Probleme einer Enddreißigerin beim Erwachsenwerden

Die ehmalige High School-Queen Mavis, gespielt von Charlize Theron, will in Jason Reitmans neuer Tragikomödie »Young Adult« auf Teufel komm raus ihre Jugendliebe zurückerobern.

Damals in der High School war Mavis Gary (Charlize Theron) die unangefochtene Königin. Alle Mitschülerinnen wollten sie zur Freundin haben. Die Jungs lagen ihr zu Füßen und als blonder Feger war sie in der ganzen Stadt bekannt, berühmt und berüchtigt. Natürlich war Mavis nach dem Schulabschluss zu Höherem berufen. Sie zog nach Minneapolis und brachte es als Ghostwriterin für eine Teenager-Roman-Reihe zu bescheidenem schriftstellerischen Ruhm. Aber in ihrer seelischen Entwicklung hat sich seit der High School bei Mavis kaum etwas getan. Sie läuft immer noch in einem »Hello Kitty«-T-Shirt herum und in ihrem Herzen ist sie stets Prom-Queen geblieben, nur dass Mavis mit 37 Jahren das Fußvolk abhanden gekommen ist. Dann bekommt sie eine Email von ihrer Jugendliebe Buddy Slade (Patrick Wilson). Im Anhang befindet sich ein Foto seines neugeborenen Babys und während Mavis auf den verfärbten Ausdruck des Bildes starrt, wächst in ihr der Entschluss zurückzukehren nach Mercury, Minnesota, um sich zu holen, was ihr gehört. Dass der frisch gebackene Vater sich nicht für seine alte Flamme interessiert, will Mavis auch nach dem ersten Treffen nicht wahrhaben, zu dem sie früh abends um Sechs in vollem Diva-Outfit aufkreuzt, während Buddy ihr unrasiert, zerzaust und ein wenig übergewichtig gegenübertritt. Da helfen auch die gut gemeinten Ratschläge ihres ehemaligen Mitschülers Matt (Patton Oswalt) nichts, der Mavis am ersten Abend in der Bar wiedererkannt hat. Matt war früher der dickste Junge in der Schule, der von seinen Mitschülern derart zusammengeschlagen wurde, dass er heute noch am Stock geht. Auch er hat damals Mavis vergöttert und sie ihn keines Blickes gewürdigt. Vergeblich versucht er die Kreuzritterin der Liebe, die in ihren eigenen Teenager-Romanwelten gefangen zu sein scheint, bei regelmäßigen Saufgelagen zur Vernunft zu bringen.

Nach »Juno« haben sich Regisseur Jason Reitman und Drehbuchautorin Diablo Cody noch einmal zusammengetan und ihr neuer Film »Young Adult« wirkt wie ein passgenaues Gegenstück zu dem ersten gemeinsamen Werk. Während in »Juno« im Körper der schwangeren, jugendlichen Heldin eine alte Seele zu wohnen schien, weigert sich in »Young Adult« eine Enddreißigerin den Notwendigkeiten des Erwachsenendaseins ins Auge zu sehen. Charlize Theron wirft sich mit Verve in die Rolle der in die Jahre gekommenen Abschlussballkönigin, die durch ihr blendendes Aussehen in Jugendjahren eine Arroganz und Selbstbezogenheit entwickelt hat, die sie als Erwachsene langsam aber sicher in die Einsamkeit abtreiben ließ. »Young Adult« überzeugt vor allem durch seinen Erzählton, der immer scharf an der Grenze zum Zynismus entlang segelt, seine Heldin ohne Mitleid behandelt, ihr keine Peinlichkeiten erspart und ihr dennoch nie die aufrichtige Zuneigung entzieht. Die pointierten Dialoge werden wirkungsvoll von den Off-Kommentaren kontrastiert, in denen aus Mavis’ schriftstellerischem Werk zitiert wird. Komik ist hier immer eine Frage der genau beobachteten Details: Angefangen von der Spucke, mit der Mavis die eingetrocknete Druckerpatrone reaktiviert, bis hin zu dem breiten Spektrum an Textilien, das die Heldin im Kampf um ihre Jugendliebe zum Einsatz bringt. Wie schon in »Juno« entwickeln Jason und Cody auch hier eine Humorfarbe, die sich ebenso deutlich vom angestrengt provokanten Klamauk wie auch von der seichten Versöhnlichkeit des amerikanischen Lustspielbetriebes abhebt.


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