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Filmkritik

Self-Made-Held mit posttraumatischen Stresssymptomen

»Iron Man 3« ist mit Abstand die beste Folge des Franchise-Unternehmens

  Self-Made-Held mit posttraumatischen Stresssymptomen | »Iron Man 3« ist mit Abstand die beste Folge des Franchise-Unternehmens

Im Chor der Comic-Superhelden gehört Tony Stark alias »Iron Man« zu den wandlungsfähigsten Figuren. Im Gegensatz zu seinen Marvel-Kollegen, die dank göttlicher Fügung oder medizinischer Eingriffe übermenschliche Kräfte besitzen, ist Stark ein Self-Made-Man, der sich mit Kreativität und technischem Verstand seine Position erarbeitet hat. Vom zynischen Waffenhändler entwickelte er sich zum verantwortungsvollen Weltenretter, ohne seinen sarkastischen Humor und selbstgefälligen Impetus abzulegen.

Zu Beginn von »Iron Man 3«, dessen zwei Vorgängerwerke weltweit über eine Milliarde Dollar einspielten, werden dem Helden erst einmal ordentlich die Flügel gestutzt. Seit der Eisenmann in »Avengers« beim Kampf gegen eine außerirdische Invasion fast ums Leben gekommen wäre, hat er mit posttraumatischen Stresssymptomen zu kämpfen. Alpträume, Schlaflosigkeit und Panikattacken nagen am Selbstverständnis des Superhelden. Die Leitung seines Firmenimperiums hat Lebensgefährtin Pepper Potts (Gwyneth Paltrow) übernommen, während sich Stark unten im Hobbykeller seiner Luxusvilla der Entwicklung von Kampfanzügen widmet. Dass ein bin-ladenesker Terroristenführer namens »Mandarin« (Ben Kingsley) die USA mit zahlreichen Anschlägen herausfordert, kümmert den kriselnden Helden zunächst wenig. Als er ihm schließlich doch noch vor laufenden Fernsehkameras den Kampf ansagt, werden Haus und Werkstatt in Malibu noch am selben Tag von der Terrororganisation in Schutt und Asche gelegt. Nur knapp kommt Iron Man mit dem Leben davon und außer einem beschädigten Kampfanzug ist nichts mehr übrig von seiner alten Existenz. Ähnlich wie James Bond in »Skyfall« muss sich auch Tony Stark in »Iron Man 3« als lädierter, traumatisierter Held seinen Status neu erarbeiten. Derweil werden weitere Anschläge verübt und von medienwirksamen Auftritten Mandarins begleitet, der der amerikanischen Weltmacht gewaltsame Lektionen erteilen will. Was zunächst nach fundamentalistischen Selbstmordattentaten aussieht, entpuppt sich als Werk von biogenetisch manipulierten Menschen, die sich in lebende Hitzebomben verwandeln und eine erstaunliche Regenerationsfähigkeit beweisen. Dahinter steckt der Wissenschaftler Aldrich Killian (Guy Pearce), der seine ganz persönlichen Rachemotive im globalen Maßstab auslebt.

Mit »Iron Man 3« hat Regisseur und Drehbuchautor Shane Black (»Lethal Weapon«/»Kiss Kiss Bang Bang«), der hier das Zepter von Jon Favreau übernommen hat, dem Franchise eine gründliche Frischzellenkur verpasst. Dabei gibt er vor allem Robert Downey Jr. deutlich mehr Spielraum und reduziert die Aufenthaltszeiten in der eisernen High-Tech-Rüstung auf ein Minimum. Virtuos lässt Downey Jr. seine Figur zwischen Heldenmut und Angstattacken, Coolness und Schnoddrigkeit, Arroganz und Selbstironie tänzeln und liefert die pointierten Dialoge und griffigen One-Liner mit seiner ihm eigenen Nonchalance aus. Aber ein Comic-Held kann nur so gut sein wie der Bösewicht, gegen den er antritt, und da dürfte Ben Kingsley als »Mandarin«, der sein Bin-Laden-Image genüsslich dekonstruiert, wohl in die Annalen eingehen.

Mit seinen zeithistorischen und weltpolitischen Verweisen scheint es zunächst, als wollte »Iron Man« den metaphorischen Subtextkonstruktionen von Christopher Nolans »Dark Knight« Konkurrenz machen. Aber Black nutzt diese Verweise nicht als bierernsten gesellschaftskritischen Kommentar, sondern katapultiert sie mit einigen wirklich überraschenden Plotwendungen ins Satirische. Bei alledem kommen die Action-Einlagen selbstverständlich nicht zu kurz, in denen digitale 3D-Animationen und reale Stunts nahtlos miteinander verbunden werden. Für die Szene, in der die Passagiere der »Airforce One« aus dem Flugzeug herausstürzen und vom Eisenmann in der Luft geborgen werden, waren nach Herstellerangaben über 500 Absprünge mit versteckten Fallschirmen von Nöten. Der Aufwand hat sich gelohnt, denn die Sequenz entwickelt gerade durch den minimalisierten CGI-Einsatz ihre realistische Spannkraft. »Iron Man 3« ist mit Abstand die beste Folge des Franchise-Unternehmens – intelligentes, humorvolles und hoch unterhaltsames Popcorn-Kino.


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