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Filmkritik

Männer und ihre Gesten

Wann ist ein man ein Mann? Acht Frauen wollen es ausprobieren – der Dokumentarfilm »Man For A Day« begleitet sie dabei

  Männer und ihre Gesten | Wann ist ein man ein Mann? Acht Frauen wollen es ausprobieren – der Dokumentarfilm »Man For A Day« begleitet sie dabei

»Gender ist nichts anderes als eine wiederholte Serie von Gesten« – eher beiläufig fällt dieser Satz im Film »Man For A Day« und markiert doch dessen Zentrum. In einem Workshop kommen acht Frauen in Berlin mit den verschiedensten Beweggründen zusammen, um einmal ihr Gender, also das soziale Geschlecht, anders zu konstruieren und zu performen.

Seit mehr als 30 Jahren leitet die Queer-Aktivistin Diane Torr solche Kurse und tritt in Bühnenshows auf. Der Dokumentarfilm von Katarina Peters begleitet sie beim Berliner Workshop, lässt sie aber auch zu ihrer Biografie zu Wort kommen. So entsteht Stück für Stück ein interessanter Verschnitt aus Lebensweg und Einblicken in die alltäglichen Geschlechterrollen.

Dabei kommt der Film ganz ohne die üppige Klischeekiste aus, die das Thema oft mit sich bringt. Natürlich bedienen die Frauen gewisse Stereotypen, wenn sie ihre Mann-Figur formen und einüben, die sie einmal in der Öffentlichkeit geben wollen. Aber es sind keine herum giggelnden Wesen, die sich der Sache mit Herumalbern und halber Scham nähern. Sie wollen halt wissen, wie es ist, in einer Rolle als Mann wahrgenommen zu werden, welche Beschränkungen, aber vor allem: welche Freiheiten das bedeuten kann im Gegensatz zum weiblichen Part.

Vor dem interessierten, aber doch nur begleitenden Kameraauge wird die Mannwerdung der Protagonistinnen ohne Voyeurismus erfahrbar. Sie streifen durch die Hauptstadt und beobachten Männer und ihre Gesten: Wie gehen diese die Straße entlang, in welchen Posen telefonieren sie, halten eine Tasse oder rauchen? Das üben die Frauen anschließend ein, probieren entsprechendes Auftreten, entwerfen mit der passenden Bekleidung ihre Figur, üben sprechen, kleben sich Bärte oder Flusen ins Gesicht und formen aus Kondomen mit Wattefüllung ihren persönlichen Penis, – frei nach Oliver Kahn – Eier zu zeigen. Die Selbstreflexionen der Frauen und Diane Torrs Erläuterungen geben kleine Einsichten ins gestische Feld der Geschlechterrollen und schulen neben dem Unterhaltungsfaktor dieses Dokumentarfilms auch die Wahrnehmung der Zuschauenden. Dass dies nicht in die Tiefe geht, ist kein Manko, sondern ein ansehnliches Beispiel, dass kluges Dokutainment doch möglich ist.


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